Maoui Syrias war baff. Während sich L’Yrrahy mit glänzenden Augen von ihrer Seite löste und die Treppenstufen vor ihnen hinunter stürmte, blieb die Frau stehen und sah sich staunend um. Die Halle des Besucherfoyers war gigantisch. Nach Souldestroyers Hinweis hatten sie den Gebäudekomplex D schließlich neben dem offiziellen Raumhafen der Knights gefunden. Zu ihrer Überraschung ragte er teilweise bis in den Dschungel hinein, war aber hauptsächlich unterirdisch gebaut, so dass die ganze
Anlage von außen eher unauffällig wirkte. Doch als sie die imposante Rampe hinunter gekommen waren, hatte Maoui verblüfft feststellen müssen, dass die Halle hier unten sogar größer als die berüchtigte Hauptarena von Hish war, in der unter anderem Duelle mit Schwebepanzern ausgetragen wurden. Und die war schon riesig. Sie sah zur Decke. Der ganze Bau hatte die Form eines Ovals mit einer imposanten Kuppel in der Mitte, die mindestens 50 Meter hoch sein musste - denn genau im Zentrum der Halle stand als faszinierender Blickfang eine echte Mounts-Lanze in senkrechter
Landeposition. Und diese legendären Mehrzweckshuttles der Knights waren knapp 45 Meter lang. Oder in diesem Fall hoch. Bei ihrem Anblick seufzte sie sehnsüchtig. Irgendwann… irgendwann würde sie einmal eine Lanze fliegen dürfen… Rasch wandte sie sich ab und ging hinunter. Sehr wahrscheinlich war der ganze Komplex ursprünglich eine getarnte Werft für überschwere Schlachtschiffe gewesen. Aber inzwischen hatte man das Gebäude bis auf die Grundverschalung abgetragen und die Kuppel mit lichtdurchlässigen
Paneelen versehen, die das Licht von Aides - Styx’s Zentralgestirn - fast ungefiltert durchließen. So wurde hier unten ein beeindruckendes Gefühl von Weitläufigkeit und einer gewissen Erhabenheit erzeugt. Wohl deswegen wirkte das Besucherfoyer der Knights of Fate insgesamt mehr wie ein Museum oder eine Mahn- und Gedenkstätte als wie ein Verwaltungsgebäude, in dem sowohl Rekruten wie auch reisende Neuankömmlinge nützliche Auskünfte erhalten sollten. Die ganze Halle strahlte praktisch eine einschüchternde Gigantomanie aus - und passte damit perfekt in das Bild, das Maoui von den
Knights hatte. Und dass sie sie an eine Gedenkstätte erinnerte, kam nicht von ungefähr… Neugierig ließ die Frau ihren Blick von einer Gedenktafel zur anderen wandern, mit denen der nördlichen Wand entlang die verstorbenen Veteranen und Helden des USFODs geehrt wurden. Vor jeder dieser auf knapp 30 Metern Höhe befestigten, mannshohen Tafeln hing ein mehrere Meter großes holografisches Portrait im Raum, das den jeweiligen Betreffenden in Uniform zeigte. In regelmäßigen Abständen wechselte dieses Standbild dann zu einer faszinierenden Animation, in der man in kurzen, lautlosen Sequenzen den Knight
in Action erleben durfte, wie er mit seinem Mount Geschichte schrieb. Zusätzlich strahlten unter den bronzenen Gedenktafeln die gesammelten Orden und Medaillen der einzelnen Helden. Maoui zeigte sich sichtlich eingeschüchtert… Selten hatte sie so viel Lametta auf einem Haufen gesehen. Aber das Beeindruckendste an dieser Heldengalerie stellten wohl die lebensgroßen Replikate der echten Mounts jedes einzelnen Knights dar, die über den Gedenktafeln in einer Nische eingelassen und wohl mit einem Energieschild versiegelt waren. Sie sahen verdammt echt
aus. Aber es musste sich wohl um Replikas handeln, denn es hieß ja, dass ein Knight stets mit seinem Mount begraben wurde… Nachdenklich sah sie sich um. Ob das wohl stimmte? Ein wenig verwundert erwischte sich Maoui Syrias dabei, erstmals etwas zu hinterfragten, das für sie bisher untrennbar zum Mythos der Knights gehört hatte. Gedankenverloren kratzte sie sich an der Schläfe. Wie auch immer - so in etwa stellte sie sich den großen, legendären Thronsaal auf Avalon vor, mit all den prächtigen
Rüstungen, die die Wände säumen sollten. Sie seufzte beeindruckt. Von den hässlichen, gepanzerten Exoskeletten aus den Anfangszeiten bis hin zu den schon fast autonomen Kampfanzügen und Mecharüstungen der Neuzeit waren hier scheinbar alle wichtigen Modelle der Mounts versammelt, wobei einige davon noch ziemlich neu und unverbraucht aussahen - als wären sie erst kürzlich aus Aulis eingetroffen. Laut dem letzten Eintrag in den kurzen und übersichtlichen Lebensläufen, die jeweils neben den Mounts projiziert wurden, waren die meisten ihrer Besitzer einige Jahre nach
dem Ende der galaktischen Primärkriege, meistens als Iron Knights, verstorben. Andere Mounts sahen dafür schon arg lädiert aus - in einer einzelnen Nische befand sich sogar nur noch ein zerschlissener vertikaler Pilotensitz, das adamantene Stützskelett und darauf vereinzelte Teile der Panzerung und der Innenmechanik. Maoui fühlte ein Kribbeln im Nacken, als sie die Holoprojektion darunter betrachtete. Der Besitzer dieses Mounts war eindeutig ein FirBolf gewesen - oder ein Ogerbär, wie mancher dieses Volk verächtlich nannte. Na ja, war irgendwie nicht überraschend,
ein Exemplar dieser stolzen Kriegerrasse unter den Knights zu finden. Und egal wie man sie nannte oder wie sie gerufen wurden, mit ihren mindestens drei Meter Körpergröße und einem Aussehen, das einer Kreuzung zwischen einem missmutigen asurischen Höhlenbären und einem kampferprobten Wrestler gleichkam, waren sie ein Anblick, den man nicht so leicht vergaß. Die rothaarige Frau hielt nachdenklich inne. Inzwischen wechselte das Portrait des haarigen Riesen, und man konnte verfolgen, wie er in seinem nur leicht beschädigten Mount gegen ein Meer von Soldatendrohnen der Blutfresser
kämpfte. Mehrfach war er kurzzeitig von den insektenhaften Scheusalen bedeckt, schaffte es jedoch jedes Mal, sie abzuschütteln. Eisern hielt er seine Stellung. Irgendwie kam ihr der Ort, aber vor allem das geschmückte Tor, unter dem der Ogerbär kämpfte, ziemlich vertraut vor. Maoui lief ein eiskalter Schauer den Rücken hinab, und sie salutierte ehrfürchtig. Außer einigen Iron Knights, die verstehend nickten, achtete niemand auf sie. Das war Kanst Skaaren! Dieser verdammte Irre war in
Wirklichkeit ein Knight of Fate gewesen, den sie hier als Godslayer kannten. Ein dreieinhalb Meter großer Riese, der eigenhändig drei Tage und drei Nächte lang die Blutfresser von Iolkus Raumhafen fernhielt, als sie die dortigen Kolonisten evakuierten. Mit einem flauen Gefühl im Magen kam sie zur Erkenntnis, dass dies also der Mann zu der riesigen Silhouette war, dessen Kämpfe sie voller Bewunderung verfolgt hatte, während sie bei jedem erneuten Anflug auf den Raumhafen noch einen Überflug über die Feinde riskiert hatte, um mit ihren Bordwaffen so gut wie möglich deren Reihen zu lichten. Jetzt wusste sie zumindest, was aus ihm geworden
war… Irgendwie … irgendwie war es schon damals jedem klar gewesen, wie der Kampf ausgehen würde - aber zumindest war es ein Tod, wie ihn sich jeder FirBolf wohl wünschen würde. Mit einem andächtigen Nicken löste sie den Gruß. Wer weiß, vielleicht würde sie heute anders über die Knights und vielleicht sogar über manchen Xeno denken, hätte sie Kanst Skaaren damals noch persönlich kennen gelernt. Doch wer wusste zu dieser Zeit schon, dass diese unförmigen Exoskelette die Mounts der damaligen Knights waren… Sie rieb sich den Nacken, während sie
weiter ging. Dafür wusste sie inzwischen Eines mit Sicherheit … Sie würde so oder so niemals ein richtiger Knight of Fate werden. Denn die Knights waren dafür bekannt, dass sie eine derart emotionale Bindung zu ihren Mounts entwickelten, dass sie bei deren Beschädigung förmlich mitlitten und vereinzelt sogar ähnliche physische Symptome zeigten. Und in einigen Fällen, in denen der Mount zerstört worden war, brauchten ihre Besitzer Monate, um sich davon zu erholen, endeten vereinzelte sogar als seelische Wracks… nein, das war nichts für sie. Sie hätte niemals eine so
intensive Beziehung zu einem leblosen Stück Metall eingehen können. „Als ob du jemals zu irgendetwas eine tiefere Beziehung hättest eingehen können“ warf ihre innere Stimme ein. Die Frau schüttelte den Kopf und vertrieb die Gedanken. „Ich frage mich wirklich, ob ich diesem Verein immer noch beitreten will, wenn die sogar Ogerbären an ihre Mounts heranlassen!“ Der Ausspruch kam von einem feingliedrigen, hochgewachsenen Eldarer mit perlmuttfarbener Haut, silberblondem Haar und leicht spitz zulaufenden Ohren. Der Jüngling, der nun förmlich an Maoui vorbei schwebte,
trug eine prächtige Tiara, die ihn als Mitglied der herrschenden Blutlinie auswies - wohl ein Lieblingssohn einer Nebenfrau des Imperators, und der von drei finster dreinblickenden Dienern umgeben war, sehr wahrscheinlich Mitglieder der verrufenen Kaste der Daliks, die wie Schatten an ihm hingen. Dazu trug er zwar auch die traditionelle Kristallrüstung, die nur Reinblütigen seines Volkes vorbehalten war - aber so, als trüge er ein modisches Accessoire, und nicht ein Kriegsutensil. Maoui sah ihm unschlüssig nach. Der Rotzlöffel strahlte schon fast fühlbar die absolute Selbstsicherheit und Arroganz aus, die seinem Volk eigen
war. „Wenn ich hier mal das Sagen habe, werden sich einige Dinge grundlegend ändern!“, hörte sie ihn noch sagen. Das knallrote, holografisch projizierte Wort ‚Rekrut‘, das ihm gleichzeitig am linken Oberarm folgte, passte dabei wie die Faust aufs Auge. Dann waren er und seine Gefolgschaft auch schon in der Menge verschwunden. Maoui schüttelte belustigt den Kopf und ging weiter. Nach ein paar Schritten konnte sie dann auch deutlich erkennen, was die seltsamen Muster am unteren Ende der Wände wirklich waren - unzählige Schalter in der Art, wie sie in Raumhäfen
zur Passagierabfertigung üblich waren, mit langen Warteschlangen davor, sowie kleinere Untersuchungs- und Konferenznischen, die in regelmäßigen Abständen in den Hallenwände rundherum eingelassen waren. Hierher waren also alle Rekruten unterwegs... und nun sah sie auch den Grund, warum sie von ihnen fast überrannt worden waren. Die frei schwebenden Holo-Projektionswände über den einzelnen Schaltern, auf denen plakativ-heroische Werbung für die verschiedenen Truppengattungen der Knights gemacht wurde, sprachen eine eindeutige Sprache. Es galt wohl, sich so schnell wie möglich
für seine Wunscheinheit einzuschreiben, damit man später für die Ausbildung als Kadett - falls man alle Eignungstests während der Prüfwoche überstanden hatte - auch einen dementsprechenden Ausbildungsplatz bekam. Und sehr wahrscheinlich waren diese begrenzt. Die Untersuchungsnischen waren wohl dazu da, zu testen, ob die zukünftigen Rekruten den körperlichen Herausforderungen ihrer gewünschten Aufgabe gewachsen waren. Während sie sich noch fragte, für was denn die Konferenznischen wohl gedacht waren, bemerkte sie, wie die Begleiter des Eldarer einige Besucher kurzerhand
aus einer dieser Nischen vertrieben, damit ihr Herr und Meister ungestört darin Platz nehmen konnte. Unter dem glanzvollen Werbebild eines todesmutigen Piloten in selbstsicherer Pose vor seinem Mount, ließ der Adlige zuerst noch das schwebende Sitzkissen von einem seiner Schatten säubern, bevor er sich darauf setzte. Sofort eilte eine bezaubernde Knights-Assistentin mit umwerfendem Lächeln heran, verneigte sich, wie es sich vor einem Eldarer gehörte, und die Nische wurde durch eine dunkle Energiewand nach außen abgeschottet. Einer wie er musste selbstverständlich nicht für ein Rekrutierungsgespräch
anstehen… Am offiziellen Schalter daneben standen sich währenddessen unzählige Rekruten - wie Lämmer auf dem Weg zur Schlachtbank - in Reih und Glied die Beine in den Bauch. Maoui aktivierte mit der linken Hand den holografischen Wegführer, der jederzeit an jedem beliebigen Ort innerhalb der Basis abgerufen werden konnte und das eigene Sichtfeld mit einer dreidimensionalen Karte überlagerte. Auf dieser wurde ein zuvor eingegebenes Ziel gut sichtbar in pulsierendem Grün hervorgehoben. L‘Yrrahy hatte diese Funktion ausgegraben, als Maoui ihr die
Arbeitsweise der kleinen, in der Wand eingelagerten Konsolen unter den protzigen Knight-Signets erklärt hatte. Die Kleine war eine echte Goldgrube… Maouis Aufenthalt hier würde um einiges einfacher verlaufen, wenn sie sich das Alien - so lange wie es ihr nützlich war - warm hielt. Ihr markiertes Ziel - der Hauptschalter, zu dem Souldestroyer sie beide geschickt hatte - befand sich am anderen Ende des Besucherfoyers, genau gegenüber der Treppe, auf der sie jetzt stand. Sie musste mitten durch den ganzen Kuchen hindurch… Das Besucherfoyer war zwar voller Leute, aber durch ihre Größe wirkte die
Halle übersichtlich und nicht überfüllt. Die meisten Besucher - Basis-Personal, Kadetten, Rekruten und ausgebildete Knights - kreisten hauptsächlich um die unzähligen, eindrucksvoll holografisch unterstützten Dioramen, Pavillons und Stände, die um die Mounts-Lanze herum organisiert waren. Sahen irgendwie wie unzählige kleine Inseln aus, umgeben von Ertrinkenden … Das war wohl wieder einmal typisch Knights. Denn irgendwie hatte dieser Teil des Foyers etwas von einem Jahrmarkt - sowie einer Waffenmesse. Hinter massiven Glasscheiben gab es unzählige Mounts zu bestaunen und konnten andere auch bestiegen werden.
Einer schien sogar in seine Bestandteile zerlegt, im Raum zu hängen. Noch auffälliger waren aber die zwei imposanten Nachbauten von Reparaturwerkstätten für Mounts, ein lebensecht wirkender Ausschnitt eines Shuttle-Hangars, sogar mit mehreren Begleitdrohnen, und schließlich ein kompletter Lazarettnachbau, inklusive den makabren Regenerationsbottichen für Schwerverwundete. Die Mehrheit der restlichen Aufbauten stellten Dioramen dar, in denen historische Szenen aus den galaktischen Primärkriegen inszeniert und mit denen die Geschichte des USFODs erzählt
wurde. Maoui erreichte das Ende der imposanten Treppenflucht, die L’Yrrahy in wenigen Sätzen zurückgelegt hatte und sah sich suchend um. Wo war die Kleine jetzt schon wieder? Es war immer dasselbe mit ihr – kaum ließ man sie eine Sekunde aus den Augen, war sie verschwunden. Gerade hatte Maoui beschlossen, alleine weiter zu gehen, als ihr ein bekannter Schwanz auffiel, der sich in verspielten Spiralen durch den Raum wand. Als Maoui näher kam, sah L‘Yrrahy nachdenklich zu einigen Gedenktafeln hoch und beäugte sie dann mit großen
Augen. Die rothaarige Frau blieb vor der Katirranerin stehen und wollte ihr gerade ein paar Worte zu ihrem plötzlichen Verschwinden sagen, als diese den Kopf schief legte. „Seltsam… kein einzelner von ihnen hat so viele Auszeichnungen wie du…“ „Wie?“ Instinktiv sah Maoui weg, um ihre Überraschung zu verbergen - und blickte unversehens einem älteren, weißhaarigen Iron Knight direkt in die Augen. Einen Herzschlag lang starrten sie sich neugierig an. Dann zog der Mann die Augenbrauen hoch und grüßte freundlich. Maoui antwortete ihm nur mit einem
automatischen Nicken und drehte sich rasch wieder zu L’Yrrahy herum, aber die war bereits weitergegangen. "Was hast du gesagt?" L’Yrrahy schien sie nicht mehr zu hören, sondern eilte zu einem beeindruckenden Diorama, in dem scheinbar gerade Nacht herrschte. Maoui folgte ihr. Währenddessen kratzte sich der weißhaarige Mann nachdenklich am Hinterkopf. Irgendetwas an dieser Endzwanzigerin hatte bei ihm eine Gänsehaut verursacht. Und ihre Mähne kam ihm auch so unheimlich vertraut vor… Nachdenklich folgte er ihr.
Maoui Syrias holte ihre Zimmergenossin
noch vor einem großen Diorama ein, das als erstes von diesen die Ankömmlinge des Besucherfoyers begrüßte. Dabei sah das Alien sie mit großen, leuchtenden Augen an. „Was bedeutet eigentlich ‚posthum‘?“ „Nach deinem Tod.“ L’Yrrahy musterte nachdenklich die Gedenktafeln über ihnen und murmelte: „Dann hatte Mutter doch recht…“ „Wobei hatte Mutter Recht?“ Das Alien lächelte ihre rothaarige Begleiterin wehmütig an. „Das bei eurer Spezies die Weibchen um ein vielfaches zäher sind als die Männchen.“ Die Frau musste darüber grinsen. „Das hat was… aber woher wusstest du
vor…“ Erneut war L’Yrrahy weg und stürmte wie ein Kind weiter, dass auf einem Jahrmarkt einen Süßigkeitenstand entdeckt hatte. „Warte doch Mal!“ Maoui setzte ihr zum multimedialen Diorama nach. Die Kleine war einfach nicht in der Lage, einen Augenblick lang am selben Ort stehen zu bleiben… Doch sie konnte ihr nicht einmal böse sein - denn so seltsam es auch klingen mochte, im Moment war L'Yrrahys Unbekümmertheit irgendwie ansteckend. Seit sie vom Büro des Bataillonskommandanten hierher
unterwegs waren, hatte sie wegen ihr kaum Zeit gehabt, sich weder über die familiäre Willkommensansprache Souldestroyers Gedanken zu machen, noch anderen düsteren und selbstquälerischen Überlegungen nachzuhängen. Obwohl es sie schon brennend interessierte, was Unlivar Marrows damit gemeint hatte, dass sie bei irgendeiner Vorausscheidung oder Aufnahmeprüfung teilgenommen und diese dazu auch noch mit Auszeichnung bestanden hätten - um ein Knight zu werden? Es gab einiges, an das sie sich nicht mehr erinnern konnte - was in den meisten Fällen sehr wahrscheinlich auch
gut so war - Aber ein solcher Schwachsinn… Außer er würde sich auf das Handgemenge auf FraTanka vor knapp einem Jahr beziehen, bei dem sie drei Menschen und fünf Xenos krankenhausreif schlug und schließlich selber mit einer akuten Alkoholvergiftung eingeliefert werden musste. Davon fehlten ihr einige Details und erinnerte sie sich kaum noch, was an dem Abend und den folgenden Wochen überhaupt geschah. Aber irgendwie hatte sie den Verdacht, dass das nicht zählte. Das waren noch Zeiten gewesen... Leider erinnerte sie sich auch nicht mehr an den Namen des rothaarigen Hünen,
der ihr damals zur Seite gestanden hatte und mit dessen Hilfe sie es sogar erfolgreich mit der MP aufgenommen hatte. Der war wirklich eine Wucht gewesen, und das nicht nur beim trinken. Maoui erinnerte sich noch sehr gut an die Gesäßmuskelzerrung, die sie sich wegen ihm im Torpedoabschussrohr eines 4-Mann Zerstörers geholt hatte - nur schon beim bloßen Gedanken daran fühlte sie ein sehr angenehmes Kribbeln auf den Wangen. Und nicht nur dort... Unschlüssig blieb die Frau stehen. Schließlich sah sie sich suchend nach ihrer Zimmergenossin um. Aber zumindest lenkte sie der ganze Trouble von den düsteren Vorahnungen
ab, welche sie hier auf Styx konstant begleiteten. Vor allem, wenn sie bedachte, was es mit ihrem zukünftigen Spieß auf sich hatte, denn irgendwann würde sie auch L’Yrrahy darüber aufklären müssen. Was hatte diese eigentlich mit der Aussage „Er meint es nicht wirklich so, er hat bloß Angst vor uns.“ gemeint, als sie Unlivars Büro verlassen hatten? Das imposante Diorama, das wie ein Stück herausgerissener Planetenoberfläche wirkte, versetzte den Beobachter - im Gegensatz zu den anderen Schaustücke - nicht mitten ins Geschehen, sondern machte ihn zum Zeugen einer großangelegten
Auseinandersetzung über und am Boden eines bewohnten Planeten. Dabei wurde das Geschehen wohl deswegen in der Nacht dargestellt, weil man dann schon mit bloßem Auge die Weltraumschlacht mitverfolgen konnte, die zeitgleich über den Planeten tobte. Und dies, von einer Klippe aus, von der man weit in ein Tal hinunter sah, in dem ein wilder Haufen Schwebepanzer und andere schwere Kampffahrzeuge sich einem Meer von Kampfdrohnen der Serenjita entgegenstellten. Eine schwebende Absperrung trennte schließlich den Zuschauer von der perfekt gemachten Illusion, und ließ so das Ganze noch eine Spur realistischer
wirken. L'Yrrahy war bereits auf den Handlauf der Absperrung gestiegen und hielt das Gleichgewicht, als stünde sie auf festem Boden. Aufgeregt zuckten ihre Ohren. Maoui musste beim Näherkommen grinsen. Seit wann hatten die Schwebepanzer der Sternenallianz eine Chance gegen die Blutfresser gehabt? Und wieso war den Knights gerade diese Schlacht so wichtig? Als könnte sie in ihrem Gesicht wie in einem offenen Datafile lesen, antwortete ihr L’Yrrahy. „Das ist eine ziemlich präzise Rekonstruktion der Schlacht von Koulouri“, meinte sie begeistert, „als es der Sternenallianz und ihren Verbündeten
zum allerersten Mal gelang, den Serenjitas Paroli zu bieten!“ Wie aufs Stichwort, meldete sich eine ominöse Stimme aus dem Diorama zu Wort: "Es war der dreiundzwanzigste Tag des dritten Neumondes nach dem Sternenkalender Caerleons - das vierzehnte Jahr einer apokalyptischen Auseinandersetzung gegen einen Feind, der bis zu diesem Zeitpunkt wie eine unbegreifliche Naturgewalt über die zivilisierten Völker des damals bekannten Universums hereingebrochen war!" Eine strategische Pause folgte, in der sich L’Yrrahy erwartungsvoll dem
Diorama zuwandte. „Die vereinigten Streitmächte der damaligen Sternenallianz bestanden zu diesem Zeitpunkt nur noch aus einer Handvoll Idealisten und Unerschrockener, die der unaufhaltbaren Flut der Serenjitas immer noch nichts entgegen zu setzen hatten. Gleichzeitig waren alle intelligenten Völker der Galaxis auf der Flucht. Wobei damals scheinbar nur eine Richtung existierte… in die sichere Ausrottung!“ Maouis Schritte wurden langsamer. „Getrieben durch einen Feind den man nicht nur nicht begreifen, sondern der auch unaufhaltbar schien… ohne Emotionen oder Begründungen – war er
wie eine göttliche Plage, die endgültig das letzte Zeitalter eingeläutet hatte! Genau so schien es auch den Bewohnern des Planeten Koulouri, der damals auch unter einem anderen Namen bekannt war, nämlich als die…“ "Schicksalsschmiede der blauen Sonnen!“ meinte Maoui Syrias, noch bevor die Stimme den gleichen Wortlaut wiederholte. "Ja," erwiderte L'Yrrahy mit schulmeisterlichem Ton, „das war die Entscheidungsschlacht, die den Grundstein für die Entwicklung der Knights legte und in der es erstmals gelang, die Serenjitas so zu treffen, dass sie zurückweichen muss…“ Sie
verstummte, als sie Maoui ansah. Denn ihre Zimmergenossin schien geistig komplett abwesend zu sein, galt deren ganze Aufmerksamkeit dem Diorama. Das Alien blickte mehrmals von der rothaarigen Frau zur Szenerie der legendären Schlacht hin und her. Als sie dabei Maouis Emotionen zu lesen versuchte, war da Wehmut, unbändiger Stolz und ein seltsam bizarres Prickeln, das sie als extrem irritierend empfand. Das waren mehr als Erinnerungen… Nachdenklich rieb sie sich mit der Schwanzspitze das Kinn. Maouis Blick klebte derweil an einigen Lichtpunkten, die gerade von der Planetenoberfläche abhoben und zu der
tobenden Schlacht zwischen den Sternen strebten. Sie hatte alles um sich herum vergessen... Planet Koulouri
- die Schicksalsschmiede der blauen Sonnen -vor 26 Jahren Sechs Klingen durschnitten das Meer der Sterne. Die silbrigen Schlachtjäger trugen keinerlei Bemalung noch erkennbare Kennzeichen, nicht einmal die verschlüsselten Markierungen von Piraten. Nichts, an dem man ihre Herkunft, Absicht oder Kampferfahrung
abschätzen konnte - obwohl ihre Absichten mehr als deutlich waren. Und dessen waren sich auch die Piloten bewusst, unter denen ein reger Funkkontakt herrschte. „Ich weiß wirklich nicht… ob wir das schaffen…" meinte der hundeschnäuzige Lobo, als er erneut mit dem Helm kämpfte, unter dem seine großen, langen Ohren immer so zu leiden hatten, „sie fangen wieder mit ihren verdammten Spielereien an! Und Ich trau mich echt nicht, das Schiff zu wecken..." Die Staffel stieg in einer wachsenden Spirale von Koulouri - einem dunkelbraunen, von grünen Fetzten überzogenen Planteten - steil in Richtung
eines Meeres pulsierender Explosionen hoch. "Das letzte Jahr, darf… nicht vergebens gewesen sein!" Meinte dafür ein verbissen dreinblickender Leoncour McKinsel, während er das atmosphärentaugliche, 70-Tonnen Schiff auf Kurs hielt. „Und haltet euch an die abgemachte Formation - wer sich zu weit von Mutter entfernt, ist TOT!“ „Und beschützt sie mit eurem Leben!“ Mahnte noch der wortkarge Angel. Während die leichten Kampfschiffe weiterhin beschleunigten, wuchs ihr Abstand untereinander stetig und zeichneten ihre auseinander driftenden Treibwerksstrahlen das stilisierte Bild
einer sich öffnenden Blüte. Ein weiterer, siebter Punkt schoss nun von der Planetenoberfläche auf die Staffel zu. „Mutter… erinnerst du dich noch, wie ich dir sagte, dass ich die Idee nicht besonders überzeugend finde, dich alleine an die Spitze zu lassen?“ Der modifizierte Schlachtjäger zündete seine zusätzlichen Triebwerke, als er mit einem beeindruckenden Feuerschweif aufholte - bis er sich schließlich präzise in der Mitte der Formation platzierte. Eine rund 27-jährige Maoui Syrias mit Stoppelfrisur lächelte verschmitzt, als sie sich zwischen ihre Leute positionierte. „Ja,
Czinth?“ „Vergiss es... sie gehören dir!“ Inzwischen waren die einzelnen Schiffe im schwarzen Schwarm vor ihnen gut auszumachen und spürte jeder der Piloten sowohl physisch wie auch psychisch die tödliche Bedrohung welche von den Serenjitas ausging – wie deren Sensoren und Sinne nach ihnen suchten und sich dabei wahrnehmbar an sie herantasteten. Die leichten Jäger stellten sich zu der typische Netzformation auf, mit der sie zuvor fast jeden Angreifern zu Klump geschossen hatten. Aus der momentanen Entfernung wirkten sie wie kleine, giftige Insekten - möglicherweise ferngesteuert von einem Mutterschiff,
das sich bisher noch nicht gezeigt hatte. Zwei Kreuzer der Sternenallianz hatten die Serenjitas bereits schon auf dem Gewissen. Und momentan konzentrierten ihre Schiffe das Feuer auf ein Trägerschiff der Monmouths. Es sah nicht wirklich gut aus. Während sie erneut von der Unbezwingbaren, dem größten Schlachtschiff der Sternenallianz, angefunkt wurden, murmelte Lobo gut hörbar "I-ich glaube, das... das… ist zu groß für uns..." Maoui konnte die Angst in seiner Stimme deutlich spüren. "Vertraut mir!" Sprach sie mit der Gewissheit einer Tigerin, die sich zu
ihren Welpen wandte, bevor sie zur Jagd aufbrach. Das massive, kombinierten Funkfeuer der Sternenallianz verstärkte sich, konnte man gut hören, wie Leoncour zu antworten versuchte, dabei aber förmlich über den Haufen geschrien wurde. „Hier spricht Arminaan, erster Offizier der Unbezwingbaren. Wer auch immer sie sind und so sehr wir auch ihren Mut bewundern… ziehen sie sich sofort und unverzüglich zurück! Sie haben absolut keine Überlebenschance! Ich wiederhole… was auch immer sie vorhaben, es funktioniert nicht! Retten sie wenigstens ihr Leben, damit sie später weiter kämpfen können! Es gibt’s
nichts Tapferes an einem Frontalangriff gegen die Blutfresser… das ist nur idiotischer Selbstmord! Halten sie sich unter allen Umständen an den Notevakuierungsplan...“ "Jetzt bin ich doch ein wenig beunruhigt..." meinte der blauhäutige Tackels Hyata, „denn obwohl unsere ESP-Eindämmungsfelder auf dem Maximum arbeiten, kann auch ich diese verdammten Egel spüren, wie sie an meinen Gedanken nagen… funktionieren eure Steuerungen noch richtig?“ Wie aufs Stichwort reagierten die leichten Jäger der Serenjitas und deckten die herannahenden Schlachtjäger mit einem weit gefächerten Angriffsfeuer
ein. Maoui fuhr vorsichtig mit ihren Fingerspitzen über die Energieschilde der Schiffe ihrer Teammitglieder und kontrollierte damit deren augenblicklicher Zustand und Leistungsfähigkeit. Im Moment bestand keine Gefahr, denn die Staffel war noch genug weit weg, als dass sie die Energieentladungen der Serenjitas ernst nehmen musste. Dann fokussierte sie sich auf ihren Puls und dem aufgesetzten, unbändigen Schlagen ihres ‚erweiterten‘ Herzens, dieser einzigartigen Kraft Sejmets - ihres Schlachtjägers - der sie wie ein Delfin durch das Meer der Sterne gleiten ließ.
"Nur dieses eine Mal... vertraut mir einfach! Hierauf arbeiten wir doch schon so verdammt lange hin… warte ich schon seit Jahren darauf. Ich weiß ganz genau was ich tue. Habe ich euch denn jemals belogen oder im Stich gelassen?“ "Nein!" Antworteten alle gleichzeitig. "Ihr werdet es nicht bereuen!" Maoui nahm jetzt ein einzelnes Serenjita-Schiff im Zentrum der scheinbar undurchdringlichen Wand ins Fadenkreuz und begann die Energiezufuhr zu den zusätzlich installierten Generatoren des ESP-Schutzfeldes ihres Schiffes zu drosseln. Das bedrohliche Ungeheuer vor ihr sah aus wie aus einem Stück schwarzen
Obsidians gemeißelt. Unablässig beschoss es sie aus allen Rohren. Nun, dachte sie grimmig, die Blutfresser würden ihren Fehler noch bereuen, mit ihren gefürchteten Gauß-Waffen zugewartet zu haben, als sie damit noch etwas hätten anrichten können. „Sechzig Sekunden bis Feindkontakt!“ Meldete sich Angel kurz zu Wort und hüllte sich dann wieder in sein typisches Schweigen. Die mit ihrem Sitz verlinkte Maoui empfand währenddessen alle Leistungsmerkmale ihres Schiffes als physische Reize und Funktionen ihres Körpers, welche ihre eigenen, natürlichen komplett
überlagerten. Praktisch gesehen, WAR sie das Schiff. Und so lenkte sie die Sejmet einzig und alleine mit einfachen Bewegungen sowie körperlichen Aktivitäten und Reaktionen, wobei ihre Sinne gleichzeitig die Sensoren und ihre Empfindungen die Statusmeldungen des Schlachtjägers waren. Wenn sie rannte, beschleunigte das Schiff, drehte sie sich zur Seite, schlug es eine Rolle und sah sie sich ein feindliches Schiff genauer an, scannten die Bordsensoren dieses explizit ab. Es fühlte sich praktisch an, als gleite/schwimme sie nackt durch die ewigdunkle
Sternensee. Hierbei äußerten sich jedoch abrupte Manöver sowie Schäden am Schiff in echte Schmerzen und real empfundene Verletzungen und hatten somit auch Auswirkungen auf ihre physischen Leistungsmerkmale und vor allem ihre körperliche Verfassung. Für Maoui Syrias war die neuronale Steuerung eines Schiffs - das ‚erwecken‘ wie es die Raumpiloten nannten - eigentlich das natürlichste der Welt, denn es gab keine präzisere und effizientere Art, durchs All zu steuern. Doch seit Anbeginn des Krieges, war genau dies die Achillessehne der Sternenallianz gegenüber den Serenjita
gewesen. Denn jedes erweckte Schiff, das sich diesen zum Kampf stellte, hatte bereits verloren. Noch während des allerersten Kriegsjahres, hatten die Serenjita nämlich einen Weg gefunden, gegnerische Schiffe – vor allem erwachte - komplett zu übernehmen und gegen die eigenen Leute einzusetzen. Und das machte diese zu einer absolut tödlichen Gefahr für jeglichen Verbündeten. Deswegen duldete die Sternenallianz es nur als absolut letzten Ausweg, ein Schiff zu erwecken - während man verzweifelt nach einer gleichermaßen effizienten Alternative
suchte. Denn die Serenjita hatten sich nicht nur als unerbittliche Telepathen entpuppt, sondern auch als extrem mächtige Technopathen – die sowohl in der Lage waren, die Funktionen anderer Maschinen wahrzunehmen, wie auch diese mit bloßer Gedankenkraft bewusst aus der Ferne zu manipulieren. Wobei es schien, dass je komplexer diese waren, desto einfacher es ihnen fiel, auf sie Einfluss zu nehmen. Alle bisherigen Schlachten waren deswegen von ihnen früher oder später zu einem brutalen und tödlichen Ende gebracht worden, sobald sie die Mehrheit der gegnerischen Schiffe übernommen
hatten und diese für ihre Zwecke missbrauchen konnten. Nur eine Handvoll Piloten hatten bisher die einzigartige Willensstärke besessen, sich erfolgreich den Manipulationen der Serenjitas zu widersetzen und ihnen noch gleichzeitig die Herrschaft über das eigene Fahrzeug abzuringen. Doch keiner von diesen hatte je einen Kampf überlebt - waren sie meistens aus den eigenen Reihen heraus eliminiert worden. So schien es zumindest… Maoui konnte spüren, wie sich die Serenjita vorsichtig an ihr Bewusstsein herantasteten, um darüber auf die Kontrollen ihres erweckten Schiffes zuzugreifen - als würde sie eine ferne,
bizarre Stimme hören, die mit unverständlichen, monotonen Gesängen ihren Geist einzulullen versuchte. Es hieß, dass es dann bereits zu spät war und man den Blutfressern auf Gedeih und Verfall ausgeliefert war, wenn der eigene Verstand die normalen Sinneseindrücke durcheinanderbrachte und man plötzlich Farben roch und Töne sah… Dann wäre auch sie wohl nur noch eine weitere, willenlose Marionette der Serenjitas gewesen. Kanonenfutter gegen die eigenen Leute, während die Blutfresser bloß aus der Ferne zusahen. So wie diese es bisher immer gemacht hatten, und wie sie bisher auch jede
Schlacht für sich entschieden hatten. Fast jede… Erneut wurden sie von der Unbezwingbaren direkt angefunkt. Maoui/Sejmet streckte sich nun so weit wie nur möglich vor und reckte die Hand hinaus ins All, bis sie beim feindlichen Schiff endlich eine eindeutige Energiesignatur spüren konnte. Das mussten wohl die Defensivbarrieren der Blutfresser sein. Sanft streichelte sie mit ihren Fingerspitzen darüber, bis sie sich sicher war, dass sie wahrgenommen wurde und atmete erwartungsvoll tief ein. „Hier spricht erneut Arminaan, erster Offizier der Unbezwingbaren. Ich
wiederhole… wir wissen wirklich ihren Heldenmut zu schätzen... aber was sie Vorhaben ist der sichere Tod. Kehren sie unverzüglich nach Koulouri zurück, dort sind sie in..." Es verschlug ihm die Sprache. Und scheinbar nicht nur ihm. Denn während Lobo eingeschüchtert ein „Heilige Mutter aller ausgesetzten Canidae!“ murmelte, herrschte plötzlich Funkstille auf allen Kanälen der Sternenallianz. Die Serenjitas feuerten nicht mehr! "Das... ich...“ stammelte Tackels, „Mutter… du hattest recht!“ Maoui nickte nur, als sie endgültig die zusätzlichen Generatoren des
ESP-Schutzfeldes absprengte, die eigentlich bloß die Wendigkeit der Sejmet einschränkten. Dann rannte sie los, stürmte vor und löste sich somit aus der Formation. Gleichzeitig formierten sich die anderen Schlachtjäger hinter ihr und bündelten sich in einem imaginären Kreis in ihrem Schatten. Plötzlich schien es, als hätten vereinzelte Schiffe der Serenjita Mühe, ihre Position zu halten... Mit der absoluten Gewissheit einer Tigerin, welche ihr Opfer endlich gestellt hatte, spürte Maoui nun ein angenehmes Kribbeln auf den Wangen und den Oberschenkeln, während sich ihre
Atmung beschleunigte und sich ihre Pupillen weiteten. Sie lächelte entschlossen. Dann schaltete sie das ESP-Eindämmungsfeld komplett aus. Und wie ein Klippenspringer, breitete sie ihre Arme aus und sprang - zündete die Sejmet ihre zusätzlichen Triebwerke – während sie ihre Geist komplett den Serenjitas öffnete, sich widerstandslos in deren omnipräsentes Bewusstsein fallen ließ… Planet Styx -Gegenwart „Was weißt eigentlich du über die Sanguiphagen?" Entriss eine Stimme mit
gutturalem Tonfall Maoui aus ihren Überlegungen. "Sangui.. was?" Als sie sich ihrer Zimmergenossin zu wandte, verfolgte sie noch aus den Augenwinkeln die Szene im Diorama, welche momentan wohl niemanden der Anwesenden wirklich interessierte – sich aber vor 26 Jahren in das kollektive Bewusstsein all jener brannte, die bereits jegliche Hoffnung aufgegeben hatten und die Serenjita für ihr Verhängnis, eine unbesiegbare und unaufhaltsame, grausame Laune des Schicksals hielten. Als gut sichtbar durch eine holografische Linse, die vom Planeten aufsteigende Staffel wie Raubvögel in die Wand der
Blutfresser stieß und diese unerwarteterweise wie ein Schwarm aufgescheuchter Tauben auseinander stoben ließ. Während mehrere Schiffe der Serenjita nur um Haaresbreite einer Kollision untereinander vermeiden konnten, wurden sie nun gezielt von ihren Verfolgern gejagt und einer nach dem anderen ausradiert. Wobei die Jäger stets einem Anführer folgten, der die Serenjita förmlich vor sich hin trieb - diesen aber mehrfach gegen massive Angriffe aus den eigenen Reihen schützen mussten. Gleichzeitig war auch der Sturm an Funksprüche zu hören, der damals durch den Äther tobte. Dabei gab es kein
Halten mehr… In den echten, historischen Aufzeichnungen waren mehrheitlich Freudenschreie und ungläubiges Geschrei zu hören - regelmäßig unterbrochen von den Stimmen gestandener Männer, die zu begreifen versuchten, was sie gerade sahen und beim Sprechen wegen der überwältigenden Emotionen mit den Tränen kämpften oder bereits am Weinen waren. Gleichzeitig durchfuhr Maoui bei jedem einzelnen Abschuss eines Schiffes der Serenjita ein anregendes, angenehmes Prickeln. Vor allem L’Yrrahy fiel das auf, als sie mit einem nervös zuckenden Ohr aus
Maouis Gefühlen schlau zu werden versuchte. Bisher hatte sie gedacht, dass die Rasse der Menschen sie nicht mehr überraschen konnte… Aber diese Impulse konnte sie einfach nicht deuten. Sie schienen direkt von ihrem Hypothalamus erzeugt zu werden, als wäre es etwas Intuitives, Unkontrollierbares – schon fast ein natürlicher Instinkt. Und irgendwie war ihr, als empfinde sie dabei… Lust? Inzwischen hatte das Alien jegliches Interesse am Diorama verloren. So achtete sie auch nicht auf die ominöse Stimme, die sich erneut zu Wort meldete: „Niemand hat bis zum heutigen Tag in Erfahrung bringen können, wer diese
unerschrockenen Piloten waren, noch woher sie kamen, die an diesem historischen Tag ein neues Zeitalter einläuteten! Doch es war hauptsächlich diesen Boten der Hoffnung zu verdanken, dass es zum allerersten Mal gelang, einen Angriff der Serenjita abzuwehren! Von diesem Augenblick an, verbreitete sich die Kunde rasend schnell durch die ganze Galaxis und erfüllte viele verzweifelte Herzen mit neuer Zuversicht und neuem Mut. Denn es hieß darüber hinaus, dass diese Aposteln einer neuen Dämmerung in der Lage waren, nur schon durch ihre bloße Präsenz Furcht und Schrecken in die schwarzen Herzen der Blutfressern zu
tragen!“ Kurz klang die Stimme sachlicher. „Was dies betrifft - besagt eine weit akzeptierte Theorie, dass sehr wahrscheinlich die mentale Aktivität, möglicherweise auch schon die simple Anwesenheit dieser Individuen wohl vom Kollektiv der telepathisch extrem aktiven Rasse der Serenjita als absolut unerträglich, vielleicht sogar als schädigend wahrgenommen wurde. Der renommierte Dr. Masnmoosen vom Saarkur-Institut behauptet sogar, dass dieser Effekt - den die Aposteln bei den Serenjita verursachten und man die ‚Aura der Engel‘ nannte - einer massiven Phobie gleichzusetzen war. Doch obwohl
er schlussendlich kriegsentscheidend war, konnte er leider nie wirklich eruiert noch künstlich dupliziert werden.“ Eine kurze Pause folgte, während der ein pulsierender Marker auf dem Schlachtfeld im Tal erwachte, der eine Stelle zwischen mehreren zurückweichenden Schwebepanzern markierte. Eine weitere holografische Linse materialisierte sich darüber und vergrößerte die Stelle so weit, dass man darin sogar die Gesichter der kämpfenden Personen erkennen konnte. Zwischen den Trümmern mehrerer Fahrzeugen waren hier nun drei Gestalten in schweren Exoskelette zu erkennen, die sich unerschrocken den
Angriffen der Kampfdrohnen der Serenjita entgegenstellten. Ausführliche Textmarker über ihnen kennzeichneten sie als die allerersten Knights of Fate, die jemals ein Schlachtfeld betreten hatten - auch wenn ihre ‚Mounts‘ praktisch bloß bessere Rüstungen waren und mit 'Escuiers' angegeben wurden. „Währenddessen, im Tal des Schicksals…„ fuhr die Stimme fort. Zwei schwarzhaarige, drahtige Rekruten, die das ganze neugierig verfolgt hatten, schüttelten dazu nur ungläubig den Kopf. "Laut meinem verehrten Vater, waren die Blutfresser eine einzigartige und unbesiegbare, schreckliche Macht, die ganze Sternensysteme ausradierte“
meinte einer von beiden ziemlich enttäuscht, „nicht solche rückratlose Angsthasen… man, ist wohl wieder typisch für meinen Alten, das er mir nur Angst einjagen und sich in einem besseren Licht darstellen wollte. Er hat doch komplett übertrieben!“ „Und um die zu besiegen,“ meinte der andere, „haben sie wirklich 32 Standard-Jahre benötigt?“ Maoui rieb sich inzwischen intensiv die Schläfen, als sie ihre Zimmergenossin fragend ansah. „Was war das?“ Irgendwie behagte ihr nicht, wie das Alien sie gerade musterte. Unterdessen näherte sich ihnen ein älterer, weißhaariger Iron
Knight. Eigentlich wollte dieser bloß seine Neugierde befriedigen und Maoui nach ihrer Mutter fragen, denn ihr Gesicht war ihm zuvor ziemlich vertraut vorgekommen. Gerade als er daran war, sie von hinten an der Schulter anzutippen, verschränkte L’Yrrahy tpa Srayt die Arme und ließ ihren Blick von Maoui zum Diorama und zurück wandern. Dabei schien ihr Schwanz wie die Nadel eines Metronoms hin- und her zu schwingen. „Sanguiphagen… der wissenschaftliche Name für die Serenjita, die sogenannten ‚Blutfresser‘… was weiß eigentlich Maoui Syrias wirklich
davon?“ Diese war immer noch leicht abgelenkt, als sie instinktiv wie aus der Kanone antwortete. "Sie stinken fürchterlich nach einem dreckigen Dunkelviolett!" Der Iron Knight hinter Maoui erstarrte zur Salzsäule. Gleichzeitig knickte der Schwanz des Aliens ein, als dieses die Augenbrauen hochzog und die Ohren durchstreckten. Das war nun wirklich nicht die Antwort gewesen, die sie erwartet hatte. Und wieso hatte Mutter nie erwähnt, dass scheinbar auch Menschenfrauen Farben mit dem Geruchssinn wahrnehmen konnten? Das hätte doch so vieles einfacher
gemacht… L’Yrrahy hypnotisierte jetzt förmlich ihre Zimmergenossin. Aber da war absolut keine Falschheit noch Böswilligkeit. Höchstens etwas, das sie als ‚weißes Rauschen‘ definiert hätte, wäre Maoui nicht ein Mensch, sondern eine Maschine gewesen. Sie hatte gar nicht gewusst, dass auch der Homo sapiens sapiens spacialis dazu in der Lage war… Zumindest eines konnte sie sich aber sicher sein, dass dies wohl die ehrlichste Antwort Maouis war, die sie bisher erhalten hatte. Aber diese Frau wusste mit Sicherheit mehr - viel mehr über die Serenjitas als sie momentan zu verstehen
gab… Wenn man ihre Antwort eine solche nennen durfte. Inzwischen irritierte Maoui L’Yrrahys durchdringendes Starren, als sie deswegen kurz den Blick abwandte und so die Person hinter sich wahrnahm. Das war doch der Mann von vorhin. Neugierig drehte sie sich zu ihm herum. Doch der leichenblasse Iron Knight zog bloß den Arm zurück und wandte sich verunsichert ab. Er schien mit etwas beschäftigt zu sein. Wie jemand, den die Vergangenheit eingeholt, und sehr wahrscheinlich auch noch gleichzeitig überrollt hatte. Irgendwie beruhigend zu sehen, dass es
nicht immer nur ihr so erging. er wirkte seltsam vertraut... „Kann ich ihnen irgendwie helfen?“ fragte sie ihn, aber er ignorierte sie. Es war, als nehme er sie überhaupt nicht wahr. „Hallo?“ Keine Reaktion. Nun, das entsprach dafür so ziemlich dem, was sie von einem echten Knight erwartet hatte… Welcher Angehörige der Elite interessierte sich den schon für so eine wie sie? Mit einem schweren Seufzer drehte sie sich wieder herum. „Also… Kleine, ich
wo…“
L’Yrrahy war weg.
„Auf ein Neues…“ murmelte die Frau und machte sich erneut auf die Suche nach ihrer Zimmergenossin.
Wie versteinert blieb währenddessen der Iron Knight einfach nur stehen und hatte eine sichtliche Gänsehaut. Dabei kämpfte er mit seinen Empfindungen und rang mit seinen persönlichen Dämonen der Vergangenheit.
Als er schließlich aufsah, murmelte er „Das... habt ihr bereits schon!“ während er eingeschüchtert Maoui Syrias nachsah. Dann salutierte er.
„Ich bin immer noch absolut sprachlos!“ Der hochgewachsene, blauhaarige Mann von aristokratischem Wuchs und perlmuttfarbener Haut rieb sich mit den Händen - welche in den traditionellen, lichtweißen Seidenhandschuhen steckten - abgekämpft die Schläfen. „Und ich Unglücklicher dachte noch… ich dachte: Ja, das ist eine echte KI. Sie wird fair und mit ungetrübtem Blick entscheiden können, denn sie ist nicht mit dem Stigma der unglückselig Geborenen behaftet. Deswegen würde sie ungestört unser einmaliges, unübertroffenes Angebot erkennen und
sofort zugreifen wollen!“ Er seufzte schwer. „Wie konnte ich nur so völlig falsch liegen?“ An dem massiven Tisch, der aussah, als bestünde er aus dem Stück einer gepanzerten Raumschiffhaut, saß ihm ein ebenso blasshäutiger, auch in silbernem Tüll gekleideter Mann gegenüber. Dieser war ebenfalls außer sich. „Auch ich kann es kaum begreifen Seneol Tolltol da Skartalm. Erst recht jetzt, da unser höchstverehrtester Hochgeborener sich entschieden hat, diesen Barbaren des Ultimate Special Forces Operational Detachment durch seine Teilnahme endlich Würde und Anstand zu vermitteln. Es stand außer Frage, dass
diese KI den einzigartigen Vorteil unserer Zusammenarbeit erkennen und auf unser Angebot hätte eingehen müssen!“ „Auch wenn man das hier an diesem Ort ungern hört… ich werde mir den Mund nicht verbieten lassen… das ist einfach nur rassistisch! Ein eklatanter Beweis, dass diese Agronomen, die auch noch die Dreistigkeit besitzen, sich Knights of Fate zu nennen, nichts anderes sind als ein unkultivierter Haufen Rassisten!“ Tolltol da Skartalm ballte die Fäuste. „Aber unser höchstverehrter und auserwählter Hochgeborener wird ihnen schon zeigen, was sich gehört. Als leuchtendes Beispiel wird er schon dafür
sorgen, dass auch an diesem scheußlichen und finsteren Ort die Dinge endlich so werden, wie sie sein sollten!“ Noch während der Eldarer stehend seinem Zorn freien Lauf ließ, näherte sich ihrer Nische ein Hauptmann der Knights. Mit ernster Miene stellte dieser sich und jedem der zwei Gesandten ein schwebendes Kristallglas hin und füllte diese bis zur Hälfte mit einer leuchtenden, honiggelben Flüssigkeit. Dann stellte er die bizarre Karaffe, die bloß aus einem Generatorboden bestand, der mittels unsichtbarem Energiefeld die Flüssigkeit darüber zusammenhielt auf die Platte aus der Panzerung eines der berühmtesten Zerstörers der galaktischen
Primärkriege und setzte sich ebenfalls hin. „Ich verstehe ihre Entrüstung vollkommen, Grandseigneur Skartal!“ Meldete sich der braunhaarige Mann, dessen Schläfen bereits grau waren mit kräftiger Stimme zu Wort, als sich der angesprochene missmutig zu ihm wandte. Die Stimme des Eldarer klang gereizt. „Hauptmann Anvil, mir ist schmerzhaft bewusst, dass diese Hölle, die ihr Styx nennt, als der Gegenpol von Kultur und Zivilisation angesehen wird. Aber als es hieß, das sie sich mit uns im ‚besten‘ Lokal Urtsuk'Dõjis treffen wolltet, dachte ich nicht im Entferntesten an ein solches Rattenloch. Wollen sie sich auch
noch über uns lustig machen?“ Nach einem kurzen Blickwechsel mit seinem sitzenden Begleiter und einem bestätigenden Nicken, meldete sich dieser zu Wort. „Ich kann meinem Herr und Meister nur zustimmen. Ich meine, nur schon der Name verspricht nichts Gutes… Gilbert W. Kanes Kantine!“ Er sprach die Worte aus, als würde er etwas ausspucken. „Und als uns dieser ungehobelter Klotz eines verwahrlosten Ogerbären endlich rein ließ…“ Blankes Entsetzen war nun im Gesicht des Mannes zu erkennen. „Es gibt keine Bedienstete in diesem Loch… weder unglückselig Geborene noch Hilfs- oder
Dienerdroiden! Dass ist… ist… praktisch schlimmer als primitiv. Unglaublich, dass ein solcher Ort existieren mag, an dem man sich selber etwas zu trinken oder essen beschaffen muss, geschweige den mit eigenen Händen schöpfen! Das ist absolut widerlich! Wenn wir das gewusst hätten, wären wir sicherlich nicht gekommen… und ich bezweifle stark, dass wir noch länger bleiben werden!“ Tolltol da Skartalm verschränkte die Arme. „Meine Worte! Hauptmann Anvil, nennen sie mir bitte im Namen unserer gemeinsamen Interesse nur einen einzigen Grund, weshalb wir uns überhaupt hier treffen und weiterhin
miteinander austauschen sollten.“ Der Knight lächelte Schwach. „ Skullcracker, der FirBolf an der Türe, ist übrigens der momentane Besitzer der Kantine. Aber um ihre Frage zu beantworten,“ er setzte ein breites Grinsen auf. „Merlin erfährt was hier besprochen wird einzig und alleine, wenn es ihm einer von uns selber verrät! Es gibt keinen sichereren Ort auf Styx um Geschäfte zu machen!“ „Oh…“ murmelte hierauf der Eldarer, als er auf seinen Platz zurücksackte. Unschlüssig ergriff er dabei das Glas vor sich und nippte unsicher daran. Seine Miene schien sich schlagartig zu erhellen. „Aber was den hiesigen Met
betrifft, kommt es der Behauptung ‚Bestes‘ sehr nahe…“ Er hielt kurz inne und probierte erneut. „Dieser hier ist so gut, dass er mich irgendwie an meine geliebte Heimat erinnert… ach, diese überwältigenden Gefühle!“ Der Mann lächelte scheu, bevor er sich mit ernster Miene zu Hauptmann Anvil wandte. „Aber die Ausfuhr ist doch ausdrücklich verboten! Wie kommen sie überhaupt…“ Während nun auch sein Diener den Knight durchdringend musterte, es sich aber nicht nehmen ließ, ebenfalls zu probieren, räusperte sich dieser. „Vielen herzlichen Dank für das
Kompliment meine Herren. Und das meine ich von ganzem Herzen! Aber ich möchte sie bitte daran erinnern, dass sie sich im Herzen der größten und berühmtesten Bioraffinerie überhaupt befinden. Ich weiß, es kommt praktisch einem Frevel gleich, sich an einer solchen Rezeptur zu versuchen. Aber wenn es dem Zwecke dient, Gäste wie sie glücklich zu machen… nun, es ist uns zwar gelungen, so nah wie überhaupt möglich an ihren einzigartigen und legendären Licht-Met zu kommen. Aber wenn sie bewusst darauf achten, werden sie bemerken, dass sich mit der Zeit eine gewisse, bittere Note einschleicht, die leider wegen der verwendeten
Chemikalien entsteht und wir bisher nicht in der Lage waren zu entfernen. Tja, absolut kein Vergleich mit dem wunderbaren Getränk aus ihrer großartigen Heimat!“ „Ja…“ meinte hierauf der Eldarer, als er erneut einen kräftigen Schluck nahm, „das scheint zu stimmen.“ Sein Diener nickte eifrig, als er auch einen Schluck riskierte, jedoch das Glas sofort hinstellte, nachdem er einen prüfenden Blick kassierte. „Nun“, fing Hauptmann Anvil an, „ich habe mir die Freiheit genommen und ebenfalls ihre Dokumentation ausgiebig studiert. Und ich kann mich ebenfalls Merlins Meinung nicht
anschließen!“ Beide Eldarer nickten zustimmend. „Die Dresstrair, diese wirklich beeindruckende semiintelligente Jägerdrohne ihrer Sumshisha-Werke ist ein wahres Juwel! Selten etwas so perfektes und hervorragendes gesehen! Ich denke wirklich, sie würde die perfekte Ergänzung für unsere Schutzzone darstellen. Vor allem, weil in letzter Zeit die Dreiflügeldrachen immer dreister werden. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Dresstrair ihnen endlich den nötigen Respekt beibringen könnte!“ Kurz lächelten die Eldarer bei diesen Worten zustimmend. Doch rasch
verfinsterten sich ihre Mienen wieder. „Danke für diesen Versuch, unsere Moral ein wenig aufzuheitern. Aber es ist nun mal eine Tatsache, dass wir aus dem Wettbewerb raus sind!“ Gerade als Tolltol da Skartalm seinem Diener wegen dieser Worte zustimmen wollte, schüttelte der Hauptmann entschlossen den Kopf. „Nicht ganz!“ Augenblicklich hatte er die uneingeschränkte Aufmerksamkeit der Eldarer. „Nun, meine Herren, ich vermute hinter dieser unerklärlichen Absage an dieses wirklich hervorragendes Waffensystem wohl eine rein politische Entscheidung… um weiterhin Produkte eures Volkes
‚draußen‘ zu haben.“ „Aber wieso?“ fragte der Eldarer mit der hellroten, kurzen Kopfbehaarung entsetzt. Inzwischen traute sich auch der Hauptmann einen Schluck des extrem Süßen Getränkes zu, dass einem förmlich die Kehle bis zum Magenansatz zusammenklebte, während er nonchalant mit den Achseln zuckte. „Unter den Knights, vor allem den Iron Knights, gibt es noch viele, welche die galaktischen Primärkriege miterlebt haben…“ „Und?“ „Ich denke, Merlin will verhindern, dass Ressentiments wegen Ffolkes Finsternis
aufkommen…“ „Das ist jetzt…“ während es ihnen jetzt sichtlich die Sprache verschlug, machten beide Eldarer Anstalten sofort gehen zu wollen. Dabei war das Unbehagen, wie auch der plötzliche Zorn in ihren Gesichtern sehr gut zu erkennen. Hauptmann Anvil musste hierbei feststellen, das das Gerücht stimmte, dass wenn sich Eldarer aufregten, ihre Augen bläulich schimmerten. Beruhigend erhob er sich. „Aber meine Herren! Das ist nur eine Vermutung! Und vor allem nicht der Grund unser Zusammenkommens hier!“ Er stellte sich ihnen so gut wie möglich in den Weg, ohne aber einen von ihnen
berühren zu müssen. Denn dann wäre diese Begegnung wirklich endgültig zu Ende gewesen. Dafür versuchte er jetzt einen versönlicheren Ton anzuschlagen. „Wir sind hier… weil Major Souldestroyer jederzeit in der Lage ist, sich über einen Entschluss Merlins hinweg zu setzen!“ Beide Eldarer setzten ich wieder. „Und hierbei genügt praktisch bloß die einfache Empfehlung eines Hauptmannes…“ Tolltol da Skartalm blickte äußerst interessiert, während ein gewisses Glitzern in seinen Augen auszumachen war. „Meine Herren, wie schnell können sie
die Dresstrair zum Einsatz bringen?“ „Unter den momentanen Umständen, brauchen wir knapp drei Stunden inklusive Aufbau. Aber normalerweise ist das nur eine Frage von Sekunden…“ „Gut, gut…“ lächelte Hauptmann Anvil, „heute muss ich noch die Einsatzpläne für Morgen durchgehen und vor allem das Personal auf die morgen beginnenden Tests einweisen. Keine Zeit… aber nach den medizinischen Untersuchungen am Morgen, kann ich morgen Nachmittag für ein paar Stunden sicherlich auch anderen, geschäftlichen Verpflichtungen nachgehen…“ Beide Augenpaare klebten an seinen
Lippen. „Ich denke die Oxim-Lastschiffwerften wären ideal für eine Demonstration, nicht?“ Tolltol da Skartalm und sein Diener sahen sich kurz an. „Mit einer Deckenhöhe von mehreren hundert Metern, sollte das absolut kein Problem sein… wir haben auch noch genug Köderdrohnen dabei!“ „Nun dann meine Herren,“ Hauptmann Anvil verschränkte zufrieden die Arme und lehnte sich mit einem Augenzwinkern zurück, „dann wissen sie ja jetzt genau, was sie tun müssen, um ihre Schäfchen doch noch ins Trockene zu bringen… beeindrucken sie mich
morgen!“
Auf der Suche nach ihrer umtriebigen Zimmergenossin kam Maoui Syrias an einem unscheinbaren Diorama vorbei, das gerade von mehreren Angestellten abgedeckt wurde. Verwundert blieb sie stehen. „Was wird... wurde denn hier ausgestellt?“ Einer des Basis-Personals, der gerade mit einer unförmigen Schutzplane am kämpfen war, wies auf ein schwebendes Holoschild. Noch bevor dieses kurz flackerte und erlosch, konnte Maoui darauf „Die Schlacht um Neu Rumley“ lesen. Mit einem Schmunzeln blickte sie
darauf zu einer abgeschirmten Konferenznische, über der das Bild eines Knights in Pose vor seinem Mount prangte. „Ffolkes Finsternis?” „Ja, genau!“ meinte der Angestellte, während er sich jetzt über einer SmartCard daran machte, ein imposantes, aber nichtssagendes, holografisches Werbebanner für die Knights of Fate an der Stelle zu justieren, an der nun unsichtbar das Diorama stand. Nachdenklich verharrte Maoui. Vielleicht war es auch besser so. So sehr sie die Reaktion des hochnäsigen Rotzlöffels auf diese ‚Gedenkstätte‘ gerne miterlebt hätte, so sicher war sie sich aber auch, dass dieser Affront nur
zu bösem Blut geführt und wirklich niemandem genützt hätte. Denn es gab Wunden aus den galaktischen Primärkriegen, die niemals heilen würden. Und dazu gehörte wohl auch der Grund, weshalb sich die Eldarer nach anfänglichem Engagement vollständig von den Kämpfen gegen die Blutfresser zurückzogen und während des Krieges jeglichen Kontakt mit den anderen Sternenvölker mieden. Tja, niemand der den Krieg überlebt hatte, würde jemals Captain R. E. Ffolkes legendären Funkspruch vergessen, der seine letzten Worte einfing, bevor sein Schiff - die Intrepid -
annihiliert wurde: „Nun bricht ewige Finsternis herein!“ Ein Funkspruch, der unheimlich präzise die langjährige Konfrontation mit den Serenjitas zusammenfasste, aber auch stellvertretend für eines der dunkelsten Kapitel dieses Krieges stand. Dem lähmenden Entsetzen nämlich, das der kollektiven Euphorie folgte, als sich die damals am weitesten entwickelte Zivilisation der Eldarer endlich entschied, dem Rest der Galaxis zu Hilfe zu kommen. Als sich diese Nachricht wie ein Lauffeuer von Planet zu Planet und von System zu System verbreitete, atmeten damals alle im Kampf gegen die
Blutfresser befindlichen Parteien erleichtert auf. Vereinzelt sprach man sogar vom baldigen Ende des Krieges und einer gloriosen Zukunft gemeinsamer Zusammenarbeit. Denn bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich die überlegene Hochkultur der mysteriösen Eldarer in einer selbstauferlegten kompletten Isolation geübt - da sie zwar technologisch und kulturell den restlichen Völkern weit überlegen war, aber weder usurpatorische Bestrebungen noch Interesse an jeglichen Austausch mit anderen Rassen besaß. Doch als die Blutfresser wie eine unaufhaltsame Geißel aller zivilisierten Völker über die Galaxis hereinbrachen,
antworteten sie unerwarteterweise auf die immer lauter werdenden Hilferufe und entsendeten ihre gesamte Raum-Streitmacht. Wohl in der Absicht, mit einem einzigen, gezielten Schlag der unheimlichen Bedrohung ein für alle Mal ein Ende zu bereiten. Möglich, dass sie sich selber bedroht fühlten oder bloß den richtigen Zeitpunkt für gekommen hielten, mit den restlichen Völkern Kontakt aufzunehmen. Vielleicht wollten sie auch nur angeben. Kurz musste Maoui an einige dieser zartbesaiteten Chaoten denken, mit denen sie es während dem Krieg zu tun bekommen hatte. Ihrer Meinung nach kamen wohl alle genannte Gründe in
Frage. Und wohl noch einige andere, über die keiner dieser Spitzohren wohl Stolz war. Wie auch immer... bei ihrer Ankunft wurden die Eldarer von allen als Erlöser und Erretter gefeiert und sah man in ihnen die Messiasse eines neuen, goldenen Zeitalters. So stellten sich damals die vereinten Flotten der Sternenallianz zusammen mit der der Eldarer dem Ansturm der Serenjitas entgegen und eilten siegessicher im bis dahin ziemlich unbedeutenden Sonnensystem Neu Rumley den dortigen Kolonisten zu Hilfe. Es hieß, das die Blutfresser mit
mindestens drei Mutterschiffe am Angriff beteiligt waren, während die Flotte der Eldarer 130 – darunter 64 riesige Schlachtkreuzer - und die der vereinten Flotten der Sternenallianz über 600 Schiffe zählte. Beim ersten Aufeinandertreffen war es, als würden sich die Hoffnungen bewahrheiten. Denn während die technologischen Wunderwerke der Eldarer die Schwärme der angreifenden Serenjitas mühelos auf Abstand hielten und erfolgreich dezimierten, machte sich die Sternenallianz sofort an die Evakuierung der dicht bewohnten, aber schutzlosen Agrarplaneten des Systems. Zu Beginn dieser Entscheidungsschlacht
schien es wirklich, als wäre endlich ein Mittel gegen die Blutfresser gefunden worden. Selbst als sich irgendwann eines der gefürchteten feindlichen Mutterschiffe direkt in das Gefecht einmischte, behielten die Eldarer die Oberhand und schafften es gegen diesen nachtschwarzen Schlachtleviathan zu bestehen. Doch irgendwann im Verlauf des dritten Tages kam der Angriff der Eldarer immer mehr ins Stocken. Maoui rieb sich die Schläfen, während sie sich nun abwandte und wegging. Anfänglich erhöhten sich die Verluste der Eldarer schlagartig, verloren ihre
leichten Jäger und Torpedoboote immer mehr Duelle gegen die kleineren, aber wendigeren Schiffe der Serenjitas. Und auch die Zielgenauigkeit der Schlachtkreuzer ließ nach. Bis zu dem schicksalsträchtigen Augenblick, als es dem überschweren Schlachtschiff Intrepid der Sternenallianz, zusammen mit der Sternenglanz, der Morgenröte und der Sonnenwind der Eldarer endlich gelang, eines der Trägerschiffe der Serenjitas zu vernichten. Noch während der Schlachtleviathan auseinander fiel, erstarben alle Kontakte mit der Flotte der Eldarer und kam diese plötzlich komplett zum Stillstand.
Gleichzeitig, heißt es, stellten auch die Blutfresser ihre Angriffe ein. Maoui hatte die Tondokumente der darauf folgenden Augenblicke derart viele Male studiert und abgehört, dass sie inzwischen jede Wortmeldung auswendig kannte. Vor allem, wie Captain R. E. Ffolkes der Intrepid zuerst unsicher, dann beunruhigt und schließlich angsterfüllt den Kontakt mit seinen Waffenbrüdern suchte - um dann machtlos erleben zu müssen, wie die Sternenglanz, Morgenröte und Sonnenwind ohne Vorwarnung kehrtmachten und gebündelt das Feuer auf sein Schiff eröffneten. Hilflos erlebten dann alle Anwesenden,
wie die gesamte Flotte der Eldarer von den Serenjitas übernommen und gegen ihre Verbündeten in eine selbstmörderische Zerstörungsorgie geschickt wurde. Niemand überlebte das Massaker von Neu Rumley… auch keiner der Kolonisten. Und es heißt, dass die Planeten dieses Sonnensystems noch heute unbewohnbar seien. Ein verdammt teurer Preis um herauszufinden, dass die Eldarer und ihre weit vorgeschrittene Technologie absolut empfänglich und komplett schutzlos gegenüber den zerstörerischen, mentalen Kontrollangriffe der Serenjitas waren. Während die meisten der Spitzohren an
Bord der übernommenen Schiffe, die sich nach dieser Niederlage ihrer Situation bewusst wurden, aus Scham Selbstmord begingen; funktionierten dafür die bordeigenen, manipulierten Kontroll- und Steuereinheiten bis zu ihrer endgültigen Zerstörung weiter. Was dazu führte, das für die folgenden fünf Jahre eine gefürchtete Geisterflotte - bestehend aus den übriggebliebenen, noch flugtauglichen Schiffen der einstigen Raumstreitmacht der Eldarer - Furcht und Schrecken im Universum verbreitete. Sie erinnerte sich leider noch all zu gut an die alptraumhaften Sprengmissionen - als es galt, in den letzten noch
verbliebenen 15 Schlachtkreuzern einzudringen und deren Antimaterieantriebe zur Selbstzerstörung zu bringen. Maoui schüttelte den Kopf, als sie versuchte, die aufkommenden Bilder der damals vorgefundenen Leichen so gut wie möglich zu verdrängen. Wäre es nicht wegen einiger abtrünniger Spitzohren gewesen, die sich dem Dekret ihres Herrschers widersetzten und Maoui und den ihren hilfreich zur Seite standen, sie hätten es wohl nicht überlebt… „Aber das ist endgültig Vergangen!“ murmelte die Frau sich selber bestätigend zu, als sie suchend aufsah um auf andere, erfreulichere Gedanken
zu kommen. Manchmal war es wirklich besser, wenn man die Vergangenheit ruhen ließ. Huh? Unschlüssig beäugte sie nun die seltsame Einrichtung vor der sie stehen geblieben war. Vor ihr thronte, unter einer massiven Kuppel aus Panzerglas, die sie irgendwie an eine riesige Käseglocke erinnerte, ein seltsames Gebilde auf einem Podest, das entfernt an einen Mount erinnerte. Das Ding sah wie eine ergonomisch geformte, schwarze Badewanne aus, die man senkrecht auf Stelzen gestellt und an der man das ausgeschlachtetes Stützskelett eines Powerloaders
festgeschweißt hatte. Darüber hatte man noch zusätzlich ein fischglasförmiges Cockpitglas gestülpt und links und rechts ganze Garben von Raketenwerfern, Maschinengewehren und Gatling-Kanonen montiert. Maoui legte den Kopf schräg. „Entweder sind die Mäuse hier wirklich so verdammt groß und damit jagen sie sie… oder es gehört wohl zur Ausbildung eines Knights, sich mit Bindfaden und Leukoplast einen Mount aus Pappe und Schrott zu basteln.“ „Das ist Galahad!“ meinte nun eine vertraute Stimme neben ihr voller Ehrfurcht. Maoui sah fragend zu L’Yrrahy hinunter,
als das Alien voller Begeisterung hoch sah. “Der absolut allererste Mounts-Prototyp überhaupt, der während der Primärkriegen gebaut und auch erfolgreich gegen die Serenjitas getestet wurde!“
„Erfolgreich?“
„Ja!“
„Diese wandelnde Duschkabine?“
Als L’Yrrahy selbstsicher nickte, war Maouis Neugierde geweckt.
„Erzähl mal…“
„Wirklich?“ L'Yrrahy strahle Maoui förmlich an. Während diese die Geste freundlich, aber ein wenig übertrieben fand, war die Katirranerin vor allem von der Tatsache
überrascht, dass die Neugierde der Menschenfrau echt war. Es ging um nichts Technisches und man wollte ihr trotzdem zuhören? Für einen Moment lang war sie verunsichert. Denn wann hatte sie schon mal einer dieser Schwanzlosen - vielleicht außer ihrer Mutter - jemals ernst genommen? Außer jetzt! Es war ihr anzusehen, dass sie diese Tatsache beträchtlich aufstellte, als sie sich sichtbar zusammen riss und Maoui fasziniert dabei das wellenförmige Aufbauschen ihres Felles beobachten konnte. „Meine Mutter erzählte mir
immer...“ Kurz musste L'Yrrahy wehmütig lächeln, fing sich aber sofort. „Maoui, hast du jemals was von der Schlacht um Neu Rumley, der sogenannten Finsternis Ffolkes gehört?“ „Ja!“ Maouis Antwort kam derart direkt, offen und mit einem Regenbogen an einzigartigen Emotionen, dass sie für das Alien die ultimative Bestätigung war, dass ihre Zimmergenossin persönlich an einigen Schlachten der Primärkriege teilgenommen hatte. L'Yrrahys Interesse wuchs ins Unermessliche. Und plötzlich verstand sie erstmals
Mutters kryptische Aussage ‘Unkraut vergeht nicht!‘ in Bezug auf Personen. Was hatte dieser menschliche Rohling alles erlebt? Und mit wenn alles hatte sich Maoui wohl angelegt? Mit ihren Manieren... ob sie jemals einem Eldarer begegnet war? Die Katirranerin hatte diese introvertierte Spezies immer als äußerst faszinierend und aristokratisch empfunden. Obwohl, wenn sie bedachte, was für eine Rolle die Eldarer während der galaktischen Primärkriege gespielt hatten... Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass ihre Begleiterin nervös mit dem Fuß
wippte. Irgendwie schien L’Yrrahy diese Ungeduld direkt mitzubekommen, als sich ihr Schwanz versteifte und sie sich mit ernster Miene dem Mount-Prototypen zuwandte. „Schade! Der Teil war immer besonders unheimlich. Aber... gut, nun… überspringe in dem Fall auch die Ächtung der Eldarer-Hegemonie. Mhmm, nach Ffolkes Finsternis… herrschte unter den zivilisierten Welten praktisch nur noch Chaos und Panik!“ Als sie weiter sprach, schien es Maoui, als spreche das Alien mit einer anderen Stimme - als zitiere L’Yrrahy wortgetreu etwas, dass sie einst gehört und komplett
auswendig gelernt hatte. Inklusive der Intonation der Originalstimme. „Aber vor allem die vereinten Flotten der Sternenallianz waren nur noch ein Schatten ihrer selbst. Denn was von der Geisterflotte in alle vier Winde zerstreut worden war, wurde nun von den Serenjitas gnadenlos verfolgt und zerstört. Insgesamt befand sich die einst mächtige Föderation nur noch in der Defensive.“ L’Yrrahy wirkte kurz nachdenklich und klang dabei wieder wie sie selbst. „Es war wohl zu diesem Zeitpunkt, als sich der Aberglaube etablierte, die sogenannten Blutfresser seien
unbesiegbar!“ „Das waren diese verdammten Bastarde. Das waren sie wirklich. Glaub’s mir Kleines!“ Murmelte Maoui. „Wohl bis die ersten Erzengel ihnen das Fürchten lehrten!” erwiderte L’Yrrahy. Einen Augenblick lang war ihr nun, als wollte Maoui zwar antworten, hadere aber seltsamerweise mit sich selber. Hierbei konnte die Katirranerin spüren, dass etwas in der Frau vor ihr wie ein einzigartiges Feuer aufloderte. Und sie erlebte unerwartet deren außergewöhnlichen Stolz und einschüchternden Willen. Doch dann seufzte Maoui bloß resigniert und alles verblasste, verbarg sie ihre Gefühle
hinter einem selbst erzwungenen Panzer aus Resignation und Frust. Verwirrt starrte das Alien sie an. Bis Maoui sich räusperte. „Wir waren gerade beim Untergang der Zivilisation und der Ausradierung allen intelligenten Lebens…“ „Ja, ja! Ich äh...“ Unentwegt starrte L‘Yrrahy weiterhin die Menschenfrau an, während sich ihre Pupillen sternförmig zusammenzogen. Sie hatte schon viele Schwanzlose erlebt, die ihre Gefühle bewusst nicht offen zeigen konnten und wollten. Und die meisten davon hatten wohl einen guten Grund so zu handeln, wenn sie nicht ausgegrenzt und von jedem gemieden
werden wollten. Aber bei Maoui war es etwas anderes. Mehr ein automatischer Reflex, den sie sich nicht einmal wirklich selbst bewusst war. Als wäre er zum Selbstschutz und absolut überlebenswichtig. Dabei hatte sie bei ihr etwas wirklich einzigartiges, noch nie zuvor Erlebtes gespürt - war der Homo sapiens sapiens spacialis wirklich zu so Etwas fähig? Intuitiv tastete sie die Frau vor sich mit all ihren Sinnen ab. Und plötzlich war sich L'Yrrahy tpa Srrayt absolut sicher, dass sie Maouis Geheimnis unbedingt ergründen musste - zum allerersten Mal in ihrem Leben interessierte sie sich wirklich für eine
ihr unbekannte Person. Das Alien lächelte auf eine Art, die ihrer Zimmergenossin eine Gänsehaut verursachte. Als L‘Yrrahy nun mit ihrer Erzählung fortfuhr, hatte ihre Stimme jeglichen schulmeisterlichen Ton verloren. Dafür klang sie schon fast verschwörerisch. Unbewusst ging Maoui vor ihr in die Hocke. „Mutter erzählte mir die Geschichten immer vor dem zu Bette gehen - und stets betonte sie, dass obwohl das meiste bloß auf mündliche Überlieferungen beruhte, es sich auch so zugetragen hätte.“ Sie machte eine kurze Pause. „Selbst die
Knights besitzen kein zeitgemäßes Datenmaterial dazu, weil viele der von damals überlieferten Archive und Datenträger vernichtet werden mussten. Ohne jegliche Möglichkeit sie zuvor zu sichten. Da immer die Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie mit dem semiintelligenten Pyriel-Retrovirus der Serenjitas verseucht wären.“ Maoui nickte. „Die Blutfresser waren schon immer gründlich im ausradieren gewesen. Habe mal miterlebt, was dieses entsetzliche Kamikazevirus auf einem Lazarettschiff anrichtete. Brannte sich direkt von der bioorganischen Prothese einer der geborgenen Soldaten durch alle Schutz- und Blockierwälle des Systems
und tötete praktisch neun Zehntel aller Patienten, bevor es das Schiff auf den Planeten abstürzen ließ. Und was deswegen die Koordinierung einer brauchbaren Angriffsstrategie oder auch nur das Bestätigen deines Ranges oder Position betraf, könnte ich dir einige haarsträubende Geschichten erzählen. Nicht umsonst nennt man die Zeit, die es dauerte diese Monstrosität auszurotten, auch die verlorenen oder dunklen Jahre.“ „Echt?“ „Ja, ein Flottillenadmiral erklärte mir einmal, wieso dieses Pyriel-Programm einer der Hauptgründe dafür sei, dass die Primärkriege überhaupt so lange gedauert
hätten!“ Das Alien legte den Kopf schräg. „Ich meinte nicht das. Erzählst du mir diese Geschichten?“ „Was... nein.“ L’Yrrahys Ohren fielen zurück, als wenn abrupt deren imaginäre Halterungen gekappt worden wären, während ihre Augen riesig wurden. Maoui reagierte mit einem versöhnlichen Grinsen. „Sorry Kleine, aber jetzt bist nun Mal du mit Erzählen an der Reihe. Die Geschichten gibt’s ein anderes Mal!“ „Oh…“ ein Ohr fuhr wie eine Wimpel hoch, während dass andere nur langsam nachzog, „Versprochen?“ Maoui nickte
beruhigend. „Gut!„ L’Yrrahy wirkte aber immer noch ein wenig unglücklich, als sie weiter sprach. „Der wissenschaftliche Name dafür ist übrigens ‚Alexandrinischer Bibliotheksbrand-Effekt‘. Was das auch immer heißen soll.“ „Ja genau, so nannte es der Admiral auch.“ Das Alien kratzte sich jetzt hinter dem Ohr, während ihr Schwanz in weiten Spiralen von einer Seite zur anderen Schwang. Dann seufzte es schließlich schwer und fokussierte sich auf den Mount. „Aber auch das überstand Galahad. Mutter erzählte mir stets, dass man sich zwar schon sehr früh bewusst
war, was wirklich nötig gewesen wäre um gegen die Serenjitas zu bestehen. Aber die wenigsten trauten sich diesen Schritt zu oder hielten ihn überhaupt für machbar, geschweige denn erfolgsversprechend... du kennst doch die relevanteste Schwäche der Serenjitas, oder?“ „In welchem Zusammenhang?“ „Auf dem Schlachtfeld, in der direkten Konfrontation!“ Maoui legte die Stirn in Runzeln. „Ich hab noch nie gehört, dass sich die Blutfresser auf eine direkte Konfrontation eingelassen hätten. Auf Planetenoberflächen überrannten sie alles mit ihren Drohnenarmeen,
Roboterkompanien und unseren umgepolten Kampfverbände. Außer den sogenannten Juggernauts, waren keine Gefährten von ihnen bemannt, und auch diese ließen sie sofort im Stich, wenn es uns endlich gelang, sie kampfuntauglich zu machen.“ L’Yrrahy nickte. „Und dennoch war ihnen nicht beizukommen…“ „Das waren verfluchte Technopathen! Bevor du mit einem Laserkarabiner auf einen von ihnen anlegen konntest, strahlte dir der mit einem bloßen Gedanken damit die Eierstöcke durch den Arsch ins Freie!“ Während sich als Reaktion auf Maouis Aussage L’Yrrahys Gesichtsbehaarung
leicht sträubte, versuchte diese die Reihenfolge der Erläuterungen, die sie von ihrer Mutter her kannte, fortzusetzen. „Und wie gelang ihnen das?“ „Nun... ein Eierkopf der Sternenflotte erklärte mir mal, dass die Blutfresser in der Lage wären, ihre Gehirne derart auf die Stromimpulse anderer Lebensformen, deren genetischer Code sie geknackt hatten, sowie jeglicher elektronischer Geräte einzutunen, dass sie diese jederzeit mit bloßer Gedankenkraft manipulieren und lenken konnten.“ „Und was wäre der logischste Weg, um sie daran zu hindern?“ Noch bevor L‘Yrrahy nach ihrer
rhetorischen Pause fortfahren konnte, antwortete Maoui bereits. „Man ballert ihnen das Gehirn weg!“ Das Alien wich unschlüssig einen Schritt zurück. „Was denn? Das hat immer funktioniert!“ Nun schien Maoui in Fahrt zu kommen. „Gausswaffen waren dafür vielleicht nicht die beste Wahl. Aber EMP-Granaten waren nicht zu verachten. Und sonst galt einfach nur die Regel: mit Wucht drauf - sei es sprengen oder einschlagen. Sogar Druckgasarmbrüste und Chemoschleudern hatten sehr gute Chancen. Praktisch jede mechanische Waffe…“ Ein Grinsen huschte nun über L’Yrrahys
Gesicht, als sie den Kopf schräg legte. Maoui hielt dafür unschlüssig inne, während ihr Blick nachdenklich von L’Yrrahy zum Mount und wieder zurück wanderte. „Das sind alles mechanische Schusswaffen...“murmelte sie, als das Alien zustimmend nickte. „Praktisch war es schon von der ersten Konfrontation an klar, was der einzig richtige Weg gewesen wäre,“ sprach dieses weiter, „aber die Ausführung gestaltete sich extrem schwierig, bis fast unmöglich.“ Sie verschränkte die Arme. „Im Weltraum gab es leider keine Alternativen zu elektronisch gesteuerten
Systemen. So blieb bei den allerersten Versuchen, alle elektronischen Komponenten der üblichen Kampfanzüge und -Rüstungen zu entfernen nur stets ein unbrauchbarer Kokon zurück, der kaum bewegbar und nicht zu gebrauchen war. Wobei auch nur eine akzeptable Panzerung stets eine massive Einbuße in der Beweglichkeit bedeutete. Und selbst bei einigen wenigen erfolgreichen Testläufen zeigte sich, dass dann der Kämpfer schutzlos den mentalen Angriffen der Serenjitas ausgesetzt war.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Deswegen wurde die Idee von Infanteristen im Kampf gegen die Serenjitas sehr früh aufgegeben und man
konzertierte sich danach hauptsächlich auf massiv gepanzerte, schwere Kampffahrzeuge, die genug starke EMP-Schilde mit sich führen konnten.“ Maoui nickte stumm. „Und so wäre es wohl auch geblieben und wäre sehr wahrscheinlich der Ausgang der Primärkriege ein anderer gewesen… hätte das Schicksal nicht eine Handvoll Wissenschaftler und ihren Begleitschutz auf dem Planeten Montsauvage abstürzen lassen.“ „Der gehörte doch zu einem der ersten Sonnensysteme, die die Blutfresser mit ihren sonnenzerstörenden Warpbomben ausradierten, nicht?“ L’Yrrahy nickte. „Der einzige Ort, an
dem das lapis ex coelis entdeckt wurde, das sogenannte 'blaue Himmelsgestein'. Ein legendäres Erz, das nicht nur PSI-hemmend war, sondern sich auch noch mit primitiven Mitteln verarbeiten ließ. Übrigens wird davon abgeleitet und aus Tribut an Galahad auch noch heutzutage die antipsionische Innenbeschichtung der Pilotenkanzel der Mounts, das sogenannte 'Ulysseswachs', vor der Anbringung noch offiziell lapsit exillis genannt.“ Sie hielt kurz inne. „Obwohl was nun folgt von unzähligen Chronisten extrem verbrämt und unnötigerweise ausgeschmückt wurde, sowie von vereinzelten Knights zu einem
übertrieben epischen Gründungsmythos hochstilisiert wird… hier die Daten, die Mutter stets für real und glaubwürdig hielt.“ Wieder änderte sich die Stimme, mit der L’Yrrahy sprach. „Von den Wissenschaftlern überlebten den Absturz nur dreizehn Mitglieder verschiedener Spezies. Deren wahre Namen wurden nie überliefert oder gingen irgendwann in den Wirren des Krieges verloren. Aber durch ihre Handlungen und ihr Auftreten, wurden die drei einflussreichsten Charaktere unter den Überlebenden mit der Zeit als der ‚Falken des Sommers‘, ‚Die letzte ihrer Art‘, von der behauptet wird, dass
sie ‚die Stille in sich trägt‘ und ‚Die Herrin der Quelle‘ bekannt. Ihnen persönlich ist einerseits die Entdeckung des lapis ex coelis und deren Wirkungsweise zu verdanken, anderseits auch die Erfindung Galahads!“ Maoui erhob sich und wandte sich nachdenklich ihrer ‘wandelnden Duschkabine‘ unter der massiven Kuppel aus Panzerglas zu, während L’Yrrahy weiter sprach. „Auf Rettung wartend, sahen sich die Überlebende des Absturzes irgendwann mit der Tatsache konfrontiert, dass die Serenjitas ebenfalls auf Montsauvage gelandet waren und nach Überlebenden des abgeschossenen Schiffes suchten.
Doch da die Dreizehn nur mit einem Forschungsschiff unterwegs gewesen waren, verfügten sie auch über keine nennenswerte Bewaffnung um diese zu bekämpfen, so dass ihnen einzig die Alternative blieb, sich so lange zu verstecken, bis Hilfe - wenn überhaupt - kommen würde. In den Höhlen, die sie dafür fanden und auf der Suche nach einer Möglichkeit, sich vor den Sinnen der Serenjitas verbergen zu können, entdeckten sie schließlich das Geheimnis des blauen Himmelsgesteins und…“ L’Yrrahy blickte nachdenklich zur Heldengalerie hoch, mit der die verstorbenen Veteranen und Helden des USFODs geehrt
wurden. „Das sich unter ihnen drei Exemplare der Rasse Homo sapiens sapiens spacialis befanden, deren genetischer Code scheinbar noch nicht vollständig von den Serenjitas geknackt worden war.“ Maoui sah das Alien ein wenig ungläubig an. „Aber unser Blut war ja eines der Ersten, an dem sie ihren Hunger stillten!“ „Eigentlich hat sich ein Serenjita nie von dem Blut ernährt, das es von anderen Lebewesen zu sich nahm. Sie waren bloß in der Lage, über ihren Verdauungstrakt aus dem Blut einer anderen Spezies deren genetischen Code aufzuschlüsseln und die mnemonischen Speicher der DNA
anzuzapfen, um Informationen daraus zu gewinnen. Dadurch waren sie in der Lage, die Gedanken und Gefühle jeder betroffenen Spezies für sich telepathisch ‚lesbar‘ und manipulierbar zu machen.“ Maoui hatte inzwischen auch die Arme verschränkt und sah ihre Zimmergenossin skeptisch an. „Das ändert nichts an der Tatsache, dass man sie aus gutem Grund so nennt, wie man sie nennt.“ L’Yrrahy nickte zustimmend. „Aber es gibt scheinbar eine genetische Variante, mit der auch die Serenjitas nicht zu Rande kommen konnten... und sogar später für die Züchtung der Alpha-Menschen implementiert wurde!“ Überrascht zog Maoui die Augenbrauen
hoch und klang irritiert. „O.K., gut... aber, warum… wieso war das keinem zuvor aufgefallen? Wieso war diese Entdeckung nicht schon während den vorhergehenden Kriegsjahren gemacht worden? Es forschte ja förmlich jeder Eierkopf jeder Rasse und Kultur ununterbrochen an dieser Sache. Ich meine, damit hätte man doch endlich einen entscheidenden Trumpf gegen die Blutfresser in der Hand gehabt!“ „Nun, man wusste es eigentlich schon länger.“ Maoui sah das Alien komplett verdutzt an und ihre ganze Körperhaltung drückte förmlich eine einzige Frage aus. Und L’Yrrahy beantwortete
diese. „Leider kommt diese genetische Variante auch mit einer relevant verminderten Leistungskapazität des kognitiven Verarbeitungspotentials daher, was deren Besitzer praktisch automatisch von der Bedienung technologisch komplexer Maschinen ausschließt.“ Es brauchte einen Moment, bis Maoui die Information komplett verdaut hatte. L‘Yrrahy wusste es in dem Augenblick, in dem ihre Begleiterin in schallendem Gelächter ausbrach. Während sie nun Maoui zu beruhigen versuchte und sich inzwischen unzählige Anwesenden fragend zu ihnen herum drehten, sackte die rothaarige Frau laut
lachend in die Knie und musste sich dabei am Bauch festhalten.
Für einen kurzen Moment war Maoui Syrias wildes, ungebändigtes Lachen in der ganzen Halle zu vernehmen - ab und zu durch den gleichen Satz unterbrochen:
„DAS ist das Geheimnis! Zum Knight of Fate muss man als Holzkopf geboren werden!“
L'Yrrahy wirkte erbost. „Das, habe ich aber nicht gesagt...“ meinte sie irgendwann, während sich die Härchen auf ihrer Nase nach allen Seiten sträubten. Maoui hatte inzwischen aufgehört zu lachen und schnappte nur noch nach Luft. „Wäre aber eine logische
Schlussfolgerung.“ Meinte sie dabei kurz gebunden. „Finde ich nicht! Nicht jeder der diese genetische Variante besitzt, ist von Geburt an zum Knight geeignet.” “Andersrum!“ Grinste Maoui schließlich, als sie sich hinsetzte und mehrmals tief durchatmete. „Aber zumindest kann man zu ihrer Verteidigung sagen, dass sie dank dieser 'genetischen Variante' wohl nicht schlau genug waren, zu begreifen, dass sie reell gesehen keine Chance hatten!“ L’Yrrahy verengte herausfordernd die Augen. „Wie schlau ist dann ein Feiglingsspiel mit einem Schwebepanzer gegen einen startenden Abfangjäger der
FirBolf?“ Gleichzeitig beschäftigte sie plötzlich etwas an Maouis letzter Aussage, als sie zwar noch „Auch wenn du gewonnen hast... und was hat das überhaupt mit Hühner zu tun?“ murmelte, aber schließlich von ihren Gefühlen übermannt wurde. Maoui wollte gerade empört etwas erwidern, als L’Yrrahys Schwanz kraftlos zu Boden sank und diese verloren nach unten blickte. Ihre Stimme klang wehmütig. „Als du gesagt hast, dass sie keine Chance hatten... weißt du, immer wenn man meiner Mutter damit kam, ‚dass wir keine Chance hätten‘, dass es aussichtslos sei, ohne profundes Wissen der Physiologie
und Psychologie eines Katirraners und erst recht noch fernab von dessen Heimatplaneten mich großzuziehen… immer dann antwortete sie mit einem selbstsicheren ‚wer hält sich schon mit solchen Kleinigkeiten auf?‘“ „Das Gottvertrauen möchte ich auch mal haben.“ „Es schien mir damals, als könne sie nichts erschüttern... es gab sogar eine Zeit, da hielt ich sie für die mutigste Frau des Universums!" Sie seufzte schwer. "Inzwischen weiß ich, dass alles nur gespielt war. Dass sie meinetwegen viele Male tagelang wach gelegen und mehrfach fast ihre Karriere ruiniert hat.
Und das sie, auch wenn sie es nie zugeben würde, diesen Satz nur meinetwegen sagte, um mir Mut zu machen!" L'Yrrahy wurde leiser. "Sie war immer für mich da...“ Als das Alien aufsah, konnte Maoui in ihren phosphoreszierenden Augen wie in einem offenen Buch lesen. Irgendwie kam es ihr seltsam vertraut vor. „Was war deine Mutter eigentlich?“ „Nicht war... ist!“ „Und?“ „Eine Menschenfrau. Wie du der Gattung der Abkömmlinge des Homo sapiens sapiens spacialis.“ „Oh… du bist
adoptiert?“ „Ja!“ Leibliche Eltern..." "Unbekannt!" Beendete L’Yrrahy Maouis Satz eine Spur zu schnell. Diese räusperte sich nur. „Nun… ich wollte eigentlich nur wissen, was ihr Job ist. Mit was verdient sie sich ihren Lebensunterhalt?“ „Diplomatin und angesehene theoretische Psychohistorikerin.“ „Oh wow… das nenne ich Leben!“ Und plötzlich ergab etwas anderes Sinn. „Kleine… du hast doch vorher deine Mutter wortwörtlich zitiert, oder?“ Als L’Yrrahy nickte, sah Maoui sie mit einem mitfühlenden Lächeln an. „Du
vermisst sie, nicht?“ „Ja! Schrecklich!“ Für die Dauer eines Herzschlages war es Maoui, als stünde sie sich selber gegenüber. Verloren an einem Ort an den sie nicht hin wollte und unter Umständen die absolut nicht nachvollziehbar waren - sogar das Alter entsprach in etwa dem gleichen wie ihres damals. Nie die eigene Mutter gekannt, nie erfahren, wer sie zeugte…was ihr persönlich auch heute noch manchmal zu schaffen machte. Was machte dieses Xeno so anders als sie? Wo war der grundlegende Unterschied? Aber vor allem… wie musste es dann
sein, wirklich so etwas wie eine fürsorgliche Mutter gefunden zu haben, die für einen da war, Halt und Zuversicht gab… und nicht bei ihr sein zu können? Unbewusst öffnete sich Maoui L‘Yrrahy weit mehr, als sie überhaupt jemanden gegenüber jemals bereit gewesen wäre. Sie reagierte instinktiv, ignorierte jegliche Bedenken und handelte nach dem Herzen, als sie die Hand ausstreckte und der Katirranerin vor ihr sanft und beruhigend über den Kopf fuhr. „Das wird schon! Und wenn du dich noch so gut an ihre Worte erinnern kannst, wie weit weg kann sie dann schon sein?“ Während L’Yrrahy von der Reaktion so überrascht war, dass sie einfach nur
erstarrte, musste Maoui erstaunt feststellen, dass das Alien unter ihrem Haar, direkt am Scheitelpunkt des Kopfes, ebenfalls ein eingelassenes Schmuckstück besaß. Die nun folgenden Worte fielen ihr dafür schon fast zu leicht, als sie L‘Yrrahy direkt in ihre strahlenden Augen blickte. Denn es war nichts anderes als ihr Mantra für die wirklich üblen Momente, welches sie sich seit sie bewusst denken konnte eingebläut hatte - darauf hoffend, das sie eines Tages erfahren würde wer ihre Mutter war oder gewesen war. Und sie sprach sie auch mit dieser Überzeugung: „Deine Mutter kann, wird nicht immer
für dich da sein. Und das ist auch gut so, denn schlussendlich musst du dich auf dich alleine gestellt behaupten, um wirklich Erfolg zu haben. Lebe und handle stets danach. Auf das du ihr eines Tages gegenübertreten und einen Grund geben kannst, stolz auf dich zu sein. So wie du immer stolz auf sie sein wirst!“ Während Maoui eine Gänsehaut bekam, und nicht wusste ob es wegen ihrer momentanen Aktion oder der unerwarteten Weichheit der Haare des Aliens war, formte sich auf L'Yrrahys Lippen ein schwaches Lächeln und strahlte sie sie dankbar an. Steil klappten ihre Ohren in die Höhe. Und zu beider Überraschung begann
L’Yrrahy mit der Lautstärke eines Fahrzeugmotors zu schnurren an. Als sie sich dessen bewusst wurde, bekam sie riesige Augen, während Maoui verunsichert die Hand zurückzog. Sofort verstummte sie. Irritiert sahen sich die Beiden nun an und wirkten sogar ein wenig beschämt; bis Maoui sich räusperte. „Nun… du wolltest doch… wir… wir waren noch bei diesen...“ L’Yrrahy streckte sich durch und sah ihre Zimmergenossin durchdringend an. „Nicht so Int… nun, mhmmm… unkomplizierten Typen, oder?“ Das Alien legte den Kopf schräg und brauchte einen Moment bis es verstand,
was Maoui überhaupt meinte. „Oh ja! Und, das klang ja schon fast… nett.“ „Was? Nein, niemals! Ich…“ Als L’Yrrahy realisierte, dass sich Maoui jetzt mit ihrer übertriebenen Reaktion sogar dazu hatte hinreißen lassen, ein wenig herumzualbern um sie aufzumuntern, war für sie das Eis endgültig gebrochen. Eine Spur entspannter und aufgestellter als zuvor, fuhr sie grinsend mit ihrer Erzählung fort. „Es dauerte nicht lange, bis sich die Überlebenden des Absturzes bewusst wurden, dass sie auch in den Höhlen nicht sicher sein würden. Und dass erst Recht kein Rettungssignal daraus
gesendet werden konnte…“ Sie legte eine Pause ein, bei der sie tief durchatmete und sich dabei sanft über den etwas unterhalb ihres Kehlkopfes eingelassenen Edelstein fuhr. Erst jetzt realisierte sie, dass all dieses Wissen nicht bloß eine Reminiszenz an ihre Mutter war, sondern ein Teil von ihr, ein Geschenk, das sie immer begleiten und sie stets an sie erinnern würde. Maoui hatte wohl diesbezüglich unbewusst den Nagel auf den Kopf getroffen. Obwohl, wenn sie jetzt deren Emotionen las, wusste diese Frau augenblicklich genau was sie tat… „Danke!“ strahlte sie Maoui offen und ehrlich an und fuhr dann voller Elan mit
dem Erzählen weiter. Diese nickte nur verständnisvoll und stand auf. „Denn ein solches Rettungssignal diente auch als Ortungssignal für jeden, der ihnen zu Hilfe eilen würde. Und musste deswegen, um effektiv zu sein, an einer möglichst hohen Stelle positioniert werden. Was aber auch bedeutete, dass es früher oder später von den Serenjitas geortet werden würde. Es führte also nichts an einer direkten Konfrontation vorbei!“ Maoui nickte zustimmend. „Aus eigener Erfahrung wussten der ‚Falken des Sommers‘, ‚die letzte ihrer Art‘ und ‚die Herrin der Quelle‘ jedoch,
dass die Serenjitas wohl zuerst das Gebiet weitflächig abscannen und falls sie nicht sofort einen Feind ausmachen konnten, erstmals Aufklärungsdrohnen entsenden würden. Erst wenn diese mit dem Problem nicht fertig wurden, würden sie Soldatendrohnen schicken und sich gegebenenfalls sogar selber aktiv am Geschehen beteiligten. Doch es war zu erwarten, dass die Drohnen in übertrieben großer Stückzahl erscheinen würden.“ „Jup, die Blutfresser kannten diesbezüglich kein Maß. Wetten, dass sie Terra-Ratten mit Raketenwerfern jagten.“ L’Yrrahy zögerte kurz, bevor sie weitersprach. „Aus den zuvor schon
genannten Gründen und vor allem mit Hilfe des blauen Himmelssteines, hofften sie während der planetaren Scans der Serenjitas unentdeckt zu bleiben, bis es ihnen gelungen wäre, den Sender aufzustellen. Doch das war das kleinste Problem. Denn obwohl sie davon ausgehen konnten, dass aktiv nach ihnen gesucht wurde und sich möglicherweise sogar schon ein Suchschiff im System befand, konnte es noch Tage dauern, bis dieser Montsauvage erreichte. Und so lange musste der Peilsender aktiv und sie hoffentlich unentdeckt bleiben…“ L’Yrrahys Schwanz vollführte Spiralen im Raum. „Gleichzeitig hatten ihre Wissenschaftler
mit der Tatsache zu kämpfen, dass ein Konstrukt aus blauem Himmelsstein, wenn er erfolgreich seinen Träger vor den Serenjitas verbergen sollte, zu schwer für einen einfachen Körperpanzer ausfiel. Selbst mit einem Exoskelett ließen sich die Platten nicht bewegen. Und um effektiv ein Fahrzeug komplett auszukleiden hatten sie einfach zu wenig davon.“ Sie sah zum Mount-Prototyp unter der Glaskuppel hinüber. „Es waren ja auch nur 13 Leute, darunter auch Verletzte, um die man sich kümmern musste. Und man besaß kaum brauchbares Werkzeug für effiziente Schürfarbeiten. Also entschied man sich
schließlich aus Mangel an Alternativen für einen uralten Powerlader, der den Absturz überlebt und mit dem man bisher die gesammelten Proben des blauen Himmelsgesteins herumgewuchtet hatte. Darüber hinaus war allen auch absolut klar, dass sie bei der Herstellung dieses ‚Tarnanzuges‘, wie sie Galahad anfänglich nannten, vollkommen auf den Einbau elektronischer Hilfsmittel verzichten mussten. Somit waren alle Antriebe der vorhandenen Fahrzeuge unbrauchbar, wie auch praktisch ihre normale Bewaffnung. Da ihnen auch die Mittel fehlten, um effektive Hieb- und Stichwaffen, so wie muskelbetriebene Schusswaffen zu improvisieren, griffen
sie wohl gezwungenermaßen zur üblichen Standardbewaffnung der damaligen Soldaten zurück, die stets in ausreichender Zahl in den Schiffen mitgeführt wurde: Schwere Gefechtsgewehre, Sturmgranatwerfer und Schrottflinten. Auch einige Fahrzeugwaffen konnten für den Einbau soweit zurückgebaut werden, dass sie nur noch mechanisch funktionierten.“ Maoui nickte nachdenklich. "Kommt mir irgendwie vertraut vor.“ „Nun, mit diesem Wissen im Hinterkopf und da sie nur rudimentäre Werkzeuge zur Verfügung hatten, wurde alles instrumentalisiert das gerade greifbar war. Wer hierbei auf die Idee mit einem
modularen Pilotensitz von einem in der Nähe abgeschlossenen Jäger ihres Begleitkonvois kam, ist nicht überliefert. Aber der schalenförmige Unterboden des abnehmbaren Cockpits, der als Hitzeschutz für einen notfallmässigen Atmosphäreneintritt dient, wurde dann auch das Herzstück des Prototypen ihres ‚Tarnanzuges‘.“ "Ich wusste es! Diese unförmige Badewanne kam mir unheimlich vertraut vor.“ Meinte Maoui, als sie zum Pseudo-Mount blickte. „Nachdem es ein leichtes gewesen sein soll, die Cockpitmulde mit dem blauen Himmelsstein auszukleiden und an das ausgeschlachtete Stützskelett des
Powerloaders zu fixieren, erwies es sich dafür als fast unmöglich, dessen mechanische Hydrauliksteuerung zu kalibrieren.“ L’Yrrahy verzog eine Grimasse. „Laut Mutter gab es sogar einige Schwerverletzte. Vom ‚Falken des Sommers‘ erzählte sie, dass er bei einer der Probeläufe eingeklemmt wurde und man ihm danach eine Hand amputieren musste. Einer anderen wurden beide Arme gleichzeitig gebrochen! Es brauchte einiges, bis man die durch simple Muskelkraft bediente Steuerelemente im dafür umgebauten Pilotensitz so weit hatte, dass sie derart präzise auf Kommandos reagierten, das
der Prototyp nicht plötzlich wild um sich schoss, unerwartet zusammenklappte oder auf seinen eigenen Piloten losging. Ich glaube, hauptsächlich aus diesem Grund, verkleidete man die Sitzmulde mit einem rudimentär zugeschnittenen Sichtfenster aus Raumschiff-Plastostahl, der den Piloten vor sich selber schützen sollte." Maoui hatte im Moment einen interessierten, sowie belustigten Blick drauf, der von einigen Emotionen begleitet wurde, die L'Yrrahy irgendwie irritierend fand - aber sie ließ sich nicht beirren. "Mutter benutzte immer die Bezeichnung ‚Hassliebe‘ im Bezug auf den ‚Falken
des Sommers‘ und Galahad - und dennoch blieb er der einzige Pilot des Prototypen bei allen Einsätzen. Im Gegensatz zu der Herstellung, fielen zum Glück die ersten Feldversuche außerhalb der Höhle viel erfolgreicher aus als erwartet. So sehr, dass der ‚Falke des Sommers‘ den Sender schon beim ersten Anlauf platzieren konnte.“ Sie rieb sich nachdenklich mit der Schwanzspitze das Kinn. „Mutter behauptet übrigens, dass Galahad, der Namen den man dem Prototypen auf Montsauvage gab, von einer uralten Quelle stamme, in welcher er den Sprössling des besten Kriegers jener Zeit beschreibt, der erfolgreich auszog, sein
Volk zu retten.“ „Ist trotzdem ein bescheuerter Name.“ „Nach einigen hässlichen Zwischenfällen mit der örtlichen Fauna, entschieden sie sich übrigens dafür, Galahads Panzerung so weit wie nur möglich zu verstärken, so lange Reaktionsfähigkeit und Beweglichkeit nicht all zu sehr darunter litten." Ihr Schwanz schien nun leicht zu vibrieren. "Mutter ist auch heute noch davon überzeugt, das die Herausforderungen welche die Flora und Fauna Montsauvages boten, einen entscheidenden Teil zur erfolgreichen Entstehung Galahads
beitrugen." L'Yrrahy begann nun um die Glasglocke herumzulaufen. Maoui folgte ihr. „Wie die nun folgenden Ereignisse abliefen, konnte auch meine Mutter nicht genau rekonstruieren. Aber scheinbar blieben die Überlebenden wirklich so lange unbemerkt, bis sie endlich die lang erhoffte Antwort erhielten. Dann muss sich alles förmlich überschlagen haben.“ Sie sah ernst auf. „Denn es war genau an dem Tag, an dem sie ein Suchschiff kontaktierte, als die ersten Aufklärungsdrohnen beim Sender aufkreuzten. Scheinbar zeitgleich mit Galahad, der auf dem alltäglichen Routine-Check unterwegs war. Wie zu
erwarten war, stellte er sich ihnen kampfbereit in den Weg. Und..." Ihre Zimmergenossin zog eine Augenbraue hoch. "Sie ignorierten ihn! Die Drohnen waren zwar in der Lage, ihn wahrzunehmen, aber schätzten ihn nicht als Gefahr ein!" Maoui konnte es kaum glauben, rief sich dann aber den Beruf L’Yrrahys Mutter in Erinnerung und musste sich schließlich verwundert am Nacken kratzen. "Aufklärungsdrohnen, eh... die wollten sich doch geistig mit ihm duellieren, mussten aber feststellen, das er unbewaffnet war. Es ist doch schon immer so... das Glück ist doch verdammt nochmals mit den
Holzköpfen!“ Sie kassierte nur einen tadelnden Blick L’Yrrahys, bevor diese weiter sprach. „Trotz seiner rudimentären Ausrüstung und der improvisierten Bewaffnung erzielte Galahad deswegen bei seiner ersten Auseinandersetzung mit den Drohnen der Serenjitas einen wahren Achtungserfolg. Und wenn es ihm auch nicht gelang, alle zu zerstören, konnte er dennoch die Stellung halten und den Sender schützen. Zur Höhle zurückgekehrt, realisierte erstmals niemand wirklich, was das bedeutete, denn schließlich ging es ja endlich heimwärts. Erfüllt von neuer Hoffnung, aber bis zu den Zähnen bewaffnet,
machten sich die 13 deswegen auf zum vereinbarten Treffpunkt. Der anschließende Angriff der Soldatendrohnen kam dafür fast zeitgleich mit der Landung der Evakuierungs-Barkasse. Sehr wahrscheinlich, weil die Ankunft des Bergungsschiffes bei den Serenjitas nicht unbemerkt geblieben war." L’Yrrahy blieb vor der holografischen Erinnerungsplatte der massiven Kuppel aus Panzerglas stehen, auf der kaum etwas Nennenswertes stand, außer der schlichten Typenbezeichnung GALAHAD und dem Hinweis, dass sich innerhalb der Kuppel praktisch der Urahne der heutigen Mounts befinden
würde. „Und dabei zeigte sich erstmals, was die Knights of Fate später im Kampf gegen die Serenjitas so erfolgreich machen sollte: Denn auch die Soldatendrohnen hatten anfänglich Mühe, Galahad als Gegner überhaupt ernst nehmen zu können. Scheinbar fokussierte sich ihre Erste Welle vollumfänglich auf die Barkasse und bot dabei ein fast schon zu leichtes Ziel für die primitiven Waffen des Prototypen. Während man sich also die Drohnen mit gebündeltem Beschuss einigermaßen auf Abstand halten konnte, traute sich der ‚Falke des Sommers‘ mit Galahad direkt in den Kampf! Mit brachialer Gewalt und den montierten
Fahrzeugwaffen veranstaltete er dabei ein wahres Schlachtfest unter den Drohnen. Und es soll ihm sogar kurzzeitig gelungen sein, sie zurückzudrängen!" Jetzt zeigte sich Maoui sichtlich beeindruckt. "So holte er genug Zeit heraus, damit alle 13 erfolgreich fliehen und endlich in Sicherheit gebracht werden konnten!" L’Yrrahys momentaner Tonfall irritierte seine Zimmergenossin ein wenig. "Wann erzählte dir deine Mutter die Geschichten über Galahad schon wieder?" "Immer als Gutenachtgeschichte!" "Aha..." "Und so gerne es die Vereinten
Föderierten Streitkräfte auch regelmäßig behaupten, es opferte sich in diesem Kampf niemand, und der Sieg wurde auch nicht durch das taktisch überlegene Vorgehen des Piloten Galahads entschieden, der fälschlicherweise in vielen Quellen als Presille O’Bannon angegeben wird, der erste offiziell anerkannte Bataillonskommandant des USFODs, sondern durch die simple Tatsache, dass die Drohnen der Serenjtas nicht in der Lage waren, ihn als Gegner richtig einzuschätzen!“ L’Yrrahy verschränkte die Arme. „Und es waren auch nicht die VFS, die auf die Idee kamen, aufgrund dieses Erfolges eine neue, schlagkräftige Kampfeinheit
namens Knights of Fate zu gründen. Vielmehr die Tatsache, dass sich der ‚Falke des Sommers‘, ‚die letzte ihrer Art‘ und ‚die Herrin der Quelle‘ mit Galahad und den beteiligten Wissenschaftlern kurz nach ihrer Errettung an einen damals unbekannten Ort absetzten... natürlich hierher nach Styx. Und hier blieben sie auch unter dem Kommando ‚der Herrin der Quelle‘ - von der Mutter vermutet, dass sie die Begründerin der Herrscherdynastie ist, der Urtsuk'Dõjis Bioraffinerie gehört. Aus den von Galahad gewonnenen Erkenntnissen entwickelte man im Geheimen schließlich die erste Generation der Mounts, die damals noch
Escuiers genannt wurden, bereits mit dem noch heutzutage gebräuchlichen 'Ulysseswachs', dem Ersatz für den blauen Himmelsstein, ausgekleidet waren und in größerer Anzahl hergestellt werden konnten. Die ersten Knights wurden übrigens stets auf dem Schlachtfeld rekrutiert, sobald man sich gewiss war, dass der Betreffende die notwendige genetische Variante aufwies. Ursprünglich sogar vom ‚Falken des Sommers‘ und ‚der letzten ihrer Art‘ persönlich. In ihren Anfängen gehörten die selbsternannten Knights of Fate faktisch keiner Einheit an, sie waren so was wie eine verschworene Bruderschaft, die niemandem Rechenschaft schuldig
war - mehr ein eigenbrötlerischer Kreis idealistischer Draufgänger, als das durchorganisierte Bataillon, das wir heute hier erleben. Aus dieser Zeit stammt auch die Redewendung, dass man zwar als Knight of Fate geboren wird, aber nur einer sein kann, wenn man auch dazu erwählt wird!" "Ja, die kenne ich... und prägte auch ziemlich mein Bild der Knights. Nur wusste ich damals nicht, dass sie hauptsächlich Holzköpfe suchten." Das Alien verengte die Augen. "Sie wurden erst vor knapp einem Jahrzehnt offiziell in die Truppen der VFS integriert. Wusstest du eigentlich, dass die Escuiers, und auch einige Mounts
damals noch einen Selbstzerstörungmechanismus besaßen, der einen halben Stadtteil einäschern konnte. Und laut Mutter, wurde dieser auch mehrfach ziemlich effektiv gegen die Tsunami-Taktiken der Serenjitas eingesetzt.“ "Oh, nein! Das wusste ich nicht... aber habe immer wieder Gerüchte in diese Richtung gehört. Würde jetzt im Nachhinein einige ihnen zugeschriebene Heldentaten erklären. Und den Preis, den sie dafür zahlten..." Maoui wirkte nachdenklich, als hadere sie mit ihrer Vergangenheit. "Macht absolut Sinn bei den Blutfressern. Doch ich denke, dass sie das auch nur
momentan verlangsamte und schlussendlich kaum aufhielt. Diese verdammten Angriffswellen waren absolut beängstigend und entmutigend... hab ihren Hass uns gegenüber nie begriffen.“ „Nun, es heißt, dass die Serenjitas in der Lage waren, die Harmonien und Melodien des Kosmos zu vernehmen und sogar den Pulsschlag der Sterne zu spüren. Hierbei empfand ihr Schwarmbewusstsein anderes, fremdes Bewusstsein nicht nur als massiv störend, sondern hauptsächlich als potentielle Erkrankung der universellen Ordnung, von der sie ein fester Teil zu sein glaubten. Sie taten wohl nur, was in
diesem Fall jeder Organismus getan hätte… zu versuchen die Ordnung wiederherzustellen, indem man die Erkrankung ausmerzt.“ Maoui sah verwundert das Alien an. „Weißt du, das hab ich auch schon mehrfach gehört. Hab dem Ganzen aber nie groß Beachtung geschenkt. Doch hier und jetzt, unter diesen Umständen und derart pragmatisch von dir erklärt… ich kann sie irgendwie sogar verstehen!“ Sie starrte nun den Pseudo-Mount mit einem undeutbaren Gesichtsausdruck an. „Dann war das Ding ursprünglich nicht als Waffe geplant." L'Yrrahy nickte. "Wurde wohl deswegen zum Riesenerfolg
- scheint sich um ein Naturgesetz der Militärstrategien zu handeln. Und wenn ich deine Erläuterungen so bedenke, gibt’s die Knights of Fate nur, weil ein paar Holzköpfe mehr Dussel als erlaubt hatten… das erklärt so unheimlich vieles. Einfach nur nacktes, pures Glück, dass ihr Plan überhaupt funktionierte, denn es hätte auf Montsauvage so viel schief gehen können.“ Sie schüttelte den Kopf. "Aber wenn wirklich alles auf dem Spiel steht...“ L'Yrrahy hatte währenddessen den Kopf schräg gelegt. "Wohl wie damals über Benwick IV. Als du dich auf einen Luftkampf inmitten eines Minenfeldes eingelassen
hast?“ „Da hatte ich aber deutlich bessere Chancen..." Maoui wollte gerade zu einer Erklärung ausholen, als sie verunsichert inne hielt. "Moment!" Sie beugte sich irritiert zum Alien hinunter. "Moment einmal Kleine…“ L'Yrrahy sah fragend hoch. „Woher weißt du das?“ Maoui klang aufgebracht. „Woher weißt du so verdammt viel von mir?“ „Ich habe es in der Begründung gelesen, weshalb man dir die Medaille für herausragende Tapferkeit verliehen hat.“ „Oh... wo steht das?" "In den unsortierten Datenfragmenten zu
deinem Curriculum vitae, welche nicht offiziell freigegeben sind. Scheinbar haben die VFS ein massives Problem mit deinem Alter und der chronologischen Einstufung aller Daten.“ Maoui sah das Alien entsetzt an. „Und das kann einfach so, von jedem Wildfremden, gelesen werden?“ „Wenn er in der VFS Master-Datenbank auf Enyalios danach sucht, ja!" Maoui wollte ihr gegenüber gerade ausfällig werden, als sie verunsichert inne hielt. "Diese Datenbank ist aber ausschließlich der Admiralität zugänglich. Wie bist du da überhaupt rein gekommen?“ „Ich habe mich
reingehackt.“ Maoui zog verwundert die Augenbrauen hoch. "Einfach so?" "Nun, es war nicht so mühevoll wie die zentrale Gendatenbank von Centwine, aber auch nicht gerade einfach.“ Sie wirkte nachdenklich. „Aber mit der Hardware, die hier den Knights zur Verfügung steht, war es nicht wirklich eine Herausforderung.“ „Hatte da Merlin nichts dagegen einzuwenden?“ „Nun, der hat jetzt während der Prüfwoche genug um die Ohren. Und seine Kontrollprogramme reagieren bloß auf Unregelmäßigkeiten oder wahrnehmbare Datentransfers. Simple
Positionierungen eines harmlosen Ghostfensters ohne weitere Aktivitäten werden mehrheitlich geduldet. Und da Anfragen aus Styx allgemein priorisiert mit verminderten Sicherheitsabfragen behandelt werden...“ Sie zuckte bloß mit den Schultern, als Maoui kurz zurückwich. „Halt, Stop! Mir dreht sich langsam echt der Kopf. Du bist auch in Centwine eingedrungen? Wieso?“ „Nun, sie wollten meiner Mutter die Ergebnisse meines genetischen Profils nicht mitteilen!“ „Aber das ist doch verboten!“ „Echt? Jetzt weiß ich endlich, weshalb sie es nie meiner Mutter gesagt
haben!“ „Nein… ich meinte das Hacken.“ „Wieso? Es ging doch bloß um mich?“ „Und man hat dich dafür nicht bestraft?“ „Nein, wüsste nicht, dass es jemandem aufgefallen wäre. Des weiteren haben sie sowieso zu wenig genetisches Material von Katirraner, damit ich ein relevantes, brauchbares Ergebnis erhalten konnte.“ Sie klang enttäuscht, als Maoui sie scharf ansah. "Bist du sonst jemals erwischt worden?" "Nein." Kurz erwachte ein seltsames Glitzern in Maouis Augen. "Aber ins Grand Casino Excelsior des Ameisenhaufen hast du dich wohl noch
nicht getraut?“ sprach sie mehr zu sich selber, als zu L'Yrrahy. "War ich. War aber enttäuschend. Was findet ihr daran, spiele zu spielen, deren Ausgang vorweg schon von einer Maschine bestimmt wird?“ „Soll das heißen, dass die Spiele gezinkt sind?“ Maoui klang entsetzt. „Nein, aber im Zweifelsfall wird automatisch für die Bank entschieden und auch ansonsten sind die gegebenen Parameter sehr eng gesteckt. Gewinnchancen sind kaum vorhanden. Wohl weil hier Merlin stets als Bank agiert.“ Maoui traute inzwischen ihren Ohren
nicht mehr. „Echt! Schade... und du lügst mich wirklich nicht an?“
„Wieso sollte ich?“
„Nun... damit du richtig fett angeben kannst. Oder versuchst du vielleicht damit mich einzuschüchtern? Ich meine... echt... arbeitest du denn mit jemandem anders zusammen und sollst mich ködern?“
L'Yrrahs Stimme war jetzt von Neugierde erfüllt und von einer Ehrlichkeit, die einfach nur entwaffnend war. "Nein... was sollte mir das denn bringen?“
Und Maoui wusste echt nicht was antworten.
Langsam dämmerte ihr, dass es L’Yrrahy nicht nur ernst meinte, sondern sich auch
absolut keiner Schuld bewusst war. Beeinflussbar und bedenkenlos … konnte sie de facto so viel Glück haben? Unschlüssig starrte Maoui in die riesigen Augen des Aliens. Würde sie es jedoch übers Herz bringen? So oder so behagte ihr die momentane Situation nicht und verunsicherte sie sogar ein wenig. Konnte die Kleine … konnte überhaupt jemand so naiv sein? Nach der Art und Weise zu urteilen, wie das Alien sie gerade anstarrte, schien es möglich. Und wenn die Kleine wahrlich so gut war. Was alles hatte in diesem Fall L‘Yrrahy bereits schon auf dem
Kerbholz? Wenn man sie dann auch noch zu den Knights vorlud, brauchte man wirklich eine Diplomatin als Mutter. Es musste für diese kein Zuckerschlecken gewesen sein, sie großzuziehen. Irgendwie fröstelte es Maoui. Und was, wenn sie in einer ähnlichen Lage steckte wie sie? Wer würde auf die Kleine ein Auge haben, wenn ihre Mutter nicht mehr nach ihr schauen konnte? Was, wenn sich L’Yrrahy hilfesuchend an sie wenden würde? Kein Problem, dachte Maoui reserviert. Sie ist doch nur ein Xeno ... Plötzlich empfand sie es als äußerst
angebracht, das Thema zu wechseln, und sah sich suchend nach einem möglichen, neuen Motiv um. L'Yrrahys Blick drängte immer noch nach einer Antwort. „Das erkläre ich dir später ... oder besser ein anderes Mal.“ Noch bevor das Alien etwas erwidern konnte, stach ihr der gegenüberliegende Aufbau ins Auge. „Und was soll das sein?“ Zwischen mehreren HiTek-Messinstrumenten und einer übertrieben minimalistischen Nano-Werkbank thronte auf einem unpassenden Podest ein seltsam modischer Anzug auf Stelzen. „Das hat ja nun überhaupt keine Panzerung. Ist das ein Stützskelett für
Kriegsinvalide?" L'Yrrahy folgte ihr mit dem Blick und musste grinsen. „Nein! Das Maoui, ist die Zukunft.“ Das Alien ging jetzt so nah wie möglich an den Anzug heran, während ihre Zimmergenossin folgte. Nicht ganz schlüssig, ob es eine gute Idee gewesen war, die Kleine auf dieses bizarre Konstrukt anzusetzen. „Das, ist die übernächste Generation der Knights.“ Die Katirranerin wirkte im Moment wie ein flugzeugbegeistertes Kind, das während einer Flugshow gerade den Prototypen eines Überschalljets der nächsten Generation entdeckt hatte. Und irgendwie passte
dieser Eindruck sogar. „Einen wirklichen Namen hat der Mount noch nicht. Aber allgemein hat sich dafür die Bezeichnung ‚Prometheus‘ etabliert.“ „Das soll ein Mount sein?“ Maoui kratzte sich verwirrt im Nacken. „Wohl so eine Paradeuniform, oder? Sieht mir aber zu wenig aussagekräftig aus. Sollen damit vielleicht Schönheitswettbewerbe unter den Knights abgehalten werden? Dabei treten sie in ultradünnen Herren-Strings auf?“ Kurz rief sie sich die Bilder des Matches in Erinnerung, den sie heute Morgen bei ihrem ersten Kaffee hatte verfolgten dürfen. Auch wenn L’Yrrahy die Eindeutigkeit dieser Aussage nicht ganz entging, ging
sie nicht darauf ein. „Nein. Das ist ein Mount, der nur noch über direkte, elektrodermale, sowie elektrophysiologie Aktivitäten gesteuert werden wird. Protoplasmische Energiefelder sollten dabei als Schutz dienen und die Panzerung ersetzen!“ Einen Moment lang nickte Maoui nur, bis sie schließlich den Kopf schüttelte. „Und das heißt?“ „Das Energiefelder die Panzerung ersetzen.“ „Den Teil hatte ich begriffen …“ „Und der Mount mit Muskel- und Neurophysiologische …“ sie blickte in Maouis immer noch ratloses Gesicht, „direkte Gedankenimpulse gesteuert
wird.“ „Er wird …“ Maoui fuhr zum Anzug herum. „Über direkten Kontakt, nicht. Dafür muss man doch ziemlich nackt sein? Trifft wohl das mit dem Schönheitswettbewerb gleichwohl zu?“ L’Yrrahy grinste. „Nein.“ „Schade.“ „Aber die Standardbekleidung der zukünftigen Knights wird wohl entschieden eine andere sein müssen. An den diesbezüglichen protodermalen Membran-Systemen wird noch gearbeitet, um eine maximale Signaleffizienz erreichen zu können.“ Maoui wechselte einen skeptischen Blick zwischen Galahad und der futuristischen
Hässlichkeit. "Das entspricht doch in etwa dem technischen Niveau, den die Eldarer vor Ffolkes Finsternis hatten?“ Sie trat einen Schritt zurück, als es ihr eiskalt den Rücken hinab lief. „Kommt das nicht einem Verrat der Prinzipien der Knights gleich? Vor allem … nach all dem, was wir während der Primärkriege mit den Blutfressern durchgemacht haben. Und erst recht nach dem was du mir zuvor über Galahad und der Entstehung der Knights erzählt hast?" L’Yrrahy sah sie unschlüssig an. „An diese Möglichkeit hatte ich gar nicht gedacht. Aber ich glaube nicht. Da die Serenjitas schlussendlich ausgerottet
wurden, wird auf längerer Sicht das heutige Design der Mounts doch irgendwann obsolet sein. Es ist in dem Fall doch absolut logisch, dass die Knights bestrebt sind, mit der momentanen Technologie mithalten zu können.“ „Waren sie dieser nicht stets einen Schritt voraus? Ich meine, mir war immer, als käme ein Großteil ihrer einzigartigen Schlagkraft vor allem durch ihre technologische Überlegenheit.“ „Eben.“ Maoui neigte unbefriedigt den Kopf zur Seite. „Mich würde vor allem interessieren, was die Iron Knights über
diese Entwicklung denken. Und …“ erneut fröstelten es sie, „es ist nie gut, die eigene Vergangenheit zu ignorieren.“ Sie verschränkte die Arme. „Ich habe nicht das Gefühl, dass die Zukunft der Knights wie dieses Prometheus aussieht.“ L’Yrrahy schien den Einwand nicht so ganz zu begreifen. „Nun, was deine erste Frage betrifft. Wohl eher dem niedrigsten Techlevel des Ur-Sternenreiches, dem Vorgänger des jetzigen Sternenbundes. Zur Zeit vor den galaktischen Primärkriegen. Da waren nach überlieferten Chroniken solche Dinge alltäglich. Zu jener Zeit soll man auf den Gründerplaneten des Reiches sogar Rüstungen besessen haben, in denen man
kurzzeitig sein Bewusstsein runterladen konnte.“ „Das ist dann wohl auch ein Traum der Knights, nicht?“ „Was das … und die Iron Knights anbelangt. Ein Komitee aus Mitgliedern der Veteranenkompanie finanziert schon seit Jahren jegliche Forschung in diese Richtung. Und dies mit tatkräftiger Unterstützung von Merlin. Wie du bereit schon gesagt hast: Ein Merkmal der Knights ist ihre technologische Überlegenheit. Und die wollen sie sicherlich auch zukünftig erhalten. So ist nun mal die Zukunft, sagt Mutter immer.“ Maoui betrachtete lange und ausgiebig
den modischen Anzug auf Stelzen, der im Gegensatz zu Galahad von jedem Anwesenden sichtlich bewundert wurde. „Ich bin echt zu alt für den Scheiß.“ „Hartnäckige Gerüchte besagen übrigens, dass der designierte Pilot des allerersten funktionstüchtigen Prometheus-Prototypen ein Eldarer sein wird. Ist aber wohl nur ein Gerücht, da die Knights keine Mitglieder dieser Rasse in ihren Reihen besitzen.“ Sprach nun L’Yrrahy, Maouis letzten Kommentar ignorierend. Diese blickte dafür mit einem breiten Grinsen zu einer verhüllten Konferenznische und meinte nur knapp. „Da könnte mehr dran
sein.“ „Echt?“ „Nur so ein Gefühl.“ „Oh …“ Maoui machte sich kopfschüttelnd daran, so schnell wie möglich von dem hässlichen Gebilde wegzukommen. Irgendwie hoffte sie wirklich, dass sie nicht zur Generation gehören würde, die derartige Mounts in die Schlacht führen sollten. Ein wenig abwesend warf sie jetzt einen letzten Blick zu Galahad und verabschiedete sich dabei förmlich von dem Mount. „Und wegen dem ‚Feiglingsspiel‘ von vorhin.“ „Ja?“ L’Yrrahy folgte
ihr. „Das hat nichts mit ‚Schläue‘ zu tun. Sondern mit ein militärisch anerkanntes, strategisches Manöver, dass ,blanke Verzweiflung' genannt wird.“ „Werd ich mir merken.“ „Mach das.“ Maoui versuchte sich währenddessen zu orientieren und hielt angestrengt nach dem Hauptschalter der Anlage Ausschau. Hierbei fiel ihr ein Grüppchen Rekruten auf, die sich mit glasigem Blick völlig erstaunt und überwältigt herumsahen. Als hätten sie endlich das Allerheiligste eines Wahlfartsortes ihrer über alles angebeteten Gottheit erreicht. Belustigt zog sie die Augenbraue hoch.
„Manchmal frage ich mich wirklich, was die Knights of Fate so speziell macht? Wie sind sie eigentlich zu ihrem Ruf gekommen? Ich meine, während der galaktischen Primärkriege wurden ganze Armeen und Flotten mit richtig auffälligen Namen gegründet und in die Schlacht geschickt.“ Maoui zuckte mit den Schultern und sprach für sich weiter. „Gut, die Mehrzahl von ihnen wurde früher oder später ausradiert. Aber einige davon existieren auch heute noch. Doch kaum einer außerhalb des eigenen Systems kennt sie, obwohl sie ganze Armeeverbände umfassen und nicht nur bloß ein Bataillon. Dafür haben die Knights aber absolut nichts von ihrer
Popularität eingebüßt. Für manche sind sie sogar eine Art Religion … selten so fanatische Leute gesehen.“ Obwohl Maouis Aussage rhetorischer Natur war, antwortete ihr L’Yrrahy. „Mutter meinte einmal, dass das USFOD, die Knights of Fate, vor allem wegen ihrer Rolle als Infanterie während der Primärkrieger zwangsläufig einen viel engeren Kontakt mit den betroffenen Zivilisten hatten als alle anderen. Sie kämpften sozusagen vor deren Haustüre und nicht wie die restlichen Kampfverbände weit weg, irgendwo im Kosmos in irgendwelchen Schlachten. Sie waren hierbei stets ein erfassbarer, physischer Faktor und nicht bloß ein
strategisch relevanter Terminus. Des weiteren wurden Lazarette und Krankenstationen stets von den Knights bewacht und häufig auch gezwungenermaßen von ihnen errichtet. Wer von einem solchen Ort lebend davonkam, hatte wohl einen ganz bestimmten, positiven Eindruck von ihnen. Dazu heißt es ja auch, dass sie nie einen Hilferuf unbeantwortet gelassen hätten, egal wie selbstmörderisch der dazugehörige Auftrag auch sein mochte. Egal ob das stimmt oder nicht. Es half sehr viel die Reputation, die sie heutzutage besitzen zu etablieren. Mutter behauptete sogar einmal, dass die Knights of Fate wohl das Bild des
Begriffes ‚Ritter‘ prägten, so wie es uns in unserer Zeit geläufig ist. Und schließlich stellten sie in den letzten Jahren stets die Elite-Haupteinsatztruppe der Vereinigte Föderierte Streitmächte, die STRIKEFORCE ONE, da sie bisher unbesiegt in den Megathlon-Meisterschaften sind.“ Maoui nickte im Gehen zustimmend, während ihr der eine oder andere Erinnerungsfetzen schmerzhaft zu Bewusstsein kam. Waren die Primärkriege wirklich so lange her? Oder spielte ihr einfach ihr nicht vorhandenes Zeitgefühl wieder einmal einen bösen Scherz? „Und …“ abrupt blieb die Katirranerin
stehen und wies auf eine Gedenktafel, die vor einem großen, aber schmucklosen Schrein der Großen vereinheitlichten Kirche eingelassen war. "Vielleicht auch deswegen." Maoui blieb stehen und salutierte. L‘Yrrahy kopierte perfekt die Pose. "Ok Kleine, dieser hier geht ohne Wenn und Aber an die Knights. Denn ich denke, dass jeder weiß, dass die Schlacht um Chopo der Grund ist, weshalb die Knights eine Veteranenabteilung besitzen, in der all jene bis an ihr Lebensende weiter Dienst machen können, die ihr Leben vollumfänglich der Sache der Knights gewidmet haben.“ L’Yrrahy nickte, während sie den Text
am Schrein las und förmlich verinnerlichte. Es war die nüchterne Erzählung einer Handvoll ausgemusterter Knights of Fate, fünf an der Zahl, die das Schicksal gegen Ende der Primärkriege auf dem Erholungsplaneten Chopo zusammenbrachte. Als die Serenjitas ohne Vorwarnung über die schutzlose Welt herfielen, gelang es den unerschrockenen Veteranen nicht nur das Vertrauen der ansässigen Königin zu gewinnen, sondern auch gegen die Bedenken ihrer Ratgeber die Kontrolle über die Evakuation der Bewohner und den Einsatz der kaum vorhandenen Streitkräfte zu übernehmen. Es war
hierbei ihnen zu verdanken, dass neun Zehntel der Bevölkerung von der Planetenoberfläche gerettet werden konnten. Unsterblich machten sie sich damit, dass sie mit ihrer Erfahrung und unzähligen taktischen Tricks die Serenjitas dazu verleiteten, einen gebündelten Massenangriff auf Populus, der Palaststadt der Königin von Chopos auszuführen. Hierbei gelang es ihnen auch, die Königin, welche geschworen hatte, die Stellung bis zu ihrem Tod zu halten, unverletzt in Sicherheit zu bringen. Die Veteranen ihrerseits blieben zurück, um die meteorologischen Atmosphärenmanipulatoren der
Palaststadt und dreier umliegenden Metropolen manuell so präzise aufeinander abzustimmen, dass deren Zerstörung eine lokale Entzündung der Atmosphäre zur Folge hatte. Was zwar ihren Tod bedeutete und riesige Schäden in den Metropolen verursachte, aber auch über 80 Prozent der auf dem Planeten befindlichen Streitkräfte der Serenjitas ausradierte. „Der Rest ist Legende.“ Meinte dazu Maoui nur, als sie mit einem seltsam nostalgischen Ausdruck im Gesicht um den Schrein ging. L’Yrrahy folgte ihr, sah aber dabei nachdenklich zur Gedenktafel zurück. „Es ist eine Tatsache, dass das USFOD in
den vergangenen fünf Jahren zu einer industriellen sowie militärischen Institution geworden ist. Denn hier auf Styx wird nicht nur die modernste Kriegstechnologie entwickelt, sondern die Knights gelten auch als letzte Instanz bei wichtigen militärischen Entscheidungen, bei denen die normalen Truppen der VFS an ihre Grenzen kommen. Nicht umsonst gilt die STRIKEFORCE ONE als eine Art Friedenspolizei für den zivilisierten Sternenbund. Aber das bleibt ebenso bloß ein weiterer Aspekt des regulären Militärs. Und es wird zwar auch so gehandhabt. Aber …“ Unschlüssig blickte Maoui zur
Katirranerin hinunter. „Mutter behauptete einmal im Zusammenhang mit den Knights of Fate, dass aus Robin Hoods Sheriffs geworden wären. Ich konnte damit bisher nichts anfangen. Bisher …“ Auf Maouis fragenden Ausdruck meinte sie nur. „Ein Robin Hood ist ein uralter Fachbegriff für einen Rebellen, der sich gegen das Establishment auflehnt, um den Zivilisten zu helfen.“ Der Schwanz des Aliens bewegte sich nun sehr nahe am Boden hin und her. „Aber irgendwie … es ist, als zehren sie nur noch von ihrem Ruf aus den Primärkriegen. Während sie weit weg, irgendwo im Kosmos irgendwelche
Schlachten schlagen. Selbst ihre Mounts werden nunmehr auf externen Fabrikwelten hergestellt.“ Maoui antwortete intuitiv. „Nun, der Krieg ist nun mal vorbei. Es herrscht Frieden innerhalb des zivilisierten Sternenbundes und eine Bedrohung wie es die Serenjitas einmal waren ist nicht mehr möglich. Was bedeutet, dass die Knights heutzutage praktisch keinen ernstzunehmenden Gegner mehr haben. Vielleicht könnten ihnen in ein paar Jahren die Schlachtandroiden der Ideenschmiede Park Stjeikson Konkurrenz machen. Aber im Moment …“ Die Frau sah sich jetzt in der riesigen
Halle noch einmal um. Und irgendwie schien es dieses Mal, als hätte sich etwas verändert. Nichts wirklich Wahrnehmbares. Eher etwas in der Art und Weise, wie sie diesen Ort … die Knights im Allgemeinen betrachtete. Der Eindruck einer Gedenkstätte passte immer noch perfekt. Aber das ganze hatte auch irgendetwas von einem Museum. Wie hatte es L’Yrrahy treffend formuliert: Als zehren sie nur noch von ihrem Ruf aus den Primärkriegen. „Die Knights sind nun Mal das Prestigeobjekt der VFS. Aber deine Mutter hat Recht. Es ist, als hätten sie nach Ende des Krieges etwas verloren, als würden sie sich nur noch auf ihren
Lorbeeren ausruhen, da ihr technologischer Vorsprung ihnen weiterhin den Platz an der Spitze garantiert.“ L’Yrrahy hatte unterdessen den Nachbau einer Reparaturwerkstätte für Mounts entdeckt, als ihr Schwanz schlagartig in die Höhe schoss. Vergessen waren alle vorherigen Überlegungen, als sie sofort in diese Richtung loswetzte. Dabei fiel ihr aus den Augenwinkeln auf, dass ihre Zimmergenossin gerade weg sah. Musste sie denn zwingend mit ihr zusammen an den Schalter gehen? „Braucht es unbedingt uns beide?“ Fragte sie deswegen. „Wollen sie beide von
uns?“ Aber die Frau war wohl zu weit weg, als das sie sie hören konnte. Kurz kämpfte das Alien mit den widerspenstigen Gefühlen, weiter zu gehen oder Maoui Bescheid zu geben. Diese musste erstmals grinsen. Womöglich war das der Grund, weswegen sie es hasste, hier sein zu müssen. Die eine, faktische Sache, die sie mit den Knights gemeinsam hatte: Waren sie überhaupt noch zeitgemäß, hatten sie sich nicht schon selber überlebt? Vielleicht war es genau das. Sehr wahrscheinlich hatten die Knights of Fate ihre Zeit überlebt. Denn es gab wirklich keine Herausforderungen mehr
für sie. Keine Prüfungen mehr, an der sie noch wachsen könnten. Maoui seufzte schwer. „Was deine Mutter meinte, ist das dieser ursprüngliche, ungebrochene Geist nach dem Krieg verloren gegangen ist. Wenn es für sie eine Zukunft geben soll, bräuchten sie wohl eine neue Herausforderung. Etwas das sie ernsthaft fordern würde.“ L'Yrrahy stand plötzlich neben ihr und sie bekam nur noch den Schluss ihres Satzes mit. „Uns?“ Maoui sah sie entgeistert an. Doch das Alien nickte nur und rannte dann davon. „Was? Wie hast du das eben gerade
gemeint?“
Aber L'Yrrahy schien sie nicht zu hören. Gleichzeitig wurde sich Maoui der Reparaturwerkstatt für Mounts gewahr. Mit einem Schmunzeln setzte sie der Katirranerin nach.
Und für die Dauer eines Herzschlages war ihr, als hätte diese zuvor mehr als nur den Nagel auf den Kopf getroffen.
In Gilbert W. Kanes Kantine brachte gerade ein zufriedener Hauptmann Saigon ‘Anvil‘ Markovitz drei Kristallgläser und eine Karaffe zurück, die bloß aus einem Generatorboden bestand, der mit Energiefelder arbeitete. Diese beherbergten nur noch den Bodensatz einer leuchtenden, honiggelben Flüssigkeit. Vorsichtig stellte er alles auf die Ablage für schmutziges Geschirr, die einer klassischen Bordküche eines Sternenzerstörers aus der Zeit der Primärkriege nachempfunden war und schaltete das Fließband ein. Gemächlich
verschwanden die wertvollen Einzelstücke durch eine Wandöffnung in die Küche. Er wandte sich dabei nur langsam seinen Gästen zu, so dass er aus den Augenwinkeln noch sehen konnte, wie hinter der Trennwand eine zierliche, humanoide Reptilienhand nach den schwebenden Gläsern griff und diese zärtlich vom Tablett pflückte. Saigons Stimmung schien sich hierauf noch weiter zu steigern, als er kollegial die Arme ausbreitete und zu den zwei inzwischen stehenden Eldarer zurückkehrte. Die weibliche, zischende Stimme, die er nun in seinem Kopf vernahm, gehörte
nicht ihm. Doch sie war familiär und er hatte sie bereits erwartet. „Habe den genetischen Abdruck von Grandsseigneur Sskartal. Isst perfekt! Auch den sseiness Lakaien.“ Der braunhaarige Mann mit graumelierten Schläfen spürte das Hallen der Stimme wie ein unangenehmer Druck in seinen Basalganglien unterhalb der Großhirnrinde. Aber das war nun mal eine gewöhnungsbedürftige Nebenerscheinung der speziellen Art von Telepathie, welche Reeliak-Mischlinge besaßen. „Die legendäre, hochgelobte und abssolute Ssicherheit der Eldarer isst von nun an nur noch ein Witz. Ssoll ich mal
die Sschlaf-Ohrsspitzsschoner dess Grandsseigneurss entwenden? Noch während er sschläft?“ ‚Gut!‘ Formulierte hierauf der Hauptmann seine Gedanken zu einer Antwort, derweil er ein umwerfendes Lächeln aufsetzte. ‚Du hast unser Gespräch verfolgt?‘ „Ja!“ Meldete sich erneut die telepathische Stimme, diesmal mit einer leicht beleidigten Konnotation. Als Anvil jetzt die Eldarer mit allerlei Höflichkeitsfloskeln eindeckte und sie zu ihrem Transportshuttle begleitete, waren dafür seine Gedanken glasklar. ‚Du hast präzise bis morgen Mittag Zeit und es muss eindeutig als Versagen der
Elektronik nachweisbar sein.‘ Höflich hielt Hauptmann Anvil die Kantinentüre auf, grüßte dabei auch den in der Nähe stehenden FirBolf und ließ die zwei Eldarer passieren. Diese beeilten sich beim Anblick des Kantinenbesitzers, so schnell wie möglich in den gepanzerten VIP-Shuttle der USFOD einzusteigen. ‚Ich will ein Exempel statuiert bekommen!‘ Meinte Saigon in Gedanken weiter, während er dazwischen dem Fahrer des Shuttles in klaren Worte das überlebenswichtige Benimm-1x1 gegenüber Eldarer einbleute. ‚Derart, dass es diese spitzohrigen Schleimschwitzer und ihre wunderbaren
Erfindungen für eine geraume Zeit von Styx und den Knights fernhält. Aber zumindest so lange, wie ich noch am Leben sein werde!‘ „Ich werde mich knapp nach Mitternacht drum kümmern.“ ‚Sehr gut!‘ Hauptmann Anvils gute Laune war inzwischen so ansteckend, dass sich sogar die finsteren Mienen der zwei Eldarer aufhellten und sie sichtlich Mut schöpften. Beide freuten sich hierbei auf den kommenden Tag und der einmaligen Chance, endlich den Knights of Fate die Überlegenheit der Technologie ihres Volkes beweisen zu können. ‚Und‘, stimmte sich ein letztes Mal der
Hauptmann auf den telepathischen Kontakt ein, ‚du weißt, was bei dem Zwischenfall sonst noch passieren soll …‘ Dieses Mal hatte die Stimme einen schon fast übertrieben süßlichen Unterton. „Wer auch immer mit dem Ssprung dran ssein wird, er hat abssolut keine … ich wiederhole: KEINE Überlebensschance!“ ‚Wunderbar! So sei es. Bis Morgen.‘ Saigon Markovitz nickte nur und rieb sich die Hände, als er sich zufrieden im Beifahrersitz des Shuttles zurücklehnte, als es losfuhr. Wenn die Schicksalsgöttin es so wollte, würde er morgen nicht nur zwei lästige Fliegen mit einem einzigen Schlag
beseitigen, dachte er dabei für sich. Er würde auch dafür sorgen, dass General Crimson Derouge in nächster Zeit ruhiger schlafen konnte und ihr momentanes Prestigeobjekt, der beeindruckende, neue Hauptbau, nicht an zwei namenlose Versagerinnen vergeudet wurde
Mit einem Grinsen auf den Lippen wurde Maoui langsamer. Die Knights hatten sich bei dem Nachbau einer Reparaturwerkstatt für Mounts nicht lumpen lassen. Oder hatten sie wirklich einen ganzen Wandabschnitt mit den imposanten Adamantit-Halterungen und den unförmigen, mehrarmigen Wartungsrobotern hierher gezügelt? Zutrauen würde sie es ihnen jederzeit. Im Moment wurde vor einer beeindruckenden Schar Zuschauer demonstriert, wie man ein nicht gerade neueres Modell eines Mounts auseinander nahm. Das sah schon
beeindruckend aus, wenn die Handgriffe saßen, man die richtige Ausrüstung besaß und vor allem nicht unter Zeitdruck stand. Kurz beobachtete sie jetzt wie das horizontale Cockpit aus dem humanoiden Rahmen des Mounts gehoben und dann von einem der Techniker mittels Gravdämpfer im Raum fixiert wurde. Während dieses nun von einem der levitierenden Wartungsrobotern zu einer Halterung gezogen wurde, machte man sich daran, die künstlichen Muskelstränge freizulegen. Sie musste an L’Yrrahys Erzählung denken. War ein verdammt weiter Weg von
Galahad und seiner Steinhöhle bis hierher gewesen. Und was die Kleine betraf, es war unverkennbar, wie sehr sie das Ganze interessierte. Wobei hierbei ihr Schwanz der größte Verräter war. Eigentlich hätte sie jetzt zu ihr gehen sollen, um sie aus ihrem momentanen Schwebezustand zu reißen. Denn sie waren noch nicht an ihrem Ziel und irgendwie vermutete Maoui, das der heutige Tag auch ohne solche Verzögerungen besonders lang werden würde. Zumindest sah man aber von hier aus schon den Hauptschalter, zu dem sie eigentlich unterwegs waren. Doch sie
zögerte. Im Moment stand L’Yrrahy dort, wie ein Kind in der Einkaufspassage eines Spielwarenparadieses knapp vor Weihnachten. Wie jemand, der soeben den Laden entdeckt hatte, der für seinen Wunschzettel maßgeschneidert war. Den Kopf weit in den Nacken gelegt, ergötzte sich das Alien am dargebotenen Schauspiel, als wäre dieses etwas einmaliges, dass es so nie wieder zu sehen geben würde. Maoui streckte noch die Hand nach ihr aus, zog sie dann aber wieder zurück. Mit einer Spur Neid im Blick wandte sie sich schließlich ab und ging weiter. Die Kleine wusste ja, wie man den
holografischen Wegführer aktivierte. Wie viele Male in ihrem tristen Leben hatte sie sich gewünscht, das zu können, was L’Yrrahy gerade erlebte. Sie fuhr sich durch die Haare und schüttelte sich dabei, als würde sie etwas Unangenehmes loswerden wollen. Irgendwie war die Kleine jetzt eher das Mädchen, dass sich Maoui immer erträumt hatte zu sein, als eine außerirdische Fremde. Sie seufzte resigniert. Als Jugendliche, egal welcher Rasse, durfte man wohl solche Träume haben. Aber für eine erwachsene Frau wie sie selbst war es eindeutig zu spät. Tja, es war schon etwas wunderbares,
wenn man sich noch eine gewisse kindliche Naivität behalten konnte und es Dinge gab, die einen über Gebühr faszinierten und begeisterten. Aber ihr war das schon seit langem abhanden gekommen. Sie sah hoch und versuchte sich zu orientieren. Dabei blieb ihr Blick kurz an der Mounts-Lanze hängen, die in senkrechter Landeposition im Zentrum der Halle stand. Geistesabwesend setzte sie ein verträumtes Lächeln auf. "Eines Tages gehörst du mir. Versprochen! Und ich werde dich reiten wie keiner zuvor!“ Murmelte sie dabei verschwörerisch, als
sie dem Fahrzeug einen imaginären Kuss nachschickte. Dann wandte sie sich wieder ab und ging weiter, ließ ihren Blick schweifen. Wie sie L’Yrrahy im Moment beneidete. Aus den Augenwinkeln sah sie nur kurz, wie einer Frau der Unterarm bis zum Ellbogen abgeschossen wurde. Ebenso erklangen mehrere erschrockene und überraschte Rufe aus dieser Richtung. Als sie sich irritiert der Verwundeten zuwandte, konnte sie erkennen, wie diese, mit einer Kaltblütigkeit, die Maoui den Schweiß auf die Stirn trieb, innehielt und sich eine Antischock-Spritze, sowie ein Aufputschmittel
verpasste. Dann atmete die Frau noch tief durch, verpflegte sich die Wunde so gut wie möglich und ging dann ihrem Einsatz nach, als wenn es nur eine leichte Fleischwunde gewesen wäre. Während Maoui auf ihr zuging, wurde klar, dass es sich bei der einarmigen Frau um eine Holo-Realaufnahme eines Einsatzes der Knights auf Mangalor Prime handelte. Ein Textfeld über ihren Kopf identifizierte sie hierbei als Ereshkigal, einer der Sanitäter der Delta-Rotte des Unterstützungstrupps der 'Crushers'. Gleichzeitig waren in den Gesichtern der Rekruten um sie herum alle möglichen Reaktionen zu sehen. Von Übelkeit über Abscheu bis hin zu
Bewunderung. Zu Ereshkigals Rechte wurde währenddessen gezeigt, wie andere Sanitäter im Schutz zweier Mounts mehrere schwer verletzte Soldaten zusammenflickten. Diese gehörten einer planetaren Einheit an, zu deren Hilfe die Knights wohl gerufen worden waren. Hier wies der Text auf einen Kampfeinsatz auf dem Planeten Protopriamos hin. Dem sogenannten Blut-Triangel. Maoui hatte schon unzählige Geschichten über diese Welt und ihrem Sonnensystem gehört, in dem sich drei miteinander verwandte Dynastien seit Jahrzehnte bis aufs Blut bekämpfen und gegenseitig auszurotten
versuchen. So faszinierend das Schauspiel auch war, sie war froh, dass die Aufzeichnung mit mehreren Geräuschfilter lief, die den Kampflärm fast gänzlich unterdrückten. Denn der Dauerbeschuss, der gerade auf die Mounts einhagelte und auf diesen beeindruckende Blumenarrangements prächtiger Blüten aus blendender Detonationen zeichnete, musste auf Protopriamos wohl meilenweit hörbar gewesen sein. Die Druckwellen die dabei um die Mounts spülten ließen die knienden Sanitäter regelmäßig zu Boden gehen und rissen ihnen auch ein paar Mal die Werkzeuge aus den Händen. Und ihre wohlbekannten Knights-Kampfanzüge
waren hierbei auch nicht besonders hilfreich. Dennoch ließen sich die zwei Männer und eine Frau nicht beirren und arbeiten perfekt aufeinander abgestimmt durch, bis sie das halbe Dutzend Verwundete versorgt hatten. Vor allem das Klammern und Zusammenkleben einer offenen Brust und die dazugehörende Behandlung eines kollabierten Lungenflügels hatten kurzzeitig Maouis Aufmerksamkeit auf Sicher. Kommunikation unter diesen Umständen musste ja praktisch unmöglich sein. Und dennoch behauptete der Lauftext, dass es an diesem Tag keine Verluste gab und alle gerettet werden
konnten. Bewundernswert und irgendwie logisch, dass man so etwas an einem Stand zu Gesicht bekam, an dem für die medizinische Abteilung des USFOD Werbung gemacht wurde. Hier waren auch mehrere ihrer legendären Regenerationstanks aufgestellt, in denen eine ganze Person versenkt werden konnte und mit denen man mit genug Zeit absolut jede Verletzung reparieren konnte. Obwohl in diesem Fall ‚nachzüchten‘ treffender wäre. Denn theoretisch hätten ein noch einigermaßen funktionstüchtiges Gehirn und ein wenig Rückenmark genügt, um damit jemanden komplett
wiederherzustellen. Wenn man mehrere Monaten Zeit dafür hatte. Maoui schauderte es bei diesem Gedanken. Während mehr als einem Jahr Aufenthalt in einer solchen Heilbrühe wäre sie selber wohl sicherlich Wahnsinnig geworden. Kurz sah sie zurück. Und erst L’Yrrahy … Dafür war der angrenzende Abschnitt mit den medizinischen Prothesen und Implantate wirklich ein Augenfang. Da konnte wohl so mancher Synthetozoid neidisch werden. Von einfachen Hochleistungs-Rennprothesen, die wie ein künstlerisch verformtes Brecheisen aus Keramik aussahen und Sprünge von
über vier Meter Höhe ermöglichen sollten, bis zu neurologische Interfaces für allerlei taktische Implantate war hier alles ausgestellt. Einerseits künstliche Organe und Muskulatur, sowie einpflanzbare Hilfsmittel, die das Überleben in den unmöglichsten Todeszonen ermöglichten oder halfen, absolut tödliche Verletzungen so lange wie nötig zu überleben. Anderseits auch kybernetische Verbesserungen, die schneller, stärker und ausdauernder machen sollten. Die künstliche Beinprothese mit dem eingebauten Vierschuss-Granatwerfer wirkte aber schon eher wie ein schlechter Witz. Und erstmals erblickte sie sogar eine
neuronale Raumschiffsteuerung als Standardimplantat. Unbewusst fuhr sich Maoui bei diesem Anblick sanft über ihre Hautschlitze im Nacken. Wurde wirklich Zeit, dass auch dieses Tabu aus der Zeit der galaktischen Primärkriege endgültig begraben wurde. Mit einem Schaudern ging sie weiter und wusste Hier und Jetzt zwei Sachen mit Gewissheit: Erstens, dass sie mit ihren Vermutungen zu den Knights absolut Recht gehabt hatte. Die Kerle waren Tiere mit handgeschmiedeten Hartschädel, welche wohl auch Schiffsbeschuss widerstehen konnten. Die waren ja fast schlimmer, als sie sich in ihren Alpträumen auszumalen
gewagt hatte. Und zweitens sah sie sich darin bestätigt, dass sie persönlich als Sanitäter einfach nicht geeignet war. Als Ereshkigal wieder ihren Arm verlor, beeilte sie sich, weiter zu kommen. Hierbei wäre sie fast in ein Denkmal gelaufen, dass vollständig aus Stahlglas bestand und aussah, als wäre etwas aus dem Boden hervorgebrochen und hätte eine flüssige Spur in der Luft hinterlassen. Das interessante Kunstwerk war wundervoll gearbeitet und erinnerte an einen mehrere Meter hoch aus dem Wasser springenden Fisch, der augenblicklich, zusammen mit dem Wasser, schockgefroren worden war. Sie trat näher heran und untersuchte die
Skulptur. Außer das hier das Wasser, wie es sich für die Knights gehörte, mit Goldpulver angereichert worden war, das dementsprechend aus dem Stahlglas hervorschimmerte. Und der Fisch war durch eine Gedenktafel ersetzt worden. Hätte sie eigentlich nicht anders erwarten sollen. Das Symbol auf der Tafel kam ihr sogar bekannt vor. Unschlüssig sah sie sich jetzt um, bis ihr Blick auf den Boden fiel. Dann war ihr alles klar. Unter ihren Füssen konnte man gerade einen epischen Zweikampf in der Schicksalsarena des legendären
Toriyama-Platzes verfolgen, in dem Chorsom ‚Godeater‘ Skaaren wortwörtlich einen Gegner platt machte. Tja, manchmal nutzten auch die besten Kampfkünste nichts gegen einem zu allem entschlossenen FirBolf. Zu ihrer Linken sah man dafür die Aufzeichnung einer wahrlichen Höllenfahrt durch die Tatsuo Schluchten, in denen die wohl legendärsten Hochgeschwindigkeitsrennen des bekannten Universums stattfanden. Und zur Rechten absolvierte gerade ein Knight der Crushers in seinem Mount eine lebensgefährliche Stafette durch die Gohda Wälder der Sanktum-Welt
Makaino. Sehr wahrscheinlich konnte man auf diese Art und Weise um das Denkmal herum alle entscheidenden Turnierkämpfen der alle drei Jahre stattfindenden Megathlon-Meisterschaften verfolgen, welche die letzten Male von den Knights gewonnen worden waren. Für das was es darstellte, fiel es sogar ein wenig zu schlicht aus, fand Maoui jetzt. Sie sah wieder zu der Gedenktafel hoch, auf der einerseits das komplette Platoon der Crushers namentlich geehrt wurde, anderseits aber auch ausdrücklich auf ihr Recht als Gewinner der intergalaktischen
Megathlon-Meisterschaften hingewiesen wurde. Denn wer hierbei alle Prüfungen erfolgreich überstand und alle Kämpfe überlebte, galt bis zu den nächsten Meisterschaften als letzte Instanz für jegliche militärische Auseinandersetzungen innerhalb des zivilisierten Sternenbundes. Die Crushers waren damit im Moment eine Art intergalaktische Polizei, die meistens dann zum schlichten gerufen wurde, wenn in einem Konflikt keine Lösung gefunden wurde und eine planetarische Katastrophe sehr wahrscheinlich sein würde. Ab und zu auch dafür, kleinere Staaten und ihre Machtträume in die Schranken
zu weisen. Aber insgesamt verstärkte es diese Aura von Unnahbarkeit und Erhabenheit der Knights umso mehr. Entschlossen ging sie weiter, da der Hauptschalter praktisch nur noch ein paar Meter vor ihr lag. Ist niemandem der Gedanken gekommen, dachte sie dabei, dass es verdammt gefährlich sein könnte, wenn einmal die Falschen die intergalaktischen Megathlon-Meisterschaften gewinnen würden? Der Gedanke war unangenehmer als ihr lieb war. "Mein Name ist Ozer-maat-jas Re, Erstgeborener vom Hause der Lilien und
zukünftiger König der Könige - prägt in euch gut ein!“ Erklang nun eine Stimme mit einem unnachahmlichen Timbre, der die ganze Halle erfüllte. „Denn sehr bald werdet ihr dem Bericht meiner Taten lauschen und dabei von Ehrfurcht erfüllt sein!“ Praktisch jeder im Raum drehte sich bei diesen Worten zu einem Eldarer herum, der gerade aus einer der Konferenznischen trat, an der mehrere Knights-Assistentinnen tief vornüber gebeugt Spalier standen. Zufrieden über die Wirkung seiner Worte und wie ein lebendiges Ebenbild von Selbstsicherheit und Arroganz verließ hierauf der junge Rekrut in Begleitung seiner finster
dreinblickenden Diener die Halle des Besucherfoyers. Maoui ihrerseits war stehen geblieben. Es fröstelte sie. Irgendwie war ihr, als hätte sie diese Art von Sprechen schon einmal gehört, etwas ähnliches schon einmal erlebt. Als würde genau diese Stimme ferne, verblasste Erinnerungen wecken. Kurz rang sie mit sich selber. Doch schlussendlich blieb es bloß beim Gefühl eines weiteren Déjà-vus, wie sie sie abgrundtief hasste. Sie schüttelte den Kopf und seufzte resigniert. Man hatte wohl schon richtig gehandelt, als man sie zum alten Eisen geworfen
hatte. Sie ballte schließlich die Fäuste und versuchte sich Mut zu zusprechen, als sie auf den Schalter zu ging. Hoffentlich würde es nicht so wild werden wie sie befürchtete. Denn jemand wie sie hatte hier wirklich nichts zu suchen. Wohl im Gegensatz zum Eldarer. Dieser würde sicherlich weit kommen. Er hatte ja die nötigen Verbindungen, genug Macht und vor allem die Unterstützung seines ganzen Volkes, dass ihrem Herrscherhaus treu ergeben war. Wer war sie demgegenüber? Planet Eru
– Heimatplanet des Volkes der
Eldarer -vor 28
Jahren Der Saal war riesig. Es war weder eine Decke noch irgendwelche Wände auszumachen. Denn diese wurden von halbkreisförmigen Rängen gebildet, die wie in einer Arena übereinander gereiht in die Dunkelheit hinauf verschwanden. Mit ihren Nischen und dazugehörenden Sitzgelegenheiten erzeugten diese entfernt den Eindruck, als befände man sich in einem klassischen Hörsaal. Oder einem Amphitheater … Doch dies war der Senatsaal. Das lebendige und noch schlagende,
politische Herz dieses Planeten, in dem über die Geschicke und die Zukunft aller Eldarer entschieden wurde. Unzählbar viele feingliedrige Humanoiden mit leicht spitz zulaufenden Ohren saßen hier. Mehr als jemals zuvor. Und obwohl viel gemurmelt und geflüstert wurde, war es hier noch nie so leise wie heute gewesen. Etwas Wichtiges lag in der Luft. Die Anspannung war körperlich spürbar, während die uneingeschränkte Aufmerksamkeit aller einzig den zwei Personen im Zentrum des Saals galt, die dicht nebeneinander standen. Praktisch stützte eine die andere. Denn Maoui konnte sich fast nicht auf
den Füssen halten. Alle ihre Gliedmaßen fühlten sich irgendwie schwammig an und schienen ihr nicht richtig zu gehorchen. Als hätte sie ewig geschlafen. Obwohl ihr eher war, als wäre sie erst vor kurzem auf der Welt. Zumindest war sie praktisch nackt, da sie barfuß hier stand und kaum mehr als in einem Kimono gekleidet war. Aber auch sie, wie alle anderen, wandte sich jetzt der riesigen Projektion des Antlitzes eines charismatischen Mannes mit spitz zulaufenden Ohren zu, die imposant vor ihr in der Luft hing und den ganzen Saal erfüllte. Die einzigartige Krone aus Sonnenkristallen und seine
charakteristische Schläfentätowierungen wiesen ihn eindeutig als den gottgleichen Imperator der Eldarer aus, den bisher nur die wenigsten auf Eru zu Gesicht bekommen hatten. Selten zuvor hatte er sich gezeigt. Und nun sprach er gerade zu Maoui. Doch diese verstand ihn nicht. Die melodiöse, aber hochkomplexe Sprache dieses uralten Volkes war ihr einfach zu fremd. Und das machte ihr ziemlich Angst. Denn in der Stimme des Imperators schwang etwas, das ihr absolutes Unbehagen verursachte. Vor allem, weil sie spüren konnte, wie das Schweigen der tausend anderen Eldarer ihr
galt. Fragend wandte sie sich dem Mann neben ihr zu, der sie weiterhin unbeirrt stützte. Dieser ebenholzfarbene Eldarer war praktisch die erste Person, an die sie sich bewusst noch erinnerte und die von Anfang an ihrer Seite gestanden und ihr geholfen hatte. Sanft lächelte er sie an und sein Blick hatte etwas Väterliches. „Unsere allerhöchste Magnifizenz sprach gerade im Namen unseres Volkes und aller Ahnen die da waren, wie auch aller hoffentlich zukünftigen Generationen, die noch kommen werden!“ Begann er für sie verständlich die Worte des Imperators zu erklären. „Er hat soeben Eure Wiedergeburt als einzige nichtplanetare
Eldarerin der Sterne bestätigt. Auf das Ihr sowohl die Rechte eines frei geborenen Eldarers, wie auch ausnahmsweise die des herrschenden Geschlechtes besitzen möget. Und,“ der Eldarer mit den goldenen, faszinierenden Augen legte eine bedeutende Pause ein, „er hat Euch getauft!“ Maoui sah ihr Gegenüber neugierig an. „Wie heiße ich?“ „Lzu-fjuree-zia Rom!“ Sprach nun der Imperator mit gewaltiger Stimme, als ein ehrfurchtsvolles Raunen durch alle Ränge folgte. „Klingt schräg!“ War Maouis trockener Kommentar dazu. Ihr Begleiter räusperte sich, als er die
Worte jetzt sorgsam wählte: „Das Ihr unsere Zukunft und einzige Hoffnung seid: Die unbändige Flamme, welche Furcht in die finsterschwarzen Herzen bringt!“
Planet Styx -Gegenwart Maoui konnte es schon fast nicht glauben, als sie nach der bisherigen Odyssee endlich vor dem gesuchten Hauptschalter stand. Obwohl es nicht wirklich ein einzelner Schalter war. Eher ein einzelner Informationsposten mit sieben ständig besetzten Schaltern. Und im Gegensatz zu vielen anderen, kam man hier recht zügig
voran. Gerade wurde einer frei. Mit einem Lächeln trat sie an den Schalter heran, um den sich ein cyanblauer, holografischer Bogen spannte, der gleichmäßig pulsierte. Aus der Nähe betrachtet war auszumachen, dass dieser aus einem ineinander gewobenen Muster aus Knight-Signets bestand. Hinter dem Schalter sah unterdessen eine Angestellte von ihren Unterlagen auf. Und Maoui wirkte kurz erstaunt. Denn bei der Frau handelte es sich um eine Guarrana, mit ihren typischen drei nebeneinanderliegenden Augen und den vier Armen. Sie hatte zwar schon von
dieser Rasse gehört; aber in echt war es wirklich ein gewöhnungsbedürftiger Anblick. Doch es hieß auch, dass diese Spezies ansonsten praktisch menschlich war. Sie besäßen weder zwei Herzen noch andere Organe mehrfach. Des weiteren sollten ihre Weibchen dafür bekannt, oder eher berüchtigt sein, dass sie kein Blatt vor den Mund nahmen. Waren das nicht alle Frauen? Obwohl … in ihrer netten, olivgrünen Uniform wirkte dieses spezielle Exemplar einer Guarrana irgendwie harmlos – auch wie sie ihre dunkelvioletten Haare langweilig adrett zurückgekämmt trug. Vielleicht einzig die auflackierten Totenschädel auf ihren
jägergrünen Fingernägeln trübten ein wenig den Gesamteindruck. Die Angestellte setzte ein undefinierbares Lächeln auf. „Hallo, mein Name ist Mazdama Iok. Willkommen bei den Knights of Fate. Wie kann ich ihnen behilflich sein?“ Sie räusperte sich kurz, bevor sie weiter sprach. Und Maoui hatte plötzlich ein ungutes Gefühl. „Wir hoffen zwar, dass bisher alles für ihre Zufriedenheit getan wurde. Aber entschuldigen sie bitte meine persönliche Neugierde. Waren es nicht Sie, die zuvor eben diese Knights of Fate ‚geborene Holzköpfe‘ nannte?“ Das unschlüssige Lächeln Maouis
verblasste und sie machte sich eine gedankliche Notiz darüber, dass weibliche Guarranas wohl auch mehr als zwei sichtbare Ohren besitzen mussten. „Uh … nun … das war wohl eher spaßeshalber gemeint.“ antwortete sie leicht verlegen. „Aha! Nun Gut. Mit wem ‚müssen‘ wir das Vergnügen haben.“ Kam es fast zu höfflich von der Angestellten zurück. „Heißt das nicht ‚dürfen‘?“ "Oh, entschuldigen sie mich. Das war wohl spaßeshalber gemeint!“ Folgte hierauf die Erwiderung. Irritiert warf Maoui der Frau hinter dem Schalter einen fragenden Blick zu und hatte dabei Mühe, sich auf die
verschiedenfarbigen Augen zu fokussieren. Besaßen Guarranas überhaupt ein Hauptauge oder Hauptaugenpaar? Und – unabhängig von Geschlecht und Rasse – wieso geriet sie immer an die Psychopathen? „Soldat Maoui Syrias.“ Kam es automatisch über ihre Lippen. Mazdama nickte trocken und griff mit ihrem zweiten Paar Arme unter das Pult. „Das kann ja jeder von sich behaupten!“ „Wie? Ich …“ Kurzerhand hielt ihr die Guarrana einen Handscanner entgegen, der in der Lage war, das persönliche DNS-Profil direkt über die Hautzellen untersuchen zu
können. Verstehend nickte Maoui, als sie ihre Hand darauf legte und kurz fühlte, wie sich die elektrostatische Ladung aufbaute, als die Sensoren ihre Haut abtasteten. Konzentriert blickte die Dreiäugige auf einen Monitor zu ihrer Linken. Während ihr Gegenüber die unterschiedlichen Totenschädel auf ihren Fingernägeln bewunderte, schoss dabei kurz ihre Mittlere Augenbraue in die Höhe. "Aha, ein einfacher Soldat also!“ Irgendwie wirkte Mazdama plötzlich verärgert. Als hätte Maoui etwas Falsches gesagt oder sie sogar beleidigt. „So so, haben sie sich also doch noch entschieden, uns mit ihrer Anwesenheit
zu beehren. Aber sind sie dafür nicht zu spät dran? Oder ist das eher wohl so ihre karitative Art? Wieso kommen sie überhaupt hier ins Besucherfoyer zu uns herunter? Oh, hatten sie wohl mehr Unterwürfigkeit von mir erwartet? Aber irgendwie, erklärt das nicht ihren Ausspruch von vorhin.“ Meinte hierbei die Dreiäugige trocken, aber mit einem leicht aggressiven Unterton. Jetzt zog Maoui Syrias beide Augenbrauen hoch. „Wie bitte?“ ‚Bleib bloß höflich Mädchen!‘ ermahnte sie sich gleichzeitig. „Nun Rekrut?“ Zwar starrte die Guarrana sie jetzt erwartungsvoll an, aber wie auch immer
Maoui ihrer Meinung nach hätte reagieren sollen … wohl nicht mit einem riesigen Fragezeichen im Gesicht. Mazdama reagierte darauf versöhnlicher, als die Aggressivität in ihrer Stimme nachließ. „Nun Rekrut, das war meine persönliche Retourkutsche für ihr forsches ‚nur Soldat‘. Aber es sei ihnen versichert, dass sie bei mir damit absolut keinen Eindruck schinden können! Solche Arroganz ist uns ...“ Maoui schnallte immer noch nichts. Erstmals zeigten sich auch Zweifel in den Augen Mazdamas. Mit einem sanfteren Tonfall fuhr sie deswegen fort. „Und sollte das wirklich und wahrhaftig unbeabsichtigt passiert sein. Nun, wir
mögen es einfach nicht, wenn jemand solche Aspekte bagatellisiert. Hier bei den Knights of Fate bezieht sich niemand mehr auf seinen Rang, egal welcher dieser auch sein möge. Denn solange die Tests andauern, haben sie, und werden sie hier formell mit dem Rang eines Rekruten angesprochen! Ist ihnen wenigstens das verständlich?" Es hieß, dass wenn man eine Guarrana auf den falschen Fuß erwischte, es nur noch schlimmer kommen konnte. Deswegen entschied sich Maoui einfach mitzumachen. "Ja! Natürlich.“ Die Angestellte kratzte sich hinter dem Ohr. „Sie wissen also, was ich meine?“ „Ja!“ zustimmend lächelte die rothaarige
Frau, musste aber schließlich den Kopf schütteln. „Nein.“ Kurz starrte die Dreiäugige sie jetzt verständnislos an, schüttelte ebenfalls den Kopf und wandte sich der Tastatur vor ihr zu. „Ja, nun, äh … „ Ungläubig sah sie Maoui erneut an, kniff alle Augen kurz zu und wandte sich dann wieder ihrem Bildschirm zu. „Auch gut. Vergessen wir es einfach!“ Sie rümpfte die Nase. „Weswegen suchen sie uns denn auf?“ „Bataillonskommandant Major Unlivar ‚Souldestroyer‘ Marrow hat uns hierher geschickt, damit wir die nötigen Unterlagen und Instruktionen einholen, was die nächsten Schritte sein sollen.
Seit unserer Ankunft hat man uns nämlich diesbezüglich absolut keine Informationen zur Verfügung gestellt.“ Mazdama sah sie irritiert an. „Das kann nicht sein. Sie nehmen mich doch auf den Arm.“ ihre Augen wurden immer grösser, als sie Maoui fassungslos anstarrte. „Das meinen sie wirklich ernst?“ Maoui nickte. Die Angestellte überprüfte hierauf rasch einige Daten an ihren Monitoren. Und so kam Maoui in den seltenen Genuss, in das Gesicht einer überraschten Guarrana blicken zu können, als diese ein ungläubiges „Sie hat recht!“ murmelte. Maoui verschränkte die
Arme. „Hier ist eindeutig einiges falsch gelaufen.“ Konstatierte Mazdama trocken und klang von nun an eine Spur versöhnlicher. „Aber ihnen ist zumindest bekannt," meinte sie währenddessen, „dass bis zum heutigen Abend über 2‘000 Rekruten in der Basis zusammenkommen werden, von denen schlussendlich nur knapp 200 die Ausbildung antreten sollten?“ Maoui nickte erneut. „Nun, die dafür nötige Selektion findet mittels Kurse und Eignungstests während der Prüfwoche statt. Und die ausschlaggebenden Entscheidungen fällt stets Merlin. Er ist auch diesbezüglich
die Letzte Instanz. Sollten sie also die Tests erfolgreich abschließen und sich auch Merlins Wohlwollen sicher sein, haben sie dann wohl bestanden. Und damit das Ticket für das einjährige Basistraining, dem sogenannten ‚Cadet’s Training Course‘, kurz CTC als Kadett und Knight-Aspirant gelöst.“ Sie legte eine dramatische Pause ein. „Schaffen sie diesen anschließend noch mit Auszeichnung und schließen auch die Überlebenswoche lebend ab, gehören sie schließlich der Handvoll glücklicher Anwärter an, die den Rang eines ‚Squire‘ erhalten und Anwärter für einen eigenen Mount sind. Was dann folgt, ist praktisch Geschichte und sozusagen der Stoff, aus
dem Legenden sind.“ Die Dreiäugige nickte sich jetzt bei den letzten Worten praktisch selber zu. „Wobei diesbezüglich gilt, wie es schon seit jeher heißt; dass man zum Knight geboren sein muss.“ Maoui wunderte sich, wer heutzutage wohl noch an solche Worthülse glaubte – verkniff sich dabei aber ein Grinsen. Der Spruch war sicherlich ein Klassiker als Merlins Tagesmotto im NODUS und stammte wohl von Park Stjeikson persönlich. Mazdama fuhr fort. „Aber bis es endlich soweit ist, müssen sie zuallererst die bevorstehenden Kurse und Eignungstests der Prüfwoche bestehen. Hierfür wird für
jeden einzelnen Rekrut ein einmaliges Anforderungsprofil erarbeitet, dessen Minimalziele jeweils dringend erfüllt werden müssen, um überhaupt zu den folgenden Tests zugelassen zu werden.“ Sie setzte so etwas wie ein höfliches Lächeln auf. „Aber zumindest wissen sie ja, welche Leistungen wir diesbezüglich von ihnen erwarten, oder?“ Es war eigentlich als rhetorische Frage gemeint, bis Maoui antwortete. „Nein. Denn genau deswegen sind wir ja hier.“ Die Pupille des mittleren Auges der Angestellten weitete sich sichtlich, als sie förmlich nach Luft schnappte. „Sie wissen das nicht?
Wirklich?“ Augenblicklich blickte die Guarrana wie ein kleines Mädchen drein - neben dem Weihnachtsbaum, Geschenke in den Händen - dem man gerade erklärte, dass es den Weihnachtsmann in Wirklichkeit gar nicht gab. „Nicht? Sie haben sich nicht das letzte halbe Jahr nur speziell auf diesen einen Moment vorbereitet?“ Es schien, als hätte sie Mühe, die passenden Worte zu finden. „Sie haben doch ein hartes Training …„ Ein entschiedenes Kopfschütteln war die Antwort. „Das ist … ist … als würden sie behaupten, dass sie nicht freiwillig hier
sind!“ „Stimmt! Sind wir im Grunde genommen auch nicht.“ Maouis prompte und ehrliche Antwort verschlug der Angestellten nun endgültig die Sprache. Mehrfach schnappte diese wie ein Krapfen auf dem Trockenen nach Luft. Bis sie irgendwann inne hielt, sich weit vorbeugte und Maoui gründlich beäugte - als wenn diese nicht von dieser Welt wäre. „Sie … verwirren mich!“ brachte sie schließlich hervor. „Willkommen in meiner Welt.“ War Maouis trockener Kommentar dazu. Kurz gerieten nun auch Mazdamas andere
Augen aus dem Fokus, als sie sich hilfesuchend umsah - als hätte sie einen Geist oder Dämon vor sich und wäre damit völlig überfordert, sogar ein wenig verängstigt. Doch alle anderen Damen an den umliegenden Schaltern waren beschäftigt. Niemand schien bereit, ihr zu Hilfe eilen, sie erlösen zu wollen. Maoui ihrerseits lehnte sich lässig an den Schalter an. „Wieso ich?“ flüsterte schließlich die Guarrana kaum hörbar. „Wieso gerate ich immer an die Psychopathen?“ Dann seufzte sie resigniert und wandte sich dem Monitor zu ihrer Rechten zu. „Nun, da kann man wohl wirklich nichts
mehr machen. Mal sehen, was wenigstens Merlin zu ihrem Fall zu sagen hat.“ Sie öffnete Maouis Curriculum und rief alle dazugehörigen Informationen ab. Und während sie das tat, legte sich ihre Stirn immer mehr in Falten. „Oh!“ Irgendwie behagte der neue Tonfall Maoui nicht so ganz. „Oh? Nur Oh? Ist das … ein gutes Oh?“ Meldete sie sich unsicher zu Wort „Oder eher ein Schlechtes?“ Doch Mazdama ging darauf nicht ein, während sie sich weiter in die eingeblendeten Daten vertiefte. „Nun Rekrut Maoui Syrias, für sie persönlich gelten wirklich spezielle Regeln. Ihre Gruppe ist nämlich die absolute
Ausnahme. Und wortwörtlich einmalig. Zu beachten ist deswegen, dass sie nicht alle anstehenden Tests absolvieren müssen. Vor allem nicht in der vorgeschriebenen Reihenfolge.“ Sie lächelte erstmals, als ihr ein „Interessant!“ entrang. Noch bevor ihr Gegenüber reagieren konnte, meinte sie zu dieser „Ein positives ‚Interessant!‘“. Gleichzeitig gebot sie mit ihrer zweiten linken Hand Maoui mit weiteren Fragen abzuwarten, als sie weitersprach. „Direkte Konkurrenz zu den Knights!?! Das ergibt sogar Sinn und erklärt so einiges. Zwar nicht alles, aber genug.“ „Ach
echt!“ Doch die Guarrana blieb ihr in diesem Fall eine Erklärung schuldig. „Nun, wegen eurer hervorragenden Leistungen in mehreren der sportlichen Disziplinen, die geprüft werden, werdet ihr alle betreffenden Tests nicht zusammen mit den anderen Rekruten, sondern unter spezieller Aufsicht eines einzelnen Prüfers absolvieren. Hierbei wird stets ein einziger Test notwendig sein und ihr müsst nicht an den üblichen Auswahlverfahren teilnehmen, die jeden zweiten Tag stattfinden. Aber es gilt das grundsätzliche Prozedere: Scheitert ihr an einer Prüfung, seid ihr draußen und es ist
vorbei.“ Leicht nervös klopfte sie mit dem Zeigefinger ihrer ersten rechten Hand auf das Pult, bis die Anzeige auf dem Monitor wechselte. „Merlin erwartet natürlich, dass ihr vom ersten Moment an glänzt. Insofern könnt ihr zwar an den üblichen Vorbereitungsbriefings der Rekruten teilnehmen, aber nur wenn ihr nicht gerade einen Prüfungstermin wahrnehmen müsst. Für jeden von Euch gilt nämlich ein spezieller, persönlicher Stundenplan.“ „Vielleicht erklärt das die Versäumnisse unsererseits.“ Meinte sie dazwischen zu sich selber. Dann räusperte sich
Mazdama und sah auf, fixierte mit ihren Augen ihr Gegenüber. ‚Wenn sie das noch länger macht, wird mir echt schwindlig.‘ Dachte sich Maoui dabei. „Sie müssen hierzu wissen, dass das Testverfahren der nächsten Tage in zwei grundlegende Stufen eingeteilt wird. In der ersten, sieben die Knights diejenigen aus, welche sowohl physisch, wie auch psychisch als Rekruten und zukünftige Kadetten ungeeignet sind.“ Hierbei versuchte die Guarrana ihre Erläuterungen mit dem ersten rechten und dem zweiten linken Arm erklärend zu unterstützen. Maoui folgte kurz den Bewegungen der vier Arme, wandte sich
dann aber rasch davon ab. Es wirkte vielleicht exotisch, war aber verwirrender als sich auf drei Augen fokussieren zu wollen. „In der zweiten Stufe, wird dann noch zusätzlich das Potential eines jeden einzelnen als Teamplayer gewertet. Diese genauso wichtige Stufe beginnt praktisch ab dem Moment, ab dem jeder Rekrut auf einen neuen Rufnamen getauft wird und von ihm erwartet wird, zu helfen, den zukünftigen Namen der Einheit zu bestimmen, der er im Verlauf der Prüfwoche zugewiesen worden ist.“ Sie schien jetzt seltsamerweise besorgt, als sie wie hypnotisiert auf den Monitor starrte. „Die Informationen, die sie hier
von mir bekommen, betreffen hauptsächlich nur die erste Stufe des Testverfahrens. Was die zweite betrifft, sollten sie mehr … von ihrem Spieß erfahren.“ Sie erbleichte sichtlich. „Es ist zurück?“ Diesen Satz flüsterte sie nur noch. Maoui verklemmte sich endgültig einen Kommentar, als Mazdama dem Ganzen noch ein Gebet folgen ließ und dann hastig nach einem anderen Thema suchte. Bis sie kurz unschlüssig innehielt und mit dem zweiten Armpaar ein zierliches Armband hervorholte. „Hier noch was. Damit Merlin stets verwertbare Ergebnisse für die erwähnte erste Stufe des Testverfahrens zur Hand
haben kann, werdet ihr morgen solche ‚Medtracker‘ erhalten.“ Sie wies kurz auf die internen und externen Sensoren des Armbandes. „Sie zeichnen jegliche Körperleistung zu einem bestimmten Zeitpunkt und vor allem während den ausschlaggebenden Prüfungen auf und übermitteln sie direkt Merlin. Gleichzeitig sind sie praktisch Ausweis und Arzt in einem. Solange sie also unbeschädigt und unmanipuliert bleiben, habt ihr problemlos Zugang zu allen als Grün und Bronze deklarierten Zonen hier innerhalb der Basis. Und gleichzeitig monitorisieren sie auch ständig euren Gesundheitszustand. Sollte sich also jemand überanstrengen,
verletzen oder einem möglichen Attentat zum Opfer fallen, verabreichen sie euch auch sofort erste Hilfe – wenn möglich – oder organisieren diese.“ Mazdama setzte kurz ein teuflisches Grinsen auf. „Theoretisch auch außerhalb unserer Basis. Aber dort dienen sie meistens eher, um eure Überreste zu identifizieren.“ ‚Beruhigend‘, dachte Maoui, ‚kriegt wenigstens meine Grabplatte auch meinen Namen‘. Noch bevor sie nach dem Armband greifen konnte, verschwand dieses aber auch wieder unter dem Pult. Die Guarrana war noch lange nicht
fertig. „Eigentlich hättet ihr schon längst durch eine interaktive Holo-Broschüre über diese Armbänder informiert sein und auch schon eure Größe bestimmt haben müssen. Aber kein Problem. Ihr kriegt die Information auch von mir. Studiert sie aber bitte heute noch eingehend. Denn ihr bekommt eure persönlichen, maßgeschneiderten Medtracker morgen früh, während der obligatorischen medizinischen Untersuchung. Und ohne diese kleinen Prachtsdinger kommt ihr nicht wirklich weit. Deswegen gilt, wer morgen die Untersuchung verpasst, ist auch schon draußen, noch bevor es begonnen
hat!“ Sie holte nun eine Flut echter Flyer und Broschüren, sowie schreibgeschützter SmartCards und Data-Agendas in Form kleiner kompakter Stifte hervor, welche eine holografische A4 Leseseite in den Raum projizieren konnten. „Das wären dann noch die fehlenden, persönlichen Unterlagen für sie und ihre Kameradin.“ Maoui musterte währenddessen den wachsenden Stapel unschlüssig und ziemlich verloren. Seit Jahrzehnten bestand Lesen für sie bloß aus dem Entziffern militärüblicher Piktogrammen und dem Verstehen von knappen Hinweistexten, die meistens nicht mehr
als dreieinhalb Sätze umfassten und selten einen längeren, einzelnen Abschnitt. Auch wenn die meisten dieser Broschüren eine audiovisuelle Hilfsfunktion besaßen, die einem den Text vorlas; das war zu viel bis Morgen, wenn sie auch verstehen sollte, was sie entzifferte. Und das, selbst wenn sie die Nacht durchmachen würde. Sie kratzte sich an der Schläfe. Das, hatte sie so nicht erwartet. Aber vielleicht würde L’Yrrahy aus all der bedruckten toten Materie schlau werden? Irgendwie traute sie es ihr zu. Zögernd streckte Maoui nun die Hand aus. Aber wo oder mit was zum Teufel sollte sie überhaupt
anfangen? Überaschenderweise schien ihr erstmaliges Zögern jedoch zu wirken. Und besser als jemals erwartet. „Oh, das ist nicht so schlimm!“ Grinste Mazdama unerwartet, als sie den Stapel auffächerte und auf einzelne Broschüren und Flayer zeigte, während sie nun sprach. Denn jetzt war sie endlich in ihrem Element. „Ich würde hiermit beginnen. Denn hier steht drin, wo und wann man euch morgen nach dem medizinischen Check zum Briefing für den Thermosphärensprung erwartet, der dann anschließend am Nachmittag stattfinden
wird.“ Maoui legte den Kopf schräg. „Okay … dann gehört der Sprung aus dem Weltraum nicht nur dazu, sondern stellt auch gleich die erste Prüfung dar?“ „Ja, die erste große Hürde, die bereits die Spreu vom Weizen trennt. Und ebenso die Mutigen von den Dummen. Wir haben praktisch jedes Mal Todesfälle. Aber so oder so, will man weiter kommen, ist die Teilnahme zwingend.“ Sie fuhr sich mit der Zunge über die leicht dunkel geschminkten Lippen und sah Maoui neugierig an. „Schon mal gemacht?“ Ein Schulterzucken und ein „Im Krieg
das eine oder andere Mal.“ waren die Antwort. Mazdama warf gleichzeitig einen Blick auf Maouis Datenblatt und zog alle Augenbrauen hoch. „Ich hoffe, sie überleben es!“ Bevor Maoui nachfragen konnte, wie das schon wieder gemeint war, zückte Mazdama eine der Data-Agendas und aktivierte sie kurz. „Ihr werdet euch ebenso bei unseren legendären Marathon und Orientierungslauf behaupten müssen. Auch ist hier ersichtlich, welche Leistung wir an Klimmzüge und Liegestütze als Grundvoraussetzung, sowie beim Uniformschwimmen und Streckentauchen von euch
erwarten.“ Auf der projizierten Seite erschien ein gepanzertes Grav-Exoskeltett, das einen keramischen Kampftaucheranzug verstärkte. „Nicht zu vergessen, der Ausdauerlauf in der Hydrodruckkammer, die einen Einsatz in der Tiefsee simuliert.“ Ein anderer Flyer folgte. „Natürlich müsst ihr euch auch im waffenlosen Nahkampf und dem fehlerfreien Umgang mit Waffen und Fahrzeuge behaupten. Zum Beispiel, in dem ihr einen Kampf - ohne Waffen - gegen eine humanoide Serie12 Omega-Killerdrohne der Aulis-Waffenwerke überlebt und vorzugsweise auch besiegt.
Oder innerhalb einer vorgegebenen Zeit eine euch von Merlin willkürlich zugewiesene Waffe komplett auseinandernehmt, ihre Funktion und Wirkung erläutert und kampftauglich wieder zusammensetzt. Ach ja, und im Schießen mit einer Handfeuerwaffe gilt es, jeden Schuss ins Schwarze zu setzen.“ Die Guarrana hielt unschlüssig inne und konsultierte mehrfach einen der Datenbildschirme. „Wissen sie vielleicht, was diesbezüglich der Vermerk ‚Majorston-Report‘ bei ihrer Kollegin bedeuten könnte?“ Maoui schüttelte den Kopf. Das genügte wohl Mazdama, die darauf bloß mit den
Schultern zuckte und auf eine Data-Agenda wies, um dann eine SmartCard zu aktivieren. „Hier findet ihr übrigens die Details über die Medtracker von vorhin. Und dies hier informiert euch über unseren berühmtberüchtigten Hindernisparcour, inklusive aktiver Minen, den ihr jeweils mit einem Boden- und einem Gravfahrzeug erfolgreich meistern müsst, um euer Können mit Bodenfahrzeuge zu beweisen.“ Maouis Stimme klang darob ein wenig enttäuscht. „Keine Mounts?“ „Keine Mounts!“ „Schade.“ Die Guarrana lächelte entschuldigend.
„Aber dafür dürft ihr gegen Ende der Prüfwoche einen Test mit unserem realitätsechten Mount-Simulator ablegen.“ Beim letzten Satz hörte Maoui nur noch mit halbem Ohr zu. Denn inzwischen wusste sie nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Die ganze Situation war einfach zu bizarr. Jahrzehnte lang hatte man sie ignoriert, wie eine Aussätzige weiter gereicht und hauptsächlich in unzähligen Löchern vermodern lassen. Sie hätte nicht die notwendige, und vor allem erwartete Disziplin gehabt … und stets hatte es geheißen, dass sie nur ein veraltetes Relikt eines längst überwundenen
Krieges sei. Und das sie sich gefälligst an die modernen, zivilisierteren ‚Zeiten‘ anpassen solle, wenn sie weiterhin im Dienst bleiben wollte. Und jetzt sollte sie innerhalb einer Woche dieses ‚unnütze‘ Wissen und Können, dass sie sich während der Primärkriege angeeignet hatte abrufen? Jetzt! Sie war doch schon zu alt dafür. Maoui hielt inne und wirkte abwesend, verlor förmlich den Fokus. Ja! Aber … wie alt war sie denn überhaupt? Ihr dämmerte plötzlich, dass sie absolut keine Ahnung hatte. Und das musste ihr gerade hier und jetzt
einfallen? Das war nicht nur peinlich, sondern wieder einmal so typisch für sie. Maoui seufzte schwer. Sie war aber auch teilweise entschuldigt, da sich ja die VFS selber nie darüber einig werden konnten. Obwohl, eigentlich hätte sie es doch gerne gewusst … Nun, die Guarrana vor ihr konnte sie kaum nach ihrem Alter fragen – wenngleich es ja im Curriculum stehen sollte – denn möglicherweise drehte diese deswegen nun endgültig durch. Wäre nicht schön, jetzt, da es schien, dass sie sich gefangen hatte - aber wohl passend zur Situation. Nein, das musste leider hier und jetzt
warten. Vielleicht konnte L’Yrrahy es nachschauen und ihr sagen, auf welches Alter sie sich dieses Mal geeinigt hatten. Sie atmete tief durch. Ob zu alt oder nicht, mit der jetzigen Situation war Maoui jedoch eindeutig überfordert. Wenn sie nur daran dachte, was man von ihr erwartete, prüfen wollte und sie alles noch lesen musste. Das entsprach zwar in etwa ihrem Bild der Leistungsagenda der Knights, aber eindeutig nicht ihrer. Und schon morgen sollte es damit losgehen? Sie wollte nur weg. „Ist das nun alles?“ Versuchte Maoui der ganzen Litanei ein Ende zu
setzen. „Fast … zumindest, was die erste Stufe des Testverfahrens betrifft.“ Mazdama griff jetzt noch zu einer speziellen Broschüre und Maoui hatte plötzlich ein seltsames Gefühl. „Fehlt nur noch dies. Und ich denke, es wird ihnen gefallen!“ Noch während sie es präsentierte, sträubten sich der rothaarigen Frau die Nackenhaare. „Dies sind die weiterführenden Unterlagen für unsere USFOD Pilotenzulassungsprüfung. Ohne die kommen sie bei den Knights nicht sehr weit. Und auch hier gilt, dass sie beim Testflug sowohl den theoretischen, wie
auch den praktischen Teil mit Bravour bestehen müssen.“ Maoui Syrias lief es heiß und kalt den Rücken hinab. Das war zwar zu erwarten gewesen. Und die Tatsache, dass sie eine theoretische Prüfung ablegen sollte, jagte ihr eine wahre Heidenangst ein. Aber … Sie durfte fliegen! Für mehrere Atemzüge verlor sie den Boden unter den Füssen und musste sich am Schalter festhalten. Sie durfte wieder fliegen. Durfte in ein Cockpit steigen! Wenn nur die vermaledeite theoretische Prüfung nicht wäre. Was wohl dazu führen würde, dass dies wohl der einzige
und sehr wahrscheinlich auch letzte Flug ihres kommenden Lebens bleiben würde. Aber … Die Knights trauten ihr das wirklich zu? Sie war zwar unendlich dankbar … aber waren diese echt so dämlich? Ihr kam ein anderer Gedanke. Da hatte wohl jemand wirklich mächtig an ihrem Lebenslauf herumgedoktert, wenn Merlin das zuließ. Zwar war sie es sich gewohnt, dass die VFS ihr ab und zu gewisse Leistungen und Auszeichnungen aberkannten oder in Zweifel zogen. Aber zu ihrem Vorteil war es bisher noch nie gewesen. Bisher … Sie schwor sich, nie wieder etwas Beleidigendes über die Knights zu sagen
- zumindest, falls sie es wirklich bis zum Testflug schaffen sollte. Maoui wirkte teilweise wie im Rausch und rang damit der Guarrana vor ihr trotz allem ein Schmunzeln ab. Egal, was jetzt noch kam, sie musste es einfach bis zur Pilotenprüfung schaffen! Was sie bisher gehört hatte, klang ja irgendwie machbar. Aber mit ihrem Glück konnte noch so viel passieren und schief gehen. Nur schon Morgen zum Beispiel. Denn der Thermosphärensprung war eine Herausforderung an und für sich. Das konnte ziemlich in die Hose gehen. Und das die Guarrana von Todesfälle gesprochen hatte kam nicht von
ungefähr. Es musste nicht einmal selbstverschuldet sein. Da genügte es, dass die Ausrüstung, die man zum sicheren Landen brauchte, aus Antipathie streikte oder dass irgendein fliegendes Riesenvieh aus Styx Killerdschungel einen als unwiderstehlichen Appetitshappen entdeckte …. Oder man wurde von einer durchgeknallten Drohne abgeschossen. So wie es im Moment in ihrem Leben lief, war wohl alles möglich. Ernüchterung machte sich jedoch breit. Als sie realisierte, dass falls sie es bis zum Testflug schaffte; damit auch sichergestellt war, dass sie die Prüfwoche NICHT bestehen und somit
scheitern würden. Was würde dann aus der Kleinen werden? Verbittert biss Maoui die Zähne zusammen und ballte die Fäuste. Sie war so verdammt nahe dran gewesen, dass es schon fast physisch schmerzte. Aber es war wohl das Beste für sie Beide, versuchte sie sich nun einzureden, als sie sich schweren Herzens entschloss, in diesem speziellen Fall einen Rückzieher zu machen. Vielleicht konnte L’Yrrahy die Katastrophe abwenden. Sie hatte da wohl die besseren Chancen, sowohl beim theoretischen, wie auch den praktischen Teil der Pilotenprüfung. Und irgendwie war sie persönlich auch der Meinung war, dass Basis 18 noch ein
wenig länger auf sie warten durfte. Mit einem Gesicht, wie sieben Tage Regenwetter wandte sich Maoui nun Mazdama zu, die sie extrem irritiert anstarrte. „Ich … ich muss leider …“ „Oh, eine Pilotenzulassungsprüfung? Nichts für mich. Ich kann leider weder ein Flugzeug, noch einen Raumgleiter fliegen … nicht einmal richtig teleportieren!“ Meinte plötzlich L’Yrrahy, die wie aus dem Nichts neben ihr aufgetaucht war. Die Katirranerin wirkte zwar ein wenig deprimiert, strahlte dafür Maoui mit einer Zuversicht an, die schon fast fühlbar war. „Das ist deine
Angelegenheit. Deine Chance, den Knights zu zeigen, aus welchem Metall du geschnitzt bist!“ „Holz.“ Flüsterte Maoui bloß, während sie ihre Begleiterin völlig entgeistert, aber mit wachsender Freude ansah. Ihr pochte das Herz bis zum Hals. „Das ist nun also eine Katirranerin?“ Meinte währenddessen die Guarrana, als sie L’Yrrahy anlächelte und sich zu Maoui wandte. „Wenn ich mir all ihre Auszeichnungen betrachte, sollte das doch absolut kein Problem für sie sein!" Lässig klappte sie die Broschüre an einer bestimmten Stelle auf. „Sobald sie übrigens für den Test registriert sind, dürfen sie auch dafür mit unseren
Flugsimulatoren der neuesten Generation trainieren.“ Maoui nickte nur, während sie versuchte, die Nachricht endgültig zu verdauen. In der Zwischenzeit begrüßte Mazdama L’Yrrahy offiziell, die mit einer höfischen Verbeugung antwortete, welche die Dreiäugige förmlich zu begeistern schien. Vor allem ihr verspielter Schwanz faszinierte sie. „Haben sie persönlich vielleicht noch eine Frage?“ Die Katirranerin bestaunte den Haufen Informationsdokumente vor der Guarrana und fragte das Naheliegendste. „Wieso so viel Material? Ist hier nicht üblicherweise alles elektronisch und
Hologramm-unterstützt, wie im restlichen Militär?“ Mazdama setzte ein schmerzhaftes Grinsen auf. „Nun, wir haben unsere Lektion auf die harte Tour gelernt. Seit ein höherer Offizier in dieser Basis ein zertifiziertes Standard-Lesemodul verwendete, das er jedoch undokumentiert für den Eigengebrauch aufgepeppt hatte. Mit Teilen aus zweiter Hand, die mit einen bis dahin dormenten Pyriel-Retrovirus infiziert waren.“ Sie schloss mit der deutlichen Geste ab, den Zeigefinger der ersten rechten und der zweiten linken Hand unter dem Kinn eine entgegengesetzte Linie ziehen zu
lassen. „Nun, wollen wir einfach hoffen, dass es nicht so weit kommt, dass ihr nächste Woche auch erstmals die Möglichkeit habt, großflächig Salat anzupflanzen.“ Meldet sich dazu Maoui kryptisch zu Wort. Die Guarrana und L’Yrrahy blickten hierauf beide die Menschenfrau fragend an und wechselten dann einen verunsicherten Blick. L’Yrrahy zuckte hierzu entschuldigend mit den Schultern. Währenddessen hatte sich Maoui scheinbar gefasst, als sie sich kurz schüttelte und dann an den Schalter herantrat, um sich all die Flyer, Broschüren, SmartCards und
Data-Agendas zu schnappen. Doch die Dreiäugige hielt sie davon ab. „Aber nicht doch. Die müssen sie doch nicht mit sich herumschleppen. Dieses Mal werden wir dafür sorgen, dass diese in ihrem Quartier - wie es eigentlich von Anfang an hätte sein sollen - auf sie warten. Die Lesekommode ist genau dafür gedacht und besitzt deswegen auch Sortierfächer für die eigene Organisation. Dort werdet ihr die Unterlagen auch finden. Außer sie wollen jetzt was mitnehmen um es auf dem Weg zu studieren.“ Maoui hypnotisierte kurz die Broschüre über die Pilotenzulassungsprüfung, schüttelte dann aber den
Kopf. „Nein danke. Und entschuldigen sie bitte das vorher, war wirklich nicht so gemeint. Herzlichsten Dank jedoch für die professionelle Auskunft!“ Die Guarrana nickte zufrieden und sichtlich erfreut. „Danke ebenfalls. Ich hoffe, wir konnten ihnen bei ihrem Problem helfen. Und …“ Sie lächelte beide offen an. „Wünsche euch wirklich Erfolg. Mädels, zeigt den Knights wo der Hammer hängt!“ „Danke!“ Meinte Maoui, während L’Yrrahy noch ein „Werden wir!“ folgen ließ, als sie sich auf den Rückweg machten. Während nun die Guarrana das Material
wieder zusammenpackte und einen Botenroboter aufbot, schaute sie dem ungleichen Paar nach. Maoui sah zu L'Yrrahy hinunter. „Was weißt du persönlich über einen Thermosphärensprung?“ „Nichts.“ Meinte diese ehrlich. „Klingt aber spannend.“ Mazdama Iok hatte gerade den Botenroboter zu Maouis und L’yrrahys Quartier losgeschickt, als sie sich ihrem nächsten Kunden zuwandte. Ein wenig überrascht, aber erfreut begrüßte sie hierbei den Iron Knight, der an ihren Schalter getreten war. „Hallo Ironwolf, was führt den sie in
diese Niederungen der bürokratischen Welt?“ Der ältere, weißhaarige Man von einem gewissen Charme lächelte entwaffnend. „Ich wollte nur wieder einmal in den Genuss ihres wunderschönes Anblickes kommen Mazdama Iok!“ „Haben sie wieder einmal einen Korb bekommen, alter Wolf?“ Mit einem gewissen Glitzern in den Augen legte der Mann den Kopf schräg. „Soll ich aufhören?“ „Nun, sie kennen doch die Antwort, Belami.“ „Es ist jedes Mal von neuem eine Wohltat für meine alten, geschundenen Ohren, wenn sie mich so
nennen!“ Die Guarrana kniff nun die äußeren Augen zusammen und starrte ihn mit dem Mittleren an. „Ich bin leider noch im Dienst. Um was geht’s? Vielleicht wieder um eine Frau?“ „jetzt, da sie es erwähnen. Wer war das zuvor bei ihnen?“ „Die Kadetten Maoui Syrias und L'Yrrahy tpa Srrayt. Sie sollen als Direkte Konkurrenz für die Knights aufgestellt werden. Aber ich denke, dass zumindest eine von ihnen den morgigen Tag nicht überleben wird.“ Sie seufzte schwer. „Hoffentlich kriegt sie wenigstens einen guten Nachruf.“ „Maoui Syrias sagen sie… aha...
Interessant! Wie ihre Mutter, oder?“ „Keine Ahnung, in ihrem Curriculum wird keine Mutter aufgeführt. Allgemein steht dort sowieso nichts über irgendwelche Verwandte. Darüber hinaus sind die Angaben sowieso mit Vorsicht zu genießen.“ Ironwolf blickte neugierig. „Sie wird als Opfer der ‚dunklen Zeiten‘ eingestuft.“ „Das heißt?“ „Das ihr Curriculum und alle offiziellen Informationen zu ihrer Person wohl mehrfach neu rekonstruiert und/oder eruiert werden mussten, weil es sehr wahrscheinlich Opfer einer Pyriel-Infizierung oder einer anderer Schandtat
der Blutfresser wurde. Aber es scheint mir, als wäre auch in der momentanen Version der Wurm drin.“ „Wieso?“ „Ihr Alter wurde nach dem letzten medizinischen Check auf 26 bis30 Jahre ‚geschätzt‘. Aber im gleichen Dokument steht auch, dass sie schon vor 28 Jahren eine hohe Auszeichnung erhielt. Möglicherweise von den Eldarer selbst … da ist entweder etwas gröber durcheinander geraten oder es ist eine verdammt miese Fälschung.“ Der weißhaarige Mann wandte sich um und suchte kurz durch die Halle nach Maoui. Dabei wirkte er ziemlich aufgekratzt, als er ihr mit einem „Ich
denke nicht.“ antwortete, dem eine unumstößliche Gewissheit mitschwang. „Und wie soll das funktionieren?“ Ironwolf sah sie becircend an, als er ein unheimliches, mysteriöses Lächeln aufsetzte. „Edle Guarranerin wusstet ihr eigentlich, dass wenn es einem persönlich gelang, einen Blutfresser zu töten, der sich bereits in den eigenen Gedanken und Emotionen verankert hatte und die eigene Sinne Amok laufen ließ, man in der Lage war, ganz schwach den Geruch nach einem dreckigen Dunkelviolett wahrzunehmen?“ „Heute ist wohl der Tag der Psychopathen.“ Meinte Mazdama dazu
trocken.
Ironwolf war sich dafür absolut sicher, dass er diese Frau namens Maoui Syrias unbedingt finden musste.
Konnte es denn sein, dass es wirklich sie war
„Hat sich in dieser Basis schon mal jemand so sinnlos verlaufen, dass man ihn erst Jahrzehnte später wiedergefunden hat?“ Wetterte Maoui vor sich hin, während sie in einer weitläufigen, zitronengelb gefärbten Passage auf den holografischen Wegführer starrte, der sie zurück in ihr Quartier lotsen sollte. „Oh!“ Meinte L’Yrrahy dazu. „Kann man das? Ist das schon passiert? Weißt du Näheres dazu?“ Ihre Begleiterin schüttelte den Kopf. „Nein, nicht das ich wüsste. Und das war nur eine Redensart, ohne
Gewähr.“ „Ach … „ Der aufgestellte Schwanz des Aliens ging auf Halbmast, während sich Maoui an einer Kreuzung prüfend umsah. „Sind eigentlich alle Quartiere so weit vom Schuss ab wie unseres?“ „Nein, unseres ist das einzige.“ „War ja zu erwarten.“ Seufzte die rothaarige Frau, als sie sich wieder auf den Weg machte. Dabei blickte sie sich um, als sei sie eine Schatzsucherin auf der Suche nach den Überresten längst untergegangenen Kulturen. „Ja. Aber das liegt daran, dass wir als einzige im abgesonderten Gästebereich untergebracht sind, während alle anderen
Rekruten in den regulären, ihnen zugedachten Unterkünften einquartiert sind.“ Erklärte L’Yrrahy die Situation. Maoui wandte sich verschwörerisch ihrer kleinen Gefährtin zu. „Schon klar. Die wollen doch nur, dass wir keinen schlechten Einfluss auf ihre hochgeschätzten Rekruten haben!“ „Echt?“ L’Yrrahys Schwanz fädelte sich in die Höhe. Ihre Begleiterin sah sie prüfend an. „Wieder eine Redensart?“ „Jep!“ Der Schwanz knickte ein. „Es liegt aber auch daran, dass auch im Gästebereich nicht unsere richtigen Quartiere liegen.“
Äusserte sich L’Yrrahy weiter dazu. „Das ist nur eine Übergangslösung. Denn es gibt ein richtiges, zentralgelegenes Quartier für uns in dieser Basis - es ist einfach noch nicht fertig eingerichtet.“ Maoui zog eine Augenbraue hoch. „Davon habe ich gelesen. Irgendwo im nördlichen Sektor der USFOD-Anlage soll ja scheinbar was ‚spezielles‘ für ‚unsere‘ Einheit entstehen.“ Das Alien nickte heftig. „Ja. Es wurde zwar nicht speziell für uns errichtet, aber die Aulis Waffenwerke die den Bau dieser neuen Offiziersquartiere für die Knights finanzieren und ebenfalls ausführen, haben die von der Führungsspitze der VFS vorgeschlagene
Umnutzung des Komplexes als Wohnquartier für unsere Einheit sofort zugestimmt. Das offizielle Dokument soll sogar Park Stjeiksons Signatur tragen.“ Maoui zeigte sich erstaunt. „Das der mitmischt behagt mir irgendwie nicht.“ Sie rieb sich die Schläfe. “Aber ich wette, das diese ‚neuen Quartiere‘ bloss reine Bruchbuden sein werden.“ „Wenn das umgangssprachig für ultramodern steht.“ L’Yrrahy kassierte einen fragenden Blick, als sie weiter fuhr. „Laut dem internen News-Ticker der Basis, gelten die neuen Offiziersquartiere als ein Beispiel modernster Architektur und sind
eigentlich das momentane Prestigeobjekt der USFOD. Oder waren es, bevor sie aus unbekannten Gründen zu unserem Quartier erklärt wurden. Bekanntgegeben wurde dies zwar zusammen mit der Ankündigung unserer Einberufung. Doch das war es auch schon. Denn bisher wurde offiziell nichts weiteres dazu bekannt gegeben.“ „Das ist echt alles?“ L’Yrrahy nickte. „auch in der offiziellen Korrespondenz von Major Unlivar Marrows wurde diesbezüglich nichts erwähnt.“ Maoui blieb kurz stehen, als hätte sie etwas Schmerzhaftes getroffen. „Du hast die ‚offizielle Korrespondenz‘
Souldestroyers gelesen?“ „Ja. Wieso?“ „Will ich nicht wissen … will ich echt nicht wissen!“ L’Yrrahy wurde zwar nicht schlau darüber, dass ihre Begleiterin zwar etwas sagte, aber genau das entgegengesetzte meinte. Aber weil Maoui sich wieder auf den Weg machte, hielt sie sich an die Aussage der Menschenfrau. Das war wohl wieder einer dieser Dinge des Homo sapiens sapiens spacialis, vor der sie ihre Mutter stets gewarnt hatte, die sie nie richtig verstehen würde. Aber sie blieb beim Thema. „Spekuliert wird zwar sehr viel darüber, aber trotz der grossen Bemühung der hiesigen
Berichterstattung; ist bloss mit Sicherheit bestätigt, dass die Quartiere für uns sind und sie noch nicht einzugsbereit sind.“ „Das würde erklären, weshalb Souldestroyer so geschäumt hat.“ „Hat er das? Habe nichts bemerkt. Echt?“ In der Art und Weise, wie sich nun ihre Begleiterin ihr zuwandte, entrang ihr ein enttäuschtes „Redensart?“. „Braves Mädchen!“ Maoui wurde währenddessen langsamer und folgte durch ein Fenster mit sehnsüchtigem Blick dem verschwindenden Punkt eines Schiffes, dass Styx gerade verliess. „Die Knights haben einen eigenen Nachrichtendienst?“
Fragte sie neugierig. „Sogar eigene, festangestellte Berichterstatter. Einer davon soll sogar ein Alpha-Mensch sein.“ „Ein Halbriese als Reporter? Nun, wir werden sehen. Und das meine ich wortwörtlich. Denn früher oder später werden wir es wohl mit ihnen zu tun bekommen. Obwohl … mir wäre eigentlich später lieber.“ L’Yrrahy nickte. „Einige von ihnen fanden übrigens heraus, dass eine der Personen, welche hier auf Styx mit Sicherheit mehr darüber wissen sollten, unser Spiess ist. Aber seltsamerweise hat ihn bisher noch niemand dazu
ausgefragt.“ „Verständlich.“ „Wieso?“ Plötzlich hatte Maoui ein ungutes Gefühl, in welcher Richtung sich das momentane Gespräch entwickelte. Vor allem, wenn man bedachte, um was es nun gehen würde. Das war eigentlich ein Thema, dass sie nicht hier und jetzt erläutern oder dazu Rede und Antwort stehen wollte. Hauptsächlich, wenn sie ein gewisses Gerücht bedachte, dass ihr dank eines Droischiers noch lebhaft in Erinnerung war. Sowas konnte sie zu den jetzigen Problemen nicht auch noch gebrauchen. Sie rieb sich den Nasenrücken und beäugte L’Yrrahy, die
weiterhin erwartungsvoll zu ihr hochsah. Ablenken? "Was trägst Du da eigentlich für Dinger am Gurt?" Fragte Maoui diese interessiert. Ablenken! Zwar verzog das Alien das Gesicht, als erkenne es Maouis wahre Intention, ging aber hierauf nicht ein, sondern zeigte auf mehrere gleichartige Objekte, die sie am Gurt trug. „Die hier?“ Ein Nicken folgte. "Das sind Bleigewichte.“ Das überraschte Maoui offen. „Wieso?" „Weil die Schwerkraft zu niedrig ist.“ Die Frau stutzte kurz und nickte dann verstehend. „Okay, so kann man das auch
sehen. Aber ich wollte eigentlich wissen, wieso du deswegen keine Gravitationsunterstützung im Anzug oder einen einfachen Gravgürtel trägst?“ Die Antwort klang irgendwie einstudiert und kam sehr schnell. „Nun, ich bin es nun Mal von Klein an so gewohnt und kenne es nicht anders.“ Zu Maouis hochgezogener Augenbraue setzte sie noch hinzu: „Ich weiss, dass ein Gravitationsgürtel praktischer wäre. Aber meine Lösung funktioniert dafür auch an Orten, an denen elektronische Gerätschäften verboten oder schlicht nicht vorhanden sind. Oder dort wo sekundäre Schwerkraftfelder störend und gefährlich
sind. Und … es ist ebenso wartungsfrei.“ Sie strich sanft darüber. „Darüber hinaus, sind es Glücksbringer, ohne die ich nirgendswo hingehe.“ Eine kurze Pause folgte, in der Maoui nichts erwiderte, nur interessiert die Gewichte betrachtete. „Ausserdem wurden sie von meiner Mutter hergestellt.“ Das gehörte dafür nicht zum einstudierten Teil. „Darf ich mal?“ L’Yrrahy nahm eines ab und gab es Maoui, die das schwere Teil in der Hand wog. Die tropfenförmigen Gewichte erinnerten mehr an Schmuckstücke als an etwas
anderes. Sie waren komplett in roter Keramik eingegossen und ihre Oberfläche durchgehend graviert. Die goldene Gravur musste irgendeine Art von Schrift sein. „Das sind die Gutenacht Geschichten, die mir Mutter stets erzählte. In einer uralten, längst toten Sprache verfasst, die sie Otocode taufte.“ „Hübsch.“ Maouis Emotionen in dieser Sache waren derart echt und unverfälscht, dass sie L’Yrrahys Gesicht strahlen liessen. „Danke!“ Ihr Schwanz zeichnete gleichzeitig Spiralen in den Raum. Denn das war eine Reaktion, die sie
bisher noch nie erlebt hatte. Gewöhnlich war sie deswegen lächerlich gemacht worden oder bloss belächelt und als weltfremd behandelt worden. Niemand hatte bisher das Ganze als das akzeptiert, was es eigentlich auch war. Ausser … Als sie das Gewicht zurück erhielt, war ihr, als wäre da noch etwas anderes, dass das Interesse der Menschenfrau erregte. „Und wenn wir schon bei hübschen Sachen sind, was ist mit deinem Schmuck?" Maoui wies fragend auf den indigoblauen Saphir, der in einem silbernen Halter einen fingerbreit über der Nasenwurzel L’Yrrahys Stirn
schmückte. „Ich dachte, solche Sachen seien beim Militär strengstens verboten.“ Das Alien lächelte entwaffnend. „Das besitze ich seit meiner Kindheit, eigentlich schon seit ich überhaupt denken kann. Und, ihre Entfernung würde mich töten.“ Ihr Schwanz wurde ruhiger. „Ich besitze aber auch eine offizielle Bewilligung dafür.“ Maoui verschränkte die Arme. „Sind die implantiert?“ „Mehrheitlich im Knochen verankert. Es ist scheinbar eine Art Ritualschmuck, den manche von der Geburt an eingesetzt bekommen. Soll sich um eine archaische
Tradition meines Volkes handeln, die seit Jahrtausenden verboten ist.“ Ihre Begleiterin bückte sich vor, um den Edelstein zu betrachten, während in ihrer Stimme eine Spur Unglaube mitschwang. „Wieso?“ „Normalerweise würden solche physische Eingriffe an einem Katirraner diesen töten. Aber es heisst, dass ganz wenige in der Lage seien, diese hochriskante Prozedur zu überleben. Nun, ich gehöre wohl dazu.“ Sie lächelte Schwach. „Mit Gewissheit weiss man es bloss, sobald es versucht wird. Mutter behauptet übrigens, dass nur die Heiligen unserer Rasse in der Lage sind, damit alt
zu werden.“ Sie zuckte die Schultern und rang mit ihrer Aussage Maoui ein Grinsen ab. „Falls ich eine bin, habe ich bisher noch nichts davon bemerkt.“ Sie sah die Menschenfrau nun mit einem undeutbaren Blick an. „Und sie ist sich auch sicher, dass es ein Geschenk meiner Erzeuger sei!" „Du nicht?“ L’Yrrahy schüttelte den Kopf. „Während Mutter behauptet, dass es wohl dazu gedacht ist, meine Teleportierfähigkeiten zu stärken und besser zu machen, bin ich inzwischen zu einer anderen Überzeugung gelangt. Nämlich, dass das einzige, was diese Edelsteine wirklich
erreichen, die deprimierende Tatsache ist, mir das Teleportieren so schwer zu machen, dass ich nie in der Lage sein werde, zielgerichtet zu springen. Egal wie präzise ich es versuche, ich lande immer einige Meter neben, über, vor- oder hinter dem angepeilten Ziel.“ Maoui rieb sich das Kinn. „Diese?“ Das Alien nickte und begann jetzt an ihrem Kopf in der Haarmähne zu wühlen. Bis ein runder, unheimlich komplex geschliffener Amethyst in der Kopfmitte zum Vorschein kam. "Wow!" war Syrias Kommentar darauf. "Das ist aber längst nicht alles!" Verkündete nun das Alien, als es den Kopf weit in den Nacken legte, um einen
weiteren Stein zwischen Halsgrube und Kehlkopf zu zeigen. Diesmal handelte es sich um einen dreieckigen Aquamarin. Dieser war Maoui zwar schon zuvor aufgefallen, aber sie hatte ihn, wie den Saphir, für normalen Schmuck gehalten, nicht für die Komponente einer körperlichen Fixinstallation. Kurz entschlossen öffnete jetzt L’Yrrahy ihren Overall, um ein weiteres Implantat in der Mitte der Brust auf dem Brustbein zu zeigen. Ein unbestimmbarer, sechseckiger grün-, golden- und auch rosafarbener Stein kam zum Vorschein. Ebenso wies sie noch auf den nächsten Stein, welcher sich zwei fingerbreit oberhalb des Nabels
befand. Das ganze lief derart rasant ab, hatte das Alien ihren Oberkörper bereits entblößt, dass es Maoui erst gelang einzugreifen, als ein vorbeigehender Mann zufällig die Abzweigung hinter ihnen nicht erwischte und gut hörbar in eine Wand lief. Rasch bedeckte sie L‘Yrrahys Blöße, wobei ihr dabei gleichermassen der goldgelbe Edeltopas über dem Nabel, wie auch die wohlproportionierte Brüste einer erwachsenen Frau auffielen. Sie war nur klein, nicht kindlich, rief sich Maoui dabei in Erinnerung und fragte sich erstmals, wie alt L’Yrrahy wohl wirklich war. "Was ist?" fragte diese ganz
enttäuscht. "Ähem ... können wir deine äh … Edelsteinsammlung nicht ein anderes Mal begutachten? Wieviel Steine kommen eigentlich noch?" "Zwei," ließ L'Yrrahy enttäuscht verlauten, "willst du nicht wissen wo?" Das Alien griff wieder zum Reißverschluss, als ihr Schwanz jetzt hektisch hin und her schwang. Doch noch bevor sie sich ganz entkleiden konnte, schüttelte Maoui entschlossen den Kopf. Und der Schwanz sackte ab, legte dabei eine interessante Sterbensszene hin. "Sorry Kleines, aber ich ... würde ... wollte ... Sagen wir's einmal so, gib mir doch mehr Zeit diese Preziosen
eingehender zu betrachten. Und hier ist die Beleuchtung sowieso absolut mies!" Die Katirranerin blickte sich prüfend um und nickte dann zustimmend. Scheinbar war auch ihr Schwanz noch nicht so ganz tot, als er langsam wieder hoch kam. Ein Stück gingen sie stumm weiter. "Was meinte eigentlich Major Unlivar Marrows damit, dass unsere Ausbilderin 'Vielleicht mit uns das gleiche tut, was sie damals mit ihrer Einheit tat'?" platzte es plötzlich aus dem Alien heraus. Erwischt! Maoui bekam plötzlich einen heftigen Hustenanfall, der sie zwang stehen zu bleiben. Unsicher blickte sie dabei auf L'Yrrahy, welche fragend zu ihr hochsah.
Ihr Schwanz schien sich komplett erholt zu haben. Was nun? Sie brauchte eine Ausrede, eine Lüge. Oder mußte sie ehrlich sein? Würde die Kleine die Wahrheit verstehen? In genau diesem Augenblick wäre Maoui sogar bereit gewesen, ihren Schatten zu verpfänden, um ein Wunder zu erhalten, dass sie aus dieser Situation errettete. "Achtung, Achtung. Durchsage!" Ertönte es plötzlich über die basisinternen Lautsprecher. "Die Rekruten Maoui Syrias und Lyrrahy tpch... tpa Srrayt werden gebeten, sich umgehend zum kleinen Arboretum im blauen Sektor zu
begeben!“ Ein schmerzhaft schrilles Pfeifen folgte, um sich der Aufmerksamkeit aller in Reichweite befindlichen Zuhörer sicher zu sein. „Ich wiederhole: Achtung, Achtung. Durchsage! Die Rekruten …“ Erschrocken drehte sich währenddessen Maoui an der Stelle mehrfach im Kreis, bis sie endlich ihres Schattens gewahr wurde. Hierauf atmete sie erleichtert auf und sah sich dann suchend um, als sie den holografischen Wegführer hob. "Toll, wo ist nun dieser blaue Sektor? Und was soll ein Arboretum sein?" "Ich weiß wo das ist und wie man dorthin kommt!" Meinte nur L’Yrrahy
erfreut.
Einen Augenblick lang war Maoui versucht, ihre Begleiterin deswegen hochzunehmen. Wie konnte sich diese hier bloß schon derart präzis auskennen, wenn sie erst gestern angekommen war?
Doch dann nickte sie bloß. War das nicht der Grund, weswegen ihr L’Yrrahy immer sympathischer wurde?
Und der holografische Wegführer war ihr irgendwie nie richtig geheuer gewesen. Solche Teamgefährtinnen mochte sie irgendwie. "Also los Kleine, Du führst!"
Ein kleines Grüppchen Knights of Fate stand gerade an einem der weit in den zentralen Gebäudepark der Erholungszone hineinragenden Balkon, unterhielt sich angeregt und spielte eine elektronische Partie Koulouri-Schach. Bis durch eine gegenüberliegende Wandpassage, auf allen Vieren, ein Alien mit langem, in der Luft tänzelndem Schwanz vorbei huschte. Noch während die Knights dem Wesen erstaunt nachblickten, folgte diesem eine rothaarige Frau in Rekrutenuniform. "Seht Euch einmal dieses Prachtsweib an!" Rief bei deren Anblick einer von
ihnen, als er wie ein Blitz aus der Gruppe an die Balustrade schoss. Sein cyanblauer und einreihiger Waffenrock trug die Insignien eines Leutnants des zweiten Sturmtrupps des zweiten Platoons der R.B.R. Kompanie, während auf seinem Barett das Logo eines stilisierten Wolfkopfes in Gold prangte. Der muskulöse Mann, der sein hüftlanges, blondes Haar zu einem Zopf geflochten trug, heulte wie ein Wolf in den Park hinunter und wandte sich darauf grinsend seinen Kollegen zu. "Für die würde ich noch allemal zum Wolf werden!" Ein dunkelhäutiger Koloss trat kopfschüttelnd an ihn heran. "Kein
Problem für einen 'Wolf', eh. Ihr Chaoten könnt aber auch in keinem Augenblick an etwas anderes denken." Herausfordernd griff sich der Blonde zwischen die Beine. "Mein lieber ‚Damokles‘. Stets einsatzbereit sein und keine Gelegenheit auslassen; das ist das wahre Motto der Wölfe. Denn die 'Wolfs' lassen nie eine Waffe rosten, egal welchen Kalibers!" Asaan ‚Damokles‘ Ropelewski, der im Rang zwar ein Gefreiter, aber als erfahrener Pilot eines Mounts und somit Mitglied eines Sturmtrupps - wie diese Kampfeinheiten genannt wurden - des ersten Platoons der R.B.R. Kompanie, einem ‚Wolf‘ ebenbürtig, wenn nicht
sogar überlegen war, lächelte bösartig. "Lohnt es sich denn mit einem so Kleinen?" Allgemeines Gelächter hüllte die Beiden ein, während der Betroffene seinen besten Kumpel mit Blicke erdolchte. Ein dritter Knight, von kleiner, aber wuchtiger Statur und in den typischen graublauen Arbeitsoverall eines Mechanikers des Taktischen Trupps gehüllt, mit dem Logo eines stilisierten Wolfkopfes in Silber auf seinem Barett, gesellte sich nun zu den zwei Streithähnen. "Kennt ihr die denn? Das war ein ‚Lemming‘ … es wird ziemlich schwer werden, in dem Riesenhaufen an ihre Daten zu
kommen.“ „Rekruten sollten doch in der Öffentlichkeit nicht mehr Lemminge genannt werden.“ Meldete sich darauf aus der Gruppe ein rothaariger Hüne. „Ach ‚Killerduck', nicht so formell, wir sind doch hier ganz und gar unter uns.“ Meinte Asaan Ropelewski beschwichtigend zu ihm. Dafür grinste ihn der Blondhaarige nur schelmisch an. „Wie treffend das ist, werden wir dann morgen Nachmittag wieder einmal sehen.“ Mit dem gleichen, tadelnden Tonfall fuhr Leutnant Stephen ‚Killerduck' McAsh, ebenfalls ein ‚Wolf‘, aber Pilot des Unterstützungstrupps, fort. “Und euch,
vor allem dir Howler, ist doch ebenso bewusst, dass wenn ein Rekrut bei einem Techtelmechtel mit einem Knight erwischt wird, er die längste Zeit Rekrut gewesen ist.“ „Ohne die heftige Rüge zu erwähnen, die uns droht, falls wir dabei erwischt werden.“ Warf der Mechaniker dazu ein. Howler blickte seinerseits sehnsüchtig in die Richtung in die die Frau und das Alien verschwunden waren. „Aber dennoch ...“ Er war gerade daran wieder loszuheulen, als ihn der Rothaarige unterbrach. „Sie heißt Maoui Syrias!" Behauptete dieser und war sich damit die Aufmerksamkeit aller
sicher. "Woher kennst Du sie?" Fragte ihn Howler enttäuscht. "Wieso weißt Du das?" Kam es von einem anderen. Damokles seinerseits wich mit gespielter Ehrfurcht einen Schritt zurück. "Eh, Leute, Stephen 'Killerduck' ist auch übersinnlich begabt!“ Doch Stephen McAsh lachte nur spöttisch auf. "Bin nur ich das, oder verliert ihr Kerle mit den Jahren echt immer mehr an Grips? Beantwortet mir doch bitte mal folgende Frage: Wohin ist denn die Kleine verschwunden?" Howler, der immer noch gegen die Balustrade lehnte, bückte sich gefährlich
weit vor. "Ich würde sagen, in den blauen Sektor, wieso?" "Nun, Gajson, Du Intelligenzbestie, erinnerst du Dich vielleicht noch entfernt an die Durchsage von vorhin?" Meinte Killerduck dazu. Gajson ‚Howler‘ Rondalle schnippte erfreut mit den Fingern. "Ja genau, sie und diese unaussprechliche Andere sind ja in den Minigarten befohlen worden!" „Dem sagt man Arboretum.“ Korrigierte ihn McAsh. Doch Gajson ignorierte ihn, als er sich mit träumerischer Miene an die Gruppe wandte. "Ja, ich spüre es bereits. Wir sind schon ewig für einander geschaffen gewesen. Sie ist mein Leben. Denn das
wird die herrlichste Nacht die sie jemals erlebt hat!" Er heulte erneut wie ein Wolf los. Hierbei wich Asaan mit gespieltem Entsetzen zurück. "Gebt ihm die Kugel, sein Schwanz ist wieder mit seinem Hirn durchgegangen!" Dafür verschränkte Killerduck mit einem hämischen Grinsen die Arme. "Schätze das kommt davon, dass er die Sache mit Shalila ja schlussendlich verbacken hat!" Wie ein verwundetes Tier fuhr jetzt Gajson zu ihm herum. "Das gilt nicht. Das war etwas ganz anderes! Ich meine, an dieser Frau ist ja echt nichts mehr Weibliches. Das ist weder schön noch attraktiv. So macht’s keinen Spaß mehr.
Wer will so was schon? Überdies hat dieser Wandschrank ein Herz aus Stein!" Einer der herumstehenden Knights zuckte darauf gelassen mit den Schultern. "Sie sieht vielleicht durchtrainierter aus als die Mehrheit unserer Damen. Aber für meinen Geschmack doch noch recht ansehnlich, nicht?" „Ich denke nicht, dass es das war …“ trat Damokles herausfordernd vor Gajson. "Unser Casanova hat sich doch bloß den Schwanz an diesem ‚Wandschrank‚ gestaucht und konnte nicht so wie er wollte. Sie hat es mitbekommen und wollte dann auch nicht so wie er … hat ihm schließlich den Laufpass gegeben. War wohl nicht so toll wie versprochen
…" Howler sah sich aufgeregt um. "Das stimmt nicht. Ihr kennt mich doch. Mich hat nie eine Frau abgewiesen!" "Uh, oh," 'Killerduck' zog übertrieben gespielt den Kopf ein, "unser Wolf ist in seiner Ehre gekränkt!" "Jawohl und ich werde Euch Ungläubigen darob die Augen öffnen, dass Ihr unrecht habt! Ich bin immer noch der Beste!" "In was denn?" fragte Damokles mit einer derart gespielten Naivität, dass erneut alle wieder in schallendem Gelächter ausbrachen. "Wie willst Du uns das denn beweisen!" Hakte McAsh nach. "Nun, indem... indem ich mir die Rote
von vorhin, diese Miaui innerhalb kürzester Zeit angle und vernasche. Sie wird mir nicht widerstehen können. Für mich absolut kein Problem!"
"Das bezweifle ich stark!" erwiderte Asaan.
"Wetten?"
--ENDE
KAPITEL 3