Romane & Erzählungen
Das reine Land

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"Das reine Land"
Veröffentlicht am 05. Februar 2009, 10 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Über den Autor:

ich heiße euch hiermit willkommen! schaut euch gerne um!
Das reine Land

Das reine Land

Beschreibung

Inspiriert von einer Geschichte aus Peter Stamms "Blitzeis": Zit.(S.103): "...nach der Lehre Shinrans reiche es, den Namen Amida Buddhas auszusprechen, um ins reine Land zu gelangen." "...Glaubst du, dass es das gibt, ein reines Land?" Sie zuckte mit den Achseln. "Es würde das Leben leichter machen, wenn man daran glauben könnte...Hoffnungsvoller!"

Das reine Land

Isabella schob die langen Vorhänge beiseite und öffnete das Fenster. Die Sonne schien und ein warmer Schwall Licht überflutete ihr Gesicht. Das Pendel der Wohnzimmeruhr tickte. Tief atmete sie ein und streckte den Kopf aus dem Fenster. Die Luft durchströmte sie. Der Mann mit dem Hotdog-Wagen stand an der Ecke und auch, wenn es so früh war, hatte er schon Einiges zu tun. Beim Ausatmen lehnte sie sich ein Stück aus dem Fenster und streckte die Arme weit aus. „Guten Morgen New York City. Guten Morgen all ihr Tauben! Guten Morgen, all ihr Sirenen! Guten Morgen ihr hupende Monster!“, schrie sie.

In der Küche war es leise. Nur das Wohnzimmer ging zur Straße hinaus und war damit stetig vom New Yorker Lärm durchdrungen. Sie drückte auf den eckigen Kopf der Kaffeemaschine.

Dass die Nachbarin wieder da war, wusste Isabella bereits. Fast zwei Monate lang hatte sie keine nächtlichen Streitereien mehr gehört. Zwei Monate in denen sie besser schlafen konnte. Heute Morgen war sie hingegen von einem dumpfen Klopfen geweckt worden. Es war das so vertraute, zweiminütige, rhythmische Anschlagen gewisser Möbelstücke. Drei Mal hatte es eingesetzt. Das zweite Mal kam das Geräusch aus der linken Ecke des Nachbarschlafzimmers, dort, wo die Kommode stand. Nicht lange, dann war es wieder ruhig gewesen und sie hatte weiterschlafen können.
 
Das Wasser kochte und zischte durch den Schlauch der Kaffeemaschine. Isa roch sofort den Geruch des frischen Kaffees, der nun durch die ganze Wohnung strömte. Sie liebte diesen Duft; genauso wie den des Shampoos ihrer Schwester. Als sie dabei war langsam den Kaffee in eine große Tasse zu schütten, brummte die tiefe Klingel. Isabella unterbrach das Eingießen und ging durch den schmalen Flur zur Haustür. Die Wohnzimmeruhr schlug zur vollen Stunde. An der Tür tastete sie nach dem Schlüssel des großen Sicherheitsriegels, drehte ihn, worauf der metallene Balken mit einem leisen, zischenenden Geräusch nach links einrastete. Mit der rechten Hand schob sie die Kette in die Schiene und öffnete daraufhin die Tür.

„Hallo Isabella. Ich bin es, Rosa. Ich wollt dir nur Bescheid...“, Isabella lehnte die Tür wieder an, um die Kette lösen zu können und öffnete diese dann. „... geben, dass ich wieder da bin. Ich war in Chicago, um meine Mutter zu pflegen. Sie hatte einen Herzinfarkt.“

Isa trat mit einer einladenden Geste beiseite. „Komm doch rein! Geht es denn deiner Mutter besser?“ Isabella wusste von der Affäre ihrer Nachbarin.
„Nein“, antwortete Rosa. „Ich bin verabredet. Wenn du willst, bring ich dir aber wieder die Post von Unten mit. Du musst mir nur die Schlüssel für den Briefkasten geben!“
Isa blickte starr in den Flur. „Danke. Das ist nett, aber nicht nötig. Meine Schwester kommt sowieso jeden Tag rauf und bringt mir dann auch meine Post mit.“

Kaum stand Isabella wieder in der Küche, klingelte es erneut. Diesmal war es ihre Schwester. Sie öffnete die Tür und nahm im nächsten Augenblick den Geruch ihres sinnliches Shampoos wahr, das sich mit jedem ihrer Schritte wie ein sanfter Schleier in allen Räumen ausbreitete. Sie gingen in die Küche. „Warte! Ich helf dir“, sagte Maria während sie nach der Kaffeekanne griff.
„Ich kann das ganz gut allein!“, fauchte Isabella und zog die Kanne zu sich, als sie Marias Hände spürte. Maria wich zurück, knippste das Licht an und setzte sich dann auf einen der 3 Stühle. Erst jetzt zog sie den Reißverschluss ihrer Jacke nach unten und streifte sie ab.  „Ich hab dir deine Post mitgebracht. Soll ich sie dir vorlesen?“
Isa stellte beide Tassen auf den Tisch und setzte sich zu ihrer Schwester. Eine Weile schwiegen sie. „Ich habe den Zucker vergessen“, unterbrach Isa die Stille.
„Nein, der steht hier. Ich mach dir welchen in die Tasse. Wieviel Zucker trinkst du im Kaffee?“, fragte Maria.
„Behandele mich nicht wie ein kleines Kind. Ich bin schließlich alt genug...und nein...du brauchst mir meine Post nicht vor zu lesen“, antwortete Isa.
„Du hast ja Recht. Entschuldige. Du weißt ich meine es nicht böse. Hast du schon gehört, dass Rosa zurück ist? Ihr Lover aus Chicago soll sie abserviert haben und so ist sie ins heimische Nest zurückgekehrt. Pedro kann einem schon fast Leid tun. Er hat was Besseres verdient“ Hastig tippte sie mit den Fingernägeln auf die Plastikoberfläche des Küchentisches. Die Wohnzimmeruhr läutete 16 Uhr ein.
„Ja. Sie war kurz vor dir hier und hat gefragt, ob sie mir mit der Post wieder behilflich sein könne. Sie sei angeblich bei ihrer kranken Mutter gewesen. Bemerkbar gemacht hat sie sich aber schon fünf Stunden zuvor, als sie mit Pedro das Wiedersehen zelebrierte.“ Maria grinste.

Nach einigen weiteren Tassen Kaffee verabschiedete sich Maria und ging wieder runter in ihre Wohnung. Sie lebte im selben Haus, 4 Stockwerke unter Isabella und war so immer in der Nähe. Sie war es, die für Isa sorgte: Sie machte ihre Einkäufe, regelte den Papierkram, besorgte ihr den Job als Telefonistin und war ihr Kontakt zur Außenwelt: Lange war Isabella nicht mehr auf der Straße gewesen. Sie hasste New York, kannte aber auch nichts Anderes.

Es war 20.30 Uhr, als Isabella aus der Dusche stieg, sich abtrocknete und das große Handtuch um ihren Körper wickelte. Barfüßig lief sie durch den Flur ins Wohnzimmer. Der Wohnzimmerteppich war vor zwei Wochen erst verlegt worden und war, im Gegensatz zu dem im Flur, noch ganz weich und flauschig. Von Draußen hörte Isa einen Straßenmusikanten, der ein, ihr unbekanntes Lied auf seiner Violine spielte. Sie ging zu der alten Kommode, die ihre Mutter ihr hinterlassen hatte und schaltete die kleine Leuchte ein, die sich darauf befand. Isa lauschte dem Lied des Musikanten und fing an über den flauschigen Teppich zu gleiten. Sie drehte sich langsam, streckte die Arme aus und fing an, sich tanzend durch den Raum zu bewegen. Dem Rhythmus der Violine folgend, drehte sie sich immer schneller und schneller, riss dabei die Augen auf und stellte sich vor, sie würde fliegen, ihre Flügel ausbreiten und dem Leben entfliehen, fliegen ins reine Land und frei sein. Plötzlich spürte sie ein Tischbein, stolperte und fiel zu Boden. Nur im Handtuch lag sie da. Mit den Fingerspitzen strich sie über den Teppich und begann zu weinen.
Mit Tränen in den Augen blickte sie nach oben und schrie: "Amida Buddha!".
 
 
 
Der Teppich war weich. Der Straßenmusikant spielte ein anderes Lied. Die Sirenen heulten. Die Nachbarin schrie ihren Mann an. Es roch nach Hotdog.


-Cai-
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Cai
ich heiße euch hiermit willkommen! schaut euch gerne um!

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Cai Re: Wunderbar... -
Zitat: (Original von MagicMarlene am 11.08.2009 - 14:30 Uhr) Eine mysteriöse und interessante Geschichte. Sehr gute Beschreibungen und endlich mal jemand mit wenigen bis gar keinen Rechtschreibfehlern. xD
...dankt!
war ursprünglich ne story für nen seminar in der uni...gab auch ne 1,0 :DD
Vor langer Zeit - Antworten
MagicMarlene Wunderbar... - Eine mysteriöse und interessante Geschichte. Sehr gute Beschreibungen und endlich mal jemand mit wenigen bis gar keinen Rechtschreibfehlern. xD

Das Titelblatt lockte mich an. Ich finde dieses Bild so schön. :)

Gruß
~ Malli XXX
Vor langer Zeit - Antworten
Switzly Schöne Geschichte - Das Leben kann so hart sein... Schön dargestellt, wie sie hört statt sieht. Hat mir gut gefallen.

Greez
Switzly
Vor langer Zeit - Antworten
Cai Re: Das reine Land... -
Zitat: (Original von ParadiseKiss am 05.02.2009 - 21:03 Uhr) Ist Isabella blind? Kam mir zumindest so vor. Hat mir sehr gut gefallen, der Schreibstil war sehr ansprechend und man wusste eigentlich nichts genaueres über Isabella, sodass man sich eigene Gedanken machen musste.

Lydi.

ja, sie ist blind!
ich hab in der endversion den letzten satz gestrichen. der hätte auch nochmal verdeutlicht, dass sie blind ist. so muss man eben auf die hinweise achten!
danke fürn kommentar!
gruzzzzz cai
Vor langer Zeit - Antworten
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