Kurzgeschichte
Der letzte Wunsch - SP 72

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"Weil man Glück teilen kann."
Veröffentlicht am 08. Dezember 2018, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Ich liebe das Leben, diskutiere gern und mache gern Spaß. Respekt und Ehrlichkeit sind mir wichtig. Mein Buch "Die Liebe trifft das Leben" ist am 6.2.15 erschienen.
Weil man Glück teilen kann.

Der letzte Wunsch - SP 72

Eine wohlige Geschichte zur Schreibparty 72 mit den Vorgaben:

Feuerwehr Himmlisch kalte Finger kapriziös Kinderpunsch Kuss oder Küsse Mikrowelle Ofen Pflaster raffiniert Stoff Zuckerstange


Coverbild kostenlos by Pixabay



Der letzte Wunsch


Ilse kann im Alter nicht mehr so lang schlafen, also tastet sie sich den Gang entlang und holt sich die Morgenzeitung. Dann schlappt sie wieder zurück in ihr Zimmer und macht es sich in ihrem braunen Lehnsessel bequem. In der Frühe herrscht eine himmlische Ruhe in den Gängen des Seniorenheimes.

Mit zitternden Händen hält Ilse die Zeitung. Es fällt ihr schwer, die kleine Schrift zu entziffern. Daher schaut sie sich meist nur die Bilder an. Auf einem Foto erkennt sie die Feuerwehr, welche gerade ein kleines schwarzes Kätzchen

aus dem Baum rettet. Darunter steht in großen Lettern: KÄTZCHEN PAULA GERETTET- WARTET NUN AUF SIE

IM TIERHEIM!

Da Oma Ilse für ihre überraschenden Einfälle und kapriziöse Art bekannt war, wundert der Pfleger sich nicht, als sie am Samstag morgens um 5.00 Uhr nach ihm klingelt. Einige Minuten später steht er in der Tür und fragt nach dem Befinden. Ilse meint trocken: "Sie müssen mir die Heimordnung vorlesen! Sind hier Tiere erlaubt?" Olaf ist von den Socken: "Deshalb rufen sie mich in aller Frühe zu sich?" Oma nickt. "Was ist jetzt mit der Heimordnung?", drängt ihn die alte Frau. "Tiere sind im Heim meines Wissens

nicht erlaubt."

Oma Ilses Augen werden erst dunkel und nach kurzer Zeit funkeln sie auf. "Haben sie Kinder, Pfleger Olaf?" Überrascht nickt dieser. Ilse bohrt weiter: "In der Weihnachtszeit denken sie doch sicher über deren Wünsche nach, nicht wahr?" Olaf weiß nicht recht, worauf die Gute hinaus will und zupft verlegen den Stoff seines Hemdes zurecht. "Wir gehen mit unseren Kindern immer zum Weihnachts-markt, da gibt es Kinderpunsch und Zuckerstangen."

Ilse erinnert sich: "Als ich klein war, wollte ich immer ein Haustier haben

und nun wartet da im Tierheim ein kleines Kätzchen auf ein liebevolles

warmes Körbchen neben dem Ofen." Langsam dämmert es dem Pfleger und er denkt: Wie raffiniert sie doch ist, ihn in diesem Zusammenhang nach seinen Kindern zu fragen. Abwesend faltet die alte Frau gerade die Zeitung zusammen, als sie sich daran schneidet. Olaf eilt ins Dienstzimmer, um einen Pflaster zu holen. Als er zurückkommt, ist Ilse fort. Aus dem Speisesaal hört er die Mikrowelle surren. Die 82-jährige bewegt sich, den Finger in ein Taschentuch gewickelt, eine Tasse Tee in der Hand aus dem Speisesaal geradewegs Olaf entgegen. Dieser verarztet nun Omas verletzten Finger und hilft ihr wieder in den Sessel. Bevor er das Zimmer

verlässt, zwinkert er Ilse noch einmal zu.

Tage später, Olaf hat seinen Weihnachts-urlaub genossen, betritt er Ilses Zimmer, um sie zum Frühstück zu holen. Er macht sich ernsthaft Sorgen, denn von dem Personal weiß er, dass sich Ilses Gesundheitszustand über die Feiertage verschlechtert hat. Diese liegt in ihrem Bett und atmet schwer. Olaf eilt zu ihr. Als unsere Ilse ihn erkennt, fragt sie keuchend: "Was ist mit dem Kätzchen?" Olaf nimmt ihre Hand, beugt sich nah an ihr Ohr, als er ihr mitteilt, dass sich seine zwei Racker über den Familien-zuwachs namens Paula sehr freuen. Sie ist am heiligen Abend eingezogen.

Oma Ilse, den Tränen nahe, legt ihre

kalten Finger um das Gesicht von Olaf und zieht es zu sich heran. Dann drückt sie ihm dankbar einen Kuss auf die Stirn, bevor sie erleichtert in ihr Kissen sackt und friedlich einschläft. Olaf setzt sich gedankenversunken auf die Bettkante. Ihm wird klar, dass er nicht nur seinen Kindern eine Freude bereitet, sondern auch Ilses letzten Herzenswunsch erfüllt hat.



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Darkjuls
Ich liebe das Leben, diskutiere gern und mache gern Spaß. Respekt und Ehrlichkeit sind mir wichtig. Mein Buch "Die Liebe trifft das Leben" ist am 6.2.15 erschienen.

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baesta Habe sie erst jetzt gelesen, Deine anrührende Geschichte. Chapeau!
Du hast an Mensch und Tier gedacht.
LG Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
Darkjuls Danke Bärbel, LG marina
Vor langer Zeit - Antworten
Bleistift 
"Der letzte Wunsch..."
Eine anrührende Weihnachtsgeschichte ist Dir da gelungen... ...smile*
LG
Louis :-)
Vor langer Zeit - Antworten
Darkjuls Vielen Dank, das lese ich gern. LG marina
Vor langer Zeit - Antworten
Ombladje Hallo,
da gibt es eigentlich nichts zu bemängeln. Eine super Geschichte, kann man gut lesen und ein schönes Ende. Die Dialoge sind im Einklang mit den Taten. Auch finde ich gut, das du Abwechslung rein bringst, indem Ilse z.B. ihr Finger schneidet, damit ist die Geschichte nicht so eintönig.

Passt soweit alles, Respekt!
Vor langer Zeit - Antworten
Darkjuls Vielen Dank, das freut mich zu lesen. LG Marina
Vor langer Zeit - Antworten
Frettschen Eine sehr berührende Geschichte ... ich habe sie vorgelesen und musste bei den letzten Zeilen doch arg meine Stimme kontrollieren ...
Sehr schön - danke für dieses warme, weiche und tröstende Gefühl ♥
Vor langer Zeit - Antworten
Darkjuls Ja, den letzten Wunsch zu erfüllen, hinterlässt ein besonderes Gefühl. Danke für den Kommi. LG Marina
Vor langer Zeit - Antworten
Andyhank Schöne Geschichte! Ich frag mich nur, warum du Weihnachtsmarkt und Weihnachtsurlaub mit Bindestrich schreibst. Einen Pflaster holen - spricht man so in deiner Gegend? Haben sie Kinder, Pfleger Olaf - hier kommt ein Komma hin. Namen werden immer ausgeklammert.
Vor langer Zeit - Antworten
Darkjuls Danke Andy, ja einen Pflaster holen,das sagt man hier so. Weihnachtsmarkt steht am Ende des Satzes und damit der Satz am Ende nicht eine Lücke aufweist, habe ich das Wort getrennt. Natürlich kommt bei Pfleger Olaf ein Komma hin, hab´s übersehen. Also nochmals danke und LG von mir.
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