Vorbemerkung
Für den wundersamen aber nicht auszu-schließenden Auftritt neuer Abonnenten sowie aus formellen Gründen habe ich mich zu einem Update aufgerafft. Die ursprüngliche Version meines Geburts-tagsgedichtes entsprach nämlich - mit Rücksicht auf meine zeitweilige Arbeits-unlust - wortgetreu der Rede, die ich zur Geburtstagsfeier unseres Freundes Frank hielt. Hierbei ist anzumerken, dass unser Freundeskreis - gemäß unseres Alters - nun auch ein relativ hohes Alter erreichte und sich an Späße in mannigfaltigster Art gewöhnte. Für die Öffentlichkeit empfahl sich stellenweise daher eine Umdichtung.
Sturheit verlängert das Leben ... (Vorwort)
Erstaunlich: Ein gewisses Maß an Sturheit verlängert das Leben wie gesunde Ernährung. Forscher der University of California erklären sich das so, dass sture Menschen sich treu bleiben und weniger auf die Meinung anderer geben. Dies scheint sich auf die Psyche – und damit indirekt auf den Körper – positiv auuszu-wirken. Sture Menschen seien deshalb auch entspannter und viel zufriedener mit sich selbst.
Der zweite Vers des umseitigen Gedichts bezieht sich auf diesen Zeitungsartikel, der vermutlich jedem "Sturschädel" Freude bereiten dürfte und ihn dazu verleitet, sich noch sturer zu gebärden, um noch länger leben zu dürfen. Zutreffender zur Aussage dieses Artikels sind sicherlich die eigensinnigen (weniger sturen) Menschen, die zwar eine eigene Meinung haben, jedoch aufgeschlossen zu anderen sind und daher nicht zu den Unbelehrbaren zählen.
Zum 70. Geburtstag
unseres Freundes Franz
Mit Siebzig wirst Du junger Spund
im Kreis der Siebziger aufgenommen,
und bist trotz Deinem Lästermund
hier gern und gutherzig willkommen.
Doch gibt's noch einen zweiten Grund
für Dich zu Deiner großen Freude:
Ein wissenschaftlicher Befund
erreichte uns per Zufall heute:
In USA hat – Spaß beiseit' –
ein umfangreicher Test ergeben,
dass dank ihrer Zufriedenheit
die sturen Menschen länger leben.
Doch lieber Franz, dies soll nicht heißen,
dass Du vielleicht unsterblich wirst
wenn Du tagtäglich beim Vergreisen
'ne Stur-Ration hinzu addierst.
.
Ach Franz, dies ist bei Dir doch garnicht nötig,
denn Deine Sturheit ist schon weltberühmt
und hält Dein Lästermaul fortwährend tätig!
Jedoch hat Dich ein Esel unverblümt
bei einer Kutschfahrt als Rebell entthront,
als er mit Euch die Glonn überqueren sollte.
Doch fließendes Wasser war er nicht gewohnt,
weshalb er die Brücke nicht betreten wollte.
Dann schobst Du ihn und Deine Margret zog.
Der Esel wich jedoch kein' Millimeter
und brüllte frech mit Dir im Dialog
bis Margret eingriff mit Kulanz-Gezeter:
Ihr Franz zog nämlich den Esel am Schwanz.
Sie schimpfte ihren sonst so lieben Franz:
„Was Du nicht willst, das man Dir tu,
das füg' auch keinem Esel zu!“
.
Doch Franz, der Klopfer, tat bekloppt noch mehr:
Er hatte nämlich einen Stecken mit
und klopfte Esels Popo kreuz und quer.
Doch dann empfing er 'nen schlimmen Tritt.
Franz schrie, jedoch vertuschte er das Warum:
„Bei Menschen gibt der Klügere stets nach!“
Drum kehrte der Loser mit Frau und Esel um,
zurück zum Stall und ihrem Schlafgemach.
Die Brücke ließen sie zurück im Tal,
doch leider wurd' sie das arme Opfer
im Enghofer Brücken- und Narrenskandal!
Ihr Abriss erzürnte Franz, den Klopfer,
so wie auch die halbe Dorfgemeinde,
denn keiner verstand die Abriss-Narren!
Doch hörte man Franz und seine Freunde
schon bald verbittert die Hufe scharren.
Nun zeigt sich - wie schon oft - beizeiten:
Die gern verteufelte Sturheit hat
auch ihre positiven Seiten!
Und Franz bewies es in der Tat!
Den unverschämten Brückenklau
nahm er nicht scheu und kleinlaut hin.
Mit Freunden und mit viel Radau
entwarf und schrieb er Demoskopien.
Die Franz-Sturheit hat sich fürwahr gelohnt:
Es wird 'ne nagelneue Brücke gebaut,
und Franz hat mal wieder siegesgewohnt
den Ärger wie auch die Mühe verdaut!
Die freudige Botschaft kam schnellstens herum,
man hörte den Schmied seine Meißel wetzen.
Der Bürgermeister frug ihn sogleich: „Warum?
„Ich werde Franz zum Dank ein Denkmal setzen!“
.
„Was Franz erreichte, ist lobenswert,
doch Denkmäler kosten unzählige Unzen,
Zudem fühlt sich Franz schon im Voraus entehrt,
weil Hunde ja gerne an Denkmäler brunzen.
Noch schlimmer ist's wenn dies auch Besoffene tun,
und schlechthin gar noch Freddys Schnulzen grölen
und dann noch - gegen Beschwerden immun -
uns redlichen Bürgern die Nachtruhe stehlen!
Und Bildhauerei ist für Dich zu diffizil,
wir machen nur das, was wir machen können
- bei uns Beamten bekanntlich nicht viel -
wir werden die Neue „Franzl-Brücke“ nennen!
Darüberhinaus tat Franz noch was Gutes
beim Schafkopf! Hier war's gar ein Wunder,
denn er schenkte dem Gegner guten Mutes
spendabel nach dem (Ver-) Zählen einen Unter!"
.
Nun haben wir genug von Sturheit gehört,
vielleicht auch hie und da mal übertrieben.
War's stellenweise auch schon verjährt,
war's doch komplett in Reimen geschrieben.
Denn hat sich Schreiberling ein wenig verrannt,
- womöglich bis an den Rand der Wahrheit -
dann wird's verreimt als Gedicht anerkannt
und unterliegt der dichterischen Freiheit.
Nun wünschen wir Dir ein frohes Jahr,
und schütteln fest Dein Händchen.
Auch schenken wir dem Jubilar,
noch unser Geburtstagsständchen:
Im alten Jahr, im alten Jahr
warst Du ein armer Wicht.
Wir singen auf Dein neues Jahr,
so wiederholt sich sowas nicht!
b.w.
Nachlese 1:
Die Handlungen, die in dieser Festrede ange-sprochen wurden, beruhen alle auf tatsächlichen Begebenheiten, auch wenn diese nicht mehr mit dem angemessen Ernst beschrieben sind, der ihnen einst gebührte. Es war ja eine Rede zur runden Geburtstagsfeier unseres Freundes Franz (der in Wahrheit nicht Franz heißt) samt Familie in unserem langjährigen Freundeskreis, in dem ohnehin kein Wort auf die Goldwaage gelegt wird und in dem er gerne als stur gilt (jedoch nicht als unbelehrbar). Doch gibt es ja im Freundeskreis noch mehr derartige Marotten, die zum Foppen einladen.
Seine Sturheit im positiven Sinne trug ja weitgehend dazu bei, dass ein übler Patzer unserer Obrigkeit im Dorf (Abbruch der Glonntalbrücke) wieder ausgemerzt wurde. Diese Brücke war zwar nicht mehr nagelneu
(eine Lücke zwischen den Balken und der Blick ins Wasser verängstigten den Esel, der Franz zu seiner Umkehr zwang), doch über sie führte ein Feldweg zur Glonnau, eine Wiesenlandschaft mit den letzten naturbelassenen Auwälder im Oberlauf der Glonn. Sie ist in unserer Heimatgemeinde ein äußerst beliebtes Ausflugsziel für Spaziergänger und Radfahrer, das nun nur.noch durch Umwege über die Nachbardörfer zu erreichen ist. Was hierbei passieren könnte, habe ich mit meinem „Glonnau-Jodler“ (eine Satire in myStorys) in Verse gefasst. Ein kleiner Beitrag für die Bürgerinitiative zur Wiederherstellung der Brücke, die Franz mit Sturheit und mit gleichgesinnten Freunden ins Leben rief, die mit Unterschriftensammlungen, Leserbriefen, Recherchen in uralten Grundbüchern und Instanzen-Marathon endlich erreichte, dass flussaufwärts wieder eine Brücke errichtet wird.
.
Nachlese 2:
Zu guter Letzt möchte ich noch anmerken, dass das gegenseitige „auf die Schippe nehmen“ in unserem Freundeskreis schon lang verbreitet ist und mehr als weniger gern entgegengenommen wird. Da ist Franz sowohl mein Lieblingsfreund als auch mein Lieblingsfeind, wobei sich die Feindschaft im Wesentlichen auf den Fußball beschränkt (wo er immer noch Fan des TSV 1860 München ist und ich schon immer Fan des FC Bayern war). Die Freundschaft zeigt sich u.a. darin, dass wir alles gut miteinander meinen und uns daher zum Geburtstag gegen-einander stets auch „Gute Besserung“ wünschen. Daher begann der letzte Vers dieses Gedichtes ursprünglich mit diesen Zeilen:
So wünschen wir alle Dir alles Gute
einschließlich guter Besserung ...
Nachlese 3:
Wer andere reizt muss mit passenden Antworten rechnen, dies gilt natürlich auch für unseren Freundeskreis. Hier hatte sich mit der Zeit eingebürgert, dass die mehr oder weniger satirischen Einlagen (bei Frauen gar keine) zu meinen Geburtstagsgedichten (oder sonstigen Anlässen) mit Schnulzengesängen beantwortet wurden, die ich als ausgeprägter Rock'n'Roller nicht mochte und teilweise sogar hasste. In unserem Kreis wurde viel und wird auch noch musiziert und alles mögliche gesungen. Meine Antwort auf diese Schnulzen war, dass ich deren Texte umdichtete und satirisch verhunzte, und bald auch in "Rudis Schnulzenbuch" zusammen-fasste, das ich an alle verteilte, damit meine Verse dem Schnulzengesang angehängt wurden.
Vier davon sind nun auch in myStorys zu lesen ("Heimweh", "Seemann, lass das Weinen", "La Paloma 2020", "ein Schiff wird kommen").