Allen Auguren zum Trotz ist es in meinem lieben Troja Frühling geworden, was allerdings meinem altersschwachen Schliemännchen gar nicht behagt, denn sobald die Quecksilbersäule über 40° schießt, stehen - hast du nicht gesehen- bierbäuchige Germanen in Unterhemd und Shorts, Adiletten und Socken an den Füßen und das mobile Smartfrettchen in der Hand an der Ausgrabungsstätte und behindern die Arbeiten. An der trojanischen Riviera ist es auch keinen Deut besser – Angelsachsen mit hässlichen Badetüchern belagern die schönsten Stellen und auch die erwähnten Germanen tragen nicht gerade zur Völkerverständigung bei. Doch ich
habe einen Verdacht, warum diese lauten und Cervisia kippenden Plagegeister regelmäßig bei uns einfallen, sobald bei ihnen zu Hause das Wetter noch nicht so schön ist wie bei uns: Angeln und Sachsen, Goten und Germanen brausen im legendären furor teutonicus resp. normannicus los, weil in Troja Urlauben viel preisgünstiger ist und das Wetter ein Träumchen. Wer schon einmal im Nieseldauerregen Britanniens gestanden hat, weiß, wovon ich rede.
Doch dieses Jahr habe ich beschlossen, meine zauberhafte Heimat mindestens zwei Monate zu meiden – ich werde eine Rundreise durch den Kontinent der, unter
uns gesagt, leicht inkontinenten Matrone Europa machen und mich vielleicht, vielleicht auch ins Land der unbegrenzten Vollidioten und deren Möglichkeiten wagen, in die Ungehörigen Staaten von Amerika, ein Kontinent, den der Dussel Kolumbus allen Ernstes für Indien gehalten hat. Da wollte Monsieur nämlich hin, aber den Kompass lesen konnte er eben nicht; man munkelt, er habe aus familiären Gründen Tag und Nacht an Bord durchgesoffen, seine Gattin war nämlich mit einem gewissen Vasco da Gama durchgebrannt, weil sie Chrissis Unterhosen nicht mehr waschen wollte. Ihr werdet verstehen, dass ein Land, das ein Suffkopp vor über
500 Jahren für Indien gehalten hat, ja wohl nix Dolles sein kann – Weiden und Steppen und Wüsten, dass dir die Augen tränen, und für lange Zeit auch noch keine Städte. Aber Saloon mit leichten Mädels, Whiskey und Hallobilly, dass dir die Ohren abfallen. Und Banden, dass dir die Augen tränen – Billy the Kid, die Dalton Bande, Doc Holliday., Jesse James, Wyatt Earp, der übrigens so viele Berufe ausübte, dass du mehr als 10 Finger brauchst, um die alle aufzuzählen. Mein Paps war ja mal als junger Mann drüben,und was er dort erlebte, hat ihn nachhaltig erschüttert: Duelle - hast du nicht gesehen - von jetzt auf gleich, rauchende Colts, sodass du
die Hand nicht vor den Augen sahst, und als Frau konntest du nur als leichte Puppe überleben oder aber den Zug um 12 Uhr mittags nehmen. Na ja, manche mochten es ja heiß und wenn ein Mädel sich einen der damals raren Millionäre angeln wollte, waren Blondinen eindeutig bevorzugt -eine gewisse Marylin Sugar hatte wegen ihres Appeals einen ganz schönen Schlag bei den Jungs im Wilden Westen, mein lieber Dysseus!
Allerdings denke ich, dass ich mich wohl doch eher bei Europa umgucken werde, ihr Liebhaber soll ja ein entzückender Stier sein, man munkelt gar, er sei ein Gott, der diese Gestalt angenommen
habe. Aber die Regenbogenpresse weiß ja auch immer alles besser, und am Ende stimmt gar nix. Jetzt habe ich aber von Schliemännchen gehört, dass Europa nicht nur eine Person ist, sondern in vielen Erscheinungsformen auftritt: als Stierkämpfer, Spaghettidreher, Croissantbieger, Schokoladengießer, Schnitzeljäger und Walzertänzer, Grachtenhopper und - Berufsnörgler. Diese tummeln sich in den Wüsteneien Germaniens,etwa im Teutoburger Wald, der ist euch vermutlich wohlbekannt, in diesem Sumpf ist ja bekanntlich vor langer Zeit ein gewisser Varus stecken geblieben, der seinem Kaiser in Rom nicht die Legionen zurückgeben konnte
oder wollte, so ganz genau weiß man das nicht.
Germanien ist eigentlich ganz nett anzuschauen, wenn da halt nicht die Stämme Germaniens wären, die alle eine eigene Sprache grunzen oder knödeln und einander schon deswegen nicht verstehen. Ich verstehe kaum ein Wort, mir ist noch immer nicht klar, wer eigentlich dieser Ozapftis ist und warum die Anwohner des Rheins klüngeln und sie sollen auch schwarze Kassen haben. Sehr verwirrend, diese Stämme Germaniens, die sich Jahrhunderte lang nicht einigen konnten, wer denn das Sagen haben sollte. Das haben die erst ganz spät geschafft, sie haben einen
Imperator ausgerufen, der allerdings einen durchgeknallten Filius hatte, und danach kam ja bekanntlich ein furchtbar unangenehmer Postkartenmaler, aber lassen wir das, ich will ja von meiner Fernreise erzählen und nicht von Menschenfressern. Ich habe mir im Vorfeld im Berserker einige kulturell interessante Ziele ausgesucht. Wanne-Eickel, Thönnieshausen, Hundeluft in Sachsen-Anhalt. Katzenelnbogen in Rheinland-Pfalz.
Da geht überall sicher die Post ab und steppt der Bär auf der Rasierklinge.
Am meisten aber bin ich gespannt auf Sorge und Elend. Diese beiden Dörfer
liegen im Ostharz, in der Nähe des Brockens, wo zu Walpurgis die Hexen mit dem Teufel tanzen und … ihr wisst, was ich meine. Oh ja, das wird eine wahre Bildungsreise. Allerdings sind die Germanen derzeit nicht besonders dezent, sondern, entre nous soit dit, höggscht inzident.
Macht es gut, ihr Lieben! Man sieht sich!