Gedichte
Unten ohne

Die Kastenpost ist heute ziemlich selten, die Briefpost hörte auf, etwas zu gelten. Wir gaben auf, noch Briefe aufzugeben. Was heut kommt, will man in die Tonne geben, von Absendern, die mein Erspartes lieben. Und keins der Schreiben wird mehr unterschrieben. Warum ich denn Kreditkarten verschmähe? Ob ich nicht gern zur Schlagerparty gehe? Die Miete steigt erneut in zwei Quartalen. Fürs Schwarzfahrn soll ich etliches bezahlen. Die Steuer führt mich nun in Klasse sieben. Und nichts von diesem Zeug ist unterschrieben. Das Amt schreibt mir bezüglich meiner Rente, wie hoch sie in zehn Jahren starten könnte. Nun weiß man, wie sich Zahlen so gestalten, stets sind noch Wind und Wetter

vorbehalten; nicht nur Herr Blüm hat maßlos übertrieben. Drum ist das Schreiben auch nicht unterschrieben. Ein Brief im Kasten bringt mir heiße Grüße, verspricht mir Waschbeton um meine Füße. Ich störte wohl den Frieden von Familien, das Ding kommt aus Palermo auf Sizilien. Der Herr, der schrieb, ist anonym geblieben, denn dieses Schreiben wird nicht unterschrieben. Wie oft entstanden wichtige Papiere, auf daß die Welt an Schrecklichkeit verliere. Zu Menschenrechten, Tierschutz, Waffenhandel, zu Tobin Tax, Patentschutz, Klimawandel. Manch Staat hat sie teils gar nicht unterschrieben, teils sind sie bisher wirkungslos geblieben

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