Der Papschi Gedenklauf
Das neue Fahrrad
Es wurde Zeit, mein neues Fahrrad auszuprobieren. Schauen, ob die Chemie zwischen uns beiden stimmt. Schließlich musste ich mich im nächsten Jahr bei meiner Wanderung hundertprozentig darauf verlassen können. Blöd, wenn sich dann unterwegs erst irgendwelche versteckten Macken herausstellen sollten. Außerdem musste ich daran gewöhnen, den ganzen Tag ein Fahrrad neben mir her zu schieben. Es könnte eine ungewohnte Arbeit für meine Muskeln in Schultern und Armen sein.
Noch dazu, weil das Rad voll beladen sein wird.
Ein paar Tage lang blieb ich im Umkreis von ca. 5 bis 6 Kilometern. Falls Reparaturen nötig werden sollten, würde es relativ einfach sein, wieder nach Hause zu kommen. Aber meine Bedenken waren unbegründet. Allmählich erweiterte ich den Radius. Und dann, an einem Tag im August, war es dann soweit. Samstag. Schönes Wetter. Und viel Zeit. Ich packte etwas Proviant und genügend Wasser ein und machte mich auf den Weg.
Mein Ziel war das Tempelhofer Feld. Da
ist am Wochenende immer viel los und man soll einen grandiosen Ausblick auf den Sonnenuntergang sehen. Da ja weder heute noch morgen irgendwelche Termine anstanden, hatte ich vor, eventuell bis zum Dunkelwerden dort zu bleiben. Vorsichtshalber hatte ich den Sommerschlafsack eingepackt und einen leichten Pullover, falls es nach der Abenddämmerung kühler werden sollte.
So auf alle Eventualitäten vorbereitet (so dachte ich zumindest) machte ich mich auf den Weg, der laut Google Maps rund 13 km lang sein sollte. Den größten Teil der Hinfahrt fuhr ich tatsächlich, einerseits weil die Strecke doch recht
lang ist und andererseits, weil ich das Rad auf Herz und Nieren testen wollte. Na ja und nach mehreren Jahren Fahrrad-fahr-Abstinenz wollte ich wohl auch wissen, wie weit ich überhaupt noch komme. :-)
Also, wenn ich ehrlich sein soll, es ging eigentlich erstaunlich gut. Wenn man bedenkt, dass ich außer Übung war und dass ich unter erschwerten Bedingungen fuhr. Schließlich handelte es sich ja bei meinem neuen Fahrrad um eine Miniaturausgabe mit kleinen Reifen und entsprechend häufig musste ich da ja strampeln. Aber ich schaffte den gesamten Hinweg. Sogar mit kleinem
Umweg, denn ich fuhr frei Schnauze und hielt mich nicht immer an die Routenplanung. Machte trotzdem Spaß. Und war nicht sonderlich anstrengend. Ok, die Berliner asphaltierten Straßen sind jetzt auch nicht wirklich eine Herausforderung. Quer Feldein zu fahren über Stock und Stein ist bestimmt anstrengender.
So, da war ich also. Das Tempelhofer Feld, welches früher einmal als Flugplatz diente und nun, seit der Schließung, der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wurde. Vorerst zumindest, denn wenn sich ein Investor mit viel Kohle meldet und sein Interesse an dem Stück Land
mitten in der Hauptstadt bekundet, wird bestimmt wieder das Geld regieren und die Interessen des einfachen Mannes beziehungsweise der einfachen Frau in den Hintergrund gestellt wird. Und wer weiß, was da dann entsteht. Um den wenigen Reichen noch ein bisschen mehr Profit einzubringen. Aber momentan muss man die Gunst der Stunde genießen und das weite Feld für einen Wochenendausflug nutzen.
Problem war nur, dass ich viel zu früh dran war, um mir den Sonnenuntergang anzuschauen. Laut meiner Wetter-App ging die Sonne um 20.58 Uhr unter, Und bis dahin waren es noch gute 5 Stunden!
Ich schlug etwas Zeit tot, indem ich den äußersten Weg innerhalb des eingezäunten ehemaligen Flugplatzes ablief. Dem Platz sozusagen umrundete. Anschließend erkundete ich auch den diagonalen Weg zum größten Teil. So konnte ich mir alles genauer anschauen. Viele Besucher, die sich allein, zu zweit oder in Gruppen auf den Grasflächen zwischen den Wegen sonnten oder sich an einem der vielen Tische vor den Imbissstuben etwas zu essen schmecken ließen. Und dann gab es da noch die Sportlichen, die auf gesondert abgegrenzten Flächen Rollschuh liefen, Rugby spielten oder sich sonst aktiv betätigten. Letztendlich waren viele aber
auch auf den ehemaligen Rollfeldern unterwegs, zu Fuß, mit dem Fahrrad und allen erdenklichen Sportgeräten. Angetrieben mit Muskel- oder Motorkraft oder mittels der stetig leichten Briese, die das heiße Wetter etwas erträglicher machte.
Nachdem ich also so eine Weile dort herumgeschlendert bin, suchte ich mir eine Bank im Schatten und schaute dem Treiben der anderen zu. Immer noch 4 Stunden und 8 Minuten bis zum offiziellen Sonnenuntergang. Irgendwann verlor ich dann die Geduld. Der Sonnenuntergang musste warten. Da ich ja heute schon ein ganzes Eckchen
gelaufen und gefahren war und ich im Anschluss auch noch zurück musste, wollte ich mich langsam auf den Heimweg machen. So entschloss ich mich, ein anderes Mal wieder herzukommen, dann mit etwas mehr Vorbereitung. Schließlich wollte ich ja heute nur mal das Fahrrad testen - und meine Kondition. Und das war ein voller Erfolg geworden. Tja, ich gehörte wohl doch noch nicht zum alten Eisen. Und gesundheitlich schien e wieder bergauf zu gehen. Schließlich war es erst rund ein Jahr her, dass ich kaum zu Fuß den Weg bis zu meinem Supermarkt schaffte, ohne Pausen einlegen zu müssen. Und nun dies hier. Ich konnte mich also
zufrieden auf den Rückweg machen.
Ich plante, an einem schönen warmen Wochenende wiederzukommen, dieses Mal mit Hängematte und Schlafsack bewaffnet. Vielleicht erst am späten Nachmittag, damit die Wartezeit bis zum Sonnenuntergang sich nicht so hinzog. Um zu prüfen, ob vielleicht auch der Sonnenaufgang schön zu betrachten ist, würde ich mir auf dem Gelände ein ruhiges Fleckchen für das Nachtlager suchen. Da ich vorhatte, auch später auf meiner Wanderung aus Kostengründen häufiger im Freien zu nächtigen, konnte ich so auch gleich einmal probeliegen. Und notfalls war der Weg zum eigenen
Bett von hier aus nicht ganz so weit. :-)
Euphorisch, wie ich war, entschloss ich mich, noch ein Stück zu Fuß zu gehen, ehe ich mich in die Bahn setzte. Ich hatte den Fernsehturm gesehen und wusste also, in welche Richtung ich gehen musste, um zum Alexanderplatz zu kommen. Von dort fuhr dann die U-Bahn alle 10 min zu meinem "Heimathafen". So war es jedenfalls geplant. Aber es kommt ja selten so, wie man es sich wünscht. Denn nachdem ich eine gute weitere Stunde unterwegs war, stellte ich fest, dass ich mich zu weit links befand. Denn ich stand plötzlich auf der Brücke unterhalb der U-Bahn, die zur
Warschauer Straße fuhr. Die Kuppel des Fernsehturms leuchtete weit entfernt im Sonnenschein.
Das stellte jedoch auch kein wirkliches Problem dar, war ich so doch sogar noch näher an meinem Zuhause. Eventuell musste ich so nur mit der S-Bahn anstelle der U-Bahn fahren. Beide Linien hielten praktischerweise an meinem Bahnhof, sodass ich flexibel entscheiden konnte. Da die S-Bahn Station Warschauer Straße immer noch nicht über einen Fahrstuhl verfügte und ich mein Fahrrad nicht die große Treppe herunterschleppen wollte, entschloss ich mich, noch etwas weiter zulaufen,
entlang der Schienen. Im Berliner Stadtgebiet liegen ja die einzelnen Stationen nicht weit auseinander. Obwohl ich mich immer noch fit fühlte und keinerlei Beschwerden hatte, wollte ich es dennoch nicht übertreiben. Denn ich befürchtete, dass das dicke Ende in Form eines Muskelkaters spätestens morgen kommen würde. Aus einer Station wurden dann aber doch noch mehrere, so dass ich wieder in die Nähe der U-Bahn Linie kam. An der Haltestelle Magdalenenstraße kaufte ich mir und meinem Rad dann ein Ticket und stieg zu. Für heute reichte es. Schließlich musste ich ja von meiner Endhaltestelle Wuhlethal noch einmal rund 4 km laufen.
An der U-Bahn Station hielt ich die Aufzeichnung meiner Route an und beendete sie. Bis hier hin war ich 33,3 km gewadelt, wie ich diese Fortbewegungsart nannte. Da ich ja gewandert und geradelt bin.
Eine recht praktische Fortbewegungsart, die ich wahrscheinlich beibehalten würde, auch wenn ich mich nicht auf meiner großen Wanderung befand.
Für heute wünsche ich euch allen da draußen wie immer noch einen schönen
Abend
... und passt auf euch auf.
Euer vagabundinchen
Und morgen erzähle ich euch unter anderem, warum Apotheken manchmal echt gemein sind ...
Wie immer könnt ihr diesen Beitrag mit ein paar Bildern auch auf meinem Blog anschauen:
Vagabundinchens Tagebuch
auf
"vagabundinchenschreibt.wordpress.com"