Romane & Erzählungen
Das Brot von Daniels #4

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"Das Brot von Daniels #4"
Veröffentlicht am 22. Januar 2019, 16 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Das Brot von Daniels #4

Das Brot von Daniels #4

Seine Mutter redete nur noch Unsinn, fandBobby. Früher hatte sie zwar auch oft über Dinge gesprochen, die ihn nicht interessiert hatten, doch so schlimm wie jetzt war es nie gewesen. Und früher hatte man sich vernünftig mit ihr unterhalten können - man hatte mit ihr diskutieren können. Das war nun kaum mehr möglich. Sie schien mehr und mehr unzugänglich zu werden, schien in ihre eigene Welt zu versinken. Eine Welt, die sich um das Brot von Daniels drehte. Musste er sich Sorgen um seine Mutter machen? Er wusste es nicht. Und wenn er es recht bedachte, war es nicht nur seine Mutter, um die er sich würde Sorgen machen müssen. Die halbe Stadt verblödet, dachte er. Und was war mit der grässlichen Musik, die seit einer Weile überall aus Lautsprechern plärrte? Bobby konnte sich nicht daran erinnern, dass die Menschen in Fallmount früher solche Musik gehört hatten. Oder dass sie überhaupt ständig laut Musik gehört hatten.

Bobby schüttelte den Kopf und seufzte. Er hatte keine Lust mehr, darüber nachzudenken. Es war zu verwirrend.. Ich kaufe mir ein Comicheft, kam ihm plötzlich in den Sinn. Das wäre eine gute Idee. Er könnte eintauchen in andere Welten, die ihn ablenkten. Er stand auf, ging die Treppe runter und zog sich die Schuhe an. Seine Eltern waren nirgends zu sehen; er wusste nicht, wo sie waren. Aber er hatte noch ein bißchen Geld in seiner Hosentasche. Das würde reichen für ein Comicheft. Bobby stöberte durch die Regale im Zeitschriftenladen. Die meisten Hefte, die ihn interessieren würden, kannte er schon. Und Wonderwoman wollte er nicht. Sein Blick streifte über die bunten Cover - Superman, Batman und Spiderman, Captain America und Iron Man, Hulk und ... The Silver Surfer. Den kannte er noch nicht. 'The Surfer must kill!'

stand auf dem Cover. Er nahm das Heft und blätterte darin. Merkwürdiger Typ, dieser Silver Surfer. Aber eigentlich waren alle Superhelden merkwürdig. Das Heft sah jedenfalls interessant genug aus. Er ging zur Kasse, legte das Heft auf den Tresen und kramte in seiner Hosentasche nach dem Geld. Der Mann hinter dem Tresen hatte die ganze Zeit stumm dagesessen und mürrisch geguckt. Das tat er immer. Er hieß Mister Brightman und wenn man ihn nicht kannte, dann dachte man, er wäre ein ausgesprochen unfreundlicher Mensch. Aber der Schein trügte. Er war nur ein bißchen eigen, fand Bobby. Mr. Brightman nahm kurz das Heft, schaute nach, was es kostete und legte es wieder hin. Bobby legte das abgezählte Geld auf das Heft. Er war schon gespannt auf den Silver Surfer. Mr. Brightman nahm das Geld, schaute flüchtig nach, ob der Betrag stimmte, und nickte. Bobby nahm das Heft. "Auf wiedersehen,

Mr.Brightman", sagte er. Mr.Brightman nickte und murmelte: "Hau rein, Junge." So lief das immer in Brightmans Laden und Bobby hatte sich daran gewöhnt. Eigentlich fand er Mr.Brightman sogar irgendwie sympathisch. Auf seine eigene mürrische und wortkarge Art. Er verließ den Laden. Von irgendwo hörte er wieder Musik. The Final Countdown von Europe. Bobby zuckte mit den Schultern. Er ging die Straße entlang und blätterte in seinem Comicheft. Anscheinend war der Silver Surfer ein Außerirdischer mit kosmischen Kräften. Ob Oliver den schon kannte? Er glaubte es nicht. "Ey", sagte eine Stimme laut. Sie kam von links, von der anderen Straßenseite Bobby blickte auf. Dennis kam gerade auf ihn zu. Was wollte der denn von ihm? Auf den hatte er nun gar keine Lust. Dennis erreichte ihn. "Wast hast du da? Zeig

mal her!" Bobby hielt das Heft von ihm weg. "Wieso?", sagte er. Ärgerlich bemerkte er, dass seine Stimme ängstlich geklungen hatte. "Weil ich's sehen will." Dennis ging näher zu ihm hin. Nun konnte Bobby seinen Atem riechen; er roch nach Zwiebeln. "Gib mal her", sagte Dennis. Das tat Bobby nicht. Er hielt das Heft hinter seinem Rücken. Dennis versuchte, danach zu greifen. "Lass den Scheiß", sagte Bobby. Langsam wurde ihm wirklich mumlmig zumute. "Gib das scheiß Heft her habe ich gesagt." Dennis drückte Bobby an die Wand eines Hauses. Bobbys Hände schlugen schmerzhaft gegen die Steinmauer. Doch er ließ das Heft nicht fallen. "Mach schon", sagte Dennis. "Lass mich." Bobby hasste sich dafür, dass er so schwächlich klang. Dennis hielt sein Gesicht ganz nah vor Bobbys. Der Zwiebelgeruch war unerträglich. "Ich sag's

dir nicht noch einmal." Er hielt Bobby fest. Mühsam versuchte Bobby sich zu befreien, doch Dennis war viel kräftiger als er. Scheiße, dachte Bobby. Warum musste dieses Arschloch einen immer nerven? Dennis drückte Bobby ruckartig gegen die Mauer. "Los!" Auf keinen Fall würde Bobby sein Comicheft hergeben. Warum sollte er? Auch wenn Dennis mehr Muskeln hatte ... Langsam wurde er wütend. Dennis rüttelte an ihm, schubbste ihn erneut gegen die Wand. Seine Hände kratzten immer wieder über die raue Steinoberfläche und es fühlte sich so an, als ob einige Kratzer abbekommen hätte. Vielleicht blutete er auch. Dieser Scheißkerl, dachte er. Was bildet der sich eigentlich ein? "Mach endlich!", schrie Dennis und schlug ihm auf die Brust. Dieser Wichser! Nun war für ihn die Grenze

erreicht, das konnte er sich doch nicht gefallen lassen. Ohne nachzudenken trat er Dennis mit voller Kraft zwischen die Beine und riss sich von ihm los. Dennis heulte auf, fasste sich in den Schritt und stand vorne über gebeugt. Es schien, als könnte sein Gesicht sich nicht entscheiden, ob es wütend oder schmerzverzerrt aussehen wollte. "Du Hurensohn!", stöhnte er mit gequälter Stimme, die ganz anders klang, als seine normale Stimme. Bobby hätte fast gelacht, aber dann wurde ihm klar, dass er sich lieber aus dem Staub machen sollte. Er drehte sich um und rannte los. "Ich schlag dir so die Fresse ein!", rief Dennis ihm nach. Doch er folgte ihm nicht. Dazu war er momentan zum Glück nicht in der Lage. Bobby rannte. Vorbei an Harrys Laden, am Lebensmittelmarkt, vorbei an Daniels. Er rannte so schnell, wie er noch nie gerannt war. Als er ein paar Straßen weiter war, konnte er nicht mehr. Keuchend hielt er an. Sein Heft

hatte er noch, er hatte es nicht verloren. Das war das Wichtigste. Er sah sich seine Hände an: Naja, ein paar Katzer, nichts Schlimmes. Dennis sollte er allerdings in der nächsten Zeit besser aus dem Weg gehen. Er hatte wirklich keine Lust darauf, dass dieser Kerl seine Drohung wahrmachen konnte. Typen wie ihm war alles zuzutrauen, fand Bobby. "Wie sieht die Frau dort denn aus?", sagte Bill. Er saß mit Bobby und Oliver im Park auf einer Bank und aß ein Erdbeer-Eis. An diesem Nachmittag waren viele Menschen unterwegs; sie gingen mit ihren Hunden gassi, sie joggten, sie saßen mit Decken auf der Wiese und machten Picknick, sie gingen spazieren und genossen das sonnige Wetter. Heute war es nicht ganz so heiß, wie die Tage zuvor; es war um die dreißig Grad und es ging ein leichter Wind. Oliver schaute sich um. Sein Shirt klebte an ihm. "Wer?", sagte

er. Bill zeigte in eine Richtung. "Die da drüben." Olivers und Bobbys Blicke folgte seiner Geste. Dort ging eine junge Frau mit pinkfarbenen Leggins, gelb-blau gepunktetem Top und grünem Stirnband. Sie hatte eine Dauerwelle. "Topmodisch", sagte Oliver und grinste. "Sieht aus wie jemand aus einer alten Fernsehserie", sagte Bobby. Manchmal liefen im Fernsehen alte Sitcoms wie 'Eine schrecklich nette Familie', und Bobby hatte sich das schon öfter angeschaut. Bill nickte. "Oder aus einem alten Musikvideo." "Ist vielleicht eine Zeitreisende", warf Oliver ein. Er zupfte an seinem feuchten T-Shirt. Bobby musste lachen. Es war eine seltsame Vorstellung, dass jemand in diesem Aufzug in die Zukunft reiste. "Aber so fällt sie ja sofort auf, mit diesen Klamotten." "Ist ja vielleicht keine geheime Mission", sagte

Bill. "Ja", stimmte Oliver zu. "Sie ist nur im Urlaub hier." Bill nickte ernst. "Genau. Eine Zeit-Touristin." "Und sie bringt dann etwas von Daniels köstlichem Brot aus dem Urlaub mit nach Hause, wenn sie zurückreist", sagte Oliver. Das war zuviel. Bobby prustete los. "Köstliches, körniges Brot aus der Zukunft", setzte Oliver mit ausdrucksloser Miene nach. Bobby bekam sich kaum mehr ein. Es war befreiend, darüber zu lachen - nach all den seltsamen Gerede von diesem blöden Brot, das er gehört hatte, nach dem Erlebnis vor Daniels' Bäckerei ... Auch Oliver musste nun grinsen. Bill hingegen schaute sie nur mit verständnislosem Blick an. Als sich seine beiden Freunde etwas beruhigt hatten, sagte er: "Von was redet ihr?" "Von Daniels Brot", sagte Oliver. "Kennst du nicht Daniels, diesen neuen Bäcker

hier?" Bill zuckte mit den Schultern. "Kann sein, dass ich den Namen mal gehört hab'." "Alle reden ständig von diesem Brot", sagte Bobby. "Deine Eltern nicht?" "Nö." "Da hast du aber Glück", sagte Bobby. Sein Gesichtsausdruck war wieder ernst geworden. "Das nervt echt ziemlich. Immer dasselbe Gelaber." "Körnig, köstlich und günstig", sagte Oliver. "Genau." Bill runzelte die Stirn. Dann schüttelte er den Kopf, so als ob er noch immer nichts verstand. Und das war ja auch so. Sein Eis hatte er inzwischen aufgegessen, nur die Waffel war noch übrig. Er hasste die Waffel.



Harald Goldmann stand kurz nach Ladenschluss in seinem Geschäft und blickte durch die

Glasscheibe in der Tür nach draußen. Es waren nur noch wenige Leute unterwegs. Die meisten Läden machten gerade zu, nur das Café und das griechische Restaurant an der Ecke hatten noch geöffnet. Harry war aufgefallen, dass sich der Ort verändert hatte in den letzten Tagen. Zuerst waren die Veränderungen nur subtil gewesen; kleine Seltsamkeiten, die ihm ein Stirnrunzeln entlockt hatten, ein beiläufig gesprochener Satz eines Kunden, der ungewöhnlich klang; doch diese Merkwürdigkeiten hatten sich gehäuft. Mittlerweile war in dieser Straße jeden Tag laute Musik zu hören (schlechte Musik, wie er fand), und viele Menschen schienen wie Roboter durch die Gegend zu laufen. So kam es ihm jedenfalls vor. Und dieser Neue, dieser Daniels ... Daniels schloss gerade seinen Laden ab, sah Harry. Er ließ die Rolläden runter, löschte das Licht und - Harry wartete. Er wusste, der Laden hatte einen

Hinterausgang, den nur das Personal (wobei Daniels anscheinend der einzige war, der dort arbeitete - wie schaffte er das, bei der Masse an Kunden, die mittlerweile täglich zu ihm strömten?) benutzte, doch auch dieser Ausgang führte über eine Seitengasse zur Straße. Einen anderen Weg gab es nicht. Harry nahm sich einen Stuhl, schob ihn an eine Stelle, von der aus er Daniels Laden sehen konnte und setzte sich hin. Er wusste nicht, worauf er wartete oder was er eigentlich zu sehen hoffte - aber sein Instinkt befahl ihm, die Bäckerei im Auge zu behalten. Nach einer Weile sah er auf die Uhr: Viertel nach acht. Naja, irgendwann wird Daniels rauskommen müssen, er konnte ja nicht in der Bäckerei übernachten. Harry kannte das Gebäude, in dem sich der Laden befand. Zwar war er seit Daniels die Bäckerei übernommen hatte nicht mehr drin gewesen, aber früher, als Walter den Laden noch geführt hatte, war er oft

dagewesen. Er hatte Walter gut gekannt, sie waren vielleicht sogar Freunde gewesen - auf jeden Fall gute Bekannte. Harry wusste, dass neben dem Hauptraum nur zwei kleinere Räume dort existierten; der Raum, in dem gebacken wurde und eine kleine Abstellkammer. Nun, und die Toilette. Noch immer kam Daniels nicht raus. Was machte er bloß so lange? Harry stand auf und ging zur Theke. Er kramte unter dem Ladentisch, fand den Aschenbecher, eine Schachtel Zigaretten und das Feuerzeug. Eigentlich sollte er nicht im Laden rauchen, fand er, da sich auf Dauer der Rauch überall festsetzte - aber heute machte er eine Ausnahme. Er ging zurück zum Stuhl, setzte sich hin und stellte den Aschenbecher auf den Boden. Ich habe Zeit, dachte er und zündete sich eine Zigarette an.

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baesta Nun wird es immer unheimlicher mit diesem ominösen Daniels - hoffentlich kein Alien oder ein Vampir........
Coinsgeschenik ist leider nicht mehr drin, hab´s schon bei Nr. 3 vergebn.

LG Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
Drollibaer Vampir nicht, aber vllt. ein Alien. Weiß es selbst noch nicht genau. :e

Gruß
Vor langer Zeit - Antworten
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