WOW!
Leise wehte der Wind über den Golfplatz. Dort ließ sich ein professionelles Spiel aufziehen, denn es war ein 18 Loch Platz, der den Anforderungen der Golf Association entsprach. Privatinvestoren hatten den damaligen neun Loch Golfplatz erweitert und Gelände aufgekauft.
Mike tippte in sein Handy gerade ein, dass er gegenüber einem Par bisher weit zurücklag und ahnte nicht, dass sich genau auf diesem Gelände damals ein riesiges Teleskop befand, the Big Ear. Und Big Ear hätte eine Geschichte erzählen können, die noch heute die Astronomie beschäftigt, wenn es nicht 1998 abgerissen worden wäre.
Man schrieb das Jahr 1977, es war am 15. August, Montagabend.
Jerry Ehmann war froh, denn bald hatte er Schluss. Er arbeitete ehrenamtlich bei der State University of Ohio und fand es spannend bei dem SETI Projekt mitzumachen zu dürfen. Tatsächlich war er schon einmal Carl Sagan, dem charismatischen Verfechter begegnet, der fremdes, intelligentes Leben im All für unausweichlich hielt.
Jedenfalls, Jerry schaute auf die Uhr, wäre bald Ende für heute. Er freute sich auf sein Bett. Morgen war wieder Vorlesung.
Als er in den Keller hinunterstieg, pfiff er vor sich hin. Unten war der Computerraum, der die Signale des Teleskops verarbeitete.
Genauer gesagt waren es ja Töne, Geräusche, welche das Gestell über der Erde aus dem All heraus horchte. Aus diesen Tönen konnte man auf physikalische Eigenschaften schließen. Die Kaffeemaschine hatte er angeschaltet und sie gluckste vor sich hin. Der Computerraum selbst ging ihn nichts an. Das war für die Nerds, die Spielwiese für die Techniker. Er hatte nur die Ausdrucke zu überprüfen. So setzte er sich hin. Der Stuhl war auch nicht der neueste, aber das Kratzen der ausgeleierten Scharniere störte ihn nicht. Für dieses SETI Projekt musste man eben an jeder Stelle sparen, die nicht mit der außerirdischen Beobachtung zu tun hatte. Schließlich flossen unter Anderem vor allem Spendengelder.
„Dann leg mal los“, dachte er und hielt damit Rücksprache mit dem Drucker. Der Maschinenkollege legte sich auch gleich ins Zeug. Endlose Zahlenreihen spuckte er aus und Jerry Ehmann überflog die Zahlen und Buchstaben. Mit der Zeit hatte er sich angeeignet Ungewöhnliches blitzschnell herauszufiltern, so wie Goldgräber auf ein Nugget im Flussbett stürzen.
Der Drucker ratterte und schob ein Abrissblatt nach dem anderen aus seinen Eingeweiden.
„Doch halt! Was war das?“
Sofort erkannte Jerry, dass hier ein verräterisches Geräusch aus dem All gekommen war. Der Ausschlag befand sich bei 1420 MHz und die Buchstaben verrieten ihm die ungewöhnliche Stärke. Eine
dreißigfache Abweichung vom Standardwert! Vor allem aber strahlt bei dieser Wellenlänge Wasserstoff! Jerry stockte der Atem. Und bevor ihm in den endlosen Zahlenreihen dieser Beweis durch die Lappen ging, kreiste er die Auffälligkeit ein und schrieb „Wow!“ daneben.
(Original)
Dann sprang er zum Telefon und alarmierte alles, was Rang und Namen hatte. Zwischen dem Ausschlag um genau 23:16 Uhr und seinem Rundruf waren keine fünf Minuten vergangen.
Wenn man die Erddrehung berücksichtigte befand sich zum Zeitpunkt des Signals das „Ohr“ in Richtung des Sternbildes Schütze, denn „Big Ear“ war ein stationäres Radioteleskop, also nicht beweglich.
Jerry Ehmann löste eine weltweite Aktivität aus. Jedes Radioteleskop auf der Erde richtete die Antennen auf das Sternbild Schütze. Bei Jerry wurde dieses Signal, dieses verräterische Geräusch 72 Sekunden lang empfangen. Die Intensität nahm in dieser
Zeit enorm zu und genauso wieder ab. Das war logisch, denn das Teleskop drehte sich ja mit der Erde weiter.
Trotz aller Bemühungen, dieses Signal konnte niemand mehr auf der Erde registrieren.
Jedenfalls blickten wichtige Augen auf „Wow“. Es gab kaum ein Zweifel. Dieses Signal von Hydrogen ließ sich nicht mit Irgendetwas vergleichen. Und schließlich blieb nur das Undenkbare übrig:
Es war ein Signal außerirdischer Intelligenz.
Und was mussten das für weit entwickelte Wesen sein! Mit Hilfe von Wasserstoff zu kommunizieren! Eigentlich logisch, weil nun Wasserstoff das häufigste chemische Element
im Universum ist, ferner das einfachste im Periodensystem.
Man hatte von einer anderen, hochentwickelten Zivilisation das Geräusch des Lebens gehört.
Das warf natürlich eine Unmenge von Fragen auf. Wer sollte und vor allem, wer sollte nicht informiert werden? Diese Erkenntnis, nämlich mit fremden Leben in Kontakt getreten zu sein, war explosiver, als eine Atombombe.
Erst einmal taub stellen, war die Losung, und tatsächlich hielten sich die Astronomen eine Weile daran.
Irgendwie musste man dieses Geräusch verifizieren, also einen weiteren Beweis erbringen. Sendete eine außerirdische
Intelligenz, müsste man dieses verräterische Geräusch doch erneut auffangen können.
Doch leider tauchte dieses Signal nie wieder auf.
Und allmählich wurde diese Anomalie auch der Außenwelt bekannt und entsprechend reißerisch waren die Aufmachungen, die bereits Handshakes mit Aliens deklarierten.
Nun schreiben wir das Jahr 2019, also 42 Jahre später, und trotz der unglaublichen Fortschritte der Radioastronomie tauchte dieses Signal nie wieder auf, obwohl sich die Muscheln immer wieder auf den Ort richteten, den man rechnerisch ziemlich genau eingrenzen kann. Sogar die maximale Reichweite, aus der das Geräusch gekommen
sein musste, wurde errechnet und man kam auf eine maximale Entfernung von 200 Lichtjahren.
Die Sterne des mutmaßlichen Ursprungsortes sind durchschnittlich 122 Lichtjahre entfernt.
Immer wieder wurde versucht dieses verräterisches Geräusch irgendwie zu erklären ohne auf Raumschiff Enterprise Fiktion zurückgreifen zu müssen.
Es war fast alles dabei, was man sich so zusammenreimen kann.
Vom Pulsar bis zu Reflexionen von Weltraumschrott über verbotenen Funkverkehr auf der Erde und Radioausbrüchen aktiver Sterne bis zu Szintillation von Gas und Staub unglaublicher
Magnetfelder oder Gravitationswellen, war alles geboten.
Das Blöde an der Sache:
Keine Erklärung führte zu so einem Signal.
Der neueste Versuch einer Lösung dieses Phänomens kommt von Prof. Antonio Paris, der meint, dass der Komet 266P/Christensen vor 40 Jahren am Sternbild Schütze vorbeigeflogen sei. Damals kannte man diesen Kometen nämlich noch gar nicht. Sein Wasserstoffschweif wäre die Erklärung. Außer sauertöpfischem Lächeln erreichte er die Astronomie Gilde nicht so ganz. Zu viele Ungereimtheiten!
Die Charakteristika dieses einmaligen Signals
sind so speziell, dass eine uns bekannte Erklärung einfach fehlt. Deswegen gibt es eine Reihe von Astronomen, die eine künstliche Herkunft vermuten.
So glaubt der durchs Fernsehen bekannte Astrophysiker Harald Lesch daran, genauso wie das vor kurzem verstorbene Astronom-Genie Stephen Hawking.
Nicht nur, dass dieser sowieso den Untergang der menschlichen Rasse voraussagte, weil sie sich selbst ruinieren würde, so sieht er die Entdeckung von einer intelligenten Macht kritisch.
Wenn wir von fremder Intelligenz entdeckt würden, wäre das ein viel bedeutenderes Ereignis als die Entdeckung Amerikas durch Christoph Columbus.
Wir wissen ja, wie das für die entdeckten Indianer ausging.