Forever young
Sie hatte graue, vom Alter getrübte Augen, umgeben von einer Vielzahl kleiner und großer Falten, die sich bei jedem ihrer inzwischen selten gewordenen Lächeln, verdichteten und bezeugten, dass sie in ihrem Leben öfter gelacht, als geweint hatte.
Graue Löckchen umrahmten ihr schmales Gesicht. Die knittrige und zarte Haut ihrer Wangen war eingefallen, die Lippen schmal und etwas bläulich. Auf dem großen Kissen des Krankenhausbettes
schien ihr Kopf klein und verloren, wie der eines Kindes.
Dennoch, wann immer der junge und gut aussehende Facharzt das Zimmer betrat, überzog eine verräterische Röte ihr ansonsten blasses Antlitz und ihr zahnloser Mund verzog sich zu einem fast wieder jugendlichen Lächeln.
Spiel mir das Lied vom Tod...
Die langen Löffel bewegten sich fortwährend in alle Richtungen, jedes Geräusch in der Nähe erfassend und auf Gefahren hin prüfend.
Die Nasenflügel bebend, schnupperte der Hase in den Wind, der leicht über das Feld strich. Er befand sich noch nah genug am Buschwerk, falls er vor drohender Gefahr flüchten musste. Sein graubraunes Fell glänzte seidig im sanften Licht der aufgehenden Sonne. Er senkte den Kopf und
widmete sich, wenn auch nur kurz, dem Löwenzahn, dessen zarte hellgrüne Blätter süß schmeckten und vertraut.
Der herannahend Schatten, fast hätte er ihn nicht bemerkt, ließ ihn von einer Sekunde zur anderen in die Büsche springen. Das enttäuschte Kreischen des Falken klang laut in seinen Ohren. Mit zitternden Herzen duckte er sich so tief es ging auf den Boden, abwartend, ob die Gefahr bleiben würde oder ob er es wohl noch ein weiteres Mal wagen konnte.
Endlich Zeit...oder?
"Ninaaaaaa....", schallt es durch das ganze Haus. "Die Handwerker sind da! Kommst du bitte mal runter?"
In genau diesem Augenblick, habe ich zwei Möglichkeiten.
Entweder ich beiße in stiller Wut in meinen Laptop, oder ich beiße meinen Mann. Natürlich erst, wenn ich die Treppen runtergerannt bin.
Den perfekten Satz im Kopf formuliert und meine Hände bereits auf den Tasten, ausgerechnet da ruft er und alle tollen Worte in meinem Kopf,
wirbeln durcheinander. Ich starre noch für ein paar Sekunden auf mein erwartungsvolles Schreibprogramm, beschließe aber doch nach unten zu gehen, um meinem Mann den Kopf abzubeißen. Danach werde ich mir Kaffee gönnen, Vergeltungskaffee sozusagen!
Ich rege mich zwar gerade auf, doch eigentlich war es schon immer so. Der netteste Ehemann von allen, kriegt nun mal ohne meine helfende Hand nichts auf die Reihe. Jedenfalls nichts, was im Entferntesten etwas mit dem
praktischen Leben zu tun hat. Seit wir verheiratet sind, ist der praktische Teil unseres Alltags mein Resort. Seiner ist seit ehedem, Geld auf das Konto zu bringen, welches ich dort regelmäßig wieder runterhole.
Ich bin mit der Einteilung eigentlich immer zufrieden gewesen, aber ich wollte mich ja nun endlich dem Schreiben widmen. Jetzt, wo die Kinder erwachsen sind und ihr dauerndes "Mamaaaa" Rufen mich nicht mehr unterbrechen kann.
Doch leider müssen wir uns immer noch ernähren (wo bleibt bloß die
Erfindung der Ernährungspille, die uns die Kocherei abnimmt??), dazu haben wir beschlossen unser Haus zu renovieren, müssen einkaufen und die Hunde und Katzen brauchen ebenfalls Zuwendung.....
In der Küche angekommen, steht er am Fenster, zwei frisch aufgebrühte Tassen Kaffee in den Händen und lächelt. Ich verschiebe das Abbeißen aufs nächste Mal.
Erwartungen
Die Luft riecht nach Sonnencreme und Meer.
Ich stehe auf der Strandpromenade und schaue erwartungsvoll auf den einladenden hellbraunen Sand. Er fordert mich geradezu auf, meine Sandalen auszuziehen, um seine Wärme an meinen nackten Fußsohlen zu spüren.
Das Rauschen des Meeres dringt an meine Ohren und erfüllt mich mit Zufriedenheit.
Die Brise weht mir kreischende und lachende Kinderstimmen entgegen. Soweit mein Auge blicken kann, sehe ich bunte Sonnenschirme, Strandmuscheln
und Handtücher. Einige Leute werfen mit Frisbees, andere cremen sich ein.
Monatelanges Umblättern der Kalenderseiten, ist diesem Moment vorausgegangen :
Sommerferien.
Die Zeit, auf die wir alle so sehnlichst gewartet haben.
Rückblicke
Ach herrje, du grüne Neune,
Was hatte ich für große Träume,
Segeln wollt ich, um die Meere.
Ach, wenn ich doch nur schon erwachsen wäre!
Das war es, was ich damals wollte.
Endlich erwachsen sein!
Dabei hatte ich eine tolle Kindheit, zumindest aus der Distanz der Jahre betrachtet.
Im Gegensatz zu allen meinen Freunden, hatte ich ein dermaßen ungeregeltes und
dadurch freies Leben, dass man es heutzutage schon fast als elterliche Aufsichtspflichtverletzung bezeichnen würde.
Das hatte natürlich Gründe, auf die ich aber hier jetzt nicht eingehen möchte.
Doch wenn ich jetzt,
abgeklärt wie ich nun bin, in meine kindliche Vergangenheit blicke, dann sehe ich ein fortwährendes auf Bäume klettern, Kirschen und Äpfel klauen, über Bahnsteige laufen, kurz bevor der Zug durchrauscht. Abenteuerliches Durchstreifen der nah gelegenen Wälder, mit den Jungs im Park Fangen spielen, Klingelstreiche machen. Auch konnte ich
stundenlang mit meinen Puppen alleine im Garten spielen, ohne dauernd gerufen zu werden.
Mit meiner Mama, die Lindenstraße und Tatort gucken. Mit dem Papa, alte Musicals mit Fred Astaire oder Doris Day sehen und last, but not least : Mich durch die zähe Schulzeit quälen.
So manches Mal ertappe ich mich bei meinen nostalgischen Erinnerungen, die alles Vergangene vergolden.
Ich weiß, so toll war es eigentlich gar nicht.
Doch Nostalgie ist nunmal ein diffuses Gefühl, ohne Logik.
Katzenschicksal
Es war dunkel, doch die Straßenlaterne und die Scheinwerfer eines sich nähernden Autos, warfen ihr grelles Licht auf den Asphalt, in dessen Schein das Blut glitzerte, das sich langsam unter dem kleinen geschundenen Körper ausbreitete.
Die schmale Brust der Katze bebte noch unter seinen letzten schweren Atemzügen. Ihr Kopf verdreht, die Augen weit geöffnet, blicklos in den dunklen, sternlosen Himmel starrend.
Mit einem letzten leisen Seufzer entwich das Leben, eine leere Hülle zurücklassend.
Und Stille.
Gebrauchsanweisung
Hallo Hase, ich habe die Frauengrippe und damit geh ich heute mal lieber nicht in die Küche.
Solltest du also zu den gewohnten Zeiten Hungergefühle verspüren, brauchst du nur folgenden Anweisungen zu folgen :
Zunächst betrete die Küche.
Gehe zum Kühlschrank und entnehme ihm die Zutaten für die Zubereitung der gewünschten Speise.
Die Teller befinden sich, wie bereits seit ca 10 Jahren, im oberen Schrank, auf der linken Seite.
Das Besteck findest du in der obersten
Schublade, oder in der Spülmaschine, falls die bis gestern Abend niemand ausgeräumt haben sollte.
Der Herd ist relativ einfach zu bedienen, die Pfannen und Töpfe findest du im unteren Schrank, rechts.
Die Butter steht schon auf dem Tisch.
Es könnte sein, dass sämtliche Tiere des Hauses, dir bei der Zubereitung deines Mahles zugucken. Sie sind soweit ungefährlich, solange du ihnen hin und wieder ein Häppchen zuwirfst .
Den Schinken solltest du unter keinen Umständen auf dem Tisch liegen lassen, denn das könnte unschöne Szenen nach sich ziehen.
Der Müll müsste vielleicht noch
hinuntergebracht werden.
Der Kaffee für die Kaffeemaschine, steht auf dem Regal, die Filter gleich daneben. Vergiss nicht Wasser in das Depot zu füllen, sonst macht das Gerät zwar komische Geräusche, aber keinen Kaffee.
Ich könnte übrigens auch einen brauchen! Die Tassen stehen, auch schon seit ca 10 Jahren, im oberen Schrank, rechts vorne.
Guten Appetit!