Gedichte
Ebbe und Flut

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"...auf deinem Trauergewand zeichnen rote Spuren ein Bild der Verzweiflung..."
Veröffentlicht am 30. Juli 2020, 12 Seiten
Kategorie Gedichte
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...auf deinem Trauergewand zeichnen rote Spuren ein Bild der Verzweiflung...

Ebbe und Flut

Ebbe und Flut

An diesen trist grauen Tagen kann ich nur hilflos hinnehmen, wie sehr du dich in unsäglichen Qualen windest, an deinem Leibe zerren knorrige und schwer gebundene Holzbretter, welche notdürftig zu einem klobigen Sarg gezimmert wurden, nur in kurzen Etappen vermagst du es ihn zu bewegen, durch deine schmächtigen Schultern drückt sich ein poröses schwarzes Seil, auf deinem Trauergewand zeichnen rote Spuren ein Bild der Verzweiflung, von getrocknetem Blut überströmte

Handgelenke schmerzen wie Feuer, jedoch aufgeben willst du dies sinnlose Unterfangen nicht, der weiche Grund erschwert dir zusehes dein Vorankommen, nasskalt schneidend bebt der Herbst unter deinen geplagten Füßen. Meine geistige Anwesenheit scheint von dir gänzlich unbemerkt, mit meinen Händen versuche ich tröstend deinen gebeugten Rumpf zu streicheln, doch höre ich nur deine vor Trauer verwirrten Gedanken meinen Namen laut schreien, deutlich sehe und spüre ich deine unermessliche

Wehmut, welche sich im Wasser der heran rollenden Wellen klar abbildet, die Dünen bäumen sich weit hinter dir auf, bald schon frisst eine weite Ebene auch den Rest deines Wehklagen´s, leichter als das Licht ist es mir nicht vergönnt dich festzuhalten, denn das Leben viel bleiern aus meiner schwachen Hülle, als in der Blüte zart sich unsere Liebe zu einem unendlichen Band verknüpfte, aber spröde ward vom Schicksal der Bändel und Riss zwei Seelen in die

Leere. Bitte lass mich doch einfach hier im Watt zurück, die Flut kommt bald und wird sich meiner annehmen, ich kann es einfach nicht mehr länger ertragen dich so leiden zu sehen, diese Reise führt dich am Ende noch in den sicheren Tod, hättest du mir doch einfach in der Heimaterde meinen Frieden lassen, die Schmach über den Verlust hat dich gebrochen, jeder deiner Schritte schürft immer tiefere Furchen in den feuchten Boden, in deinem Gesicht werden die

unerträglichen Torturen zu festem Stein, dass maßlose Leid verhärtet dir den Rücken, lässt deinen Willen erstarren und dich weiter in Richtung Abgrund torkeln, ich stehe Wortlos neben dir ohne dein Ziel vor meinen verblichenen Augen. All zu gut ist mir in meinen letzten Gedankenzügen verblieben, was wir voller Hingabe miteinander teilten, was wir noch miteinander erleben wollten, jedoch sah das unvorhersehbare Fatum etwas anderes für unser beider Zukunft

vor, die ewige Ruhe konnten wir in diesem Tal des Jammers nicht in Zweisamkeit verbringen, eingehüllt in mein ewiges Bett aus Ebenholz, welches bis zum Antlitz gefüllt ist mit bunten Glasscherben, ihr hallendes Knirschen macht die Last in deinem kaputten Herzen nicht gerade erträglicher, wenn große und klaffende Wunden, welche mir Glaskanten in meinen Torso schnitten, sich mittlerweile weitläufig an dir selbst

abzeichnen. So lass doch endlich das verdammte Seil los! Gib mich frei und zerstöre dich nicht selbst! Flehend stehe ich in der Welt zwischen Sein und Nichtsein, mit weit aufgerissenem Mund direkt vor dir, Vernehmen kannst du nur den dröhnenden Wind, der dir den Atem erschwert und dich langsam in die Knie zwingt, taub sind Finger und Gestalt, verzerrt von einem unerreichbaren

Verlangen, in deinem Elend sitze ich dir genau gegenüber und schaue sorgenvoll in deine Augen, Noema sitze im Geiste dir, plötzlich allein und ohne Intentionen. Geborgen starb ich nah bei dir, entrissen schien dir all deine Freude, bedeckt von einer düsteren Aura, heute musst du mich der Flut übergeben, die Erinnerung bleibt in den Gezeiten, war doch unser beider Leben dem Meer verschrieben, ein ständiges Auf und Ab, ein willkürliches Hin und Her, gleich dem Wellenschlag auf tosender

See. leg mich hier in rauschender Idylle nieder, geh mit unserem Andenken zurück an die sichere Gestade. Lauf so schnell du nur kannst! Bevor die Waag dich in den Untergang reißt, behalte das Meer dir steht́s im Mittelpunkt , deine Monde sind noch nicht vorbei gezogen, zu kurz sind Zeit und Lebenshauch, um sie mit Tränen und Trauer verrinnen zu lassen, und in einsamer Stund́ liege ich noch

immer auf dem Grund, du sitzt dann auf den hohen Dünen und lauscht dem sanften Rauschen des Meeres, welches dir lieblich zu flüstert, ,,ich bin immer bei dir, in Ebbe und Flut.”



Bildmaterial und Text © Gebeine 2020

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