Freitag der 13.
Es gibt so Tage an denen einem ein weises Stimmchen etwas warnend ins Ohr flüstert.
“Bleib heute lieber im Bett liegen!” säuselte es beispielsweise, als ich an diesem Freitag voller Tatendrang erwachte.
Da ich aber generell nicht auf Stimmen in meinem Kopf höre, es sei denn sie erzählen mir eine wirklich gute Geschichte, stand ich natürlich doch auf und das Stimmchen kicherte freudig erregt....
Der Tag fing denn auch gleich gut an.
Als ich meine Lieblingsocken aus der Schublade holen wollte fand ich nur eine.
Um die Zweite zu finden, musste ich erst auf meinen Knien rutschend in die hintersten Winkel unter meinem Bettdringen. Dort, zwischen den verschieden großen Wollmäusen, heftigen Niesern (meiner Hausstauballergie geschuldet), verlorenen Handykopfhörern und alten Legosteinen, fand ich auch die gesuchte Socke, wenn auch ziemlich angeknabbert, was ganz eindeutig auf die spitzen Zähne unserer Beagledame Lexy, hinwies.
Ich musste mir also ein paar bereits getragene Socken aus dem schon
überquellenden Dreckwäschekorb angeln. Einmal kurz dran geschnuppert...ja, die konnte man tatsächlich nochmal tragen.
In der Küche stellte ich dann fest, dass irgendein Scherzkeks die leere Butterdose in den Kühlschrank gestellt hatte. Vermutlich war es der beste Ehemann von allen gewesen, da er auch gerne leere Marmeladengläser und ausgetrunkene Bierflaschen wieder zurück in den Kühlschrank stellt und mich damit jedes Mal auf die Palme bringt. Jetzt musste ich mit Olivenöl auf meinem Brötchen vorlieb nehmen. Gut das die Marmelade sowieso alle war...
So wie auch der Kaffee.
Verdammt!
Meine Nase lief und das leise Pochen sich nähernder Kopfschmerzen setzte ein, auch weil unsere Nachbarn beschlossen mal eben ihre neuste Errungenschaft, eine Wosch GTS 10 XC-RLM Kreissäge auszuprobieren.
Lexy bellte und jaulte die Haustür an, als wolle sie den Nachbarn beim Sägen noch eine Art musikalische Untermalung anbieten.
Ich musste raus aus diesem Wahnsinn.
Ein Spaziergang mit dem Hund würde bestimmt meine Nerven beruhigen und ich könnte nebenbei auch noch ein paar
wirklich wichtige Sachen einkaufen. Dinge wie Kaffee und Allergietabletten hatten dabei höchste Priorität.
Das Stimmchen in meinem Kopf stieß einen warnenden Pfiff aus und erklärte mir, dass Spazierengehen jetzt echt eine blöde Idee wäre.
"Das Wetter...es wir bestimmt regnen!!" flüsterte es.
“Die Wetterapp bestätigt weithin günstiges Wetter für Spaziergänge!" erklärte ich trotzig dem nervigen Stimmchen und legte Lexy die Leine um.
Draußen herrschte wirklich blauer Himmel und strahlender Sonnenschein...nur ganz weit hinten am Horizont befanden sich ein paar
Wölkchen, die aber nicht sehr beeindruckend aussahen.
Man sollte sich allerdings seiner Sache nie zu sicher sein, nicht wahr?!
Es war auf dem Rückweg nach Hause. Der Hund zog kräftig an der Leine die ich krampfhaft mit meiner rechten Hand festhielt, an meiner linken Hand baumelte eine papierne Einkaufstüte, da ich ja umweltbewusst bin... und ich zeigte bereits ziemliche Ermüdungserscheinungen.
Lexy leider nicht!
Ausgerechnet jetzt hockte sie sich mitten auf dem Gehweg hin für ein größeres Geschäft und natürlich hatte ich kein
Beutelchen dabei. Stöhnend kniete ich mich also hin und suchte aus der Einkaufstüte die Tüte mit den Äpfeln raus, die ich dann lose wieder zurück in den Papierbeutel verfrachtete, während ich den dann freigewordenen Beutel für Lexys Hinterlassenschaft verwendete. Ächzend stand ich wieder auf.
Kein Mülleimer weit und breit und über uns hatten sich inzwischen schwarze Wolkenungeheuer aufgetürmt.
Wo waren die bloß so schnell hergekommen?
Das boshafte Kichern des Stimmchens hallte in meinen Ohren und wir fanden bei dem einsetzenden Wolkenbruch natürlich nirgendwo mehr Unterschlupf.
“Ich hatte dich gewarnt...”
Wir waren in kürzester Zeit vollkommen durchweicht. Die Einkaufstüte leider auch. Sie versagte knapp vor der Haustür ihren Dienst und die befreiten Äpfel kullerten über die Straße. Sie kamen nicht weit, da der fette BMW unserer Nachbarn es schaffte fast über jeden einzelnen von ihnen zu rollen und zugleich noch das ungesund aussehende Wasser einer schlammigen Pfütze recht gleichmäßig über uns zu verteilen.
Tja. Jetzt ist es zwar erst 14 Uhr, aber ich liege gerade wohlig warm und
trocken in meinem Bett, unsere Beagledame zu meinen Füßen und eins ist gewiss. Hier bekommt mich heute auch niemand mehr raus.
Ich werde mich hüten dem Stimmchen nochmal zu widersprechen. Ganz besonders nicht an diesem Freitag.
Den 13.!
Copyright Nina P.Camara , September 2019