Kinderbücher
Fuchs, du hast die Gans gestohlen

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"Fuchs, du hast die Gans gestohlen"
Veröffentlicht am 15. November 2018, 12 Seiten
Kategorie Kinderbücher
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Das Schreiben macht mir Freude
Fuchs, du hast die Gans gestohlen

Fuchs, du hast die Gans gestohlen

Kommissar Mümmelmann zuckte mit den Ohren und dachte nach. Gerade hatte er einen schwierigen Fall übernommen, eine Gans wurde entführt, und er hatte noch keine Spur. Der Mann der Gans, Günther, hatte ihm aufgeregt berichtet, dass seine Frau eines morgens plötzlich verschwunden gewesen war; aufgewacht sei er, weil der Hahn (den übrigens alle Tiere im Wald hassten) geschrien hatte; umgedreht habe er sich dann, um seiner Frau einen guten Morgen zu wünschen. Und dann war er, nachdem er mit Erschrecken festgestellt hatte, dass seine Frau spurlos verschwunden war, sofort zu Kommisar Mümmelmann gerannt, um ihn um seine Hilfe zu bitte. Tja, da stand

er nun, der Mümmelmann, und grübelte. Um sich etwas zu stärken, knabberte er hier und da am Gras, hoppelte ein Stück weiter, und hielt dann inne; aus dem nahen Gebüsch drangen leise Geräusche an seine lauscherprobten Löffelohren; es klang für ihn, als schliche jemand durchs Gehölz. "Wer ist da?", rief er. "Niemand", antwortete eine raue Stimme. "Naja, niemand sagt ja nichts. Wer bist Du also? So zeige doch doch!" Da trat ein Fuchs aus dem Gebüsch, ganz rot, so wie ein Fuchs, den Kopf leicht gesenkt, und sagte: "Ja ja, hier bin ich ja schon." Mümmelmann beäugte ihn skeptisch. "Das sehe ich wohl. Gehe ich recht in der Annahme, dass Du der Fuchs bist?"

"Jawohl. Der Fuchs, das bin ich. Und rot ist mein Fell." Da Kommisar Mümmelmann in gewisser Hinsicht auch ein Fuchs war, kombinierte er schnell: Füchse sind Raubtiere; Die Gans ist verschwunden; ob der Fuchs wohl dahinter steckte? Er arbeitete seine Hypothese im Geheimen weiter aus, erweiterte sie um entscheidende Details, und dachte dann, er sollte den Fuchs nicht wissen lassen, dass er ihn verdächtigte. "Gestern morgen ist eine Gans verschwunden", sagte Mümmelmann nun. "Plopp, einfach so." Der Fuchs vergewisserte sich, dass er eine Stirn hatte, bemerkte, dass dem so war, und runzelte sie. "Das ist

bedauerlich. Aber damit habe ich nichts zu tun!" "Nein, nein", sagte Mümmelmann, "ich verdächtige Dich auch gar nicht. Ich frage mich nur, ob Du vielleicht etwas Ungewöhnliches bemerkt hast." "Nein, nichts. Doch rot ist mein Fell." "In der Tat. Nichts für ungut, Fuchs, ich muss nun weiter." Und so hoppelte Mümmelmann davon. Er konnte jedoch nicht wissen, dass jemand ihr Gespräch belauscht hatte. Ein Eichhörnchen, rot war sein Fell, hatte die ganze Zeit über auf einem Baum direkt neben ihnen gesessen. Leider war das Eichhörnchen nicht Teil der intellektuellen Elite; nie hatte es die Implikationen des

Doppelspaltexperiments verstanden, nie auch nur im Ansatz die Relativitätstheorie begriffen. Auch seine Wahrnehmung war nicht frei von Mängeln, war sie doch ganz und gar auf das Sammeln von Nüssen und dem Flüchten vor Feinden ausgerichtet. So dürfte es nicht verwundern, dass das Hörnchen falsche Schlüsse aus dem mitgehörten Gespräch zog. Es dachte: Der böse Fuchs. Es dachte: Der Fuchs war's! Da das Eichhörnchen eine ausgesprochene Tratschtante war, erzählte es jedem dem es begegnete davon. Bald war der ganze Wald der einstimmigen Meinung: Der Fuchs war's! Die Tiere schlossen sich zusammen; zu

dem Eichhörnchen gesellten sich Wildschweine, Rehe, Hirsche, etliche Vögel, Marder, Waschbären usw.; eines der Wildschweine spielte die Rolle des Anführers; "Mir nach!", rief er im Befehlston und machte sich auf den Weg, um den Fuchs zu suchen. Rasch hatten sie ihn gefunden; der Fuchs kauerte wieder mal hinter einem Gebüsch. "Komm raus!", schrie das Wildschwein. Dann fügte es hinzu: "Du Sau!" Es ignorierte die Einwände seitens des Marders, dass der Fuchs wohl ein Fuchs sei, und kein Schwein, schon gar keine Sau, da man deutlich männliche Attribute sehen konnte. Trotzdem stimmten alle Tiere mit ein: Komm raus!" Sie wurden

zu einem wütenden Mob, von dem gleichfalls Gefahr als auch Autorität ausging. Zögernd wagte sich der Fuchs aus seinem Versteck; zitternd stand er da, den Blick auf den Boden gerichtet. "Hier bin ich ja schon", sagte er. "Rot ist mein Fell." "Meins auch!", schrie das Eichhörnchen, doch keiner beachtete es. Sprechchöre ertönten: "Fuchs, du hast die Gans gestohlen! Gib sie wieder her!" Der Fuchs wich ein paar Schritte zurück. "Nein, ich habe die Gans nicht gestohlen! Nichts läge mir ferner!" "Ja ja", rief das Wildschwein, "das sagen sie alle!" "Nein, wirklich. Ich bin schon seit einigen Jahren Veganer. Aus moralischen Gründen." Der Fuchs kramte etwas aus

dem Gebüsch. "Seht, hier. Sojamäuse. Und hier, Grünkernhase. Seht, ich bin Straight Edge. Gänse will ich gar nicht!" Als der Fuchs diese Worte gesprochen hatte, kam ein Tier aus dem Wald getrottet. "Hi", sagt es und alle starrten das Tier an. Nun sprach das Wildschwein: "Gans! Da bist Du ja! Wir dachten schon, der Fuchs hätte dich geholt!" Die Gans schnatterte und machte mit ihrem linken Flügel eine abwehrende Geste. "Ach, Unsinn! Ich wollte nur mal ein wenig spazieren gehen. Nun bin ich ja wieder da." Die versammelten Tiere staunten schweigend und einige von ihnen nickten. "Tatütata!", rief eine Stimme hinter ihnen plötzlich. "Tatütata!

Der Mümmelmann ist da." Als der Mümmelmann die Gans erblickte, hielt er inne. In seiner rechte Hand hielt er eine andere Gans, deren Gefieder zerrupft war und die seltsam dröge dreinblickte. Die anderen Tiere sahen die zerrupfte Gans und blickten Mümmelmann fragend an. "Naja", begann dieser, "Ich dachte, ich hätte die verschwundene Gans gefunden. Aber so wie es aussieht, ist die Gans ja schon von ganz alleine wieder aufgetaucht. Nun frage ich mich, welche Gans es ist, die ich hier in den Händen halte!" Da sprache die zerfledderte Gans: "Ich bin nur ein Tourist! Das habe ich Dir doch vorhin schon gesagt aber du wolltest mir ja nicht glauben. Nun lass

mich schon endlich los!" Das tat der Mümmelmann; sofort rannte die fremde Gans schnatternd davon. Als sie sich alle von dem Schreck erholt hatten, feierten sie ausgelassen im Wald; ein Catering-Service kam und sorgte für kühle Getränke und Fingerfood; einige lokale Bands wie "Die Tontauben" spielten und die Tiere tanzten dazu. Am Ende ging überraschend die Sonne unter. "Rot ist mein Fell!", rief der Fuchs in die eintretende Dunkelheit hinein.

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tooshytowrite Hallo DROLLiBAER,
Das Schreiben macht Dir Freude? Trifft sich ausgezeichnet. Mir macht das Lesen Freude.
LG
tooshytowrite
Vor langer Zeit - Antworten
Drollibaer Danke!
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Apollinaris Guter Text was ich las! :)
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Drollibaer Danke
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