Kurzgeschichte
Stalker

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"Sie war das beliebteste und netteste Mädchen an der Schule. Bis eines Tages..."
Veröffentlicht am 29. Oktober 2020, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
© Umschlag Bildmaterial: Patrizia Tilly - Fotolia.com
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Sie war das beliebteste und netteste Mädchen an der Schule. Bis eines Tages...

Stalker

Titel

Man kann noch so alt werden, manche Menschen vergisst man nie. Sie sind unauslöschlich im Gehirn gespeichert. So, wie sie. Die beliebteste Schülerin an unserer Schule. Jahre ist es her, das ich zur Schule ging. An die meisten Mitschüler kann ich mich kaum, bis gar nicht mehr erinnern. Aber sie habe ich nicht vergessen. Eines Tages, kurz nach Schulschluss fasste ich meinen ganzen Mut zusammen und sprach sie an; fragte sie nach einem Date. Ich hatte Hoffnungen, das sie mit mir ausgehen würde, weil sie nicht zu den arroganten, hochnäsigen Zicken

gehörte. Widererwartend gab sie mir einen Korb. Einen charmanten Korb. Sie hatte mich freundlich angelächelt, mir in die Augen gesehen und mit einer warmen Stimmen gesagt, das sie nicht mit mir ausgehen möchte und es nichts mit mir persönlich zu tun hätte. So liebevoll wurde ich bisher noch nie abgewiesen. Normalerweise wurde ich schief von der Seite angeguckt und bekam noch einen dummen Spruch obendrein. Aber sie war anders. Nicht nur äußerlich weiter entwickelt, sondern auch im Geiste. In der ganzen Zeit, die ich sie kannte, habe ich kein einziges Mal erlebt, das sie zu irgendwem garstig war. Zu jedem war sie stets höflich und auf Augenhöhe. Das

bewunderte ich an ihr. Sie war von Herzen gut, zog hinter niemanden her. Ich war da damals anders gewesen. Mit meinen damaligen Freunden habe ich gern und oft hinter anderer Rücken hergezogen. Heute tut es mir leid. Es war dumm und rücksichtslos von uns gewesen. Wer hatte uns das Recht dazu gegeben, so fies zu anderen zu sein? So gesehen waren wir teilweise nicht besser gewesen, als die hochnäsigen Zicken. Kinder können echt gemein sein. Und Teenager ebenfalls. Einer der Unterschiede, zwischen uns und den Zicken, war, das wir nur unter uns über andere herzogen und es nie laut aussprachen. Die Hochnäsigen machten

keinen Hehl draus, das über den und die herzogen. Sie nannten Namen und zeigten mit dem Finger auf die Person. Außerdem zogen wir eher Grenzen und es gab Tabus. Es gibt eben Dinge, für die kann man wirklich nichts. Natürlich hat auch ein beliebtes Mädchen nicht nur Freunde und Bewunderer, sondern auch Neider. Und manch einer will nicht kapieren, das Nein Nein heißt. Ich hatte mich mit der Tatsache abgefunden, das das beliebteste und auch hübscheste Mädchen keinerlei Interesse an mir hatte und ließ sie in Ruhe. Irgendwer an der Schule wollte sich nicht damit abfinden, das sie nichts von ihm wollte. Viel hatten wir nicht

erfahren. Jeder behauptete auch etwas anderes. Eines war aber klar; sie wurde gestalkt. Irgendein fanatischer Fan verfolgte sie auf Schritt und Tritt. Hatte es sogar geschafft, sich zutritt zu ihrer Wohnung zu verschaffen. Nach dem Bilder von ihr im Internet auftauchten, wie sie nackt vorm Spiegel steht, unter der Dusche, auf dem Klo und am Esstisch, wurde ihre ganze Wohnung untersucht und man fand etliche Kameras bei ihr versteckt. Zuerst wurde ihr Stiefvater verdächtigt. Doch man fand keine Beweise. Außerdem bestätigte seine Frau, das er von technischen Dingen keine Ahnung hätte. Dennoch nahm man ihn vorläufig fest, um ihn ein

paar Tage später wieder frei zu lassen, nach dem neue Bilder im Internet aufgetaucht waren. Wieder hatte er/ sie es geschafft, sich zutritt in die Wohnung zu verschaffen. Zudem soll sie auch mysteriöse Briefe bekommen haben. Genaues weiß ich aber nichts. Das Letzte, was ich erfahren habe, ist, das sie sich aus Verzweiflung und angst das Leben genommen hatte. In den darauffolgenden Tagen war die Stimmung, in der Schule, angespannt. Jeder verdächtigte Jeden. Niemand vertraute mehr irgendwen. In den sozialen Netzwerken herrschte Ruhe. Einmal die Woche schaute ich nach, ob es Neuigkeiten gibt. Niemand aus meiner

Schule war online gewesen. Erst Monate später kehrte langsam wieder Normalität ein und hörten die Verdächtigungen auf. Zweifel blieben aber dennoch.

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