10 Wochen Landesnervenklinik
oder Blindband No 2
oder Wenn ein Neurotiker Tagebuch schreibt
oderEIN GUTES Wort kann Wunder wirken
Überschriften oder Titel zur Wahl, denn es jährt sich zum zehnten Mal, dass wir in der Klapper waren. Es waren 10 Wochen und der Rest des Jahres, wie das wohl passt und kaum geht die eine Erzählung dem Ende entgegen, so hab ich damit ein neues Projekt an und über das zu sinnieren lohnt. Ich weiß schon jetzt, dass nicht leicht wird, so frische Erinnerungen aufzuarbeiten, aber ich habe mir ein Ziel gesetzt und fertig. Den ersten Absatz schrieb ich vor ca. 11 Jahren. Damals versuchte ich das handgeschriebene Notizbuch (Blindband No 2) in eine Datei zu übertragen.Damals verband ich die Kurznotizen mit einer Erklärung und den „Illustrationen“, welche ich auf der Gegenseite vorfand (Bilder oder Kalenderblätter oder Zitate).Nach langer Zeit fand ich die Datei wieder. Nach einer erneuten Phase von Krankheit und Depression nehme ich mir die alten Texte vor und ergänze sie. Warum ich gerade die alten Kamellen neu betrachte ist Zufall oder nicht… Der Schrei drang nicht nach außen. In ihm war ein Ruf nach Hilfe, denn es schien, als ob seine letzten Stunden angebrochen waren. „Warum nur ich, ich tue doch mein Bestes, das kann nicht der Dank dafür sein“, die Luft wurde knapp, sein Herz raste und ein Fahrstuhl ging unter ihm in die Tiefe. Alle Mitarbeiter hatten Mittagspause und waren zum Campus gegangen. Draußen hüllte der Schnee alles in ein unschuldiges Weiß, das schmerzte in den Schläfen, wenn er nur hinaussah. Es war ja nicht das erste Mal, der Konsum von zuviel Alk und das Rauchen, wenn er nervös war, sicher kannte er einen Teil der Ursachen. Körper und Geist quittieren Überlastung auf ihre Weise, die Natur reagiert ungnädig und auf ihre Art hart. Ein Arm war kalt, der andere warm - irgendetwas musste geschehen. Er wurde zum Arzt gefahren, Frau Dr.v.B. sagte wie durch eine Nebelwand: “Nun ja, sie erleiden nur den Stress, den sie zulassen!“ Sollte das Hohn sein, machte sie sich auch noch lustig? Nein, sie sollte Recht haben und es behalten. Der Weg der Einsicht in so ‘ner Lage scheint ewig lang. Dann musste er zur behandelnden Ärztin, krank geschrieben war er sowieso und bald fragten seine staatlichen Leiter an, wann er denn wieder da sei. Ein Erlebnis kommt ihm da so in Erinnerung - er war im Winter in das Wildbach- Tal gewandert - allein, um Luft zu schöpfen. Auf der Mitte einer Wiese stand er, den Kopf zum Himmel und es schien ihm, als wenn die Stille über einen unsichtbaren Trichter in ihm floss bis sie ihn ganz ausfüllte. Und das war schön. Ob das in dieser Zeit war? Eigentlich kann es nur da gewesen sein, da konnte er fast an einen Gott glauben, wenns nur der Geist der Natur war, der ja an manchen Orten sehr stark ist. Die Ärztin überwies ihn zum Spezialisten, zum Facharzt für Neurologie und Psychiatrie. Wer das AT, das autogene Training schon kennt und schon eine Woche Gruppentherapie weg hat, für den bleibt als konsequent nächster Schritt DIE THERAIE und damit verbindet sich die Klapsmühle.Du bist geächtet, die zeigen mit den Fingern auf dich und wie erzählst du das den Menschen, die dich kennen?Zu dieser Zeit residierte noch Dr.K. in der Abteilung, von dem alle Welt spottete,daß er bestimmt, wer verrückt sei und wer nicht. Doch er kam zu Frau P.;in der Welle der Ausreisen Jahre später war die auch dabei.Grob kam sie ihm vor,rubbig gar,die Reflexe konnt sie prüfen,das Bein ging nicht in die Höhe.„Was wollen sie? Ein Überlastungssyndrom attesiert haben? Da kommen täglichEinige und selbst,wenn ich wollte, ich darf es nicht!“,wenn das nicht eindeutig war.Der Zeiss- Biermann hatte mal im Fernehen gespottet,daß er keine Opfer kennt, die bei der Arbeit für den Sozialismus auf dem Schlachtfeld zurückgeblieben seien. Ein Hohn,der sich zu Spott noch wandelt und dem Dummen ins Gesicht schlägt,der sich für eine Sache ausnutzen lässt.Lehren,die erst später in Fleisch und Blut übergehen.„Ihnen bleiben nur die 10 Wochen Therapie bei Dr.B. in Hilburghausen,wenn ich ihr Krankenblatt sehe.“ O-Ton Frau P.,ohne nur auch zu ahnen,was da in einem vorgeht.Geschweige welche Konsequenzen danach folgen werden.Der Patient als zu heilendes Wesen ohne Umfeld,Hauptsache seine Arbeitskraft war wieder hergestellt und das schnell und billig.Mit dem Bus nach Hibu,im kalten Februar und er mußte sich auch noch durchfragen,wie er zur Landesirrenanstalt kommt.Am Eingang ein Posten im massiven Haus und dann noch durch das ganze Objekt bis hinten zu dem Fachwerkhaus.Eine Frau,sie hatte kein schätzbares Alter,hat ihn empfangen und sich erst mal zwei Stunden Zeit genommen.Fragebögen mit mehreren hundert Fragen,kein intimer Bereich wurde ausgelassen und es mußte ja schnell gehen.Die traurigen Augen der Frau Dipl.Psych.T.R. werden ihm in Erinnerung bleiben,auch wenn sie nicht mehr dort arbeitet.Sie nahm manchmal Essen mit und war eigentlich immer da,außerdem pendelte sie täglich zwischen Schleusingen und Hibu zu einer Zeit, wo wir noch nicht so mobil waren.„Wenn einer ausfällt,dann kann ich sie einschieben,versprechen aber kann ich nichts.“ Stille und auch hier wird gewartet und angestanden,wen wunderts? Als dann der Termin für den 7.4.1986 kam,da wars dann so weit. Normal waren 10,seine Gruppe trat mit 12 Leuten an.Mit der Schwalbe ist er hingefahren,eine Stunde Weg und an der Stadtklinik hat er sich aus der Wattekleidung geschält und eine geraucht - denn er war aufgeregt!Regina H. aus der Heimat,Rita B. aus Erfurt,Waltraud aus Mechthild O. aus Erfurt,Ilse aus Jutta F. aus SuhlRegina aus Meiningen Jens R. aus IlmenauKlaus aus HirschendorfOrtwin G. aus MeiningenRolf T. aus SchmalkaldenJürgen W. aus Ilmenau 7 weibliche Wesen und 5 Männer tratenan jenem historischen 7.4. an und sollten von da an 10 Wochen miteinander verbringen.Das sogar der Gruppenmix eine Kunst ist und den Erfolg/Mißerfolg einer Therapie bestimmen kann, weiß er heute.Eigentlich logisch,denn das Mischen von Aktiva und Passiva ist sicher schon bei den Alchimisten von Nutzen gewesen.Das Tagebuch - sein Tagebuch - beginnt mit dem letzten Tag im März.