Fantasy & Horror
Drachenblut

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"Drachenblut"
Veröffentlicht am 24. März 2020, 52 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Über den Autor:

Was gibt es über mich zu sagen....? -Ich gebe mir Mühe, ein guter Mensch zu sein, was jedoch längst nicht immer gelingt..... -Ich hab lange gebraucht, um so zu werden, dass ich mich mochte. -Und ich habe ständig das Gefühl, im falschen Film zu sein. . -Und ich hab ständig das Gefühl, im falschen Film zu sein!
Drachenblut

Drachenblut

21.03.2020 von Nepharit, aka Flint DRACHENBLUT Kip war viel zu aufgeregt, um zu schlafen, denn in einer Woche würde er die liebliche Jalla zur Frau nehmen. Jetzt, nachdem er endlich als selbstständiger Schmied seine eigene Werkstatt besaß und eine Familie ernähren konnte, hatte sie seinen Antrag angenommen, beziehungsweise hatte ihr Vater

seine Zustimmung gegeben. Kip war überglücklich! Da er nun sowieso nicht schlafen konnte, hatte er beschlossen, Gropp, dem Köhler, mit dem er zusammen aufgewachsen und der sein bester Freund war, Gesellschaft zu leisten. Gropp hatte einen Kohlemeiler brennen, der rund um die Uhr bewacht werden musste und zu zweit konnten sie sich dabei abwechseln, so dass wenigstens Gropp etwas Schlafen konnte. Einen Kohlemeiler zu beaufsichtigen, durfte nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Zu wenig Luftzufuhr und die Glut erlosch, zu viel und der gesamte Meiler brannte zu Asche und

mehrere Tage Arbeit waren dahin. Ausserdem, dieser Meiler bestand aus Erlenholz und die Kohle war für Kips eigene Esse bestimmt. Er würde also ganz bestimmt gut Acht geben! Der junge Schmied saß im Schein des Mondes und schnitzte an einer weiteren Flöte, die er mit viel Sorgfalt herstellte und von denen er bereits viele verkauft, oder verschenkt hatte. Er spielte auch sehr gut, ahmte manchmal sogar gekonnt Vogelstimmen nach – und die Vögel antworteten ihm. Er träumte von der Zukunft mit Jalla. Er nahm sich vor, einen Blumenstrauß aus Eisen für sie zu machen. Diese Blumen würden nie verwelken, genau wie seine

Liebe für Jalla auf ewig währen würde, da war Kip ganz sicher. Ja, das würde Jalla gefallen. Wie er nun so da saß und ab und zum Sternenhimmel aufschaute, hörte er mit einmal Stimmen... Stimmen, die sich näherten. Ja, das waren zwei Männer, die sich unterhielten. Weil der Wind aus der anderen Richtung wehte, hatten sie den Rauch des Kohlemeilers bisher nicht bemerkt und besonders nahe würde der Waldweg sie auch nicht daran vorbei führen. Kip lauschte angestrengt. Man konnte nie wissen, ob Fremde nicht vielleicht Gefahr brachten.

Geräuschlos schlich Kip sich auf allen Vieren näher an den Pfad und horchte. „Wir mussen den Rat auf jeden Fall vor Mirox erreichen!“ sagte die eine Stimme gerade und es klang sehr besorgt.Der Sprecher schien schon älter zu sein, obwohl man sich gerade bei Stimmen sehr verschätzen konnte. „Ja!“ antwortete der zweite Wanderer, der jünger zu sein schien. „Die Geschichte, die zuerst gehört wird, hinterlässt stets den tieferen Eindruck!“ „Holla! Siehst du das?“ Das war wieder der ältere Mann. „Was meinst du?“wollte der andere

wissen. „Die kleinen, kreuzförmigen Blüten, die im Mondlicht schimmern?“ „Was ist mit denen?“ „Das ist Ohrenkraut!“ erklärte derÄltere. „Wenn man es trocknet und einen Aufguss davon macht, hilft es gegen Ohrenweh, aber....“ Der Sprecher senkte die Stimme und Kip musste mit aller Konzentration lauschen. „Wenn man sie frisch verzehrt, kann man mit den Tieren sprechen!“ „Ist das wahr?“ fragte der jüngere Mann staunend. „Ja, aber nur ungefähr einen Tag lang. Wenn die Sonne aufgeht, verfliegt die Wirkung“ sagte der ältere

Wanderer. Die zwei Reisenden schwiegen und ihre Schritte verklangen im Dunkel des Waldes. Als Kip ganz sicher war, dass die beiden weit genug weg waren, ging er zum Meiler zurück und überpfüfte die Windöffnungen. Alles war so, wie es sein sollte und von Neugier getrieben kehrte der junge Schmied zu seinem Horchposten zurück. Näherte sich dem Pfad und suchte den Boden ab. Tatsächlich, da waren sie. Kip lächelte. Er wusste genau, wie diese kleinen Blumen bei Tageslicht aussahen, nur wäre er nie auf den Gedanken gekommen, dass die Blüten bei Mondschein leuchten könnten. Ob man

damit wirklich die Tiere verstehen konnte? Er wollte es gern glauben, einfach weil es so schön geheimnisvoll war, aber im Grunde bezweifelte er es. Die Baumkronen rauschten, der Wind nahm an Kraft zu, also eilte Kip zum Kohlemeiler zurück und verkleinerte gewissenhaft die Luftlöcher. Der Morgen graute und er weckte Gropp. Nachdem dieser brummend die Wache übernommen hatte, verabschiedete sich Kip um seiner Braut einen Besuch abzustatten. Sicher würde auch ein Frühstück dabei herausspringen. Doch als er sich der Herberge näherte, die von seinem zukünftigem Schwiegervater betrieben

wurde, erkannte er den Wagen des Heilers, der auf dem Hof stand. War jemand krank? Kips gute Laune verflog, als er sah, dass die Pferde schweißnass waren. Der Heiler lebte im Nachbardorf und wurde nur gerufen, wenn es ernst war und dieses Mal schien er in größter Eile hergekommen zu sein. Kip begann, sich Sorgen zu machen. Wo war Jalla? Es war inzwischen hell und sie sollte um diese Zeit mit füttern des Kleinviehs beschäftigt sein. War sie es etwa, die krank war? In disem Augenblick erschien Svelle, Jalla s Mutter in der Türöffnung. Sie trug einen hölzernen Eimer, den sie zum Hühnerhagen trug und dort mit fahrigen

Bewegungen Futter ausstreute und Kip sah seine Befürchtung bestätigt. „Svelle!“ rief er, „Wo ist Jalla?“ Svelle fuhr herum, sah Kip und schien gleichermaßen erschrocken, wie erleichtert zu sein. Sie antwortete jedoch nicht, sondern deutete stumm auf das Haus. Mit drei Schritten war Kip in der Schankstube, wo er Boro, Jallas Vater, mit einem alten Mann sprechen sah, vermutlich der Heiler. Boro sah auf, ging Kip entgegen und schloss ihn in die Arme. Der junge Schmied befürchetete das Schlimmste. „Jalla...?“ „Junge,“ seufzte Boro, „Jalla ist schwer

krank. Wir fürchten, sie wird sterben.“ „Was?“ entfuhr es Kip, „Wieso?“ „Der Schnitt an der Hüfte hat sich entzündet!“ erklärte nun der Heiler. „Und jetzt ist das Blut vergiftet! Wäre es ein Arm, oder Bein, könnte man es abnehmen, aber so....“ Der Alte schüttelte bedauernd sein weisses Haupt. Kip konnte es nicht fassen. Dann sprintete er los, die schmale Stiege hoch, in Jallas Kammer. Da lag sie, klein, schmal und totenblass. Sie nahm offenbar nichts mehr wahr, lag im Fieber. Kip sank zu Boden. Das durfte einfach nicht sein ! Eine überwältigende Trauer

überkam ihn, begann ihn regelrecht zu lähmen, doch dann riss er sich zusammen. Taumelnd kam er auf die Füße, wandte sich Boro und dem Heiler zu, die hinter ihm den Raum betreten hatten. „Gibt es denn kein Mittel dagegen?“ verlangte er zu wissen. „Keines, das ich besitze!“ seufzte der Heiler. „Aber es gibt eines?“ Hoffnung keimte in Kip auf. „Welches?“ „Drachenblut!“ „Wie bitte?“ „Du hast richtig gehört, junger Mann.“ nickte der Alte. „Drachenblut kann sie

retten!“ „Dann besorge ich welches!“ schnaubte Kip.“Wo finde ich einen Drachen?“ „Drachen sind selten!“ gab der Heiler zu bedenken.“Und sie geben ihr Blut nur ungern her....“ „Das lass meine Sorge sein!“ fauchte Kip. „Wo finde ich einen?“ „In den Nemegoritbergen gibt es einen!“ schaltete Svelle sich ein, die inzwischen auch dazugekommen war. „Heisst es....!“ „Heisst es?“ echote Kip. „Das ist alles, was ich weiß.“ sagte Svelle traurig. „Nun, so weit ist das ja nicht...“ überlegte Kip.“Wieviel Zeit bleibt

ihr?“ Der Heiler wiegte den Kopf.“2 -3 Tage. Höchstens! Nicht länger!“ „Dann breche ich sofort auf!“ beschloss Kip.“Haltet sie am Leben! Ich verlass mich auf euch!“ Nach einem letzten Blick auf seine Braut stürmte der junge Mann los. In seiner Schmiede versah er sich mit Proviant und einem Schwert, dem besten, das er bisher geschaffen hatte. Dann lief er los, auf das Nemegoritgebirge zu, dessen Gipfel am Horizont aufragten. Sich für seine Liebste mit einem Drachen anlegen? Jederzeit! Auch mit zwei, oder dreien, wenn nötig! Schnell hatte er seinen Rhythmus gefunden und trabte

guten Mutes seines Weges. Alle drei bis vier Meilen fiel er in Schritt zurück, um sich zu erholen. Wolfstrab nannte man das und man konnte auf diese Weise auch zu Fuß große Entfernungen erstaunlich schnell zurück legen. So lief er den ganzen Tag, bis die Sonne sank und die Berge ihre Schatten nach ihm ausstreckten. In einem Birkenhain machte Kip Halt und spannte seine Hängematte hoch über dem Boden auf. Dort war er sicher vor nächtlichen Räubern, Ratten und den meisten Insekten. Nachdem er etwas von seinem Proviant verzehrt hatte, schlief er schnell ein. Es war ein anstrengender Tag

gewesen. Früh am nächsten Morgen wurde Kip vom Gezwitscher der Vögel geweckt. Sofort ging er daran, seine Weiterreise vorzubereiten. Doch als er sich auf den Weg machen wollte, packte ihn plötzlich die Verzweiflung.Vor ihm, in den prächtigen Glanz des Sonnenaufgangs gehüllt, ragten die Nemegoriten auf. Ein majestätischer Anblick, zweifellos. Aber es machte dem jungen Mann klar, dass er die Nadel im Heuhaufen suchte. Wo sollte er beginnen? Im Norden? Süden? In der Mitte? Auf einmal verließ ihn der Mut. Er würde

den Drachen nicht finden. Nicht rechtzeitig. Jalla würde elend sterben und er würde nur noch auf den eigenen Tod warten, selbst wenn er eine andere Frau fände.Er konnte ebensogut gleich umkehren, oder einfach hier sitzenbleiben. Das wäre immernoch besser, als Jalla beim Sterben zuzusehen! Kip ließ den Kopf hängen und starrte den Erdboden an. Genau zwischen seinen Füßen wuchsen ein paar Blumen. Sie waren leuchtend blau und ihre Blüten bildeten perfekte Pluszeichen, Kreuze. Ohrenkraut, dachte Kip. Ihm fiel ein, was er letzte Nacht gehört hatte. Ob da was dran war? Was solls? Kurzentschlossen pflückte er eine der

kleinen Blumen und aß sie. Wartete. Wartete. Und während die Enttäuschung in ihm wuchs, fiel ihm plötzlich auf, dass der Gesang der Vögel anders klang. Völlig anders! Die plierten nicht nur vor sich hin, das war eine richtige Symphonie! Kip staunte nicht schlecht und lauschte ergriffen. Warum war ihm das vorher nie aufgefallen? Das war ja phantastisch! Die verschiedenen Vogelarten sangen unterschiedliche Teile des Konzerts und alles zusammen ergab das ein wundervolles Gesamtwerk. Spontan zog der junge Schmied seine Flöte hervor und stimmte probeweise mit ein. Das machte so viel Spaß, dass sich seine Laune sofort besserte. Doch dann

verstummten die Vögel wie auf Kommando.Ringsum landeten nun ein Sperling, ein Rotkehlchen und zwei Goldammern.Sie blieben knapp ausser seiner Reichweite sitzen und schienen ihn nachdenklich zu mustern. Kip wusste nicht, was er davon halten sollte. Hatte er sie verärgert? „Wenn ich euch gestört habe, tut es mir leid.“ sagte er, „Aber ich fand euren Gesang so schön....“ „Nein, nein, nicht gestört!“ piepte der Spatz.“Nur geschieht es nicht oft, dass ein Mensch unsere Musik begreift!“ Es dauerte ein paar Momente, bis Kip klar wurde, dass er sich tatsächlich mit einem Vogel unterhielt Unglaublich! Das

Ohrenkraut wirkte! Da hatte der junge Mann eine Idee. „Sagt, ihr wisst nicht zufällig, wo ich einen Drachen finden kann?“fragte er.“in den Nemegoritbergen soll es einen geben und ich muss ihn unbedingt finden!“ „Ja, wir kennen den Drachen.“ meinte das Rotkehlchen,“Aber an deiner Stelle würd ich den besser in Ruhe lassen!“ Kip schöpfte neue Hoffnung. „Ich habe keine Wahl, ich muss ihn finden!“ sagte er entschlossen. Die Vögel schwiegen einen Augenblick „Wir haben dir einen Handel vorzuschlagen!“ erklärte dann die eine Goldammer.“Unsere neue Symphonie ist noch unvollkommen. Und da du mit

deiner Flöte ganz gut mithalten konntest, kannst du vielleicht helfen. Gelingt dir das, beschreiben wir dir, wo du den Drachen finden kannst!“ Kip zögerte keine Sekunde. „Abgemacht!“ sSogleich kamen aus allen Himmelsrichtungen die verschiedensten, gefiederten Gesellen geflogen und ließen sich im Birkenhain nieder. Erneut war Kip verblüfft. „Wie konnten sie das alle so schnell erfahren?“ wollte er wissen. „Wir können uns alle gedanklich miteinander verbinden!“ erklärte das Rotkehlchen.“Noch nie davon gehört, dass wenn ein Vogel etwas neues lernt,

es kurz darauf alle können?“ „Doooch,“ machte Kip, „Schon....“ Das war eines der großen Rätsel, über das sich schon viele Weise und solche, die sich dafür hielten, nachgegrübelt hatten. Bisher ohne Erfolg. „Alle lebenden Wesen können das!“ fügte die zweite Goldammer hinzu. „Sogar Menschen!“ bestätigte der Sperling.“Sie wissen s nur nicht, oder haben es vergessen. Und wenn sie es wüssten, täten sie es als Unsinn ab!“ Kip war sicher, hätte der kleine Vogel statt eines Schnabels einen Mund – er würde jetzt spöttisch

grinsen. Dann begannen die Vögel zu singen. Kip hörte konzentriert zu. Er durfte nicht versagen! DA! Das war die Stelle! Das klang nicht gut, passte irgendwie nicht zum Rest. Er hob die Hand und die Gefiederten Sänger verstummten. „Noch einmal, bitte!“ Kip hatte seine Flöte bereit und als das Lied von neuem begann, stimmte er wieder mit ein. Und dann erkannte er den Fehler! Es war , genaugenommen, gar kein Fehler, nur das Arrangement passte nicht....Nicht ganz. Abermals bat er um Ruhe. Es wurde still und die Vögel hüpften und flogen näher,

um die Antwort zu hören. „An dieser Stelle sollten die Amseln den Part der Schwalben übernehmen.“ erklärte Kip. „Die Stare den Teil der Amseln und die Schwalben den der Amseln. Versucht es einmal, bitte. Augenblicklich begann das Konzert von neuem. Und siehe da – nun war es vollkommen! Die Vögel waren begeistert und hüpften und flatterten vergnügt auf und ab. Dass ein Mensch ihnen bei ihrem Gesang half – das hatte es noch nicht gegeben! Das Rotkehlchen aber setzte sich auf Kips Schulter, damit dieser den kleinen Piepmatz bei dem Lärm besser hören

konnte. „Wir sind sehr zufrieden und schulden dir unseren Dank!“ zwitscherte der Vogel. „So merk auf : Siehst du den etwas niedrigeren Gipfel zwischen den beiden Spitzen, die ihn überragen?“ Kip bejate. „Dort musst du hinauf. Dann blicke genau nach Norden ins Tal.“ beschrieb das Rotkehlchen.“Dann siehst du ihn schon! Und nimm lieber noch welche von den Sprechblüten mit!“ Kip bedankte sich hocherfreut und machte sich sofort auf den Weg. Die Vögel begleiteten ihn ein Stück und sangen ihre neue Symphonie für ihn. Kip lächelte vor sich hin. Das würde ihm nie

jemand glauben...! Obwohl die Berge zum Greifen nahe schienen, brauchte Kip bis zum Sonnenuntergang, um den Gipfel zu erreichen. Doch das Tal lag bereits im Schatten und hüllte sich und den Drachen in Dunkelheit. Der junge Mann würde wohl, oder übel bis zum Morgen warten müssen. In dieser Nacht fand Kip keinen Schlaf. Ständig musste er an seine Verlobte denken. Jallas schönes Gesicht stand ihm vor Augen, wie sie ihn anlächelte, scherzte..... Kip dachte daran, was ihn die Vögel

gelehrt hatten und versuchte, sich mit seiner künftigen Frau zu verbinden, doch es gelang ihm nicht. Sie hatte wohl zu hohes Fieber... Mit solchen Überlegungen verbrachte Kip die Nacht, die wie immer in solchen Fällen, nicht enden wollte. Endlich graute der Morgen. Während der junge Schmied ungeduldig darauf wartete, dass sich das Licht der Sonne ins Tal ergoss, stärkte er sich von seinem Proviant. Und dann sah er ihn! Mitten im Tal lag, zusammengerollt und scheinbar schlafend, ein riesiger Drache! Es gab ihn also wirklich. Einen Moment lang drohte Kip der Mut zu verlassen.

Das Tier war enorm! Grob geschätzt die Masse von ca 400 Ackergäulen. Wie sollte er diesem Riesending Blut abzapfen? Aber es gab kein Zurück, kein Aufgeben! Und hatte er nicht zu Jalla gesagt, er würde alles für sie tun? >Nun, dann mal los, Kip!< dachte der junge Mann.>Nun kannst du zeigen, dass es dir ernst ist! Nur Mut! Vielleicht wacht er gar nicht auf!< Kip nahm die kleinen Fläschchen, sein Schwert und – als Talisman - seine Flöte, schluckte vorsorglich noch eine Blüte von dem Ohrenkraut und ging

dann, vom Mut der Verzweiflung erfüllt, ins Tal hinab. Je nähe er dem Drachen kam, desto größer schien dieser zu weden und Kip musste sich mit aller Macht zusammen nehmen, um nicht umzukehren und zu flüchten Und dann.....das durfte doch nicht wahr sein....erkannte Kip, was er vor sich hatte: Das war gar kein Drache, sondern eine Felsformation, die wie ein Drache aussah! Nein! NEIN!! Fast wäre Kip vor Enttäuschung in Tränen ausgebrochen. Doch dann, als er begriff, dass alles umsonst war, dass Jalla sterben würde,

dass er sie nicht retten konnte, rannte er die letzten Schritte auf die Felsen zu und drosch wie ein Rasender mit dem Schwert darauf ein, dass die Funken stoben! „HEDA!“ knurrte eineStimme, die so tief und laut war, dass sie den Boden erbeben ließ. „WÜRDEST DU DAS LASSEN? ICH VERSUCHE HIER, ZU SCHLAFEN!“ Kip stand, wie vom Donner gerührt. Was war das? Hatte der Felsen gesprochen? Hatte er sich das eingebildet, oder hatte der Felsen wirklich mit ihm geredet? Noch bevor er zu einem klaren Gedanken kam, öffnete sich direkt vor ihm ein Auge, so groß wie ein Wagenrad und fixierte ihn ungnädig. Kip war wie

erstarrt und brachte kein Wort heraus. „BIST DU EINER DIESER ABENTEURER, DIE UNBEDINGT EINEN DRACHEN TÖTEN WOLLEN? UM SICH EINEN NAMEN ZU MACHEN? Die senkrechte Pupille verengte sich zu einem Schlitz und ihr scharfer Blick drohte Kip schier zu zerschneiden. „DAFÜR WIRD DEIN SCHWERT NICHT GENÜGEN, ALSO VERSCHWINDE, ODER MUSS ICH ERST GROB WERDEN?“ Kip konnte sich noch immer nicht rühren. „NUN?“ donnerte der Drache und hob langsam den Kopf, der so groß wie ein

Haus war. Kip fiel auf die Knie, ließ das Schwert fallen und bemühte sich, seine Stimme wieder zu finden. „OH, DAS IST WIRKLICH ERBÄRMLICH! Knurrte der Drache angewidert. „GIBT ES KEINE MÄNNER MEHR, DIE AUCH WIE MÄNNER STERBEN KÖNNEN?“ Er schüttelte missbilligend sein riesiges Haupt. „NUN HAU SCHON AB!“ Der Drache legte sich wieder zurecht. „LAUF ZU DEINER MAMA, ODER DEINER FRAU UND LASS DIR DIE TRÄNEN ABWISCHEN!“! Schon begann das enorme Auge, sich wieder zu schließen, als Kip endlich

seine Lähmung abschütteln konnte. Er wusste nicht, ob es die Erwähnung seiner Frau , oder die tiefe Verachtung gewesen war, die den Bann sprengte. Vielleicht beides.... „Ich brauche etwas von deinem Blut!“ platzte er heraus. Das steinerne Augenlid hob sich wieder, doch der Drache schwieg. Kip war ratlos, doch dann erklärte er sich, legte den Grund seines Kommens dar. „WIE IST DEIN NAME, MENSCHLING?“ „Ich heisse Kip!“ stellte der junge Schmied sich vor. „ICH BIN HANTAAL!“ dröhnte der

Drache. „ICH BIN SO ALT , WIE DIE WELT UND DAMIT DU S WEISST: ICH WARDAMALS GEGEN DIE ERSCHAFFUNG VON EUCH MENSCHLINGEN! MIR WAR VON ANFANG AN KLAR; DASS IHR NUR PROBLEME MACHEN WÜRDET!“ Hantaal musterte Kip , doch dann brummte er behaglich. „ABER ICH HABE GUT GESCHLAFEN UND BIN GUT GELAUNT!“grollte er dann. „WAS HAST DU MIR ANZUBIETEN IM TAUSCH GEGEN MEIN BLUT?“ Kip schluckte. Darauf war er nicht gefassst gewesen... „Was könntest du denn brauchen?“

fragte er vorsichtig zurück. „DAS IST EINE GUTE FRAGE!“ räumte Hantaal ein.“FÜR GOLD, SILBER, ODER EDLE STEINE HABE ICH KEINE VERWENDUNG! ABER ICH SAMMLE WISSEN! UND EINE SACHE WÜSSTE ICH GAR ZU GERN::::!“ „Und die wäre....?“ „ICH HABE MICH SCHON OFT GEFRAGT; WARUM DER SCHNEE WEIß IST:::!“ erklärte der Drache.“WENN DU MIR DAS SAGEN KANNST, GEBE ICH DIR ETWAS VON MEINEM BLUT!“ Kip glaubte, sich verhört zu haben. Warum der Schnee weiß ist? Das wusste doch jedes Kind! „Abgemacht!“ willigte er in den Handel

ein. Dann begann er, zu erzählen : „Es gab eine Zeit, in der der Schnee keine Farbe hatte, sondern durchsichtig war, so wie Wasser. Doch das gefiel dem Schnee nicht. Er wollte zu sehen sein! Also überlegte er, wie das zu bewerkstelligen war, doch ihm fiel nichts Rechtes ein. Also machte er sich auf, Farbe zu finden. Bald fand er eine rote Rose und er fand sie sehr schön. >Rot.....< dachte der Schnee...>das wäre doch was...das würde mir sicher auch gut stehen< und so fragte er die Rose, ob sie ihm etwas von ihrer Farbe abgeben würde. Die Rose war irritiert. >Wer bist du? Du bist kalt und ich kann dich nicht richtig

sehen< >Deshalb möchte ich ja Farbe haben und ich bin kalt, weil ich der Schnee bin und aus Eis bestehe...< Doch die Rose lachte ihn aus. Rot, so sagte sie, sei die Farbe der Liebe und der Leidenschaft. Jemand, der so kalt war, könne niemals rot tragen... Der Schnee erkannte, dass hier nichts zu machen war und zog weiter. Als nächstes fand er eine Narzisse und bat sie um etwas Farbe. Doch die lehnte brüsk ab. Gelb, so meinte sie, sei die Farbe der wahrhaft Schönen. Und wie sollte sie wissen, ob der Schnee schön genug war, wo sie ihn doch nicht mal sehen konnte.

Darum brauche er ja Farbe, sagte der Schnee, doch die Narzisse schloss ihre Blüte und schwieg. Als nächstes stand eine blaue Kornblume am Weg, aber auch die wollte nichts von ihrer Farbe abgeben. Der Schnee war böse und enttäuscht. Dann würde er wohl weiter so gut wie unsichtbar bleiben müssen, überlegte er missgelaunt. Dann aber sah er eine kleine Blume, sie war sehr hübsch und sie war weiß Nun, einmal versuch ich es noch, beschloss der Schnee. Ob er etwas von ihrer Farbe haben könne, fragte er die kleine

Blume. Diese richtete sich erschrocken auf , aber nach einer Weile „sah“ sie, dass die Stimme nicht aus dem Nichts gekommen war. >Warum kann ich dich nicht sehen?< wollte sie wissen >Weil ich keine Farbe habe< antwortete der Schnee verdrossen. >Ich auch nicht< antwortete die Blume seufzend. >Aber du bist doch weiß...< wandte der Schnee ein. >Weiß ist aber doch gar keine richtige Farbe.....< wandte die Blume ein. >Das finde ich aber doch< beharrte der Schnee. >Ich finde, weiß ist eine sehr

schöne Farbe und sie steht dir sehr gut!< >Ich kann dir ja etwas von meinem Weiß abgeben< schlug die kleine Blume vor.>Dann sind wir beide weiß....< Da freute sich der Schnee und er dankte der Blume für ihre Großzügigkeit.... „Deshalb ist der Schnee weiß!“ erklärte Kip. „Und seitdem ist diese kleine Blume die einzige, die den Schnee nicht zu fürchten braucht. Sie heisst ….“ „DAS SCHNEEGLÖCKCHEN!“ rumpelte Hantaal.wohlgefällig. „JA, DAS ERGIBT SINN! ENDLICH KENNE ICH DIE ANTWORT! ICH BIN SEHR ZUFRIEDEN! DU HAST DEINEN TEIL DER

ABMACHUNG ERFÜLLT; ALSO WILL ICH AUCH MEINEN TEIL TUN! NIMM DEIN SCHWERT UND PIEK MICH HIER ZWISCHEN DEN ZÄHNEN – ABER SACHTE! IST DAS KLAR?“ Der gigantische Drache öffnete sein gewaltiges Maul, in dem man zwei Pferde hätte unterbringen können und zeigte Zähne, so lang wie Kips Unterarm. Ganz vorsichtig tat Kip, wie ihm geheissen und brachte mit seiner Klinge einen winzigen Schnitt im Zahnfleisch des Ungeheuers an, aus dem einige Tropfen blaues Blut troffen, die Kip geschickt mit der kleinen Flasche auffing. Dann schloss sich sowohl das Maul, als auch das Auge und Kip war in

Gnaden entlassen. So machte er sich auf den Heimweg. Nachdem er seinen Rucksack geholt hatte, ging es bergab und er erreichte den Birkenhain just als die Sonne unterging. Mit geübten Handgriffen schlug er seine Hängematte an, verspeiste die restliche Wegzehrung und fiel erschöpft in tiefen Schlaf. Das Fläschchen mit dem kostbaren Drachenblut hing fest verkort an einer stabilen Schnur um seinen Hals. Ein Grunzen riss ihn am folgenden Morgen aus seinen Träumen. Vorsichtig sah er sich um und entdeckte einen prächtigen Hirsch. Dieser trug sein volles Geweih mit 16 Enden und suchte

den Erdboden ab. Ganz offensichtlich brauchte er etwas zu fressen. Er war mager und sah sehr hungrig aus. Kip betrachtete ihn fasziniert. Warum hatte er sein Geweih noch nicht abgeworfen? Aber das konnte Kip egal sein, er musste so schnell wie möglich nach Hause, wo Jalla mit dem Tode rang. Da kam ihm eine Idee.....In seiner Hosentasche hatte er noch zwei Blüten Ohrenkraut, die er hastig zerkaute, schluckte und auf die Wirkung wartete. „Guten Morgen, Gevatter Hirsch!“ grüße er höflich. „Ich habe dir ein Geschäft

vorzuschlagen....“ Einen Tagesmarsch entfernt schüttelte der greise Heiler traurig den Kopf. „Sie entgleitet mir!“ krächzte er. „Ich bin mit meiner Kunst am Ende. Wenn kein Wunder geschieht, wird sie die Nacht nicht überleben....“ Jallas Mutter Svelle brach in verzweifeltes Schluchzen aus und Boro, der selber mit den Tränen kämpfte, schloss sie in die Arme. Kip war seine letzte Hoffnung. Nein, Jallas letzte Hoffnung! Wo blieb den der Junge? Er wusste doch, was auf dem Spiel stand! Doch Boro rief sich zur Ordnung. Sein

Schwiegersohn in spe war immerhin losgezogen, um Blut von einem Drachen zu beschaffen! Konnte man mehr verlangen?Nein! Aber erhoffen konnte man mehr, nämlich dass er es schaffte und rechtzeitig zurückkam.... Da erklangen draussen erstaunte Rufe und Boro zog Svelle ans Fenster , um mit ihr hinaus zu sehen. Er traute seinen Augen nicht, als er sah, wer da auf einem prachtvollen Rothirsch angeritten kam. Kip war wieder da und er wirkte zuversichtlich. Boros Herz machte einen Hüpfer, als sein Schwiegersohn ihm übertrieben deutlich zunickte. Er hatte es

geschafft! Der Hirsch bekommt drei Scheffel Hafer und Heu, soviel er mag!“ sagte der junge Schnied zu Runkas, dem Stallknecht, welcher zwar verdaddert, aber eifrig nickte. „Und es dürfen auch ein paar Apfelstücke dabei sein! Und niemand wird ihm etwas antun! Das ist so abgemacht!“ Runkas verstand offensichtlich nur Bahnhof, aber er führte die Anweisung getreulich aus. Kip hingegen spurtete in die Wirtschaft, die Stiege hoch, in Jallas

Kammer. Sie lebte noch! Kips Erleichterung war so groß, dass ihm fast die Knie nachgaben, aber er fing sich und überreichte dem alten Heilkundigen das Fläschchen mit dem Drachenblut. Dieser machte sich sofort ans Werk. Als der Alte den Verband entfernte, verbreitete sich ein grauenvoller Gestank. Kip konnte nicht sehen, was der Heiler tat, aber es machte den Anschein, als träufle er Hantaals Blut in die entzündete Wunde. Und jetzt würde sich entscheiden, ob es eine Hochzeit, oder eine Trauerfeier geben würde....

EPILOG Die Vögel sangen aus voller Kehle ihre neue Symphonie. Sie waren selbstverständlich alle eingeladen worden. Der Sperling, das Rotkehlchen und die beiden Goldammern saßen als Ehrengäste mitten auf der Festtafel auf eigens für sie dort angebrachten Stangen Der Hirsch war ebenfalls erschienen und auch, wenn er inzwischen ohne Geweih nicht mehr ganz so beeinduckend wirkte, machte er einen sehr zufriedenen Eindruck. Er stand in einem abgeteilten Stück des Pferderpferches, fraß allerlei

Leckerbissen und ließ sich von den Kindern bewundern. Hantaal hatte es vorgezogen, im Gebirge zu bleiben, hatte aber durch die Vögel seine besten Glückwünsche ausrichten lassen. Es war die schönste Hochzeit, die es je in dieser gGegend gegeben hatte und irgendein verrückter Radiomoderator würde irgendwann alles aufschreiben und eine Geschichte daraus machen. Denn er würde wissen, dass das Drachenblut, das echte Drachenblut keine Pflanze war, und dass Hantaal immernoch dort in seinem Tal in den Nemegoritbergen - die inzwischen einen

anderen Namen hatten – schlief, bis die Zeit reif war und er seine eigentliche Aufgabe beginnen würde..... ENDE

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Nepharit
Was gibt es über mich zu sagen....?
-Ich gebe mir Mühe, ein guter Mensch zu sein, was jedoch längst nicht immer gelingt.....
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-Und ich hab ständig das Gefühl, im falschen Film zu sein!

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dalpengi sehr schön lebendig geschrieben... und nachher weiß man, warum der Schnee weiß ist. ;-) echt lesenswert.
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LunaBielle Hallo! Gefällt mir sehr gut deine Geschichte und dein Schreibstil ist echt super zu lesen! LG *Luna
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