Schreibparty 89: Zungenbrecher
Thema: Fernreisen
Vorgabeworte:
Horizontbespanner
Raubvogelnacht
Wachsmaske
Erdbahnkreuzer
Metzgermesser
Zwitschern
Picknickpaket
Wipfelspitzen
Zierteichschnecken
Text: Martina Wiemers
Buchcover: kostenlose Bild, gefunden
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„Wenn glitzernder Schnee auf den Wipfelspitzen der Wipfel, bis zu den Gipfelspitzen der Gipfel glitzert, dann wird in der Nacht, die Raubvogelmacht der Raben, die sich im Graben am Aase laben…“ „Hör endlich auf, meine Ohren mit deinen dussligen Deklamationen zu malträtieren“, sagt Jonathan Jansen, Verbandsjustiziar des Deutschen Jogger-Verbandes und Vereinsvorsitzender des Jessener Jogger-Vereins “ JJ Jessen“ ärgerlich zu seinem Schulfreund, dem Metzger, Mike Meier, Meister in der Metzgerei „Mett und Wurst von Meiers“ aus Miesdorf an der Mies.
Die Hauptrolle in der bekloppten Provinzposse „Der Horizontbespanner im
Erdbahnkreuzer“ von deinem Idol, Dietmar Dettmer vom Dettmolder Theater in Dettmold, wirst du niemals bekommen. Wer würde schon glauben, dass du als außerirdischer 150 kiloschwerer Frosch mit purpurroter Wachsmaske und Püschelpusteln am Po, die Gerdi, schönste Elfe im Stück, am elften Tag, mit dem zwölften Zauberspruch bezirzen kannst.
Die gertenschlanke Gerdi, im richtigen Leben Gartenbesitzerin und Gärtnerin in der Gärtnerei „Gärtnern im Garten“, steht mehr auf Manfred Murmann, Inhaber der Muckibude „MuckiManfred“, die mit dem Slogan „Muckis für Männer und Frauen mit Mucken“ erfolgreich wirbt.
Mike Meier, nicht nur Metzgermeister, sondern seit Jahren auch begeisterter Freizeitschauspieler am Cottbusser Postkutschkastentheater, blickt seinen Freund, Jonathan Jansen, nur beleidigt an, atmet tief ein, nimmt einen Stein in den Mund, hebt die Arme gen Himmel und setzt seine Sprachübungen mit" üli, müli, püli, züli düli, hüli, küli, füli", unbeirrt fort.
Als er seinen Schulfreund Windfried Wichmann, Whiskyverkäufer und bester Whiskymixer in der Whiskydestille „Winfrieds Wipper Whisky“ in Wippra an der Wipper, im Schneckentempo, keuchend wie ein schleimiger Schneckrich beim Schneckensex, schwer schleppend mit Picknickkorb, Stiefeln
und Wanderausrüstung den Naturlehrpfad zum Zierteichschneckendenkmal heraufkommen sieht, lacht er laut auf.
Prustend lässt sich Winfried mit seinem Picknickkorb neben Jonathan und Mike auf die Picknickdecke fallen, beäugt die mitgebrachten Picknickpakete der Freunde, zeigt auf die bratenden Bratwürste auf dem Bratwurstbrutzler und fragt misstrauisch: „mit Mett oder Mais?“ „Na, mit Mett“, antwortet Mike halbbeleidigt und wendet mit der Bratwurstzange die schon fast braun gebrutzeltender Mettwürste.
„Wo kommst du denn jetzt erst her“, fragt ihn Mike Meier erstaunt. Jonathan und ich sind
schon gestern, wie verabredet, zusammen mit dem Zug 10:10 Uhr ab Zwickauer Zentralbahnhof nach Zittau, ins Zittauer Gebirge, gefahren. Haben, wie damals, in der Pension „Zu den 12 Zieseln“ bei Wirtin Ziolka Zimt, Zimmer gebucht. Für Jonathan und mich je zwei Einzelzimmer, für Zweisamkeit zu zweit mit extra breiten Einzelbetten und für dich und deine Wiebke ein Zweibettzimmer mit zwei Einzelbetten zum Zweibettzimmerrabatt“, sagt Mike Meier leicht pikiert, verknotet seine saubere Metzgerschürze vor dem Bauch und prüft mit dem Zeigefinger die Schärfe seines Metzgermessers. „Meine Wiebke muss heute in Wippra, an der Wipper, den Wurf junger Windhunde von Jan
Jürgen, dem Jüngsten der Jürgens, unserer neuen Nachbarn von nebenan, betreuen“, sagt Winfried, nimmt sein Picknickpaket aus dem Korb und fragt schnuppernd:
"Hm, lecker, wollt ihr kosten? Habe gleich früh 5:15 Uhr die frischen Brötchen mit geräuchertem Fisch und die Fischfritten aus Frischfisch bei Fritzi in ihrer Frischfischfrittenbude "Fisch bei Fritzi immer frisch"gekauft.
Jonathan nimmt Mike das Metzgermesser aus der Hand, schneidet die gebratenen Mettwürste in mundgerechte Stücke, verteilt sie auf die vorbereiteten Teller und füllt jedem seiner Freunde vierfingerbreit selbstgemachten zweiundfünfzig Prozentigen
Zwetschgenschnaps, destilliert aus Zwetschgen der Zwetschgenbäumen an der Jesse, in Jessen, in die Whiskygläser von Winfried Wichmann.
4 Tage später
„Na, wie war eure „Männermugge am Zierteichschneckendenkmal in Zittau? Lebt die Wirtin der „12 Ziesel“ Ziolka Zimt noch? Die hat euch damals, vor 20 Jahren, auf der Schuljahresabschlussfahrt im Keller des „Ziesel“ zwischen den Zuckersäcken vor Direktor Detlef Dortmann versteckt. Du hast nach den Zwetschgenschnäpsen und dem vielen Whisky gekotzt wie ein Reiher, mein lieber Winfried, drei Tage das Bett nicht
verlassen und 1 Jahr dem Alkohol abgeschworen“, sagt Wiebke ein bisschen schadenfroh.
“Ging so“, antwortet Winfried seiner Wiebke ausweichend. Er verschweigt ihr vorsorglich, dass er diesmal nach den Whiskys, Mettbratwürsten, Zwetschgenschnäpsen und den Frischfischfritten frühmorgens beim Aufwachen nicht nur Zeisig und Zaunkönig auf den Wipfelspitzen der Wipfel, über den Gipfelspitzen der Gipfel zwitschern hörte, sondern das er auch seinen Freund Mike Meier, mit Wachsmaske, Arm in Arm mit einem riesigen rosaroten Frosch mit Püscheln am Po in einem erdbahnkreuz ähnlichem Fahrzeug davonfliegen sah.
Jonathan hielt ihn für sturzbesoffen, aber auch er kann sich nicht erklären wieso Mike Meier, aus Miesdorf an der Mies, mitsamt Metzgermesser und Metzgerschürze seitdem spurlos verschwunden ist.
© Martina Wiemers