Romane & Erzählungen
Das Brot von Daniels #7

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"Das Brot von Daniels #7"
Veröffentlicht am 06. Februar 2019, 14 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Das Brot von Daniels #7

Das Brot von Daniels #7

Bobby hatte keine Lust darauf, seinen Eltern an diesem Morgen zu begegnen. Sie hatten ihn zum Glück auch nicht geweckt, obwohl es mittlerweile schon elf Uhr war. Langsam bekam er Angst vor seinen Eltern. Ob sie so wie Daniels wurden?. Es fröstelte ihn, obwohl es heiß war. Bitte nicht, bitte lass das nicht passieren. Er wusste nicht genau, an wen er diese Worte gerichtet hatte - an Gott glaubte er eigentlich nicht. Jedenfalls nicht an einen Gott, wie er in den meisten Religionen dargestellt wurde. Seine Eltern waren nie besonders gläubig gewesen und er hatte sich auch nie von sich aus dafür begeistert. Trotzdem dachte er: Bitte mach, dass alles wieder gut wird; mach, dass meine Eltern wieder normal werden. Diese Sätze waren in seine Gedanken gelangt und wollten nicht mehr gehen. Er stand auf. Der Himmel vor dem Fenster war wolkenlos und die Sonne stand schon hoch.

Hastig zog Bobby sich an. Er wollte nicht im Haus bei seinen Eltern bleiben. Irgendwie würde er sich vielleicht unbemerkt raus schleichen können. Er ging zur Zimmertür und lauschte. Nichts war zu hören - nicht einmal das Geräusch des Staubsaugers oder der Waschmaschine. Komisch, normalerweise putzte und wusch seine Mutter am Samstagvormittag. Der Fernseher war auch nicht zu hören. Leise öffnete Bobby die Tür und ging in den Flur. Auch hier war nichts zu hören. Er runzelte die Stirn und ging behutsam die Treppe hinunter. Die Haustür lag in der Nähe vom Fuß der Treppe. Er würde unbemerkt das Haus verlassen können, da war er sich nun sicher. Als er unten ankam, blieb er kurz stehen und lauschte nochmals. Die Stille war wirklich ungewöhnlich und es gefiel ihm nicht. Zögernd ging er zur Wohnzimmertür, die offen stand und spähte vorsichtig hinein. Niemand war zu sehen. Und auch in der Küche war niemand. Bobby zuckte

mit den Schultern. Dann waren seine Eltern eben irgendwohin gegangen, das war ja eigentlich nichts außergewöhnliches. Und doch ... es gefiel ihm einfach nicht. Irgendetwas stimmte nicht. Als er aus dem Haus trat, verschwand das Gefühl nich. Fallmount wirkte ruhiger, als sonst. Nicht, dass hier für Gewöhnlich viel los wäre, aber die Atmosphäre war anders. Bobby sah weniger Leute auf der Straße und in den Gärten, als er erwartet hatte. Nur vereinzelt waren Menschen unterwegs und sie schienen ebenso verwundert zu sein wie er selbst. Kein Rasenmäher war zu hören, kein Auto hupte. Es schien, als wären die meisten Einwohner verreist. Oliver hatte einen verwirrten Gesichtsausdruck, als er die Tür öffnete. "Was ist los?", sagte Bobby. Aber eigentlich wusste er es schon. "Als ich aufgewacht bin, waren meine Eltern

nicht da." Bobby runzelte die Stirn. "Normalerweise weckt mich Mum immer um acht. Aber heute nicht." "Bei mir war es auch so." Oliver zog die Brauen hoch. "Echt? Total komisch, man." "Schon." "Komm rein", sagte Oliver, "ich hab ja quasi sturmfrei." Er schien nicht begeistert davon zu sein. Bobby setzte sich auf das Sofa im Wohnzimmer. Es wirkte alt und abgesessen. Oliver blieb stehen. "Wo können die denn sein?", sagte er. Bobby zuckte mit den Schultern. "Weiß nicht. Vielleicht bei Daniels." Mit einer Hand schlug sich Oliver gegen die Stirn. Ein nasses Klatschen. "Ist ja eigentlich logisch." Bobby grinste müde. "Deswegen sag ich's ja."

Bills Eltern waren nicht verschwunden. Bobby und Oliver waren bei ihm vorbeigekommen, da sein Haus auf dem Weg lag und sie es eine gute Idee fanden, ihn von Allem zu berichten, was in letzter Zeit passiert war. Auch wenn es für ihn unglaubwürdig klingen musste. Und Bill runzelte die Stirn. "Ihr meint das wirklich ernst, oder?" Bobby und Oliver nickten und Bill schaute von einem zum anderen. "Schwer zu glauben. Das klingt ja wie in einem der Filme, die immer im Kino laufen.". "Ist aber wahr. Kannst dir Daniels ja selbst nachts angucken", sagte Bobby. Bill überlegte kurz; dann schüttelte er den Kopf. "Ist okay, ich denke, ich glaube euch." "Hast wohl Schiss", sagte Oliver mit einem Grinsen. "Und wenn's so

wäre?" Oliver zuckte mit den Schultern. "Hatte ehrlich gesagt auch Schiss, als wir nachts da waren." "Vielleicht sollte ich meinem Vater davon erzählen", sagte Bill. "Mit ihm kann man echt gut reden." Er rieb sich die Nase. "Ich denke, ich erzähl's ihm heute Abend. Mal sehen, was er dazu sagt." Bobby nickte. "Lasst uns zu Daniels gehen", sagte Oliver nach einer Weile. Es schien, als sei die gesamte Stadt in der Einkaufspassage unterwegs. Soviele Menschen auf einem Haufen hatte Bobby hier noch nie gesehen. Es war unmöglich, zu Daniels Laden zu gelangen; die Straße war verstopft. Die Leute standen einfach reglos da und blickten mit leeren Gesichtern in willkürliche Richtungen. Die drei Freunde standen in sicherer Entfernung in der Nähe des Denkmals, das von Büschen

umgeben war. "Was ist hier los?", sagte Bill mit aufgerissenen Augen. Weder Bobby noch Oliver antworteten ihm. Sie starrten mit offenen Mündern auf die Menschenmassen. Bobby vermutete, dass auch seine Eltern hier sein mussten und seine Oma und Olivers Eltern und ... wer war noch alles betroffen, den er kannte? Was war mit seinen Nachbarn, seinen Lehrern und seinen Schulkameraden? War auch Dennis einer von ihnen? Er schauderte. "Was ist hier los?", sagte Bill wieder. Seine Stimme klang fast schrill. "Weiß nicht", sagte Bobby. "Das ist echt unheimlich, man." "Schon." Er zeigte zu den Büschen. "Vielleicht ist es besser, wenn sie uns nicht entdecken. Die wirken echt nicht normal." Bill und Oliver nickten und die drei Freunde versteckten sich hinter einem Busch. Sie

spähten zwischen den Zweigen heraus und warteten. Die Menschen mit den leeren Gesichtern taten nichts. Eine große, inaktive Menschenmasse, die darauf zu warten schien, dass jemand ihr einen Befehl gab und sie aktivierte. Sie wirkten, wie Daniels nachts im Laden, fand Bobby. Und was war mit seinen Eltern? ... Er wollte lieber nicht daran denken. Es war ungemütlich, so lange hinter dem Gebüsch zu verharren. Die Jungen warteten fast eine halbe Stunde, bis ein leises Gemurmel sie aufhorchen ließ. Erst war es kaum zu hören gewesen; ein schwaches Flüstern, das mit den restlichen Umgebungsgeräuschen verschmolzen war. Nach und nach schwoll es an und hob sich langsam ab vom Wind und den Vogelrufen. Die Menschen mit den leeren Gesichtern schienen Etwas zu sagen ... Und die Jungen schwiegen und sahen sich mit fragenden Blicken an. Die Szene wirkte geisterhaft. Bobby musste an eine

Dokumentation denken, die er im Fernsehen gesehen hatte. Sie hatte von einer merkwürdigen Sekte gehandelt, die okkulte Rituale abhielt, bei denen die Mitglieder gemeinsam magische Formeln aufsagten. Das hier wirkte ähnlich, fand Bobby. Und Daniels ist ihr Führer, dachte er und runzelte die Stirn. Körnig und köstlich. Bobby verstand die Worte nun genau. Das war, was die Menschen mit den leeren Gesichtern murmelten: Körnig und köstlich. Das Gemurmel wurde immer lauter. Körnig und köstlich, körnig und köstlich, körnig und köstlich ... "Was ist hier los?", sagte Bill zum dritten Mal. Nun klang er fast panisch. "Im Ernst, man, was ist hier denn los?" Und das idiotische Gemurmel schwoll an zu einem monotonen Getöse. Körnig und köstlich, körnig und köstlich, körnig und köstlich ... "Abenteuerlich", sagte Bills

Vater. Es war Abend und Bobby und Oliver waren bei Bill. Die Menschen mit den leeren Gesichtern hatten noch lange in der Straße gestanden und ihre Parole aufgesagt; irgendwann waren die Jungen gegangen. "Ich weiß, dass es unglaubwürdig klingt", sagte Bill. "Aber du hast doch selbst bemerkt, wie sich die Leute in letzte Zeit seltsam verhalten haben. Das hast du mir ja gesagt." Bills Vater nickte. "Es klingt dennoch abenteuerlich. Und wie soll das Alles denn zusammenhängen, Bill?" Er rieb sich das Kinn. "Nehmen wir mal an, der Konsum des Brots verursacht eine Veränderung des Verhaltens - inwiefern auch immer das möglich wäre -: Was wäre das Motiv? Ich meine, warum sollte jemand das tun?" Bill zuckte mit den Schultern. "Was hätte dieser Daniels davon, dass alle, die sein Brot essen, sich ... so verhalten?" Bills

Vater schüttelte den Kopf. "Ich kann darin keinen Sinn erkennen, Bill." "Vielleicht ist er ein Außerirdischer", sagte Oliver. Sofort bereute er, es gesagt zu haben. Es klang lächerlich. Bills Vater runzelte die Stirn. "Ein Außerirdischer? Nun wird es wirklich abstrus." "Er steht ja die ganze Nacht reglos im Laden", sagte Bobby. "Ein Mensch kann das doch nicht. Man muss ja auch schlafen."' "Und Daniels steht wirklich die ganze Nacht dort?" Bobby nickte. "Glaub ich jedenfalls. Und Harry glaubt das auch." Bills Vater seufzte. "Es klingt wirklich abstrus. Aber ich denke, ich sollte mir das einmal anschauen. Dann sehen wir weiter." Und damit war die Sache beschlossen. Die Menschen mit den leeren Gesichtern standen schweigend im Dämmerlicht. Und Bills Vater musste einsehen, dass die

Jungen Recht gehabt hatten. Hier stimmte etwas nicht. Nie hatte er so Etwas erlebt oder auch nur für möglich gehalten. Er war ein rationaler Mann; jemand, der solchen Geschichten keinen Glauben schenkte - Und doch ... "Erstaunlich", sagte er. Die Jungen standen in einigem Abstand hinter ihm. Und Bill wirkte ängstlich. "Ich kann mir das nicht erklären", sagte Bills Vater. Er fuchtelte mit der Hand vor dem Gesicht einer jungen Frau herum und täuschte einen Schlag an. "Keinerlei Reflexe." Er drehte sich zu den Jungen um. "Das ist meiner Meinung nach nicht möglich. Es sei denn, sie befindet sich in einem Koma. Sie müsste wenigstens zucken." Bobby nickte. "Ich kann mir das wirklich nicht erklären." Bills Vater fand es schwer, das, was er sah mit seinem rationalen Denken zu vereinbaren. Und

doch war es nicht zu verleugnen. Er wollte es sich nicht eingestehen, doch er hatte Angst.

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