..Sie saß im Schlamm. Um sie herum alte, kahle Bäume, die sie nicht vor dem strömenden Regen beschützten. Vor und hinter ihr der steinige Waldweg, der ohne
Anfang und Ende war. Er erinnerte sie an ihr Leben. Ihre Füße fühlten sich kalt an und trugen sie keinen Schritt mehr weiter. Der Regen schmeckte salzig oder waren es ihre Tränen, die unkontrolliert flossen.
Die verzweifelten Worte, die aus ihrem Mund kamen, waren zu lange unausgesprochen geblieben. Doch egal wie sehr sie schrie, Keiner war
übrig geblieben der ihre Stimme im
Wind suchte. Warum war niemand da der sie rettete.
Warum interessierten sich die
Menschen nicht mehr für ihr Leiden. Gott sollte sie endlich sterben lassen.
Immer wieder erklang das Wort Mutter. Doch für diese war sie schon lange abgeschrieben. Eigentlich war ihre Mutter auch nie wirklich fähig gewesen sie gross zu
lieben. Zu ähnlich waren sich die Beiden.
Die Nässe durchdrang ihre Kleider und machte die eisigen
Temparaturen noch kälter.
Obwohl, zum Glück war es ein milder November Anfang, denn eine Winterjacke gehörte nicht zu ihrer Kleider Ausstattung.
Der kleine, rote Koffer der sie bei sich trug, enthielt die wenigen persönlichen Dinge die
sie noch besaß. Für nichts in der Welt würde sie ihn tauschen. Da er die Erinnerung der
sorglosen Zeit von früher verwahrte. Für Andere wäre es nur ein Haufen Müll gewesen,
aber sie verband Alles in dem Koffer mit einer persönliche
Geschichte. Selbst der Koffer,
bei dem der Reissverschluss klemmte, löste bei ihr das Gefühl der Sicherheit aus. Mit jedem Teil, dass sie auf ihrem langen Weg, verloren hatte, war ein Stück ihrer Seele zurück geblieben.
Wie konnte sie so dumm sein und denken Konsumgüter seien wichtig für das Wohlbefinden. Wie konnte sie jemals gedacht haben, Kokain sei eine Verbesserung von
Lebensqualität. Wann hatte sie angefangen, alle Verantwortung vonsich zu schieben und Alles mit ihrer traumatischen Vergangenheit zu rechtfertigen.
Ihre einzige Erwartung an ein zufrieden es Dasein waren eine beheizte Unterkunft, eine Dusche, regelmäßige Mahlzeiten und eine Zukunftsperspektive. Sie ertrug den Schmerz in ihrer Brust nicht mehr, ein unmenschlicher Schrei verließ ihren Körper.
Die Menschen hatten sie aufgegeben. Sie hatte es zu weit getrieben. Der Ernst der Lage
hatte sie einfach nicht beachtet! An ihr zogen die Erinnerungen vorbei. In der Verzweiflung sah sie, dass sie selber sich in diese Situation
gebracht hatte. Ihre Wohnung, ihre Arbeit und später auch ihren Therapie Platz hatte sie rücksichtslos aufs Spiel gesetzt. Das Spiel verlor sie und wie sie jetzt erkannte, war der Einsatz ihr Leben gewesen.
Entschieden stand sie auf. Ihr war bewusst geworden, dass die Person die um sie kämpfen musste, sie selber war. Es war Zeit Verantwortung zu übernehmen. Zeit für sich einzustehen. Mit jedem schmerzenden Schritt spürte sie, dass noch Blut durch ihre Adern strömte und ihr Herz einfach nicht
zum Aufgeben bereit war.
Mit letzter Kraft erreichte sie die Beratungsstelle.
Zum ersten Mal erzählte sie ihre Probleme, ohne dabei nur Andere verantwortlich für ihr Schicksal zu machen. Sie bat um Hilfe, ohne diese (wie oft zuvor) als selbstverständlich anzusehen.
Als sie am Abend in der Krisen Station, in der man sie untergebracht hatte, in den
Spiegel sah, entdeckte sie unter all den Kratzern der letzten Tage eine Frau, die sie respektierte und mit
der sie nun ein langes, gesundes, ehrliches Leben verbringen wollte.
Ihr seid in meinem Herzen!
Ich weiss, dass nicht jeder der in diese Situation gelangt, nochmal von vorne beginnen kann. Leider gibt es immer noch zu wenig Stellen, die Menschen am Tiefpunkt ihres Leben auffangen können. Dazu kommt, dass die wenigen Stellen die es gibt, total überfüllt sind.