ich finde zu jeder Geschichte gehört auch der Anfang und deshalb möchte ich nun meinen Lesern die ganze Geschichte erzählen. In den ersten drei Veröffentlichungen meiner Biografie, ging es um die Jugendliche Nadine die durch die Hölle ging. Drogen Missbrauch und der tiefe Fall ins Rotlichtmilieu bestimmten ihr Leben. Was aber war vor dem, warum war Ihr Leben so und warum trat sie immer wieder in ein Fettnäpfchen nach dem anderen?
Wieso fand sie jahrelang nicht den richtigen Weg und verwickelte sich immer wieder in Schwierigkeiten? Für all
das gibt es keine wirkliche Erklärung und oftmals auch keine Entschuldigung, denn für vieles war sie selbst verantwortlich und dennoch versuche ich, tief in mir drin nach dem Grund zu suchen. Denn vieles hätte anders sein können, wenn nicht immer wieder Jemand versucht hätte es gut mit mir zu meinen. Ich weiß er klingt komisch, aber wie heißt es doch so schön, viele Köche verderben den Brei. Und je mehr Hände nach Deiner Seele greifen um sie dann doch am Ende zu verletzen desto mehr Narben hinterlassen sie. Ich wollte immer wissen wie es um unsere Familie bestellt war und immer wieder bekam ich nur wage Aussagen meiner Familie, die
einen erzählten so und die anderen wiederum so. Nicht wirklich konnte ich einen Ansatz dafür finden warum unser aller Leben also auch das meiner Geschwister so aus den Fugen geriet. Meine kleine Schwerster Drogenabhängig, sie starb mit 27 Jahren, meine kleiner Bruder hoch kriminell und auch noch heute Drogensüchtig und mein großer Bruder HIV positiv und ehemaliger Junkie. Ich selber war auch lange Zeit den Drogen zugetan und zudem auch noch Prostituierte. Das kann doch kein Zufall sein, das alle Kinder die in Obhut meiner Eltern waren, auch die Generation danach, also Enkelkinder die in Ihren Händen ruhten so kaputt und
voll Hass erfüllt sind, das es nicht nur an uns den Kindern liegt, sondern irgendwo tief in der Familie verwurzelt sein muss. Wenn ich heute meinen Sohn und meine Tochter betrachte, größer können Unterschiede gar nicht sein. Er, mein Sohn bei meinen Eltern groß geworden, innerlich zerrissen und so voller negativer Gedanken. Sie, meine Tochter bei mir groß geworden, eine stolze Frau und so voller Liebe und glücklich. Mein Neffe, der Sohn von meiner verstorbenen Schwester, hin und her geschoben, vom leiblichen Großvater verstoßen und nie wirklich irgendwo zu Hause, heute 28 Jahre alt, und kriminell, drogensüchtig, kämpft um das Sorgerecht seiner Tochter.
In unserer Familie ist alles nur traurig und die Gewalt, die Traurigkeit und die Verzweiflung zieht sich durch unser aller Leben, aber warum? Warum sind wir alle so kaputt und warum mussten wir alle so schwere Wege gehen. Ich möchte mit diesen Buch keinen Schuldigen finden, sondern nur eine Erklärung für all das Chaos, das seit Anbeginn unserer Generation an der Tagesordnung war.
Im Jahr 2010, 4Jahre vor dem Tod meiner Mutter, hatte ich bei einem Glas Wein mit 49 Jahren ein ausführliches Gespräch mit Ihr. Ich wollte nun endlich wissen, was sie bewegt und warum ich so vieles aus meinen Kinderjahren immer noch im Kopf hatte und warum ich immer wieder verschiedene Albträume hatte die ich nicht zuordnen konnte. Sie hatte es in Ihrer Jugend nicht leicht, einen alkoholsüchtigen Vater und eine Mutter die ihren Willen mit Schläge durch setzte und die es liebte einen Mann nach dem anderen zu verschlingen. Die Vielzahl ihrer Geschwister von unterschiedlichen
Vätern sprachen in der damaligen Zeit für sich. Auch ich hatte diese Frau die ich Oma nennen musste nur in schlechter Erinnerung. Meine Mutter hatte 9 Geschwister und sie selber wuchs in einem Kinderheim in der Nähe von Bremen auf. Sie hatte eine Zwillingsschwester, die Ihr so gar nicht ähnlich war. Meine Onkel und Tanten waren so unterschiedlich, der eine lebte wie ein Zigeuner hatte zwölf Kinder und lebte in Berlin Rudow in einem Haus, das immer nach Katzenpippi roch. Der andere war wiederum gebildet hatte ein liebe Frau die so hieß wie ich und lebte in Berlin Neukölln in einer tollen großen Wohnung. Meine Familie war in ganz
Berlin verteilt aber ich selber wurde in Berlin in der Sonnenallee geboren. Ich war, wie man Opa immer zu sagen pflegte eine echte Rixdorfer Göre.
Schon in der Generation vor mir, die immer noch sehr stark vom Krieg geprägt war, herrschte schon ein menschliches Durcheinander und in diesem Durcheinander erblickte ich an einem Frühlingstag im Krankenhaus Mariendorfer Weg das Licht der Welt.
Mein Vater, ein attraktiver Bühnentischler der in den UFA Studios sein Brot verdiente, meine Mutter eine grazile junge Frau die Hotelfach gelernt hat und im Wienerwald als Bedienung arbeitete.
Die Familie meines Vaters war hoch angesehen, mein Opa Walter, arbeitet bei Siemens in Spandau und meine Oma war eine strenge Katholikin mit polnischer Herkunft. Auch sie lebten in einer großen Wohnung in Berlin Neukölln. Ich erinnere mich immer an diesen besonderen Geruch wenn ich ihr Haus betrat. Irgendwie hatte dieses Haus etwas Heimisches, warmes für mich. Die Warthestraße lag direkt am Flughafen Tempelhof, wenn man aus dem Fenster schaute konnte man die Flugzeuge fast hautnah beim landen und starten sehen.
In dem Haushalt meiner Großeltern väterlicherseits lebte auch meine Uroma Franziska, die ich über alles liebte. Sie
war die Mutter meines Opas und eine kleine zierliche und für Ihre damaligen 78 Jahre eine noch sehr attraktive und intelligente Frau. Sie hatte sehr lange graue Haare, die sie immer beim abendlichen Fernsehprogramm zu einem Zopf band und aufsteckte. Ich spüre sie heute noch, ihre zarten Hände die mich beim schlafen gehen streichelten. Sie war in meiner Kindheit einer der schönsten Erinnerungen, die ich gerne zurück hole.
Mein Vater war ein gepflegter junger Mann, er hatte zu jedem Anzug einen passenden Mantel, Schuhe und Hemd, er verdiente gut und trotzdem war ein junger, ruhiger und schüchterne Mensch. Sein Vater war in der Erziehung seiner
beiden Söhne, sehr streng und er achtete darauf das der Ruf der Familie nicht ins wanken kam. Der Respekt gegenüber seinen Eltern wurde in der Familie meines Vaters als extrem wichtig gesehen und mein Opa war schon allein von der Statur her ein Respekt einflößender Mann. Er hatte graues Haar, war 190cm groß und trug ein schwarze Brille. Seine Stimme war tief und klar, er duldete keinen Widerspruch, er war der Patriarch und jeder hatte sich nach seinem Wort zu richten. War das nicht der Fall, dann zog er gerne seinen Rohrstock aus dem großen Blumentopf der auf dem Boden stand und verpasste dem Unhold im Beisein aller, kräftige Hiebe aufs
Hinterteil., Mein Vater durfte diesen oft in seinem Leben spüren und trotzdem liebte er seinen Vater sehr.
Alles in Allem kam er aus einer guten Familie und geordneten Verhältnissen.
Hingegen meine Mutter genau die Kehrseite in ihren jungen Jahren erleben musste. Sie wurde mit 4 Jahren aus Berlin weg geschickt kam in ein sehr streng katholisches Mädchenheim und schon in Ihrer Jungend schwor sie sich, niemals arm zu sein. Auch Pflegeeltern hatte sie eine Zeitlang, aber das zeitlich einzuordnen viel ihr schwer. Sie wusste nur das sie da so 5 oder 6 Jahre alt war und bis zum 10 Lebensjahr lebte und dieser Pflegefamilie lebten auch drei
Jungs die wesentlich älter waren als sie, auch die waren wohl Adoptivkinder. Ihre Pflegemutter war unfruchtbar uns somit liehen auch die sich Kinder von fremden Menschen. Ihr Pflegevater war wohl so an die 50 und ihre Pflegemutter ungefähr 35 Jahre alt. Danach war sie dann in diesem Mädchenheim. Sie machten Ihre Ausbildung in einem großen Kaffeehaus in Bremen und ging dann als 17 Jährige zurück nach Berlin. Dort lebte sie erst einmal bei ihrer Mutter die sich aber kaum Zeit für Ihre Kinder nahm, der Krieg hatte sie geformt und sie wollte sich nicht mit Kindererziehung abmühen, stattdessen, war sie Abends in Bars unterwegs und nahm den einen oder
anderen in Berlin stationierten Amerikaner mit um günstig an Zigaretten oder Alkohol zu kommen. Sie war dieses typische Berliner Waschweib, Kodderschnauze und wenig im Kopf. Außer frivolem Denken und Missgunst anderer war ihr Leben einfach nur am Rande der Existenz. Meine Mutter war der Haushaltssklave in der sehr engen Wohnung am Kielufer in Neukölln und musste sich um die jüngeren Zwillinge sowie auch um die beiden heranwachsenden Jungs kümmern. Meistens am Abend war sie so müde und ausgelaugt, das sie gar keine Lust mehr hatte auszugehen. Der Wandel kam als sie endlich eine Stelle im Wienerwald in
der Hermannstraße bekam, sie hatte über dem Lokal ein kleines Zimmer und für sie war es die Gelegenheit endlich aus den Fängen ihrer Mutter zu kommen. Sie hasste es wenn sie Nachts zu Ihr ins Bett kroch und nach Alkohol stank. Sie hasste es Ihre Wutausbrüche zu ertragen und die Schläge mit dem Feuerhaken zu dulden. Jetzt war sie dieser Abhängigkeit endlich entflohen und konnte mit fast 19 Jahren ihr eigenes Leben beginnen.
Als meine Mutter mir von alledem erzählte, spürte man wie sehr sie das bewegte. Sie ließ ihre Jugend Revue passieren und Traurigkeit lag in der Luft.
Wir hatten nie solche Gespräche geführt
und hätten es eigentlich schon viel früher tun sollen. Sie hatte während unserer Gespräche zwei Fotoalben aus den tiefen ihres Schrankes gekramt und lächelte bei einigen Ihrer Erzählungen. Auch von Ihr fehlten Kinderfotos, wie bei mir, dachte ich. Im Grunde genommen ähnelte Ihr Leben dem Meinen. Auch sie war bei Pflegeeltern, reichen Leuten in Bremen. Nur war es bei Ihr noch schlimmer, denn Ihr Pflegevater hatte sie missbraucht, immer und immer wieder und Ihre Pflegemutter wusste davon. Keiner half diesem kleinen Mädchen. Erst im Alter so erzählte sie, waren ihre Pflegebrüder im Stande , dem Pflegevater Einhalt zu gebieten, was aber auch keine großen
Unterschied machte, denn die Wunden waren bereits platziert. Sie zitterte als sie davon sprach. Und man spürte auch nach all den Jahren, das sie immer noch unter diesen Erinnerungen litt. Heute gab es Psychologen und Therapien für Missbrauchsopfer in den 40 Jahren war das ein Tabu. Niemand wollte von so einem Skandal hören geschweige so etwas an die Öffentlichkeit geben, denn schließlich, gab es nur die heile Welt, da hatte der Vater und auch Pflegevater das sagen und kein Mensch, traute einem Patriarchen so etwas zu. Hinzu kam das er in der Politik war und im Bremen und mächtiger Mann war, niemand hätte ihr auch nur geglaubt. Ganz im Gegenteil ,
man hätte sie aus dem Haus gejagt und als Dirne beschimpft. Ich möchte nicht wissen, wie viele Mädchen in dieser Zeit durch diese Hölle gingen, ich möchte nicht wissen, wie viele Väter und
Ersatzväter sich an ihren Schutzbefohlenen vergangen haben. Der Gedanke macht mich wütend, denn ich weiß am allerbesten was es heißt auf brutale Weise, in jungen Jahren ungewollt zur Frau gemacht zu werden. Ich weiß wie sehr die Tränen brennen, die man Nachts im stillen weint. Wir saßen da und ich konnte einfach nur zu hören, immer wieder sah man dass sie gerne anders gelebt hätte und dennoch gab es Momente an denen sie wohl auch
glücklich war. Ich sah das Hochzeitsfoto meiner Eltern, Ein schönes schwarz-weiß Foto und doch fehlte da etwas, es war nicht wie üblich in einem weißen Hochzeitskleid, nein, meine Mutter trug ein schlichtes graues Kostüm und mein Vater einen grauen Anzug. Sie hatte zwar einen kleinen Brautstrauß in der Hand aber ansonsten war das wirklich eher ein Foto das man machte wenn man bei Standesamt war. Sie sah hübsch aus und glücklich, aber man sah auch, das selbst mit 20 Jahren in Ihrem Leben schon viel passiert sein musste.
Eigentlich durfte man zu dieser Zeit doch erst mit 21 Jahren heiraten oder? Meine Mutter erklärte mir das man da zu dieser
Zeit zwar volljährig war aber heiraten durfte man mit Einverständnis der Eltern auch schon mit 20. Sie sagte sie musste heiraten, da sie mit meinem Bruder in anderen Umständen war. Diese Neuigkeit schlug damals ein wie ein Bombe und sie begann zu erzählen wie es mit ihr und meinem Vater begann.
Es war ein schöner Sommertag als meine Mutter wieder einmal während der Arbeit, diesen jungen attraktiven Mann sah. Er saß wie immer in der Ecke an diesem runden Tisch am Fenster. Er roch jedes Mal wenn sie Ihn bediente nach frischem Moos. Ihr imponierte sein gepflegtes Äußere und seine stille
ausgeglichene Art. Er war etwas kleiner als sie, aber er sah einfach toll aus. Meine Mutter war aber nicht der Typ Frau der einfach so Männer ansprach, deswegen himmelte sie Ihn jeden Tag aufs Neue aus der Ferne an und freute sich schon jeden Morgen auf den Moment als mein Vater das Lokal betrat. Ihre Kolleginnen witzelte immer darüber und machten sich lustig über die Schüchternheit meiner Mutter, denn eigentlich so sagte sie, wäre meine Mutter eine sehr attraktive Frau und müsste sich nicht verstecken. Wenn sie Abends alle zusammen zum tanzen gingen, dann sah meine Mutter in Ihrem Petticoat und der schulterfreien Bluse,
mit den schönen langen braunen Haaren und den graugrünen Augen einfach toll aus. Sie schien nie zu merken wie sehr die Jungs ihr nachschauten und sie anschmachteten. Aber keiner der Kolleginnen wusste auch, wie sehr sie Angst hatte vor Männern, sie wuchs wenn sie nicht im Heim war, zwischen 6 Jungs auf, die laut und obzön wie ihre Mutter waren, dann war da ja auch noch der Pflegevater der sie brutal missbraucht hatte, alles in allem hatte sie zu Männern keinen guten Draht und sie mochte es auch nicht wenn ein Mann laut und rüpelhaft war. Bei dem jungen Mann aber, der täglich kam, war das anders, er war nicht wie die anderen, er war still
und zuvorkommend, behandelte mein Mutter, die Bedienung, stets freundlich und war großzügig wenn es um Trinkgeld ging. Er war einfach ihr stiller Held von dem sie gerne träumte.
Man spürte förmlich, als sie davon erzählte, das diese Zeit wohl einer ihrer glücklichsten war, denn auch wenn sie jetzt mit 71 Jahren schon lange von meinem Vater geschieden war, so hatte ich das Gefühl, die Gefühle zu ihm schienen nie so ganz weg gewesen zu sein. Das erklärte auch so manches, aber dazu später. Sie lies ihre Finger über dieses alte Foto gleiten und war für einen Moment still. Dann goss sie sich
noch einen Bacardi ein und erzählte weiter.
Sie hatte Spätdienst und im Lokal herrschte Hochbetrieb, meine Mutter hatte diesen jungen Mann aufgrund des Schichtwechsels seit einigen Tagen nicht mehr gesehen. Als plötzlich die Tür aufging und eben dieser junge Mann in Begleitung eines etwas älteren Mann und einer hübschen jungen Frau das Lokal betraten. Meiner Mutter wäre beinah das Tablett aus der Hand gerutscht, so sehr freute sie sich ihn zu sehen. Plötzlich klopfte Ihr Herz wie wild und sie hoffte innerlich das es Niemand merkte. Ihre Kollegin stupste sie an und sagte na
Hanne, da ist er wieder, jetzt geh schon endlich hin und frag was sie wollen.
Die Schritte zu Tisch kamen ihr endlos vor und irgendwie hatte sie das Gefühl das jeder spürte wie nervös sie war, am Tisch angekommen fragte sie den etwas älteren Mann, was er denn gerne hätte, der lächelte sie fröhlich an und bat um drei Bier. Er musterte sie von oben bis und unten und sein wohlwollender Blick wanderte dann zu dem Jüngeren. Es sah so aus als wäre das eine Bestätigung, meine Mutter allerdings verstand diesen Wink nicht und eilte mit hochrotem Kopf zum Tresen und gab die Bestellung auf.
Der junge Mann sah meine Mutter zu und als ihre Blicke sich trafen, lächelte er sie
zum ersten Mal nach gefühlt einer Ewigkeit an und sie, sie wurde rot und versuchte zurück zu lächeln.
Als sie mir das erzählte musste ich schmunzeln, denn nie im Leben hätte ich gedacht das meine Mutter schüchtern war. Ganz im Gegenteil ich kannte sie nur als starke, kräftige und vor allem selbstbewusste Frau. War das alles nur Fassade? war sie innerlich ganz anders oder warum sahen wir sie alle so? Fragen über Fragen, aber nach und nach wurde mir vieles klarer und verständlicher.
Das Eis schien gebrochen, durch ein einfaches Lächeln, so schien es. An diesem Abend allerdings blieb es bei dem Lächeln, zu mehr war keine Zeit und auch kein passender Moment. Die drei verließen nach zwei Bier das Lokal wieder und meiner Mutter schien traurig zu sein über den verpassten Moment. Denn gerne hätte sie mehr von Ihm erfahren und eventuell auch gewusst wie er hieß.
Sie hoffte sie würde ihn wiedersehen und eine Chance bekommen mehr von diesem Mann zu erfahren. Aber vielleicht hatte
auch sein Freund davon abgeraten weiter den Kontakt zu ihr zu suchen, denn schließlich war sie ja nur eine einfach Bedienung und hatte nicht wie er, jeden Tag ein neues Kleid oder ein paar neue Schuhe. Sie konnte sich vielleicht in einem Monat mal etwas neues leisten, wenn nicht Ihre Mutter fast jedes Mal am Wochenanfang bei Ihr vor der Tür stehen würde, wenn sie Ihr Lohntüte bekam und um Geld verlangte. Sie behauptete dann das sie als Tochter dazu verpflichtet sei ihren Tribut zur Familie zu leisten. Insgeheim dachte sich meine Mutter dann , was für eine Familie, eine mit der ich selten etwas zu tun hatte, denn schließlich hatte ihre Mutter ja schon
früh in die Obhut fremder Menschen gegeben. Für was also sollte sie zahlen, für die Schläge und den Demütigungen die sie durch sie erfahren hatte. Sie wusste aber auch wenn sie sich widersetzen würde gäbe es ein riesigen Aufstand und da sie die Ausdrucksweise ihrer Mutter nur zu gut kannte, wollte sie das unter allen Umständen vermeiden.
So hatte sie einen Trick entwickelt bevor sie die Lohntüte Ihrer Mütter reichte zwackte sie sich den gebrauchten Teil einfach ab, zu Ihrem Trinkgeld war das nicht sonderlich viel, aber sie kam über die Runden. Irgendwann so nahm sie es sich vor, würde sie aber der Sache ein Ende bereiten und sich nicht mehr dazu
bewegen lassen auch nur einen Pfennig abzutreten. Dazu bedarf es aber Mut und eine gewisse Sicherheit in Ihrem Leben, die sie bisher noch nicht hatte. Auch wenn sie fleißig war, wenn aber jemand ihren Ruf schädigen würde, könnte sie ganz schnell ihren Job verlieren und somit auch ihr Dach über dem Kopf und das wollte sie erst einmal verhindern und gab jedes mal klein bei.
Die Wut auf ihre Mutter stieg aber von Mal zu Mal und sie wusste irgendwann würde dieses Fass überkochen, das war nur eine Frage der Zeit.
Es vergingen einige Tage und meine Mutter hatte schon fast die Hoffnung
ausgegeben diesen jungen Mann wieder zu sehen, als plötzlich die Tür zum Lokal aufging und ein Blumenkurier mit einem riesen Strauß bunter Blumen vor Ihr stand.
Er fragt nach Hannelore und meine Mutter wurde kreidebleich, als sie bemerkte das dieser Strauß für sie war.
In dem Strauß war ein Brief versteckt den Sie mit zitternden, aus den Fängen der Blumen entfernte.
Nun waren auch die Kolleginnen neugierig und wollten wissen von wem dieser gewaltige Blumenstrauß war. Eine Ihrer Kolleginnen ahnte schon von wem der sein könnte und stupste meine Mutter mit einem breiten grinsen an, komm lies
laut wir wollen alle wissen, wie nun endlich dein Verehrer heißt.
Meine Mutter aber blieb stur und verschwand mit dem Brief, nachdem, sie den Blumen auf dem Tresen in einem Maßkrug Wasser gegeben hatte, auf die Toilette. Sie schloss die Tür hinter sich ab, zog aus ihrer kleinen Spitzenschürze ein Schachtel Zigaretten raus, steckte sich diese mit zitternden Händen an und begann den Brief zu lesen.
Es war schon spät und sie kramte in einer kleinen Holzschachtel nach diesem Brief. Ich hatte diese Schachtel noch nie gesehen. Sie holte sie aus einer kleinen
Vitrine im Wohnzimmer und als sie, sie öffnete waren da lauter Briefe und Bändchen mit Haarsträhnen, alte Fotos und Erinnerungen, die nur meine Mutter zuordnen konnte. Dieser Brief der an dem Blumenstraß hing war schon ganz vergilbt, habe sie hatte ihn noch, was wieder dafür sprach, das die Liebe zu ihrem ersten Mann nie ganz vergangen schien.
In dieser Schatulle war auch ein Kinderfoto meiner Mutter das ich da zum ersten Mal sah. Sie muss so 11 oder 12 Jahre alt gewesen sein, Sie trug ein Schürzenkleid, wie man es aus alten Filmen kannte. Dort waren die Mädchen auch in einheitlichen Kleidern mit
Schürzen zu sehen.
Meine Mutter trug zu diesem Kleid raue Strümpfe und ziemlich klobige Schuhe.
Das was aber meisten ins Auge stach waren Ihre Augen das breite Lächeln und die wahnsinnig schönen dicken Zöpfe die sie mit weißen Schleifen zusammen gebunden hatte.
Sie trug in der Hand eine paar Bücher die nur durch einen Lederriemen gehalten wurden. Dieses Bild mochte ich sehr, war es doch das Einzige das sie als Kind zeigte.
Irgendwie, war ich in dieses Bild verliebt. Sie sah da so glücklich aus und als ich sie nachdem Anlass fragte erzählte sie, das sie an diesem Tag das
erste Mal ihren leiblichen Vater treffen sollte. Sie durfte da die Sonntagskleidung tragen und wartete auf den Besuch im Kinderheim. Die kleine Schatztruhe enthielt Dinge die schon mehr als 60 Jahre alt war und ich hatte so ein Gefühl von Ehrfurcht in mir und traute mich kaum die Dinge zu berühren.
Zurück zu diesem Blumenstrauß und den ersten Brief an meine Mama.
Liebe Unbekannte,
ich sehe sie nun fast täglich und habe nie gewagt sie anzusprechen, deswegen versuche ich es auf diesem Weg. Ich würde sie gerne zum Tanz einladen, natürlich gerne in Begleitung einer ihnen
nahestehenden Person um eventuellen Gerüchten aus dem Weg zu gehen. Ich möchte nicht ihren Ruf schädigen, sondern sie einfach nur kennen lernen.
Hochachtungsvoll Ihr Klaus B.
Ich musste lachen als sie diesen Brief vorlas, war doch die Schrift des Verfassers eher kindlich, aber die Worte so vorsichtig gewählt. Ich stellte mir meinen Vater vor, wie er heimlich am Küchentisch diese Zeilen verfasste, wie viele Anläufe er wohl gebraucht hatte?
Sie drückte den Brief zart an ihr Herz, das klopfte wie verrückt. Immer wieder las sie diesen Brief, obwohl die
Umgebung nicht wirklich romantisch war, sie saß ja auf dem Klo, spürte meine Mutter zum ersten Mal in ihrem Leben so etwas wie verliebt sein. Sie war wie benommen, als sie den Kopf über sich bemerkte, ein breites Grinsen Ihrer Kollegin Christa, die neugierig über die Öffnung des Nachbarklos lugte.
Na komm schon sag was er will, Hanne mach es nicht so spannend wir alle wollen wissen, wie er heißt und wann du ihn nun endlich mal außerhalb des Lokals siehst? Christa, ich brauche Deine Hilfe, er will sich mit mir treffen und ich soll eine Freundin mitnehmen, ich kenne außer dir hier niemanden, würdest Du mich begleiten? Alleine sterbe ich, ich
kann mich doch nicht einfach mit einem fremden Mann treffen. Christa schmunzelte, klar gehen wir zusammen ich muss doch auf dich aufpassen nicht das du ihm gleich am ersten Abend um den Hals fällst und nach 9 Mon mit nem Kind, Hähnchen und Kartoffelsalat verkaufst und servierst.
Beide musste lauthals lachen und meine Mutter war erleichtert diesen ersten Schritt nun gemacht zu haben. Jetzt musste man Ihm nur noch eine Antwort zu kommen lassen und die Frage wann das Treffen statt finden sollte geklärt werden.
Das übernahm Christa in der Frühschicht, sie beide setzten sich am
Abend an den Tisch und verfassten eine Nachricht an den Verehrer.
Sehr geehrter Herr Klaus,
gerne würde ich sie zum Tanz begleiten, meine Freundin und Überbringerin dieses Briefes, begleitet mich gerne. Am Samstagnachmittag würde ich mich gerne zum Tanztee in der Neuen Welt mit ihnen treffen. Ich hoffe sie kennen diese Tanzbar an der Hasenheide. Ich schlage daher vor wir treffen uns um 15 Uhr direkt vor dem Eingang.
Herzlichst Hannelore F.
Am nächsten Morgen wartete Christa gespannt auf den jungen Mann aber er kam nicht und dabei war es schon
Mittwoch, sollte das Treffen doch schon am Samstag sein, müsste er sich endlich mal bemühen den nächsten Schritt zu wagen.
Meine Mutter war nervös, sie hoffte so sehr das er keinen Rückzieher machte und hoffte das er irgendwann in der Tür stehen würde.
Christa hatte versprochen ihr ein Klopfzeichen aus der Küche zu schicken in dem sie mit dem Besenstiel an die Decke klopfte. Ihr Zimmer befand sich über dieser Küche und so wusste sie dann das der Brief übergeben wurde.
Sie saß auf dem Sofa und lauschte fast sekündlich aber nichts passierte.
Es wurde immer später und in zwei
Stunden würde Ihr Dienst beginnen also wartet sie noch und dann hörte sie das klopfen dreimal laut und deutlich.
Eine halbe Stunde vor Ihrem Dienst, sie lächelte und freute sich das sie nun endlich den Mann kennen lernen durfte der Ihr seit Wochen nicht mehr aus dem Kopf ging. Beschwingt richtete sie sich für den Dienst her und gab sich ganz besonders viel Mühe in der Hoffnung er wäre noch da wenn sie runter kommen würde.
Sie betrat das Lokal und ihr erster Blick galt dem kleinen runden Tisch der am Fenster stand, er war leer. Schade dachte sie ich habe Ihn wohl verpasst. Christa lächelte ihr zu und drückte ihr einen
kleinen Zettel in die Hand. Sie öffnete den kleinen zusammengefalteten Zettel auf denen nur sechs Worte standen,
Danke, ich freue mich auf Sie.
Er ist gerade raus, sagte Christa. Schade dachte sie und begann Ihre Arbeit, halbherzig und ein wenig enttäuscht.
Was ziehst Du am Samstag an wollte Christa wissen, Meine Mutter hatte so gar keine Ahnung, was man zu so einem Tanztee trug.
Christa sagte ich kann die meinen Rock leihen, den du so gerne magst, Du meinst diesen schwarzen Stiftrock, aber was ziehst Du dann an? Christa lachte, ich habe mir gerade einen neuen gekauft, ich
wollte dich sowieso fragen ob du Ihn haben möchtest, mir ist er zu eng und ich glaube Dir passt er wie angegossen. Der Rock war toll, er war hauteng und ging fast bis zur Wade, hatte große goldene Knöpfe an der Seite und betonte unglaublich schön die Hüfte und den Po. Da man sich früher keine Nahtstrümpfe leisten konnte zog man sich auf der nackten Haut mit einem schwarzen Stift eine Linie von der Fessel, über die Wade bis hin zum hinteren Oberschenkel. Das allerdings musste man im liegen machen und sich am besten von einer Freundin helfen lassen, damit diese Linien auf beiden Beiden gleich und vor allem halbwegs gerade waren . Darüber zog
man dann einen schwarzen Seidenstrumpf den man an einem Hüftgürtel befestigte. Heute sagt man dazu ganz einfach Straps mit Strümpfen.
Meine Mutter holten ihren kurzen Pepitablazer aus dem Schrank, der fein säuberlich in einem Stoffsack hing. Diese kurze Blazerjacke hatte mal ein kleines Vermögen gekostet und wurde nur zu besonderen Anlässen getragen.
Die dazu gehörige Bluse war hoch geschlossen und eigentlich sehr schlicht aber alles in allem sah sie darin einfach toll aus. Ihre braunen Haare trug sie leicht gelockt und mit einem seidenen Band aus der Stirn nur ein paar Ponyfransen lies sie ins Gesicht fallen.
Als Christa sie sah, stieß sie einen leisen Pfiff aus, wow, sagte sie Du siehst toll aus. Auch Christa war hübsch gekleidet sie trug ein Blümchenkleid, das Schulterfrei war und der mit Kartoffelmehl gestärkte Pettycoat schaute ein kleines Stück unter dem Kleid hervor. Christas blonde, lange Haare waren zu einem amerikanischen Pferdschwanz gebunden und über den Schultern trug sie eine weiße Seidenstola. Alles in allem waren beide nun für diesen spannenden Samstagnachmittag gerüstet und sie verließen gemeinsam das Lokal um sich endlich mal wieder zu amüsieren.
Meine Mutter war nervös, als sie vor der neuen Welt stand und auf ihn wartete, Christa hatte ein paar Freunde getroffen und stand etwas abseits mit ihnen. Sie steckte sich eine Zigarette an und hoffte das ihre Verabredung bald da sein würde. Viele der jungen Menschen trafen sich Samstags zum Tanztee und die alten Leute mochten diese Veranstaltungen nicht. Ihre Mutter sagte immer da würde Hottentotten Musik gespielt, und diese Musik wäre Musik des Teufels. Roch´n Roll war angesagt und wer jung war liebte die Beatles, Elvis Presley und Buddy Holly, man tanzte und genoss die Stunden. Meist spielte eine Tanzkapelle und lud zum ausgelassen sein ein.
Christa kam zurück und plötzlich stand auch ihre Verabredung vor Ihr, auch er kam nicht allein, er hatte diesen jungen Mann dabei, der schon einmal mit Ihm im Lokal war.
Klaus stellte sich und seinen Bruder Norbert vor. Etwas schüchtern begrüßte man sich und ging dann hinein ins spaßige Treiben. Den Eintritt übernahmen die Männer und auch das bestellen der Getränke. So fand man schnell einen Tisch und setzte sich. Hannelore war nervös und Christa , versuchte mit Ihrer lockeren Art das Gespräch in Gang zu bringen. Das Eis war gebrochen, man redete über die Musik, über die Arbeit und die Zeit
verging im Flug, Klaus stand auf um Hannelore zum Tanz aufzufordern, die spielte gerade von Ben E King, stand by me, meine Mutter liebte diesen Song und er nahm ihrer Hand und führte sie zur Tanzfläche, obwohl es hellichter Tag war versuchte man in dieser Halle trotz allem eine romantische Atmosphäre zu schaffen, man dunkelte das helle Licht mit Gardinen ab und hatte nur rote Scheinwerfer an die auf den Boden strahlten. Die Tanzfläche war voll aber die beiden brauchte nicht viel Ülatz sie tanzten erst mit etwas Abstand dann aber fasste sich Klaus ein Herz und zog meine Mutter fest an sich und so tanzten beide mehrere Songs eng umschlungen. Man
hatte das Gefühl sie wollten aneinander nicht mehr los lassen. Hanne war versunken und auch Klaus schien in einer anderen Welt. Christa und Norbert beobachteten die beiden und Norbert sagte die beiden scheinen ganz schön verliebt zu sein. Christa lachte und erzählte ihm wie Hanne schon seit Wochen für seinen Bruder schwärmte und das sie eben noch nie für einen Mann geschwärmt hatte.
Norbert bekam einen ernsten Blick und Christa fragte was los sei.
Norbert sagte wenn das wirklich ernst werden würde, dann hätte Klaus ein riesen Problem, sein Vater würde nie und nimmer mit dieser Liason einverstanden
sein. Sie wäre nicht von stand, eine Kellnerin als Schwiegertochter, das kam für den alten Herrn nicht in Fragen dessen war sich Norbert sicher. Aber er wolle jetzt nicht den Teufel an die Wand malen, sie stünden ja noch am Anfang und beide sollten jetzt erstmal ihr anfängliches Glück genießen.
Christa war verärgert, war doch eine Kellnerin auch ein Beruf und Hanne hatte im Gegensatz zu Ihr diesen Beruf sogar erlernt. Sie war also Hotel und Gastronomiefachfrau, also keine billige Kellnerin sondern eine gelernte Fachkraft, was also sollte daran so schlimm sein. War doch Klaus im Grunde genommen auch nur ein Tischler, nur
weil er beim Fernsehen arbeitet war er doch nicht besser oder schlechter als sie gestellt. Sie verstand diese Einstellung nicht und machte sie auch lauthals kund.
Als die beiden wieder an den Tisch kamen unterbrachen beide die hitzige Debatte und Hannelore und Klaus wollten wissen was los war, warum die beiden so inbrünstig stritten.
Als Klaus erfuhr was Norbert angezapft hatte, wurde auch er böse und maßregelte seinen Bruder, wegen der voreiligen Schlüsse die er zog. Er würde seinem Vater schon beibringen das auch eine Kellnerin eine gute Frau sein kann, dabei sah er Hanne so liebevoll an das alle drei gar nicht mehr sagen wollten, denn sie
wusste hier etwas dagegen zu sagen, wäre eh schon zu spät die beiden hatte es voll erwischt.
Der Nachmittag verging wie im Flug und die vier mussten sich verabschieden, Klaus zog Hannelore in eine Ecke, wo er sie zum ersten Mal küsste. Damit fing eine heimliche Romanze an. Er traf sie täglich, entweder wartete er mit Rosen vor dem Wienerwald oder aber er wartete drinnen, bis sie mit Ihrer Schicht fertig war. Beide schienen glücklich und beide hofften so sehr das es nie einen Tag geben würde, der dieses Glück und diese Liebe beenden würde.
Klaus erzählte seinem Vater erst einmal nichts, er hatte Angst davor, sie Ihm
vorzustellen, denn er wusste seine Ansprüche an die zukünftige Schwiegertochter waren hoch. Er hatte sie in den vier Monaten sehr lieb gewonnen und die heimlichen Küsse raubten ihm den Verstand, aber zu mehr war Hannelore noch nicht bereit und er, er ließ ihr diese Zeit. Er wusste von ihrer Vergangenheit und dem Missbrauch des Pflegevaters und daher verstand er auch, das sie Zeit brauchte um sich zu öffnen. Er wollte sie nicht verletzen und wollte wenn, das ihr erstes Mal mit einem Mann, schön wird und nicht diesen faden Beigeschmack hat, als würde er sie nur fürs Bett haben wollen. Einfach war das nicht für Ihn, denn schließlich hatte er
schon mehrfach seine Liebchen gehabt, das mit Hannelore war aber etwas anderes und gerade weil sie ihn so lange warten lies und sie Angst vor dem wirklichen ersten Mal hatte, fühlte er sich geehrt und auch als Beschützer dieser zierlichen, schönen jungen Frau.
Oh ja, er wollte sie, aber wenn dann für immer und mit allem was dazu gehört.
Sie trafen sich täglich und eines Abends, sie kamen gerade aus dem Kino, lud Hannelore ihn zu sich in das kleine Zimmer über dem Wienerwald ein. Sie waren jetzt fast ein halbes Jahr zusammen und an diesem Abend war es das erste Mal das er ihre kleine Wohnung sehen durfte. Es war klein, ein Zimmer
mit einer Kochnische ein kleiner Kohleofen der auch als Kochherd zu dienen schien, ein Bett , ein Tisch mit zwei Stühlen und ein kleines Bad mit Kohleofen und Badewanne. Die Wohnung sah nett aus und sie reichte vollkommen für ein Person. Man sah der Wohnung an das sie mit Liebe gepflegt wurde und Sauberkeit in diesen 4 Wänden war stetig zugegen. Sie schien ein fleißiges und ordentliches Mädchen zu sein und je mehr er von ihr kennen lernte, desto sicherer war er sich, sie ganz und gar für sich zu gewinnen. Sollte sein Vater doch auf die Barrikaden gehen. Er sah das was er sehen wollte, eine schöne begehrenswerte Frau, die Ihrem Beruf
nachging und trotz der vielen Arbeit immer noch Zeit hatte sich ihr kleines Heim so gemütlich wie es eben nur ging, zu machen.
Es war warm in der kleinen Wohnung, man merkte den Sommer unterm Dach. Mansardenwohnung hatte den Nachteil, wenn es warm draußen war staute sich die ganze Hitze in der kleinen Wohnung. Selbst das Dachfenster und der Durchzug wenn die Tür offen war, half nicht viel.
Sie verbrachten gerne Zeit in dem kleinen Nest, mitten im Neukölner Kiez und nichts und niemand konnte Ihnen dieses Gefühl von Geborgenheit nehmen.
Dann kam die Nacht, die erste Nacht der
beiden, so völlig ungeplant und doch so stürmisch und romantisch zugleich.
Sie hatten sich gestritten, weil Hanne ein Kirschschnaps zu viel erwischt hatte und lauthals durch die Straßen grölte, sie hatte ihre Pumps in die Hand genommen weil sie durch den Schwipps und der spitzen Absätze immer wieder ins wanken kam und so lieb sie in einer heißen Julinacht mit Ihm an der Seite und grölte und sang reicht unfeine Dinge.
Er schämte sich für die Blicke die ihm andere Passanten zu warfen und ganz ehrlich, so hatte er seine Hanne noch nie gesehen. Sie war niedlich wenn sie leicht beschwippst war, aber das hier, das war
zu viel und gefiel ihm gar nicht. Wenn er nicht soviel Gentleman gewesen wäre, hätte er sie am liebsten stehen gelassen, aber da er Angst um sie hatte, brach er es nicht übers Herz und wollte sie nun zumindest nach Hause bringen, das sie ihren Rausch ausschlafen konnte. Er hoffte inständig das sie am nächsten Morgen teuflische Kopfschmerzen hätte, denn das hatte sie verdient.
Verärgert über ihr Verhalten wollte er sie nur zur Tür bringen, doch sie fand ja noch nicht einmal das Schlüsselloch und so musste er, ob er wollte oder nicht sie die Stufen nach oben bugsieren und sie dann auch noch ins Bett bringen, andern falls bräche sie sich den Hals und das
wäre dann doch ein bisschen zu viel, der bösen Wünsche.
So stand er nun in der kleinen Wohnung und beobachtete wie sie versuchte ihr Kleid rücklings zu öffnen, immer wieder schien es als würde sie gleich umfallen, also nahm er sich ein Herz und hielt sie fest am Arm während seine Hand die Knöpfe ihres Blümchenkleides öffnete.
Sie stand stocksteif da und lies es geschehen, mit einem leisen rascheln viel es zu Boden. Plötzlich drehte sie sich um und küsste ihn leidenschaftlich und er , der ja eigentlich zornig auf sie war, schmolz dahin. Verflogen war der Groll auf sie, stattdessen entfachte dieser Kuss seine Leidenschaft und sie, sie ließ es
zu. Sie schmiegte sich an ihm und beide ließen sich sanft aufs Bett fallen. Sie liebten sich nach fast 7 Monaten nun zum ersten Mal und er hatte das Gefühl auf Wolke sieben zu schweben. Wenn man immer von Glück empfinden sprach, dann war das jetzt hier genau so ein Moment. Ein Moment der alle Dämme zu brechen schien und aus zwei Menschen ein Paar machte. Nach einer zärtlichen, stürmischen Nacht, schliefen beide glücklich ein. Doch sollte diese Nacht nicht ohne Folgen bleiben.
Als sie am Morgen erwachte, hatte sie heftige Kopfschmerzen und brauchte einen Moment um sich an des Geschehene zu erinnern. Sie hatte sich ihm hingegeben, Scham überkam sie. Nicht weil sie mit ihm geschlafen hatte, nein, es war das Verhalten zuvor, das ihr die Schamesröte ins Gesicht trieb. Noch nie war sie so betrunken das sie kaum noch wusste was sie tat. Aber sie wusste am Abend zuvor nicht was sie machen sollte, sie spürte so sehr das Verlangen nach Ihm, hatte aber Angst den ersten Schritt zu machen und vor allem, wie sah es aus wenn eine Frau zu einem Mann
sagt ich möchte mit Dir schlafen. Sie hatte am Nachmittag Christa zu Rate gezogen und Ihr, Ihr Leid geklagt. Christa kannte Hannes Lebensgeschichte und wusste das sie Angst davor hatte sich einem Mann hinzugeben. Da hatte Ihr Pflegevater große Narben hinterlassen und obwohl dieser Missbrauch schon fast mehr als 19 Jahre her war, so steckte dieses Gefühl in Ihr fest und jedes mal wenn Klaus versuchte intimer zu werden, verkrampfte sie und jede Berührung von ihm tat dann nur noch weh. Sie wollte sich dagegen wehren und ihm endlich zeigen wie wichtig er für sie wahr, doch immer wieder keimten diese Bilde auf und immer wieder roch sie dieses Eau de
Toilette des Pflegevaters.
Christa riet ihr, sie solle etwas trinken um lockerer zu werden, Alkohol macht freier und somit auch entspannter. Sie hatte nicht damit gerechnet, das sie so wenig vertrug und als sie dann leicht beschwipst war, begann sie die Kontrolle zu verlieren und naja, aber es hatte auch funktioniert. Sie sah ihn an wie er schlief und sanft strich sie seine Haare zurück. Sie war endlich ganz seine Frau und in diesem Moment spürte sie das erste Mal in Ihrem Leben, was es hieß verliebt zu sein. Sie küsste sanft seine Wange und schlich sich aus dem Bett. Sie ging zum Ofen und schürte ihn dann stellte sie den Wasserkessel auf die
Platte und verschwand ins Bad. Sie stolperte über die ganzen Anziehsachen und sammelte eins nach dem anderen mit einem sanftem Lächeln im Gesicht auf.
Im Bad machte sie sich frisch steckte ihr Haar zusammen und zog sich ihren Morgenmantel an. Dann ging zurück ins Zimmer um den Kaffee zu kochen. Als sie den Raum betrat saß Klaus auch schon im Bett und lächelte sie an. Sie sprang zurück ins Bett und liebkoste ihn.
Immer und immer wieder konnten beide nicht voneinander lassen. Zwischen Kaffee und Brot wieder Liebe, bis zum späten Nachmittag. Man spürte Klaus wurde nervös, Hanne fragte was los sei und er sagte er müsse langsam nach
Hause, seine Eltern würden bestimmt schon die halbe Stadt nach ihm suchen, war er doch Nachts noch nie fern geblieben. Hanne lachte und sagte sowas wie Muttersöhnchen, er aber blieb ernst und meinte das sein Vater sehr streng sei und schließlich sei er erst seit ein paar Monaten 21 und somit noch nicht allzu lange Volljährig. Sie hingegen musste 7 Monate warten um auch endlich volljährig zu sein und dann dürften beide tun was sie wollten ohne um die Erlaubnis der Eltern zu betteln. So hofften sie zumindest. Klaus wusch und zog sich an, dann hauchte er ihr einen zärtlich Kuss auf die Stirn und sagte liebevoll zu ihr, das er der glücklichste
Mann der Welt wäre und das er sie morgen gleich besuchen würde wenn ihre Schicht beginnen würde, einen Kaffee vor der Arbeit und am Abend nach Schichtende käme er wieder zu ihr. Sie schaute ihn traurig an, verstand aber das er jetzt gehen musste.
Am nächsten Morgen schloß Hanne das Lokal auf begann ihre tägliche Arbeit. Christa kam auch zum Schichtbeginn und war neugierig auf das Erlebte von Hannelore. Sie sah ihr an, das es nun endlich zwischen den Beiden geklappt hatte. Sie sah aber auch das Hannelore dringend ein bisschen Abwechslung brauchte denn sie war völlig durch den
Wind
Schreib mir was!
Schreib mir was!
Schreib mir was!
Schreib mir was!
Ich sehe mich noch wie damals, ganz oft im Traum. Auf dem Arm, ein wohliges Gefühl im Herzen und die sanfte Stimme meiner Pflegemutter. Sie singt so wunderschön und der Blick aus dem Fenster lässt mich bei dem Glauben, Frau Holle gibt es wirklich.
Ein kleines nicht ganz zweijähriges Mädchen auf dem Arm einer Frau die nicht Ihre Mutter ist und dennoch fühlt es sich für das kleine Mädchen so an.
Viele schöne Erinnerungen an diese Zeit, meine Zeit bei meinen Pflegeeltern.
Oftmals sind es nur Bruchstücke, dann aber doch wieder volle Tage, an die ich
mich erinnern kann.
Ich weiß sie sang sehr gerne und viele der Kinderlieder von damals, klingen heut noch in meinem Ohr. Ob es dieses schöne Gute Nachtlied, guten Abend, gute Nacht mit Rosen bedacht, mit Nelklein bedeckt, schlupf unter die Deck, ist oder aber es tanzt ein Biba Butzemann in unserm Kreis herum. Viele dieser alten Lieder hat sie mit mir gesungen, manchmal sogar, legte sie eine Langspielplatte auf und wir tanzten dazu im Wohnzimmer. Diese Platte liebte ich denn ich konnte schon mit drei alle Texte auswendig und liebte, genau wie sie, das singen.
Sie war nicht mehr die Jüngste, denn sie
hatte damals schon graues Haar, aber sie war liebenswert und das tat ich auch aus vollem Herzen.
In Ihrer Nähe war es stets warm und ich fühlte mich geborgen und viele Dinge die sie tat waren die einer echten liebenden Mutter würdig.
Schreib mir was!