Schreibparty 88
Vorgabewörter: Sonne-Rabenaas-Priester
Fagott-Durchreiche-Klingelstreich
Zuckerstreusel-Fangopackung
Vorgabesätze:
"Meine Freundin Marie war ein zauberhaftes, aber schüchternes Mädchen."
"Keiner der Anwesenden sprach. Der Totengräber öffnete den Sarg - er war leer."
Meine Freundin Marie war ein zauberhaftes, aber schüchternes Mädchen."
Wir haben uns im letzten Sommer kennengelernt. Beim Spanisch - Unterricht in Elviria. Wir mochten uns sofort. Sie war etwas jünger als ich und ihre Schüchternheit verflog, wenn wir beide zusammen waren. Marie - Therese kam aus Frankreich und war eine Ururenkelin von Monet. Das erzählte sie mir aber erst, nachdem sie bei mir ein Bild gesehen hatte, das ich gemalt habe.
Sie rief begeistert:
"Cool das könnte von meinem Urgroßvater sein."
Sehr bald schon trafen wir uns zweimal in der Woche im Amare Marbella. Ein perfekter Ort,
um Abends die glutrote SONNE im Meer versinken zu sehen. Aber es war noch etwas anderes was uns anzog. Von der Terrasse des Amare konnte man die Küste Afrikas sehen.
Marie war Restaurant und Hoteltesterin, also von Haus aus ein Gourmet. Und so kam ich in den Genuss, in den besten Restaurants und Hotels zu essen. Marie lud mich häufig ein. Ich habe selten solche Köstlichkeiten probiert und schwelgte in Porra Antequerana, oder frittierte Auberginen mit ZUCKERSTREUSELN und Palmenhonig. Das war ein großes Abenteuer voller Köstlichkeiten.
Eines Tages während dem Spanisch - Unterricht flüsterte mir Marie zu:
"Ich besitze ein Bild von meinem Ururgroßvater. Vielleicht möchtest du es dir
mal ansehen?"
Ich war im siebten Himmel. Ein Monet in Privatbesitz - womöglich durfte ich ihn anfassen. Die Leinwand fühlen, die der Meister berührt und bearbeitet hatte.
Schon hatte ich sie festgenagelt auf den nächsten Nachmittag. Morgens hatte sie einen Physiotherapeutischen Termin mit FANGOPACKUNG und Massage.
Ich konnte den nächsten Tag kaum abwarten.
Ich klingelte an ihrer Haustür, fuhr mit dem Aufzug nach oben und sie erwartete mich unter der Tür. Sie begrüßte mich etwas schüchtern, umarmte mich kurz und bat mich herein. Das Bild auf das sie stolz zuging, hing über der roten Couch in ihrem Wohnzimmer.
Ich war enttäuscht. Das Bild zeigte einen
PRIESTER der auf einem FAGOTT spielte. Es sah überhaupt nicht aus, als ob Monet es gemalt hätte. Marie holte das Bild von der Wand, drückte es mir in die Hände, mit den Worten:
"Schau es dir in Ruhe an, ich mache uns solange einen Drink."
Sagte es und entschwand in die Küche und hantierte dort mit Sektflasche und Gläser. Stellte alles in die DURCHREICHE und rief:
"Und - gefällt es dir?"
"Ehrlich gesagt - nein!"
"Wie bitte!"
"Nein es gefällt mir nicht besonders. Das ist gar nicht Monets Stil. Wieviel wolltest du denn für das Bild haben?"
"Fünftausend, weil du meine Freundin bist."
"Nie im Leben! An deiner Stelle würde ich das Bild prüfen lassen. Das ist doch kein Monet."
Danach wurde die sanfte, schüchterne Marie etwas selbstbewusster. Geradezu ruppig.
"Woher willst du das denn wissen, du bist doch kein Experte, nur weil du selbst ein bisschen herum pinselst", rief sie aus.
"Nein ein Experte bin ich nicht, aber ich habe Kunst und Malerei studiert und kann einen Monet erkennen. Das hier ist keiner!"
Marie fing an zu schreien und zu toben, wie ein Kaspar der aus der Schachtel springt. Nun dämmerte es bei mir. Dieses kleine RABENAAS wollte mich reinlegen. Von wegen Ururenkelin von Monet. Ich war wütend und enttäuscht und gab ihr ein paar nicht salonfähige Namen.
An ihrer Tür klingelte es, aber sie machte keine Anstalten die Tür zu öffnen. Es interessierte sie scheinbar auch nicht wer sie besuchen wollte.
"Willst du nicht öffnen, vielleicht ist es dein Freund", fragte ich provozierend.
"Das sind nur Kinder", sagte sie schnell. Klingeln immerzu bei mir, rennen weg und nennen es KLINGELSTREICH. Mein Freund hat einen Schlüssel."
Ich glaubte ihr nicht. Ganz im Gegenteil. Sie war nervös und begann zu schwitzen. Dieses kleine Miststück wusste ganz genau, wer da draußen vor der Tür stand. Wahrscheinlich eine andere "beste Freundin" der sie einen falschen Monet, oder sonst ein Erzeugnis aus ihrer Vergangenheit unterjubeln wollte. Sie
warf mir einen wütenden Blick zu und ich beschloss den Rückzug und verließ das traute Heim der schüchternen Marie.
Im Spanisch Unterricht blieb der Platz neben mir in der Folgezeit leer. Marie kam nicht mehr zum Unterricht. Wahrscheinlich war der Spanisch Unterricht nur eine Masche von Marie, um irgendwelche Dummies kennen zu lernen, um sie ab zu zocken.
Dann der Schock. Jemand erzählte, Marie wäre bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Die ganze Spanisch - Klasse war aus dem Häuschen. An Spanisch Unterricht war nicht zu denken. Es gab an diesem Vormittag nur ein Thema. Marie. Dabei wurde klar, dass sie jeden einzelnen von uns auf irgendeine Art übers Ohr gehauen hat. Einigen
hatte sie mit wahren Monstermärchen große Summen aus der Tasche geleiert. Wie groß die jeweilige Summe war, konnte man ablesen am Grad ihrer Blässe im Gesicht.
Wir beschlossen gemeinsam zu der Beerdigung von Marie zu gehen. Trotz allem bereute ich meinen Streit mit ihr und kramte meine nettesten, schwarzen Klamotten aus dem Schrank. Hoffte, dass ich bei Fünfunddreißig Grad im Schatten keinen Hitzschlag am offenen Grab bekam.
Am Tag der Beerdigung standen alle erschüttert vor dem geschlossenen Sarg, mit gesenktem Haupt, oder zumindest gesenktem Blick. Maries Freund, oder Bekannter, dem wir
alle die Hände schüttelten, erzählte, dass sie fürchterliche Verletzungen bei dem Autounfall davon getragen habe, deshalb war der Sarg geschlossen.
Plötzlich begann ein Mann laut zu schreien und verursachte einen Tumult unter den Trauergästen. Zwei Männer beförderten den Mann vor die Friedhofstür.
Doch er tobte weiter und schrie:
"Ich habe Marie heute morgen in der Stadt gesehen. Macht doch mal den Sarg auf."
"Keiner der Anwesenden sprach. Der Totengräber öffnete den Sarg - er war leer."