Gedichte
Die Beschneidung meiner Tochter

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"Aus der Sicht einer mitfühlenden und liebenden Mutter geschrieben"
Veröffentlicht am 11. Februar 2021, 8 Seiten
Kategorie Gedichte
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Aus der Sicht einer mitfühlenden und liebenden Mutter geschrieben

Die Beschneidung meiner Tochter

Titel

Ihr Schmerz, ist mein Schmerz Er fährt tief in mein Mutterherz Ich kann nicht hinsehen Ich kann nicht wegsehen Kann nicht verstehen Warum ich die Tradition über alles stelle Ich erinnere mich an meine Beschneidung Unendliche Schmerzen, da ohne Betäubung Vier Männer hielten mich fest Ich fragte mich, warum meine Mutter das zulässt Das man mir abschneidet meine

Klitoris Ich fühlte mich von allen verlassen Es ist eine uralte Tradition Die gibt es seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten schon Ich fragte meine Mutter nach dem Warum Doch sie blieb hart und stumm Das nehme ich ihr bis heute krumm Warum gehe ich nicht dazwischen? Ich höre, wie sie vor Schmerz schreit Es tut mir so unheimlich leid Zusammengekrümmt liege ich da Bin den Tränen so nah Wünschte, es wäre alles nicht wahr Sondern nur ein böser, böser

Traum Ich war vom Schmerz ganz benommen Wünschte, meine Mutter hätte mich in den Arm genommen Wünschte mir von ihr Halt Aber sie war hart und kalt Eine gefühllose Gestalt Nicht meine Mutter Mein armes Kind Ich krieche zu ihr hin Sie ist leichenblass Ihre Tränen fließen ohne Unterlass In ihrem Gesicht purer Hass An mich

gerichtet Ihre Stimmen waren eisig und hart Sie haben gesagt: „Wenn sie nicht beschnitten wird Sie nicht zu uns gehört. Du weißt, was dann mit ihr passiert.“ Daraufhin hatte mein Vater geweint Warum habe ich sie nicht beschützt Und einfach weggeschickt In Europa wäre es ihr nicht passiert Da wäre sie immer noch unversehrt Weil dort ihr Körper ihr gehört Und sie über sich selbst bestimmen kann Ich sah an mir runter, auf das

Blut Spürte in mir aufkeimende Wut Blickte hinauf zum Himmelszelt Verfluchte Gott und die ganze Welt Die Dunkelheit kam, vertrieb das Hell Und blieb lange Zeit mein Begleiter Sie will mich nicht sehen Ich kann sie verstehen Ich laufe durch die Straßen Fühl mich wie damals; verlassen Wie lange wird meine Tochter mich wohl hassen? Hoffentlich nicht für immer Ich war damals sechzehn Und fand ihn wahnsinnig

schön Für einen langen Augenblick Dachte ich, das er mich ebenso liebt Doch er behandelte mich wie Dreck Verließ mich, als ich schwanger war Die Nacht bricht herein Ich geh heim Auf meinem Bett ein Brief Den meine Tochter schrieb Darin steht: „Ich hab dich lieb, Aber hoffe nicht auf Vergebung.“

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Superlehrling

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Friedemann 
Hallo Michael,
da hast Du Dich ja in ein abscheuliches Thema hineinversetzt, das an Frauenverachtung kaum mehr zu überbieten ist, und Du auf sehr plausible und berührende Weise verfasst hast.

Liebe Grüße,
Friedemann
Vor langer Zeit - Antworten
Feedre heißes Thema, für eine Europäerin völlig unverständlich und grausam.
lieben Gruß
Feedre
Vor langer Zeit - Antworten
AngiePfeiffer Dein Text erinnert mich an den Roman 'Die Wüstenblume', kein Wunder, bei dem Thema. Gut umgesetzt!
LG
Angie
Vor langer Zeit - Antworten
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