Kurzgeschichte
Endpunkt

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"Pool, Tränen, Rauch, Gerippe,"
Veröffentlicht am 24. Mai 2021, 10 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Pool, Tränen, Rauch, Gerippe,

Endpunkt

Endpunkt

Ein Knistern erweckt meine Aufmerksamkeit. Ich hebe den Kopf, lege mein Buch beiseite und wende mich dem Geräusch zu. Langsam erhebe ich mich von der Bank in unserem Garten. Es ist ein alter Garten. Mit massigen hohen Bäumen, in dichtem Grün. Zarte Blumen, die verführerisch ihren Duft verbreiten, mit ihren Farben frohlocken, sie wiegen sachte ihre Köpfe im sanften Wind. Genau genommen ist es nur ein Hauch. Insekten summen umher, Bienen scheinen wie magisch angezogen. Schmetterlinge spielen in der westlichen Sonne.

Zwischen den Zypressen stehend sehe ich zum Haus. Erhaben steht es da, mit seinen roten Ziegeln, den weißen geschwungenen Fensterrahmen, den Butzenscheiben im Erdgeschoss. Knistern, wieder dieses Knistern. Die Kinder, sie sind noch klein, mit drei und vier Jahren. Ich sehe sie oben im Fenster. Vermutlich stehen sie wieder auf der Fensterbank. Die Blondschöpfe. Ihre Hände sind erhoben. Sie ist so süß mit

ihren wilden Locken. Sie, so hübsch in ihrem rosa Kleid. Und er mit seinem freundlichen Gesicht, den lieben Zügen. Die fein geschwungenen Münder weit geöffnet. Sie lachen? Sie rufen mich? Knistern! Sie schreien! Die kleinen Händchen fest gegen die Scheibe gepresst. Mit aufgerissenen Augen, die so leuchtend blau, sehen sie zu mir herab. Starr! Wie angewurzelt! Unfähig zu denken, zu reagieren! So stehe ich da. Der herbe Duft der Zypressen weht an mir vorbei.

Ein kurzer Blick zum Swimmingpool. Ich sehe dich im Wasser, mein geliebter Ehemann. Wasser wie das Himmelsblau. Fast ist es wie erwachen. Ich laufe zum Haus. Ich halte inne. Jetzt sehe ichs! Wie Schlangenzungenleckt, und züngelt es entlang dem knorrigen Efeu. Knistern. Die Kletterrosen lassen ihre Köpfe hängen. Dann schlägt es empor. Rotglühend, heiß und ohne Gnade fressen die Flammen sich durchs Haus. Risse bilden sich auf den Fensterscheiben. Mein Körper ist schwer. Ich frage mich, wo du bleibst? Du musst es doch sehen!

Ein beißender Geruch breitet sich aus. Du musst es doch riechen! Kraftlosigkeit überfällt mich, wie ein Dieb in dunkler Nacht. Erneut wende ich mich um. Du bist im Pool. Du bewegst dich nicht! Ein Schritt zurück, ein Schritt vor. Funken fallen wie glühender Schnee auf meine Arme. Verglühen auf der Haut. Kein Knistern mehr. Krachen! Es stürzt etwas vom Dach, ich weiß nicht was. Die Schlange kriecht durch alle Ritzen. Die Körper! Sie sind verschwunden! Mir stockt der Atem. Ein Schrei aus meinem Mund, so tonlos wie ein Atemhauch in

eiskalter Winternacht. Meine Arme reiße ich empor, als wollt ich flehen. Ächzend bricht das Dach zusammen. Die schwarzen Balken, gleich einem Gerippe, reckt es sich stinkend in den Himmel. Asche fällt auf mich herab, als wären es längst getrocknete Tränen. *** Ich weiß es war nicht so! Doch so fühlt es sich an. Erstarrt saßen wir an euren Bettchen. Rotglühende Gesichter, unterstrichen von weißen Decken. Der lange Wimpernkranz verdeckte die dunklen Schatten unter euren Augen. Wie Puppen aus Wachs lagt ihr da. Nacht war

es, dunkle Nacht. Ein schwaches Licht erhellte den Raum, gerade soviel das wir uns sehen konnten. Verloren saß ein rosa Hase auf dem Kissen. Der Feuersturm tobte in euren kleinen Körpern. Flehend, betend hielten wir die kleinen Hände, selbst als sie schon schlaff vom Fieber fortgerafft.- Stumm der Zug. Frieren trotz gleißender Hitze. Erstarrt mein Gesicht. Worte, die vielen Worte gleiten an mir vorbei. Sie fliegen, wie Schmetterlinge die spielend um die Blüten, schweben. Sie summen und surren. Wir sehen uns nicht an. Wir

sehen niemanden an. Ein herber Duft von Zypressen weht an mir vorbei. Und du bist ertrunken, in unseren Tränen nicht im Pool. Wind kommt auf, fast wie Erlösung. Von fern hört man ein Glockenspiel, es klingt wie helles Kinderlachen. Still halten wir uns an der Hand. Wir sehen in die Ferne, den weißen Ascheflocken hinterher. Was ist geblieben? Nichts was der Mühe lohnt …

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IDee2000

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