Mein Lieblingshund erzählt
„Es war der Weihnachtsabend. Zum Abendspaziergang war keine Zeit. Festvorbereitungen, haben sie zu mir gesagt und mich nur in den Garten geschickt. Und jetzt nahm das Schicksal seinen Lauf.“
„Mach es nicht so spannend.“ Die kleine Mischlingshündin hüpft herum wie ein Gummiball.
„An dem großen Nussbaum im Garten saß mäuschenstill ein rotes Eichhörnchen. Als ich näherkam, rief es mir zu: „Fang mich doch“. Ihr wisst, dass ich da nicht widerstehen kann. Aber ein Eichhörnchen zu fangen, das grenzt an Hexerei. Natürlich hab ich es nicht
erwischt. Stattdessen rauschte es über dem Baum am Himmel. Und was sah ich da?“
Die anderen machen große Augen. Der alte Chow-Chow, brummt: „Was haste denn gesehen? Etwa schwarze Sterne?“
„Ich hab einen Schlitten gesehen, der fliegen kann. Und darauf saß so ein Kerl im roten Mantel, wie ich ihn schon auf dem Weihnachtsmarkt beobachtet hatte. Und vor dem Schlitten flogen große Hunde. Die trugen irgendwelche Äste auf dem Kopf. Und einer hatte eine rote Nase.“
Da lacht mein Freund, der Pinscher, ganz laut, tippt sich mit der Pfote an die Stirn: „Äste auf dem Kopf! Du bist nicht bei Verstand.“
„Ruhe bitte, und lasst mich weitererzählen. Ich rannte einige Zeit mit ihnen mit. Dann sah ich
den Mann im roten Mantel etwas in die Kamine werfen. Das kann ich doch auch, hab ich mir gedacht. Und dann hinaufgerufen: „Hallo, kann ich da mitmachen?“ Die Tiere mit den Ästen auf dem Kopf lachten laut, aber der Mann in Rot hat gemeint, dass ich es versuchen kann, wenn ich aufs Dach komme.“
„Du und aufs Dach! So etwas kannst du nicht“, lachen die anderen.
„Glaubt es mir ganz einfach. Das Eichhörnchen war plötzlich wieder da. Es plusterte sich mächtig auf und rief, ich solle seinen Schwanz zwischen die Zähne nehmen und dann würde es gelingen mit dem Dach. Ich habe natürlich kräftig mit den Pfoten geschoben, das Eichhörnchen hat gezogen und dann standen wir beide plötzlich auf dem
Dach. Oh Gott, war das hoch oben. Ich hatte Herzrasen und bekam Atemnot. Nur schnell wieder hinunter, dachte ich mir. Da sagte der Mann in Rot: „Hier ist ein Päckchen für euch. Wirf es in den Kamin.“ Er drückte es mir zwischen die Pfoten. Dann traten die Schlittentiere mit ihren Hufen nach mir. Die hatten es eilig und ich fiel kopfüber in den Kamin …. Ihr braucht nicht zu lachen. Das hätte euch auch passieren können. Und es muss sehr komisch ausgesehen haben.“
„Nun erzähl schon weiter. Das kann doch nicht alles gewesen sein“, meinen meine Freunde.
„Natürlich war das nicht alles. Während ich kopfüber durch dieses dunkle Loch stürzte, staubte es und ich bekam keine Luft mehr. Der Aufprall auf den Holz- und Ascheresten war
echt schmerzhaft. Ich musste wohl aus Leibeskräften geschrien haben, denn Herrchen und Frauchen waren sofort zur Stelle. Und die lachten und hielten sich die Bäuche. Mir war nicht nach Lachen, das könnt ihr mir glauben.“
„Und das Ende der Geschichte: Flieg nicht mit dem Weihnachtsmann“, grinst die schwarze Katze.
„Zum Glück war das Kaminfeuer schon aus. Ich weiß nicht, wie es sonst ausgegangen wäre. Auf alle Fälle hob mich Frauchen mit mitleidigem Blick aus dem Kamin und trug mich ins Bad. Herrjeh, was war das für ein Anblick im Spiegel! Mein schönes, silbrig glänzendes Haarkleid war nun schwarz und mir tränten die Augen. Ruckzuck duschte mich
Frauchen mit ihrem verführerisch duftenden Waschmittel, dann der warme Föhn! Ich habe es voll genießen können. Aber Herrchen schimpfte, ich solle in Zukunft nicht mehr im warmen Kamin schlafen. Wenn die gewusst hätten, wie das alles passiert ist … Übrigens, das Päckchen lag sauber unter dem Weihnachtsbaum. Frauchen hat es mir dann gezeigt und gemeint, ich müsse wohl auch heftig geträumt haben.“
Die ganze Rasselbande lacht wieder und der Chow-Chow brummt: „Tisch bitte keine Lügenmärchen mehr auf. Ein lebenserfahrener Hund wie ich nimmt dir die Geschichte erst gar nicht ab … Und wie waren sonst die Weihnachtstage für dich?“
Da erzähle ich, dass ich Geschenke
bekommen habe: einen Korb voller Hundeleckerli mit Knabberstangen gegen Zahnstein und Mundgeruch und eine neue Leine. Über die nächsten Geschenke schweige ich lieber: einen roten Schal, einen Schneeanzug und Stiefel! Dass die mich so verkleiden!? Die Menschen sind wahrlich sehr verrückt.
Dann stehe ich alleine auf der Straße. So, und jetzt trolle ich mich. Bis zum nächsten Mal".