Titel
Ihr Schmerz, ist mein Schmerz
Er fährt tief in mein Mutterherz
Ich kann nicht hinsehen
Ich kann nicht wegsehen
Kann nicht verstehen
Warum ich die Tradition über alles stelle
Ich erinnere mich an meine Beschneidung
Unendliche Schmerzen, da ohne Betäubung
Vier Männer hielten mich fest
Ich fragte mich, warum meine Mutter das zulässt
Das man mir abschneidet meine
Klitoris
Ich fühlte mich von allen verlassen
Es ist eine uralte Tradition
Die gibt es seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten schon
Ich fragte meine Mutter nach dem Warum
Doch sie blieb hart und stumm
Das nehme ich ihr bis heute krumm
Warum gehe ich nicht dazwischen?
Ich höre, wie sie vor Schmerz schreit
Es tut mir so unheimlich leid
Zusammengekrümmt liege ich da
Bin den Tränen so nah
Wünschte, es wäre alles nicht wahr
Sondern nur ein böser, böser
Traum
Ich war vom Schmerz ganz benommen
Wünschte, meine Mutter hätte mich in den Arm genommen
Wünschte mir von ihr Halt
Aber sie war hart und kalt
Eine gefühllose Gestalt
Nicht meine Mutter
Mein armes Kind
Ich krieche zu ihr hin
Sie ist leichenblass
Ihre Tränen fließen ohne Unterlass
In ihrem Gesicht purer Hass
An mich
gerichtet
Ihre Stimmen waren eisig und hart
Sie haben gesagt:
„Wenn sie nicht beschnitten wird
Sie nicht zu uns gehört.
Du weißt, was dann mit ihr passiert.“
Daraufhin hatte mein Vater geweint
Warum habe ich sie nicht beschützt
Und einfach weggeschickt
In Europa wäre es ihr nicht passiert
Da wäre sie immer noch unversehrt
Weil dort ihr Körper ihr gehört
Und sie über sich selbst bestimmen kann
Ich sah an mir runter, auf das
Blut
Spürte in mir aufkeimende Wut
Blickte hinauf zum Himmelszelt
Verfluchte Gott und die ganze Welt
Die Dunkelheit kam, vertrieb das Hell
Und blieb lange Zeit mein Begleiter
Sie will mich nicht sehen
Ich kann sie verstehen
Ich laufe durch die Straßen
Fühl mich wie damals; verlassen
Wie lange wird meine Tochter mich wohl hassen?
Hoffentlich nicht für immer
Ich war damals sechzehn
Und fand ihn wahnsinnig
schön
Für einen langen Augenblick
Dachte ich, das er mich ebenso liebt
Doch er behandelte mich wie Dreck
Verließ mich, als ich schwanger war
Die Nacht bricht herein
Ich geh heim
Auf meinem Bett ein Brief
Den meine Tochter schrieb
Darin steht: „Ich hab dich lieb,
Aber hoffe nicht auf Vergebung.“