Deutsche Gechichte - hautnah erlebt
Ich war heute einmal wieder auf dem Krankenhaus Gelände unterwegs. Nicht, weil ich mich nicht wohl fühlte, sondern weil ich einfach nur gerne auf dem Gelände umher wandle. Die alten Backsteinhäuser und knorrigen Eichen faszinieren mich. Auch wenn letztere ohne ihr Laub etwas von ihrem majestätischen Aussehen verloren haben.
Der Lageplan des UKB (Unfallkrankenhauses von Berlin) zeigt eindrucksvoll, wie weitläufig das Gelände ist.
Am 15. November 1893 wurde hier die „Anstalt für Epilepsie Wuhlegarten bei Biesdorf“ gegründet. Ab 1920 entwickelte sich die Institution dann hin zu einer allgemeinen psychiatrischen Klinik, in der auch andere geistige Leiden geheilt werden sollte. Wer sich etwas in der damaligen Zeit auskennt, weiß, dass es dabei nicht wirklich immer um das Wohl der Patienten ging. Oftmals wurde mit Stromschlägen gearbeitet, da die Medizin damals die Meinung vertrat, dass psychiatrische Leiden durch künstlich ausgelöste Krampfanfälle mittels Schocktherapie behandelbar sei.
Diese Verfahren waren bis in die 1950er Jahre üblich. Ich möchte nicht wissen, was für Leiden diese dicken Ziegelsteinmauern schon gesehen haben.
Ein besonders dunkles Kapitel war dann der Nationalsozialismus mit seiner totalitären, rassistischen Weltanschauung, der auch vor den Toren der Heil- und Pflegeanstalt Wuhlegarten nicht haltmachte. So kam es zwischen 1933 und 1945 verstärkt zu der „Vernichtung lebensunwerten Lebens“, wie es im Euthanasieplan der Nazis hieß, dem auch hier viele Patienten zum Opfer fielen.
Insbesondere ab dem Jahr 1941 ordnete Hitler die dezentrale Euthanasie als den organisierten Krankenmord direkt vor Ort an und legalisierte so die Vernichtung unzähliger Patienten. Der Führer reagierte damit auf die Unruhen in der Bevölkerung sowie die Proteste der Kirche, die das Verschicken der Kranken aus den „Heil“anstalten in die Gaskammern der Konzentrationslager beanstandeten. Fortan wurde direkt und leider sehr effektiv, versteckt vor den Augen der Öffentlichkeit, auf dem Krankenhausgelände selbst gemordet. Noch heute zeugt das große Gebäude des
Krematoriums mit seinem hohen Schornstein von diesem schwarzen Kapitel deutscher Geschichte.
Heute erinnern neben den roten und gelben Backsteinhäusern auch mehrere Infotafeln an die Geschichte. Das Erinnern und Gedenken hilft, das Geschehene zu verarbeiten und den vielen Opfern zu gedenken. Und um so schöner finde ich es, dass heute wieder auf diesem Gelände und in diesen Gebäuden den Kranken und Hilfsbedürftigen geholfen wird.
Und damit schließe ich für heute mein Tagebuch. Auch wenn das Thema dieses
Mal nicht so erfreulich war, so hoffe ich, dass ihr da draußen alle noch einen schönen Abend habt (und ich ihn euch nicht verdorben habe).
Passt auf euch auf.
Euer vagabundinchen