Biografien & Erinnerungen
Sonnentau

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"Sonnentau"
Veröffentlicht am 22. Dezember 2018, 10 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
© Umschlag Bildmaterial: Andyhank
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Der Alltagslyriker Andyhank (sprich: Ändihänk), mit bürgerlichen Namen "Andreas Hanke", zeichnet und schreibt, musiziert und komponiert, bastelt, kreiert, kocht und gärtnert. Humor ist sein liebstes Steckenpferd, was nicht immer bedeutet, dass alles, was hervorgebracht wird, auch lustig sein muss. Lassen wir Leser uns bezaubern von einer Denkweise der Dichtkunst, die nicht allzu oft anzutreffen ist, lassen wir Betrachter uns anstecken von ...
Sonnentau

Sonnentau

Kein Lüftchen regt sich im azurblauen Himmel. Vöglein zwitschern lähmend leise.

Jede Bewegung eine Qual. Wer Wind haben will, muss vorwärts schreiten. Je schneller man sich bewegt, desto mehr Wind von vorne. Das klingt raffiniert, ist es aber nicht! Weil man sich dazu nämlich bewegen muss. Schwitzen ist dabei gar kein Ausdruck.

Man gleitet quasi im eigenen Schweiße wie ein Würstchen im Speckmantel voran.

Also lieber nicht bewegen und auf Wind warten. Wenn die Blätter der entfernt stehenden Bäume, die den Wolkenblaubereich durch ihren größeren Wuchs zu berühren scheinen, in den Kronen beginnen zu rascheln, hofft man inständig, dass etwas vom erquickenden Hauch auch

die unteren Regionen (und damit sind nicht nur besonders hitzeempfindliche Gliedmaßen gemeint) erreicht und man sich darin suhlen kann. Was leider allzu selten passiert. Andy sitzt schwitzend im Schatten hunderter Blätter auf seiner selbstgebauten Bank.

Es mag kapriziös erscheinen, dass sich ausgerechnet zwischen ihn und der gleißenden Sonne die grünen Blätter zu schieben scheinen, doch ist es ein natürlicher Vorgang. Die lose hängenden Dinger hängen nämlich dicht verflochten wie ein Wandteppich an den Gewächsen, die eng stehend hoch hinausragen.


Nebenan rattert die Nähmaschine. Weichfließender Stoff schiebt sich unter die mit flirrendem Auf und Ab zwirnbahnende Nähnadel. Ein Geschenk entsteht! Für Andy. Zum Geburtstag! Ein wärmend weicher Bademantel. Flauschig, wauschig, zum Kuscheln. Für die Zeit der kalten Finger und Füße, wenn in der Küche der Ofen noch nicht wärmt, wenn das Feuer erst im Anfangsstadium des Heizens ist.

Oder um darin mal eben kurz vor die Tür zu treten und zu schauen, ob was im Briefkasten ist. Wobei man auch ohne Hülle nachschauen kann. Aber wenn’s draußen kalt ist, bietet sich etwas Schutz dagegen bestimmt an.

Obwohl der Mantel die Finger und Füße überhaupt nicht bedeckt …

Jedoch bedarf es momentan keiner zusätzlichen Schicht an Kleidung.

Eigentlich an gar keiner, was Andy auch reichlich nutzt. Das darf er auch, er wohnt ja hier. Sagt er immer, falls er gefragt wird.

Doch fragt grad keiner, weil nämlich keiner zugegen ist, der fragen könnte und falls doch, es einfach viel zu heiß ist, um in der flirrenden Atmosphäre den Mund bewegen zu wollen. Schon die Latschen an den seifigen Füßen sind wie eine Dreistigkeit, die widerwillig geduldet werden muss, will man nicht mit gewissen Spitzfindigkeiten des Weges in Konfrontation geraten. Plötzlich schweigt die Nähmaschine! Andy muss probieren! Soll ja alles sitzen!


Ach nööö, denkt Andy träge - und stellt sich in Positur. Dann schiebt sich dieser herrlichweiche Polyestermantel, Kuschelfaktor nonplusultra, über Arme und Schultern und hüllt den Leib harmonisch ein. Hier und da zwicken einige Nadeln, die einige Teile provisorisch zusammenhalten. Doch im Vergleich zu tausenden Ameisen, vom Gefühl her, sind die Bisse der Spitzen noch harmlos. Boah! Der Bademantel schützt zwar nun vor der sengenden Sonne, aber atmungsaktiv? Mitnichten! Die Illusion scheint perfekt, als Andy sich begutachtend, auf den Pflastersteinen der Terrasse barfuß tänzelnd, langsam, wie in einer Mikrowelle stehend, um die eigene Achse dreht.

Drehen soll!

Und tatsächlich in Zeitlupe herumwirbelt.

Der Mantel heizt sich dadurch natürlich noch enormer auf, was bewirkt, dass der am Körper tropfende Schweiß sich, wie Honig glänzend, in einen klebrigen Film verwandelt. So muss sich eine, in der prallen Sonne liegende, eng plastikverhüllte Zuckerstange fühlen, nur dass Andy sich zudem noch drehen muss, im Angesicht von Mühsal und Tiefe, da das kommende Geschenk nicht unbedingt als leichtgewichtig zu bezeichnen ist.

Das Leben ist kein Kinderpunsch! Da steht Andy und meint, zu zerfließen.

Es beginnt auf dem Kopf, und man weiß nicht, ob es Schweiß oder Tränen sind.

Die Wässrigkeiten sammeln sich im Gewand und rinnen nach der Sättigung die Beine herab. Und vereinigen sich unter den Fußsohlen. Würde jemand Andy anstupsen, würde er vermutlich statt stolpern – gleiten. Und dann, als er meint, die Feuerwehr rufen zu müssen, weil es nicht mehr auszuhalten ist vor brüllender Hitzigkeit, auch wenn der Bademantel sicherlich kuschelweich und wunderbar werden wird, aber bitte nicht im Sommer, nicht in der brennend gelben Herrlichkeit aushaltend, wie zartschmelzende Butter in der Verpackung auf dem Herd verhüllend harren zu müssen, im Schweiße seiner Selbst – darf er sich entblättern … Himmlisch …!

Wie wenn frischgekochte Frühstückseier abgeschreckt werden, küsst ihn, was vorher schwül und unerträglich schien, in einer frischen Klarheit sommerlichen Genusses, in einer wehenden Brise reiner Läuterung, die die schmierigen Augen erstrahlen lässt. Die Nähmaschine beginnt wieder zu rattern. Ahhh … Seelisch streckt sich Andy und genießt den Augenblick, während die flimmernde Brütigkeit der Hitzewellen gierig die Feuchtigkeit von seinem Körper zu schlürfen scheint. Übrig bleiben nur ein paar anhängliche Schweißtropfen in Andys Augenbrauen. Klebrig lauernd wie Sonnentau ...

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Hörbuch

Über den Autor

Andyhank
Der Alltagslyriker Andyhank (sprich: Ändihänk), mit bürgerlichen Namen "Andreas Hanke", zeichnet und schreibt, musiziert und komponiert, bastelt, kreiert, kocht und gärtnert.

Humor ist sein liebstes Steckenpferd, was nicht immer bedeutet, dass alles, was hervorgebracht wird, auch lustig sein muss.
Lassen wir Leser uns bezaubern von einer Denkweise der Dichtkunst, die nicht allzu oft anzutreffen ist, lassen wir Betrachter uns anstecken von der Phantasie und Kreativität, von den unendlichen Weiten, aus den unerschöpflichen Vorräten der Andyhankologie.
Weitere Informationen gibt es auf: www.andyhank.de und auf Instagram @knahydna

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Bleistift 
"Sonnentau..." grinst*
Ich kenne natürlich den Platz, wo Andy's selbstgebaute Bank steht,
und mit der ratternden Nähmaschine die Vögel aus seinem Garten verscheucht... ...grinst*
Witzige Geschichte, die nochzumal in der dritten Person über sich
selbst geschrieben ist. Und in der Tat, ein toll eingefügtes Bild.
Echt super, diese graphische Darstellung auf der neunten Seite... ...grinst*
Gratuliere zum ersten Platz... ;)
LG
Louis :-)
Vor langer Zeit - Antworten
Andyhank Danke, danke! Da du dich ja auskennst, weißt du auch, wovon ich rede. Zumal es an dem Tag, wo du zu Besuch warst, auch ziemlich heiß war. Grins.
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Die Beschreibung eines hitzigen Sommertages, der noch dazu ein Bademantelgeschenk für Andys Geburtstag beinhaltet, ist mit flüssiger Feder geschrieben und man fragt sich, ob nun Andys nicht vorhandener Kopfschmuck von Vorteil oder zum Nachteil gereicht.
Die ungewöhnlichen, gelungenen Vergleiche machen Spaß und apropos "Dinger": Ich habe von Botanik keine Ahnung, ich stelle mir einfach eine Salix babylonica vor und gut ist's.
Eigentlich ist es natürlich keine Story in dem Sinn, praktisch eine Fingerübung, wie man flirrende Hitze mit einem Geburtstagsgeschenk verbindet. Wie immer von Andy: ungewöhnlich, gut, ein sehr passender und gelungener Beitrag.
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
Andyhank Holla die Waldfee, das geht ja runter wie Öl. :)
Vor langer Zeit - Antworten
Ombladje Zitat (man gleitet quasi im eigenen Schweiße wie ein Würstchen im Speckmantel voran).
Gefällt mir gut. Finde den vergleich kreativ und die Übertreibung verdeutlicht deine Aussage auch gut.

Das du Klammern benutzt, sagt mir jetzt nicht so sehr zu. Finde einen fließenden Text besser, ohne das eine Zwischenbemerkung fällt.

Zitat (Die lose hängenden Dinger hängen nämlich dicht verflochten wie ein Wandteppich an den Gewächsen, die eng stehend hoch hinausragen)
Da habe ich mich gefragt, welche Dinger? Und schöner wäre es gewesen, hättest du das Wort „hängen“ nicht doppelt verwendet.

Die Wörterfolge Flauschig, wauschig wäre in einem reimenden Gedicht akzeptabel, aber für mich hier in diesem Fall eher eine Wiederholung. Flauschig und wauschig ist doch das selbe oder nicht?

Mir gefallen einige deiner Adjektive, wie z.B. harmonisch oder seifig, die ein deutliches Bild hervorbringen. Sowie Honig glänzend oder klebriger Film sind ebenfalls gute Begriffe, die du da gut umgesetzt hast.

Im allgemeinen fande ich, dass die Geschichte nicht wirklich höhen oder Spannungen hatte. Es gab viel Beschreibung darüber, wie eine Person gerade richtig am schwitzen ist, was nicht gerade anturnt... aber trotzdem, hier und da hast du gute vergleiche gehabt :--)
Vor langer Zeit - Antworten
Andyhank Jepp, mit dem 'hängenden' hat schon Lindenblatt erwähnt. Mir kam es in dieser Geschichte drauf an zu übertreiben. Ausserdem soll einem beim Lesen so richtig schwitzig werden. Lies mal laut vor, da bekommst du echt Schweiß in die Augen, grins. Danke für dein ausführliches Feedback!
Vor langer Zeit - Antworten
Lindenblatt 
Eine Geschichte, die den heißen Sommer und das Geburtstagsgeschenk "Bademantel" sehr originell zum vorgegebenem Thema beschreibt.
Nur auf der Seite 2 störte mich das ziemlich gleiche Wort: "...hängenden Dinger hängen nämlich...". Aber sonst ist Deine "Biografie" schön geschrieben und lesenswert.
Viel Glück!
Lieben Gruß
Linde
Vor langer Zeit - Antworten
Lindenblatt 
Eine Geschichte, die den heißen Sommer und das Geburtstagsgeschenk "Bademantel" sehr originell zum vorgegebenem Thema beschreibt.
Nur auf der Seite 2 störte mich das ziemlich gleiche Wort: "...hängenden Dinger hängen nämlich...". Aber sonst ist Deine "Biografie" schön geschrieben und lesenswert.
Viel Glück!
Lieben Gruß
Linde
Vor langer Zeit - Antworten
Andyhank Stimmt, da hätte ich 'baumelnden' statt 'hängenden' schreiben können. Mir isses nicht aufgefallen, weder beim Lesen noch beim laut Vortragen. Vielleicht ändere ich das ja noch. Vielen lieben Dank jedenfalls, dass du dich so innig damit beschäftigt hast. Ich hoffe, du bist so richtig ins Schwitzen gekommen. :D
Vor langer Zeit - Antworten
schnief Eine herrliche Erzählung, die mir gut gefiel.
Liebe Grüße Manuela
Vor langer Zeit - Antworten
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