Ein Wandzeitungsartikel
Ich war neu im Betrieb. Ganz frisch von der Hochschule. Da muss man gesellschaftlich tätig sein. Und schon war ich in der FDJ Grundorganisation. Stufe 2 war eine Funktion – ich wurde Kultursekretär oder war es Propaganda?!Jedenfalls störte mich das Werkküchenessen. Mal war das Essen kalt, mal die Kartoffeln hart. Wir waren die letzten, die im neuen IGI West zum Essen kamen und deshalb hatten wir diesen Stress.Im guten Glauben an die Veränderung durch Worte schrieb ich einen Artikel für die Wandzeitung. Überschrift: „In einem gesunden Körper wohnt ein gesundes Geist!“Zu allem Überfluss veranlasste ich die blassen Meinungsmuffel meiner FDJ Leitung noch dazu, dieses Pamphlet zu unterschreiben.Dann hing er da, der Artikel. Und alle, die über den Flur kamen, blieben stehen und lasen den Artikel.Über kurz oder lang – eher über kurz kam eine Vorladung zum Direktor. Gottfried D. war damals noch am Ruder. Er war sehr beliebt. Ich durfte Platz nehmen und er drehte sein Schreibgerät zwischen den Fingern: „ Kollege Weißleder, was soll ich nur mit ihnen machen? Was haben sie sich mit dem Artikel gedacht?“Ich haspelte ein paar Sätze herunter, war aber nicht der Meinung, dass ich mich hier zu entschuldigen hätte.„Was würden sie denn von einer Mitarbeit in der Küchenkommission halten?“und schon hatte ich einen neuen Posten und eine Lehre erhalten.Die erste Sitzung der benannten Kommission war normal bürokratisch, wie im Kleingartenverein. Protokollkontrolle – neue Fragen – Ende der Veranstaltung.Ein paar Sitzung später kam man hinter der Hand oder besser am Rande des Treffens zum Thema: „Wenn sie mal Edelkonserven brauchen!? Spargel oder Mandarinen z. B. ?“So gewann man Freunde, wurde Kritiker los oder man besserte das Image auf.Ich habe nie etwas genommen und meine noch heute, es war gut so. Babelsberg, 2009-01-06