Kurzgeschichte
Kling, Glöckchen, klingelingeling ... - Forum-Battle 72

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"Kling, Glöckchen, klingelingeling ... - Forum-Battle 72"
Veröffentlicht am 08. Dezember 2018, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Ich erinnere mich noch gerne meiner allerersten Zeilen - ein Schulgedicht: Der Winter ist ein Bösewicht, die Bäume tragen Schneegewicht, die Stämme sind kahl und so schwarz wie ein Pfahl, die Felder sind weiß und auf dem See liegt Eis. In den seither vergangenen Jahrzehnten hat sich mein Schreibstil sicher geändert - ist erwachsen geworden -, aber die Freude am Schreiben ist ungetrübt.
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Forum-battle 72 Vorgaben

Feuerwehr

Himmlisch Kalte Finger kapriziös (wunderlich, schrullig) Kinderpunsch Kuss oder Küsse Mikrowelle Ofen Pflaster raffiniert Stoff Zuckerstange

Schöne Bescherung

Mit frostigem Blick und puterrot gefrorener Nase wärmte der Weihnachtsmann seine kalten Finger an der Tasse. »Kinderpunsch! – seufz! – Ein echter Grog wäre mir jetzt lieber! Das Fest ist vorbei, der Braten gegessen. Und die Geschenke? Geschenkt oder schon wieder umgetauscht. Mach, dass du endlich raus kommst, Michael! Ich habe Feierabend.« Sein Sekretär schüttelte kapriziös mit dem Kopf. Dann schloss er hinter sich die Tür. Endlich kehrte die gewünschte himmlische Ruhe in des Weihnachtsmanns Gemach ein.

Vom Flur drang verhaltenes Stimmengewirr und das Stampfen fester Stiefel. Die

bezaubernden Melodien, die seit Menschengedenken am Heiligabend durch das Weihnachtshaus wehten und mit den ersten Schneeflocken durch den Kamin entwischten, um fast lautlos auf die Erde niederzugehen, kehrten eine nach der anderen zurück. Sie verzogen sich müde. Kling, Glöckchen, klingelingeling. »Darauf habe ich die ganze Zeit gewartet«, seufzte der Weihnachtsmann. Was hatten die Menschen sich wieder alles gewünscht und was hatten sie stattdessen bekommen! Er erinnerte sich mit Grausen. Wie so oft war es einfach nicht mit rechten Dingen zugegangen. Die Wenigsten erhielten das Gewünschte! Dabei hatte doch Michael alles im Griff gehabt! Oder etwa nicht?

Der Eine hatte sich einen Wagen für die örtliche Feuerwehr gewünscht, aber nur ein paar neue Schuhe erhalten. Ein Anderer hatte ein raffiniertes Schmuckstück für seine Liebste bestellt; sie fand aber nur einen Spielzeugring im Päckchen. Wieder ein Anderer hätte gerne eine neue Mikrowelle bekommen, stattdessen hatte er nur warme Socken gefunden. Mancher hatte sich nichts sehnlicher gewünscht als einen Kuss für seine Seele oder gleich eine ganze Handvoll auf den Mund. Doch da blieben die Geschenke fern. Auch einen neuen Ofen hatte er auf dem Schlitten mitgenommen, der war aber in einer scharfen Rechtskurve heruntergefallen und an einer Steilküste zerschellt. Eine Riesenkiste, die obendrauf

festgezurrt gewesen war, hatte der Gusseiserne leider mitgenommen. »Nun bekommen die Armen nicht einmal mehr ein Pflaster für ihre Seelennot.«

Der Weihnachtsmann wiegte den Kopf traurig hin und her. Dann straffte er die Schultern und lächelte. »Nach dem Fest ist vor dem Fest.« Mit der Rechten zog er einen Flachmann aus seiner Pyjamajacke, öffnete das Fläschchen, roch genüsslich mit den Augen rollend daran und kippte einen ordentlichen Schluck zu dem heißen Fruchtsaft in die Tasse. Mit einer bunten Zuckerstange vom halbleeren Weihnachtsteller rührte er darin.

»Der Stoff, aus dem die Träume sind.« Allein beim Gedanken an den ersten Schluck rann ihm ein wohliges Gefühl seine Kehle hinab.

Bleiern lasteten die Lider auf seinen Augen. War es schon Tag oder dauerte die Nacht ewig? Als er sich aufsetzen wollte, stöhnte er schmerzerfüllt. Einzig eine Hand fand von Zeit zu Zeit zu seinem Glück. Er nahm es zärtlich an wie ein geliebtes Wesen. Der letzte Schluck spülte den Staub von seiner Zunge. Einer entrückten Maske gleich segelte er aus dem Delirium direkt in die starken Arme seines Sekretärs, der noch einmal nach dem Rechten sah.

Michael stieg müde die Stufen zu seiner Dachkammer empor. Wenig später schloss sich seine Tür und er legte eine neue Platte auf. Über die morgengrauen Flure ertönte: »Spiel mir das Lied vom Tod.«

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Über den Autor

KatharinaK
Ich erinnere mich noch gerne meiner allerersten Zeilen - ein Schulgedicht:
Der Winter ist ein Bösewicht,
die Bäume tragen Schneegewicht,
die Stämme sind kahl
und so schwarz wie ein Pfahl,
die Felder sind weiß
und auf dem See liegt Eis.
In den seither vergangenen Jahrzehnten hat sich mein Schreibstil sicher geändert - ist erwachsen geworden -, aber die Freude am Schreiben ist ungetrübt.

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welpenweste Ich stelle mir das herrlich als Cartoon vor.
Und dass der Weihnachtsmann auch einen Sekretär braucht, ist selbstverständlich, sonst müsste er ja nur mit Rentieren Vorlieb nehmen.
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
KatharinaK Den Sekretär braucht die rote Eminenz allein, weil er Büroarbeit hasst.
Und außerdem, Günter, ist er ein Mann. Wäre es eine Weihnachtsfrau, sähe das gaaaanz anders aus. Bestimmt.
Frohes Neues für Dich.
Katharina
Vor langer Zeit - Antworten
schnief Eine wunderbare gut verfasste Geschichte.
Viel Glück!
LG Manuela
Vor langer Zeit - Antworten
Andyhank Also dafür, dass du kein Mann bist, hast du diese allzu menschliche, geradezu heiße 'Angelegenheit' wahrlich gut beschrieben. Wenn's so gewollt ist, dass man hier auf anrüchige Gedanken kommt, in einem Haushalt ohne Frauen ... :D
Vor langer Zeit - Antworten
KatharinaK Lieben Dank für Dein "männliches" Lob. Man liest zumeist selten, was geschrieben steht. Ist bei Bildern ähnlich. Wäre diese Geschichte beim Christkind angesiedelt - ich schwör', sie klänge ganz anders. Klingelingeling ... Frohes Neues Jahr, Andy
Vor langer Zeit - Antworten
Frettschen Eine Männer-WG? Haha - - - was mache ich nur mit meiner Phantasie?!
Ob gewollt, oder ungewollt - - - im letzten Absatz hast du mir ein ehrlich begeistertes Lachen beschert. :))
Ansonsten eine schön nachdenkliche Geschichte über unser perverses Konsumverhalten und dass nicht jeder Wunsch auf Erden in Erfüllung geht - leider.
Vor langer Zeit - Antworten
KatharinaK Siehe oben, Frettschen. Frohes Neues Jahr.
Vor langer Zeit - Antworten
Lindenblatt 
Liebe Katharina,
Deine Geschichte zur Schreibparty 72 ist sehr lesenswert mit einem überraschenden Schlusslied.
Viel weihnachtliches Glück
wünscht Dir
Linde
Vor langer Zeit - Antworten
KatharinaK Mir blieb nichts anderes zu schreiben. Danke, Linde, für Dein Lob. Liebe Grüße, Katharina
Vor langer Zeit - Antworten
Friedemann 
Wie oft habe ich schon das Lied vom Tod gehört, weil mir die Musik gefiel.
Nun bin ich wirklich gespannt, warum Michael dieses Lied wählte ...

Liebe Grüße
Friedemann
Vor langer Zeit - Antworten
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