Premier Boris Johnson, ihr wisst, der mit dem Erscheinungsbild eines Irren, hat verlautbart, dass der "Freedom Day" am 19. Juli kommt. Dann sollen alle Corona-Restriktionen fallen. Offene Clubs, Bars und Großveranstaltungen darf es dann wieder geben – ohne Maskenpflicht, Kontaktbeschränkungen oder Abstandsregeln.
Darf der dat? Fragt sich der geplagte Deutsche und seufzt resigniert: ja, der darf dat. Dat der dat darf. Nun waren die Brits während der gerade beendeten Fußballfarce deutlich genug des Wahnsinns fette Beute, sie pöbelten,
prügelten, wurden übergriffig und wollten gar die Reaktionen eines Torhüters via Laserpointer beeinflussen. Und das im Mutterland des Fair Play! Und die „Fans“ hielten sich an keine Hygieneregeln – alles unter dem wohlwollenden Auge des durchgeknallten Prime Ministers (BTW: Prime ist mir in Amazonien lieb und billig).
Seit GB nicht mehr Mitgliedsstaat der EU ist, scheint der Pöbel deutlich an Präsenz und Einfluss gewonnen zu haben, und das im Lande eines Kit Marlowe, eines Shakespeare, eines Oscar Wilde, eines Harold Pinter? Kennt die britische Gesellschaft denn keine Anstandregeln mehr oder aber,
schlimmer noch, ignoriert selbige?
GB war für mich immer ein liebenswert schrulliges Land, mit eben solchen Menschen. Meisterhaft dargestellt von der wunderbaren Truppe „Monty Python's Flying Circus“.
Die Schotten scheinen sich ja vermehrt für einen Austritt aus dem United Kingdom zu interessieren und engagieren, und wenn sie dies wahrmachten, und Wales wie auch Nordirland sich anschlössen, stünde Prince William einmal etwas blöd da: Er wäre, wie einer seiner Vorfahren, ein „Wilhelm Ohneland“. Denn mit diesem England ist, zumindest derzeit, kein Staat zu machen. Im wahrsten Sinne des
Wortes.
Aber was willste denn schon von einem Land erwarten, das Essig auf seine Fritten kippt, Minzsauce zu Lamm reicht, gedämpften Pudding aus Mehl, Talg und Brotkrumen mit Rosinen mampft, Käsetoast mit kräftigem geschmolzenem Cheddar und diversen Zutaten wie Worcester Sauce, Senf, Paprika, Salz und Pfeffer vertigt, die Welsh rarebits. Gut, die Schotten essen auch merkwürdiges Gedöns, etwa das gefürchtete Haggis.
Es ist dies Gericht, welches aus Herz, Lunge und Leber von Schafen sowie Zwiebeln, Talg, Gewürzen, Salz und Pfeffer besteht. Es wird traditionell in einen Schafsmagen gehüllt und dann
stundenlang gekocht. Grauenhaft! Und wat die so „Bier“ nennen, treibt dem deutschen Kenner die Galle in die Mundhöhle.
Ihr werdet jetzt möglicherweise fragen, was denn das kulinarische Gebaren der Insulaner mit ihrem aktuellen Geisteszustand und ihrer mehr als löchrigen Moral zu tun hat?
Eigentlich nix, aber es passt halt so schön zu uns Teutonen, eigene Unzulänglichkeiten mit mildem Auge wegzuzwinkern und in fettriefenden Bratkartoffeln mit Speck und Zwiebeln zu schwelgen.
Wie sagte doch mein Herzensfreund Harry Heine in einem seiner satirischen
Gedichte:
„Wir sind keine Römer, wir rauchen Taback. Ein jedes Volk hat seinen Geschmack, Ein jedes Volk hat seine Größe; In Schwaben kocht man die besten Klöße.“ Wer mal Gaisburger Marsch "genossen“ hat, weiß, wovon ich rede: ein Eintopf aus Fleischbrühe, Rindfleisch, Spätzle und Kartoffelschnitz. Den durfte ich in der Mensa der Uni Stuckert jede Woche mindestens einmal zu mir nehmen. Aber nach einem Semester habe ich mich an einer anderen eingeschrieben. Nicht Mensa, sondern Uni.
Und schon ist mein Unmut über die Briten dieser Tage geringer geworden.
„Tout s'efface avec le temps“, sagt der Franzose, alles verblasst mit der Zeit, und wenn es nur die Zeitspanne ist, die ich mit dem Schreiben dieses Pasquills verbracht habe ~~~