Kurzgeschichte
In Sicherheit?

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""Das Ende dieser Völkerwanderung ist nicht absehbar ..." (Fleur)"
Veröffentlicht am 16. September 2021, 10 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

1953 wurde ich in Husum geboren. Ich bin an der Nordsee und in Frankfurt aufgewachsen. Meine große Leidenschaft sind die Literatur und das Schreiben. Zahlreiche Gedichte und Geschichten von mir haben in Anthologien und Gemeinschaftsbüchern ihren Platz gefunden. Seit zehn Jahren schreibe ich Romane, von denen bislang sieben veröffentlicht wurden. In meinen Büchern zeichne ich menschliche Grenzsituationen, die immer von einem Funken Hoffnung ...
"Das Ende dieser Völkerwanderung ist nicht absehbar ..." (Fleur)

In Sicherheit?

Ergänzung

"Das Ende dieser Völkerwanderung ist nicht absehbar ..."
Mit diesen Worten hat Fleur meine Geschichte vor zwei Jahren kommentiert.
Und sie hat recht.
Angesichts dessen, was sich gerade auf Lampedusa abspielt, habe ich diesen Text noch einmal hervorgeholt.
Es herrscht Notstand, fast 7000 Migranten, und im Auffanglager gibt es nicht mal 500 Betten. Die Zustände sind chaotisch.
Ich denke, auch wenn die Menschen - wie in der Geschichte Djamila - das rettende Ufer erreichen, bleibt die Frage,

ob sie wirklich in Sicherheit sind. Was erwartet sie, wie wird es ihnen ergehen? Und wie wird man letztlich diesem Elend Herr werden können?

In Sicherheit

Seit Tagen sind sie unterwegs, Hunger, Durst, Fieber und Aggression bestimmen die Stunden. Flirrende Hitze wechselt mit dunklen Wolken und starken Windböen. Die ballen sich zu einem Sturm. Befehlende Rufe in fremder Sprache mischen sich mit angsterfüllten Schreien der Menschen, die nicht aufhören, seit ein starker Wellengang das Boot wie eine Nussschale auf und nieder wirft. Djamila hält sich die Ohren zu. Sie sitzt eng an die Bootswand gepresst, Menschen um sie herum, die sie nicht kennt. Wo ist Vater? Sie wurden getrennt, als die alte Frau durchdrehte.

Ihre Schreie dröhnen immer noch in Djamilas Ohren. Männer haben versucht, die Alte ruhig zu halten, doch sie trat um sich, schlug, fauchte. Dann sprang sie. Hinein in die tosenden Fluten. Die Schreie verstummten. Es gab einen Aufruhr. Vater wurde weggedrängt und jetzt kann Djamila ihn nirgends entdecken. Es ist dunkel. Nur der Mond wirft ab und zu silbrige Fäden aufs Wasser, wenn der Wind die Wolken wegpeitscht. Doch allzu schnell verschwindet der Silberglanz in den brodelnden Wellen. »Wir schaffen das, bald sind wir im Hafen.« Den Jungen, der das gesagt hat, kennt sie nicht. Er drückt ihre Hand, es

fühlt sich tröstlich an. Sie will den blassen Mond mit den Augen festhalten, doch Drohendes überschattet den weißgelben Ball. Wellen schlagen höher. Djamila schließt die Augen, will das schrecklichen Geschehen ausblenden. Ein heftiger Stoß bringt sie zurück. Schemenhaft sieht sie den Vater, der den Mund bewegt und wilde Handbewegungen macht, inmitten der Menschenmenge. Dann entschwindet er ihrem Blickfeld. Eine kalte Hand scheint sich wie ein Schraubstock um Djamilas schmale Brust zu legen. Schwarze Vögel über ihr, Schattenflügel im Mondlicht, groß sind sie und dunkler als eine Nacht ohne Sterne.

Wasser überall, sie spürt die Bootswand nicht mehr, bekommt keine Luft. Dann Arme, die sie hochheben und tragen. »Wir sind im Hafen, alles wird gut. Hier sind wir in Sicherheit.« Djamila reißt den Mund auf, holt Luft. Sie öffnet die Augen. Der fremde Junge trägt sie, kämpft sich durch das Wasser. Sie spürt den Sand, als er sie hinlegt. »Vater«, flüstert sie. »Wir finden ihn.« Erschöpft schließt sie die Augen. In Sicherheit, hat er gesagt. Ob das stimmt?

Impressum

Text: Enya Kummer
Cover/Bildnachweis: Myriams-Fotos auf Pixabay

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Über den Autor

Enya2853
1953 wurde ich in Husum geboren. Ich bin an der Nordsee und in Frankfurt aufgewachsen. Meine große Leidenschaft sind die Literatur und das Schreiben. Zahlreiche Gedichte und Geschichten von mir haben in Anthologien und Gemeinschaftsbüchern ihren Platz gefunden. Seit zehn Jahren schreibe ich Romane, von denen bislang sieben veröffentlicht wurden. In meinen Büchern zeichne ich menschliche Grenzsituationen, die immer von einem Funken Hoffnung begleitet werden. Letztes Jahr wurde mein erstes autobiografisches Werk veröffentlicht: Wenn der Raps blüht.
Zurzeit arbeite ich an der Fortsetzung. Arbeitstitel: Storchenjahre.
Ich habe Mathematik, Psychologie und Pädagogik studiert und war im Bildungsbereich tätig.
Inzwischen genieße ich das Rentendasein und die Beschäftigung mit meinen Enkelkindern. Ich bin außerdem als Lektorin und Korrektorin tätig.

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sugarlady Im Oktober sind neue Wahlen. Wenn ich nur wüsste, wer diese heikle Situation. halbwegs in den Griff bekommt, den würde ich wählen.
Diese Kasper in der jetzigen Politik, werden es nicht, in den Griff bekommen. Den Menschen, muss vor Ort geholfen werden, nicht erst bei und in Deutschland.
Lieben Gruß Andrea
Vergangenes Jahr - Antworten
Enya2853 Das stimmt, liebe Andrea.
Aber auch vor dieser Regierung wurden viele Fehler gemacht, vieles verschleppt und falsch eingesetzt.
Ich wüsste nicht, wer das Desaster jetzt in den Griff bekäme.

Lieben Dank und viele Grüße.
Enya
Vergangenes Jahr - Antworten
Loraine Liebe Enya

DANKE Dir für Deinen Text - aktuell - menschennah - hinterfragend - zu RECHT und mit gemischten Gefühlen wie Sorgen, mit denen Du nicht alleine stehst.
Balance - Würde - MenschSEIN - Lösungen finden und mehr
werden wichtige Wegbegleiter sein für uns ALLE.
LG Loraine
Vergangenes Jahr - Antworten
Enya2853 Ich danke dir, liebe Loraine. Ich hoffe es wirklich, dass wir Lösungen für diese Katastrophe finden.
Liebe Grüße
Enya
Vergangenes Jahr - Antworten
Loraine Es braucht gesunde kluge Lösungen die über das heute die Zukunft auf eine positive Balance bringen!
Vergangenes Jahr - Antworten
FLEURdelaCOEUR Liebe Enya, gerade zurück von einem Ausflug in die sonnigen Weinberge von Freyburg an der Unstrut, haben mich diese Katastrophenmeldungen von Lampedusa auch sehr erschüttert. Es ist wohl so, dass die Spaltung der Welt in Arm und Reich uns letztendlich alle gemeinsam an den Abgrund bringen wird... Es sei denn, es gelingt uns noch in letzter Minute, das Steuer herumzureißen. Das wäre ein Balanceakt am seidenen Faden, da es ja bekanntlich keine Mittel gegen die Gier wie auch gegen die Dummheit gibt. Möge er uns dennoch gelingen, unserer Kinder und Enkel wegen!
Liebe Grüße
fleur
Vergangenes Jahr - Antworten
Enya2853 Liebe Fleur,
das hoffe ich auch so sehr. Ich glaube an das kleine "Vielleicht", das aber an die Bedingung geknüpft ist, dass wir das Steuer noch herumreißen können, wie du sagst.
Danke für deine Worte.
Hab ein schönes Wochenende.
Liebe Grüße
Enya
Vergangenes Jahr - Antworten
erato 
Ein erschreckend realistisches Bild hast Du hier in Worte gesetzt, liebe Enya.
Ich werde mich textlich mit diesem Thema absehbar auch auseinandersetzen,
denn was da auf unsere Gesellschaft zu rollt - wird in einer nicht nur europäischen Katstrophe enden. und da Druck - Gegendruck erzeugt -
werden die Sozalsysteme zusammenbrechen und die Hilfsbereitschaft der Gesellschaft in Abwehr und Hass umschlagen. Verstärkt durch den Klimawandel werden und können alle bisherigen Maßnahmen zur Problembewältigung erfolglos sein. Hier muss konsequent neu nachgedacht werden - da jedes überladene Schiff untergehen wird....
GghG Thomas
Vergangenes Jahr - Antworten
Enya2853 Danke, lieber Thomas, so sehe und fürchte ich das auch.
Ich habe den Text ja schon vor zwei Jahren geschrieben. Es hat sich nichts verbessert, im Gegenteil.
Ganz schwierig, wo man ansetzen soll.
Bei vielen Menschen, die eigentlich helfen wollen, machen sich Hilflosigkeit und eine abgrundtiefe Ohnmacht breit.
Da es so viele "Baustellen" gibt, werden die Probleme größer statt kleiner. Meint man, eines gelöst oder annähernd im Griff zu haben, rollt das nächste an.
Es ist traurig.
Liebe Grüße und ein schönes Wochenende
Enya
Vergangenes Jahr - Antworten
Brigitte Was müssen diese armen Menschen manchmal erleiden. Ich habe bei deiner Geschichte alles bildlich vor mir gesehen. Das ist deine wunderbare Erzählkunst, die mich immer wieder aufs Neue beeindruckt.
Ganz liebe Grüße in deinen tag Brigitte
Vor langer Zeit - Antworten
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