Karussellallegorien
Das Karussell dreht sich und mit ihm die Luft. Die blinkenden Lichter brauen sich zu einem violett-blauen Sturm auf, der durch meinen Verstand wirbelt. Vor meinen Augen tanzen Mengen dunkler Gestalten. Ihre Gesichter blitzen im vorüberziehenden Licht auf, bevor sie wieder in Dunkelheit verschwinden. Lächelnd, jubelnd, quietschend. Die Menschen um mich herum durchwandern alle möglichen Emotionen im Rhythmus des Karussells. Wie das Licht das aufblitzt und erlischt. Wie das Leben, das geboren wird und stirbt. Die Lichter und Farben der Menschen erschrecken
mich schon fast. So unnatürlich wirkt ihre Natur auf mich.
Es kommt mir vor, als wäre ich der Mond, der dem Spektakel der Stadtlichter aus weiter Entfernung zusieht, während sich die Erde im Dunkeln des Unendlichen um sich selbst dreht. So schnell, so weit weg, wie das Karussell vor mir.
Ich drehe mich auch, aber in meinem eigenen Tempo.
Die Farben der Lichter sind schön von hier oben, aber ihre Wärme erreicht mich nicht. Bin zu sehr damit beschäftigt, mich um den Mittelpunkt des Lebens zu drehen. Eine Seite im Licht, die andere in der
Finsternis.
Ob das Karussell auch in Finsternis verschwindet, wenn es sich von mir wegdreht? Erlischt das Licht auch manchmal in den Leben der anderen? Dieser so schnell-lebenden Gestalten?
Das frage ich mich, im Bann der Lichterspiele. Der Blick im violett-blauen Meer, der Kopf in Watte. Die Erde auf der ich stehe, dreht sich unentwegt, während ich in der Schwerelosigkeit meines Verstandes schwebe.
Meine Freunde sind in der Menge untergegangen. Auch ihre Gesichter blitzen auf in Emotionen. Mal in rot, mal in blau, mal in grün. Immer im Wechsel.
Im Wechsel der menschlichen Natur. Wann habe ich verpasst, mitzuhalten? Wann bin ich vom Karussell gestiegen?
Meine Freunde fahren mit dem Karussell. Drehen sich mit der Erde. Und ich drehe mich um sie. Ein Auge im Licht der Farben, das andere in dunkler Schwerelosigkeit.