Der papschi Gedenklauf - Die Vorbereitung
Von einem Gegenstand muss ich euch noch berichten, welches auf meiner Wanderung ebenfalls nicht fehlen darf. Dabei handelt es sich um ein kleines Tuch mit einer Größe von schätzungsweise 40x40 cm. Es stammt nachweislich aus den frühen Sechziger Jahren, denn auf Bildern aus meiner Kindheit trug ich es bereits mit zarten 3 Jahren. Wer ein fleißiger Leser meines Blogs ist, hat das Tuch bereits auf einem Foto in meinem ersten Beitrag gesehen.
Auch heute noch ist dieses
Kinderkopftuch in einem sehr guten Zustand. Etwas ausgeblichen an den Rändern, aber ansonsten tadellos. Tja, damals konnte man noch Qualitätsarbeit kaufen, die nicht nur wenige Jahre hielt. Auch diesem Muster begegne ich in einer etwas abgewandelten Form heute noch auf (allerdings minderwertigeren) Tüchern aus dünnem Stoff.
Dieses Kopftuch begleitete mich also durch meine frühe Kindheit. Im Laufe der Zeit verschwand es dann jedoch in irgendeinem Schubfach und ward auch irgendwann ganz vergessen. Jedenfalls von mir. Denn bis dahin war es ja nur irgendein Stück Stoff, ein
Kleidungsstück - wie andere auch. Und an dem nichts Besonderes zu finden war.
Ich begegnete dem Tuch erst wieder an meinem 50. Geburtstag. Es lag frisch gewaschen und sorgfältig gebügelt verpackt in einer kleinen Schachtel, die mir mein Papa als Überraschung reichte. Er hatte es doch tatsächlich all die Jahre über aufgehoben. Der bedruckte Stoff hatte die Scheidung meiner Eltern, die Flucht meiner Mutter in die Bundesrepublik und der daraus folgenden Enteignung ihres Besitzes sowie den Rausschmiss meines Vaters aus unserem Elternhaus überstanden. Zu den wenigen persönlichen Dingen, die mein Papa damals mitnehmen durfte und die streng
von der Staatssicherheit kontrolliert wurden, gehörte auch das Kopftuch aus meiner Kindheit. In späteren Jahren zog mein Papa um und baute sich ein neues Leben mit seiner zweiten Frau auf. Zu ihr hatte ich immer und habe auch heute noch ein besseres Verhältnis als zu meiner eigenen Mutter. Aber dazu später vielleicht einmal mehr.
So tauchte also das kleine Kopftuch aus meiner Kindheit nach ungefähr 45 Jahren wieder in meinem Leben auf. Auch wenn es längst zu klein war, um bequem als Halstuch getragen zu werden (immerhin hat mein Hals in dieser Zeit doch etwas an Umfang zugelegt - ganz zu schweigen
von meiner Kopfgröße), so möchte ich es stets in meiner Nähe wissen. Erinnert es mich doch an meinen geliebten Papa. Deshalb hängt es nun für alle gut sichtbar an meinem Rucksack und begleitet mich jedes Mal, sobald ich meine Wohnung verlasse (... und nicht nur zu den Mülltonnen vor dem Haus gehe). :-)
Dieses Tuch ist mein persönliches Symbol für die Liebe zu meinem Dad. Zu einem Streifen gefaltet und mit verknoteten Zipfeln ähnelt es einem Kreis - ohne Anfang und Ende. Genau wie meine immer währende Verbundenheit mit meinem Vater. Auch über seinen Tod hinaus.
Ich werde das Tuch stets in Ehren halten. Und es wird mich natürlich auch auf meinem Gedenklauf begleiten. Denn es ist eines der letzten verbliebenen Gegenstände, die ich von meinem Papa
besitze. Genau wie die dunkelgrüne Fleecejacke (die ich ebenfalls mitnehme) und der graue, etwas unbequeme Bürostuhl (den ich jedoch nicht mitschleppen werde). Nicht nur, weil er unbequem ist, sondern weil er auf einer Wanderung quer durch Deutschland einerseits ziemlich nutzlos und andererseits vielleicht etwas hinderlich sein könnte. Auch wenn ich geplant habe, mein Gepäck auf mein neues Klappfahrrad zu verladen, so möchte ich dennoch nur das Nötigste mitnehmen. :-)
Für heute mache ich aber erst einmal Schluss und wünsche euch allen da draußen noch einen schönen 2.
Advents-Abend
… und passt auf euch auf.
Euer vagabundinchen