Sag die Wahrheit, Melanie!
Melanie hatte ein Problem. Ein Problem, über das sie mit niemandem reden konnte.
Nicht mit ihren Lehrern und auch nicht mit ihren Eltern. Und schon gar nicht mit den Polizisten, die sie jetzt zu ihren Eltern bringen wollten.
Melanie zuckte zusammen, als sich die Schiebetüre des Polizeibusses mit einem Rums schloss, so als ob sich
die Tür zum Knast hinter ihr schließen würde.
Mit ihren 11 Jahren musste sie sich darüber natürlich keine Sorgen machen. Aber es war auch so schlimm genug. Sie hatte Hausverbot in dem Laden, in dem sie geklaut hatte und wurde mit der Plolizei nach hause gebracht.
Wie würden ihre Eltern reagieren? Würden sie als erstes daran denken, was die Nachbarn sagen, oder würde es sie interessieren, warum sie es getan
hatte?
Selbst wenn. Sie konnte ihnen die Wahrheit, den wahren Grund nicht sagen. Die Wahrheit würde alles schlimmer machen.
Melanie starrte teilnahmslos aus dem Fenster, während der Polizist auf sie einredete, um den Grund zu erfahren, warum sie geklaut hatte.
Sie dachte an diese Mädchen Gang in der Schule. Diese ach so coolen Mädchen, die sich für so viel besser
hielten.
Noch ein paar Straßen und sie würde zu hause sein. Ihr Herz ging schneller.
Schließlich saß sie im Wohnzimmer, während die Polizisten sich mit ihrem Vater unterhielten.
Als sie gegangen waren, setzte sich ihr Vater zu ihr auf das Sofa und fragte sie: ,,Warum?" Es klang weder vorwurfsvoll, noch enttäuscht. Melanie versuchte eine Lüge auf zu bauen. Die Wahrheit, die alles nur noch schlimmer
machen würde, zu verheimlichen, zu vertuschen.
Doch ihr Vater kannte sie zu gut. Das war nicht seine Tochter, die einfach in einen Laden ging und etwas mit gehen ließ. ,,Sag die Wahrheit, Melanie!", sagte er.
Sie fühlte die Tränen aufsteigen. Und dann platzte es aus ihr heraus. Die ganze Wahrheit über die Hänseleien und Demütigugen, die sie von diesen Mädchen ertragen
musste.Als alles raus war, fiel ihr eine Zentner schwere Last von der Seele. Und sie fühlte, dass es richtig war, endlich die Wahrheit zu sagen und es nun vorbei sein würde, mit dem Mobbing.