Gedichte
Einmal nur

Einmal nur

Einmal einen Canyon sehen und in einem Weltmeer baden. Einmal quer durch Peking gehen und durch griechische Arkaden. Einmal nach Lianen greifen und Zikadenlärmen lauschen, nachts durch fremde Städte streifen, unverstellte Blicke tauschen. Mal auf hohem Gipfel stehen, überwältigt Stille spüren. Tempel jedes Glaubens sehen, Fremdes einfach respektieren. Einmal eine Antwort wissen witzig, schnell und voll Verstehen, anstatt nachts auf kaltem Kissen plötzlich erst den Kern zu

sehen. Einmal große Software bauen, fehlerfrei und kompatibel. Einmal ganz sich selbst vertrauen, frei von Zweifeln, Angst und Übel. Mit den eignen Tricks betrügen Hütchenspieler, Makler, Banker. Einmal nur die Welt belügen wie so viele Staatenlenker. Einmal wild und haltlos tanzen, ohne Hemmung, selbstvergessen. Geistvolle Gedichte stanzen, drauf die Leserschaft versessen. Einmal wie ein Schloßhund flennen, weil ein Spielfilm dich erschüttert. Nackt durchs Dorf mal heimwärts rennen, weil es sintflutlich

gewittert. Einmal wortlos sich verstehen gleich vom ersten Blicke an. Einmal auseinandergehen und doch reden dann und wann. Wehr- und selbstlos sich verlieben, hoffnungs- und erwartungsfrei. Einmal Gegenliebe kriegen gierig, heiß und bar der Scheu. Einmal richtig unten liegen, schweigend durch die Hölle gehn, über dunkle Geister siegen, schließlich wieder Zukunft sehn. Einmal überrascht entdecken, Volkes Stimme zählt ja doch; auch du mußt dich nicht verstecken. Das Gefühl hebt dich so hoch

... Einmal schrein, daß Mauern brechen, sei es Lust, sei es vor Wut, laß das Tier in dir mal sprechen. Ist es echt, dann tut es gut. © 2020 Brubeckfan