stellt euch das mal vor
Ich bin zu dieser blöden Party eingeladen. Motto: Es geht um Kopf und Kragen. Wie kann man in der heutigen Zeit so ein hirnloses Motto wählen und dann noch geräucherten Bauchspeck, Fleisch aus der Schulter – gegrillt − und Schäuferle anbieten wollen. Da dreht sich mir fast der Magen um. Anstandshalber werd ich natürlich trotzdem zu der Party gehen. Liebe geht bei mir schließlich auch durch den Magen.
Als ich endlich dort bin, seh ich dann noch die anderen, diese Hosenscheißer, ihr wisst
schon. Und die auch als Gäste eingeladen! Aber ich sag schon immer: „Die Holzköpfe sterben nicht aus.“
Jetzt werd ich erst einmal zum Topfgucker: Saure Lunge, Kuttelsuppe – woher die das Rezept haben? – Milzwurst – Kalbsnierenbraten, Kalbskopf en Tortue – was das sein soll? Mir gehen die Augen über. Nach Gourmetladen hört sich das nicht an. Aber vielleicht probier ich doch von überall wenigstens einen Mund voll. Ich weiß doch, dass die Leute in anderen Ländern nicht nur Kalbshaxe und Rumpsteak verzehren.
Am letzten Tisch, dem mit dem Geschirr und Besteck, treff ich schließlich auf Edi, meinen
alten Kumpel. Er ist bekannt als Suffkopp und wenn ich richtig schaue … Ich will ihn mir heute zur Brust nehmen. Und das seiner Freundin und seiner Leber zuliebe. Gesundheit ist schließlich ein hohes Gut.
Aber der Reihe nach. Edi war vor mir hier, auf dieser schrulligen Party. Auf seine Flamme hat er heute verzichten müssen: Veganerin. Deshalb ist ihm schon vor Stunden eine Laus über die Leber gelaufen, wie er mir in langen Tiraden vorjammert. Ich lege ihm meinen Arm um die Schulter, versuche zu trösten: „Ey Kumpel, Hand aufs Herz. Das schaffst du schon. Kopf hoch und Rücken gerade.“ Und als wir wieder vor dem Büffet stehen, rollen sich ihm die Fußnägel.
Wie kann man solches Zeug ausgesuchten Leuten wie uns überhaupt zum Fraß vorsetzen? Edi ist nur noch am Lamentieren. Ich bring ihn zu einem Stehtisch, denn ich hab am Anfang Bratwürste gesehen. Edi: Bring mir auch welche mit und ein Bier.“ Das Bier hab ich weggelassen und Wasser gebracht. „Wo ist mein Bier?“ „Was man nicht im Kopf hat, hat man in den Beinen. Ich geh ja schon“, knurre ich. Dann probieren wir von überall und spülen nach jedem Bissen gut nach. Das muss sein. Gemeinsam ziehen wir weiter zur Bar. Dort stehen sie in feinen Reihen: Flaschen voll mit Whisky, hausgebranntem Schnaps, Wein, Bier und was sich unsereiner so wünschen kann. Diese Bar lässt keine Wünsche offen. „Ich brauch
jetzt ein Dessert“, fordert Edi.
Ich hab mir schon die Flasche mit dem ältesten Whisky ausgesucht, da greift Edi beherzt zu, setzt sie an den Mund und leert sie mit einem Zug bis fast zum Boden. Das reicht, um sich auch noch das letzte Bisschen Verstand wegzuschießen. Wieder einmal seh ich den Splitter im Auge des anderen. Sodann greif ich mir eine Flasche mit Hausgebranntem und tu es ihm nach … auf nüchternen Magen, wie ich stets behaupte. Den Balken in meinem Auge will ich nicht sehen. Wir werden uns hier festsetzen. Wir brauchen nach den vielen, verschiedenen Happen vielerlei Verschiedenes zum Nachspülen.
Am späten Abend finden die Veranstalter zwei volltrunkene, bewegungsunfähige Gäste. Denen scheint es wohl geschmeckt zu haben!
©HeiO 17-04-2020