Vom Ausräumen und Aufräumen
… und warum jeder einen zweite Chance verdient hat
Tja, nun ist die schöne Winterwunderwelt in Berlin schon wieder vorbei, wenn ich so aus dem Fenster schaue. Ich kann gerade einmal bis vor an die Straße schauen, alles andere liegt in wabelnden Weiß verborgen.
Schnee ist gar nicht mehr zu sehen. Leider. Nun ist wieder alles nass und eklig.
Am meisten nervt mich aber neben der
Kälte der blöde Streusplit. Diese kleinen Steinchen, die draußen überall rumliegen und sich in den Schuhsohlen festkrallen, sobald man da drauftritt. Ist man dann in der Wohnung und zieht die Schuhe aus, dann verteilen sich die kleinen nervigen Dinger großflächig. Tritt man drauf, dann tut es entweder weh, oder aber man läuft Gefahr, das Laminat zu verkratzen.
In der Vergangenheit hatte ich ja einen kompetenten Mitbewohner, der jedes Splitsteinchen, so klein es auch sei, zeitnah entdeckte, aufsammelte und zu mir brachte. Jedes einzelne. So hatte ich keine Probleme damit. Heute habe ich leider nicht mehr diesen Service und
muss alleine zusehen, wie ich die Steinchen finde und aus meiner Wohnung verbanne.
Die Rede ist von Fox, dem schwarz-weißen Familienmischling aus Griechenland. Ich hatte ihn ja schon einmal kurz am 10. November erwähnt, als ich „Mehr als eine Geistergeschichte“ geschrieben und veröffentlicht habe.
Den Hund hatten wir als Welpe in einem privaten Tierheim gefunden, als ich mit meinem Sohn in Bayern lebte und arbeitete. Die Jungtiere waren erst kurz vorher aus Griechenland angekommen, waren noch gestresst und waren unter
Quarantäne. Aber anschauen durften wir sie schon einmal.
Es waren neun Jungtiere, alles Geschwister und jeder sah anders aus. Ein-, zwei- oder mehrfarbig, braun, schwarz und/oder weiß, mit Punkten oder Flecken oder in Uni. Das war vielleicht ein Gewusel, als wir da vor dem Lattenrost auf dem Dachboden standen. Alle krabbelten und winselten da am Türgitter herum. Alle wollten auf sich aufmerksam machen und gestreichelt werden. Alle, außer einem. Dem Fox. Der lag am hinteren Ende des Zwingers in einem Körbchen und rührte sich nicht. Und war eher ängstlich.
Ich hatte mir gleich eine kleine Hündin ausgesucht, rehbraun und soooo süß! Aber mein Sohn verliebte sich sofort in den kleinen schwarz/weißen dürren Rüden, der da mit Angst-geweiteten Augen so gar nicht familienkompatibel zu sein schien. Aber im Endeffekt war der kleine Kerl dann doch die richtige Wahl.
Kaum nach der Quarantäne bei uns zu Hause angekommen und aus der Box befreit, raste Fox sofort hinter den Dauerbrandofen in der Küche und blieb da die nächsten Stunden.
Letztendlich lebte er sich aber schnell bei uns ein und nahm die gesamte Wohnung in Beschlag. Die ersten zwei Tage blieb ich zu Hause, da gerade Wochenende war und ich zusätzlich auch noch Urlaub für eine Woche genommen hatte. Am darauffolgenden Montag musste ich jedoch einkaufen und verließ für ca. 2 Stunden die Wohnung. Großer Fehler! Denn als ich wieder zurück war und die Tür aufsperrte, traf mich fast der Schlag.
Da saß der Fox doch mitten auf dem Klappsofa, welches ich auch zum Schlafen hernahm und schaute mich mit
großen Augen und unschuldiger Miene an. Oder sagen wir mal, er saß auf dem, was einmal mein Schlafsofa gewesen war. Denn in den knapp zwei Stunden ohne Aufsicht hatte er ein Loch von etwas der Größe einer Pampelmuse mitten in das Sofa gekratzt und sich dann unter dem Stoff weitergearbeitet. Die Sitzfläche sozusagen unterhöhlt und ausgeräumt, bis nur noch ringsum ein Schaumstoffrand von rund 10 cm übrig blieb. Und als ob das noch nicht genug ist,hatte er auch noch die Zeit, die höchstens faustgroßen Stücke in dem gesamten Zimmer großflächig zu verteilen. Da kam Freude pur auf. Nicht nur, dass ich die Schweinerei wieder
wegräumen musste, ich hatte auch kein Bett mehr und musste die Nacht auf dem Fußboden schlafen.
Eigentlich wäre das ein Grund gewesen, das Tier gleich wieder zurück zum Tierheim zu schaffen. War er doch erst den dritten Tag bei mir. Aber ich war schon immer der Meinung, dass jeder eine zweite Chance verdient hat. Und so kaufte ich am nächsten Tag neben einer Matratze im Bettenlager auch gleich noch in der Zoohandlung eine große Transportbox, in die Fox ab da an jedes Mal musste, wenn er alleine in der Wohnung bleiben musste. Und was soll ich euch sagen: Er liebte dieses Ding und
ging sogar sein Leben lang freiwillig da rein. Auch, als er schon längst ein braver Hund war. Diese Transportbox ersetzte das Körbchen und war auch in jedem Urlaub mit dabei.
Von da an hat mich Fox nie wieder geärgert, jedenfalls nicht in diesem Maße. Im Gegenteil: Er bereitete uns viel Freude und ich habe die Entscheidung, ihn trotz des holprigen Starts zu behalten, nie bereut.
Und warum Fox überhaupt auf die Idee kam, Splitsteine einzeln aufzusammeln und was er sonst noch so alles drauf hatte, erfahrt ihr morgen. Wenn ihr wollt.
Zur gleichen Zeit am gleichen Ort.
Für heute soll´s das erst einmal gewesen sein.
Ich wünsche euch allen da draußen einen schönen Abend
… und passt auf euch auf.
Euer Vagabundinchen