Die Tombola
In der Stadt wurde ein Laden eingerichtet. Als er fertig war stand fest, dass wird eine Tombola. Ein Begriff, der für Abzocke stand, für Wettspiel, mit dem der schöne und reine Sozialismus nichts am Hut haben wollte. Doch von all’ dem wussten wir noch nichts, mein Bruder und ich. Das Mittelalter hatte seinen Ablasshandel, der Kapitalismus seine Spielbanken und -automaten und irgendein findiger Genosse hatte das System „Tombola“ entdeckt, oder von den Freunden mitgebracht. Tombola fürs NAW - das Nationale Aufbauwerk. Viele Betriebe, Volkseigene versteht sich, hatten aus der laufenden Produktion schöne, brauchbare Dinge bereitzustellen. Kostenlos versteht sich! Da war der Laden gefüllt mit großen und kleinen Dingen, Dingen die selten zu bekommen waren oder die noch nie ein Auge gesehen hatte, weil - es waren NSW Artikel. Und Mopeds, Waschmaschinen und Kühlschränke auf die man warten musste, gab es da zu bewundern. Da standen wir zwei Brüder und drückten uns die Nasen platt. Der Mutti ein Geschenk machen, mit einem Schlag berühmt werden, wenn man eine Waschmaschine ( es gab’ eh nur eine Marke) oder gar ein Moped gewann. Mit fünfzig Pfennigen und noch ‘was Gutes getan. Unvorstellbar! Mit wenig Einsatz - der Gewinn! Wir schmiedeten Pläne, wie wir mit optimierten Geldeinsatz riesige Gewinne abkassieren würden. Im Geiste verteilten wir schon die Beute. Aber wir hatten ja zu wenig, um in kurzer Zeit die Summe der Lose, mit all’ den Nieten und Glücksbringern an uns zu bringen. So lagen sie im Bett und träumten, die zwei, da rannte der weiße Hirsch vorbei... geschrieben, am 10.11.1996 in Ilmenau