von
Simon Käßheimer
Hayves fand sich wieder in dem kleinen unordentlichen Büro, das er zuletzt durch die hintere Tür des Buchladens betreten hatte. 12 Jahre war das nun her - das er hier, wegen eines Buches das er kaufen wollte, den Besitzer gesucht hatte. Er war damals gerade 18 Jahre alt und mit dem Buch in das Büro gestolpert. Es war wie heute gewesen, klein, mit einem unaufgeräumten Tisch in der Mitte. Links und rechts davon Bücherstapel auf dem Boden. Ein alter Vitrinenschrank stand dazwischen und hinter dem Tisch voll Krimskrams, ein Bürostuhl, wie man ihn sich aus Detektivfilmen vorstellt. Dieser
Stuhl war es auch gewesen der das ganze Abenteuer ausgelöst hatte, das eben erst ein plötzliches Ende gefunden hatte. Hayves hatte sich vor 12 Jahren in diesen alten Bürostuhl setzen wollen, um wie ein Detektiv in den Filmen die Füße auf den Tisch zu legen und zu entspannen. Wer hätte auch gedacht das ihm diese kleine Rüpelei an fremden Eigentum eine 12 jährige Suppe einbrockte. Er hatte sich in den Stuhl gesetzt, wollte eben die Füße auf den Schreibtisch heben, als die Lehne nachgab und er nach hinten knickte. Er fiel durch den Rahmen eines großen Spiegels an der Bürorückwandwand. Dann fiel er durch eine Wand aus gebrochenem Licht, rollte
hindurch und war wieder zurück in dem kleinen Büro; wo er am Boden lag und seinen Rücken krümmte. Als er sich wieder aufgelesen hatte, wollte er die gebrochene Lehne des Stuhls aufheben. Doch was war das? Er griff durch die Lehne und auch den kaputten Stuhl selbst konnte er nicht berühren. Was war passiert? War er tot? Er lehnte sich ohne darüber nachzudenken an den Schreibtisch, doch oh Wunder; diesen durchfuhr sein Körper nicht und auch als er die Klinke der Bürotür ergriff so konnte er diese spüren und wie gewohnt öffnen. Er öffnete die Tür und schritt dann wieder hinter den Tisch um erneut zu versuchen die
Stuhllehne aufzuheben. Er dachte er hätte sich getäuscht, doch wieder griff er hindurch und wieder konnte er sie nicht fassen. Das selbe auch wieder mit dem Stuhl selbst und zu guter letzt geschah es auch noch mit dem Buch das er hereingebracht und auf dem Tisch abgelegt hatte. Es lag unordentlich da, lies sich nicht greifen oder fassen und jagte damit Hayves solche Angst ein das er panisch, ohne die Bürotür zu schließen, aus dem Büro auf die Straße rannte. Was er dort jedoch sah, hätte ihn fast in das Büro zurückgetrieben, wo er sich wenigstens sicher fühlen und verstecken konnte.
Er stand auf dem Gehsteig, alles schien zu sein wie immer; plötzlich lief eine Frau mit Kinderwagen vor sich und einem Kind an der Hand durch ihn hindurch. Alle Leute und Tiere die er sah erschienen irgendwie von innen erleuchtet. Die einen etwas heller und mehr die andern etwas dunkler. Autos, Motorräder, Lkw`s und Fahrräder fuhren vor ihm auf der Straße; die ihn jedoch - wie die Passanten des Gehsteigs, nicht zu sehen und wahrzunehmen schienen. Die Fahrzeuge, Gegenstände jeglicher Art wie Cafeschirme, Blumenkästen, Spazierstöcke, Einkaufskörbe, Dreiräder,
und vieles mehr schienen wie aus krieselnden Staubhollogrammen zu bestehen. In der Luft zu schweben. Fest zu hängen. Alles schien so unwirklich zu sein an manchen Stellen und trotzdem blieben einige Dinge gewohnt real. Verkehrsschilder, Türen, Fenster und ihre Gebäude, Ampeln, Einsatzfahrzeuge mit ihrem Personal die vorbeifuhren, Knöllchenschreiber und ein Polizist, sie alle waren massiv und erschienen nicht in diesem unfassbaren und unwirklichen Staubnebel getaucht. Wie vieles andere das ihn umgab. Hayves wusste nicht was er davon halten, oder wie er sich diese Situation erklären sollte. Natürlich
schien es möglich das er sich bei dem Sturz mit dem Stuhl den Hals gebrochen hatte und er nun tot war. Doch weshalb konnte er dann nicht durch Wände oder Türen gehen? Warum waren manche Dinge immer noch so real wie vorher und andere nicht? Warum schien es hier “im Jenseits“ lebende und tote zu geben? Er wollte sich eben in diesen Gedanken vertiefen und sich auf eine Straßenbahnbank setzen, als ihn plötzlich jemand von hinten antippte, er drehte sich erschrocken um und sah in das Gesicht eines Mädchens seines alters. Dessen rotbraunes Haar stand chaotisch vom Kopf ab und war zerzaust. Ein freundliches „Hallo, in der C -
Dimension“, von ihr lies Hayves schlagartig aufspringen und ihr entgegenstammeln: „C - Dimension? Hallo. Wer bist?“. Vor lauter Aufregung vergaß er das Du. Die fremde zögerte nicht und vollendete mit einem „Du“ den Satz. Dann nahm sie auf der Bank platz wärend Hayves immer noch stand und die Antwort abwartete. „Ich bin Lana und du bist hier in der C - Dimension gelandet, wie ich schon sagte“, begann der Wuschelkopf selbstsicher zu erklären. „Das C steht für Chaos, nicht für 3 - oder dritte Dimension, aus der bist du gekommen“. „Chaosdimension“, das war das einzige was Hayves verstanden hatte. Einen
Moment später fragte er: „Was soll das den heißen und wie komm ich hier her?“. „Das hier - dieser Ort, du hast sicher schon bemerkt das hier einiges etwas anders ist, ist die Chaos oder C - Dimension und du bist wahrscheinlich durch einen Spiegel oder vielleicht auch durch Alufolie, was jedoch eher selten ist, hier gelandet“, erklärte Lana. „Dein Selbst und Selbstbild wurde darin gebrochen, dein Körper in Licht verwandelt und du damit ein Teil dieser Dimension. Ist mir übrigens genau so gegangen als ich nach dem Duschen von einem Hocker in den Badspiegel plumpste, als ich gerade meinen Bauchnabel von Flusenresten befreien
wollte“. Nun bin ich schon drei Jahre hier und will eigentlich auch gar nirgends anders hin, einen cooleren Job als den unseren findet man in der dritten Dimension sowieso nicht“. Hayves hörte sich das alles an und setzte sich dann neben sie auf die Bank. Er begann langsam zu verstehen, nur eines hatte er nicht begriffen - das Wort Job. „Retorisch zu warten war nicht seine Stärke und so platzte seine Frage ohne Umschweife aus ihm heraus: „Job, unser Job - wir haben einen Job“. Die Dame dessen Name er immer noch nicht vollends kannte, schenkte im nichts in Sachen Spontanität und sagte: „Ja, ich und einige andere, und du auch bald, wir
sind die Wächter und größtenteils auch die Schöpfer des Chaos. „Wie ich schon sagte, wahrscheinlich einer, wenn nicht der coolste Job, dieses unseres Universums. Neben und abgesehen von dem des Spielmannes unserem Boss. In der dritten Dimension wird er Schöpfer, Gott, das oberste Wesen oder von StarWarsanhängern die Macht genannt“. „Du meinst wir schaffen und bewachen das Chaos der Welt von hier“, fragte Hayves ungläubig. „Ja, ganz genau, das sagte und meinte ich - im Auftrag des Schöpfers“, erklärte Lana nochmals. „Wir, ich, wieso wir - wieso ich“, fragte Hayves. „So genau hat
es mir der Spielmann nicht erklärt, aber es hängt wohl damit zusammen das wir - im Vergleich zu anderen, außergewöhnlich talentiert sind Chaos zu produzieren. Wahres Chaos. Anders kann ich es mir nicht erklären“. Hayves hörte sich Lanas Erklärung an, dachte ein wenig darüber nach und sagte dann im Glauben zu verstehen: „Das heißt hier hängen Massen von Punk`s und oder Anarchisten rum die Gott, oder wie du ihn nennst angestellt hat?“. „Nein, nicht ganz“, sagte Lana. „Ein paar Punks haben wir schon natürlich und ein paar Anarchisten, aber nicht viele oder gar ausschließlich welche. Die die hier sind wie wir “hochbegabt“ und ihnen
steckt das Chaos und die dazugehörige Überzeugung im Blut. Du musst wissen, wirklich überzeugte Chaoten mit Chaos im Blut sind unter Punks und Anarchisten äußerst selten und werden mit zunehmender Zahl immer seltener“. „Die Besten und wahren Chaoten sind wir. Wir wollen nicht Chaos sein - wir sind Chaos. Wir denken nicht über Rücksichtslosigkeit nach - wir sind rücksichtslos. Und zu guter letzt denken wir nicht über unüberlegtes Handeln oder ähnliches nach - wir handeln chaotisch und unüberlegt, ohne Rücksicht auf Verluste voller Mangel an Verstand“. Hayves hörte sich Lanas Erklärungen bis
zum Ende gespannt an, wusste aber im ersten Moment nicht ob er sich über sein anscheinend angeborenes Talent freuen oder doch eher ärgern sollte. Es trat eine kurze Pause zwischen ihnen ein, Hayves schüttelte den Kopf und atmete einmal schwer und tief durch. Dann sagte er ohne wirklich fragen zu wollen: „Was müssen wir tun, was haben wir zu tun“. „Im großen und ganzen ist das ganz einfach“, sagte Lana. „Zuerst brauchen wir etwas das wir stören und an dem wir Anstoß nehmen können; ich zeig`s dir“. Lana zeigte auf einen älteren Herrn, einen Rentner, der sich eben in einer Verwandlung zu befinden schien. Er
wechselte von dem unantastbaren hellen Zustand in den festen massiven. „Schau da, der wechselt gerade in den Chaoszustand“, erklärte Lana. „Wahrscheinlich ist er verwirrt oder beginnt den Zustand seiner Dimension zu begreifen“. Lana lief durch ein paar Autos über die Straße und trat dem alten gegen den Spazierstock. So das dieser vom Gehweg abkam und vor einem gerade noch bremsenden Auto auf die Straße trat. Der Fahrer des Wagens stieg daraufhin aus um dem alten aufzuhelfen und dessen Zustand blich wieder in den hellen zurück. Lana kam über die Straße zurück zu Hayves und begann gleich weiter zu erklären. „Das und ähnliches
tun wir“, sagte sie und schmunzelte etwas selbstzufrieden. „Wir wachen darüber das niemand zu sehr ins Chaos der C - Dimension gerät, ausgenommen die es sein müssen und dürfen“. Lana stand neben Hayves und erklärte weiter: „Also Verkehrszeichen, Ordnungshüter, Sonnenschirme und all die Dinge und Gegenstände die das Chaos des Lebens, welches Ordnung ist, schützen, verstehen müssen...“. „...oder bei denen es schlichtweg egal ist“, vervollständigte Hayves. „Genau, ganz genau“ stimmte Lana zu. „Jetzt komm, ich stell dir ein paar Kollegen und Freunde von mir vor, ehe wir zum Spielmann gehen der dich
begrüßen will ehe du anfängst“. „Du meinst ich werde Gott sehen“, fragte Hayves nach. „Äähm - ja, gewissermaßen - sozusagen“, sagte Lana zurückhaltend. Dann ergriff sie seine Hand und zog ihn mit sich fort.
Lana ging Hayves voraus, sie trippelten ein paar Treppenstufen an der nächsten Ecke hinunter und gelangten so zur U - Bahn. Das Karten lösen sparten sie sich - verständlicherweise. Und nachdem sie an der Endhaltestelle angekommen waren bestiegen sie die S - Bahn, die sie weiter hinaus, ins Umland der Stadt, brachte. Sie waren lang gefahren und Lana verlor in all der Zeit kein Wort darüber wohin sie wollten und fuhren. Wo der Spielmann zu finden und wo er zu sprechen war. Sie kamen an einer Haltestelle ohne Orts- oder Stationsnamen an, das Schild war
abgenommen worden, stiegen aus und standen auf einem Menschenleeren Bahnhof. Nur ein paar Tauben und ein älterer Mann der sie fütterte saß vor einem Treppenabgang. „Ist das der Spielmann“, wollte Hayves wissen und Lana begann zu lachen. „Nein, das ist ein alter Mann der Tauben füttert und der gut.... Na er füttert eben gerne Vögel“, sagte sie und parierte die letzte Aussage gerade noch ehe sie darüber lachen musste. Sie gingen die Treppe hinunter, den alten grüßten sie am vorbeilaufen. Lana mehr als Hayves, der froh war das der Spielmann kein Taubenfütternder Vogelfreund auf einer Bahnhofsbank im
nirgendwo war. Sie passierten den Tunnel und stiegen an dessen Ende die Treppe hinauf. Oben wanden sie sich um den Knauf des Treppengeländers und gingen bis zum Radständer. Lana zog aus einer nahen Tujahecke zwei unverschlossene Räder und reichte Hayves eines davon. Hayves stieg auf, fuhr zu Lana und folgte ihr dann, als sie durch kurzes deuten abbiegen anzeigte. Sie fuhren die Landstraße, die eher ein Feldweg war, entlang. Durch ödes Gelände mit wenigen Häusern, bis sie nahe an einen Hügel heran kamen. Der Hügel selbst war wohl mal ein Krater oder ähnliches gewesen und an seiner
Seite führte ein steiler Fußweg hinauf. Hayves und Lana stellten die Räder ab. „Da hoch müssen wir“, erklärte Lana und deutete auf das obere Hügelende. Lana ging wieder voraus. „Da wirst du staunen“, sagte sie und Schritt für Schritt gingen sie den Weg hinauf. „Was ist den da oben“, wollte Hayves wissen. Lana schwieg dazu. Doch seine Frage wurde mit dem ersten Schritt über den Rand der Hügelspitze beantwortet. Hayves schnaufte durch und sah vor sich auf den kleinen Krater der aufgefüllt und in der Mitte etwas angehäuft war. Da stand ein merkwürdiges viereckiges Haus - fast Würfelförmig, mit einem flachen Dach. Auf der Spitze des
aufgeschichteten Hügels thronte es wie eine Burg; Stufen führten hinauf. Hayves verstand - so glaubte er: „Da wohnt der Spielmann“, sagte er. Lana nickte. „Komm mit wir gehen hin“, sagte sie dann und stieg den Hügelspitze hinauf. Bis zum Treppenaufgang. „Ich dachte Gott, oder der Spielmann, könnte sich eine bessere Lage auf der Erde verschaffen und ein teureres Haus leisten“, sagte Hayves. „Das glaubst du bald nicht mehr oder denkst vielleicht etwas anders darüber wenn du ihn erst kennst - wirklich kennst“, sagte Lana und ging dann auf eine Metallleiste neben der Haustür zu.
Es war eine Mehrfamilienhausklingel darüber die Hausnummer 0. Hayves staunte nicht schlecht: „Er wohnt nur zur Untermiete oder ist der Vermieter an andere. In dieser Lage“, sagte Hayves ungläubig. „Ja“, sagte Lana; „fast“. Hayves schaute die anderen Klingelschilder an wärend Lana das richtige suchte. Da standen die Namen: DIABOLO in schwarzen Druckbuchstaben ganz unten, Holle, Schmid und Schmid Senior, Triton, Sandmann, daneben Spielmann und über ihnen noch einige andere. Lana drückte auf Spielmann und sagte dann: „Du musst dir eines merken, wenn du den Spielmann besuchen und sprechen willst
musst du seine Klingel genau 3x, nicht mehr aber auch nicht weniger, drücken“. „Ich drücke jetzt noch 2x, dann müsste er sich zeigen und öffnen was er öffnen soll“, erklärte sie. „Was passiert den wenn man aus versehen auf eine der anderen drückt oder kommt?“, wollte Hayves wissen und dachte insgeheim an das schwarzbeschriftete Diaboloschild.
„Die meisten, wenn nicht sogar alle, hat er nur zum Spaß auf die anderen Schilder geschrieben und damit das Haus nicht noch mehr an seinem Standort auffällt“, erklärte Lana und drückte ein drittes mal die mit Spielmann beschriftete Klingel.
Lana drückte ein letztes mal die Klingel, sie warteten, plötzlich hörten sie drahtiges Geräusch und ein kurbeln - Hayves versuchte zu lauschen. Plötzlich schoss über ihnen aus dem grauen viereckigen Gebäude eine riesige Clowngestalt mit Rüschenhemd. Diese begann nach anfänglichem Lachen, gepaart mit Gekicher, sich ruhig einzuwedeln und gleichmäßig über ihnen zu baumeln. Darauf schaute er hinunter und lächelte. „Hallo Lana“. „Hallo Spielmann“, sagte Lana. Hayves
sagte erst mal nichts, er konnte nichts sagen den er konnte es nicht fassen was er sah - zumindest noch nicht. „Sie, du, er, das ist er - sie sind der Spielmann?“, stotterte Hayves. „Jaa“, sagte der Riesenspringteufel und lachte. „Was anderes erwartet, nicht wahr?“. „Ja - Nein, beides nicht“, sagte Hayves. „Und trotzdem hatte ich keinen Riesenspringteufel in einer gewaltigen Kiste erwartet“. Der Spielmann zog eine sehr ernste und dann ganz schnell eine lustige Fratze: „Üüüüberraschung“, rief er und baumelte zu Hayves lachend
herunter. „So war es gedacht, damit rechnet keiner. Nicht mal der gefassteste oder eine entsprechend vorbereitete Person, die mich aufsuchen will, erwartet das. Zumindest beim ersten mal, eine doppelte Überraschung“. Hayves verstand und was ihm eben noch Merkwürdig vorgekommen war ergab für ihn langsam Sinn. Unsinn zwar auch, doch er verstand. „Willkommen in Bolo der Dimension C“, begrüßte der Springteufel Hayves. „So, sie sind also der Spielmann, Ala, Jehova, Gott und Schöpfer“ begann Hayves plötzlich erleichtert und Keck
mit dem Spielmann zu reden.
„Bolo, aha“, murmelde er Lana zu.
„Was soll ich hier tun, warum bin ich hier?“, fügte er dann noch eilig hinzu.
„Das weist du bald, Lana und die anderen werden es dir zeigen und erklären“, sagte der Spielmann.
Eine kleine Gruppe stand schon auf einem Haufen als Lana mit Hayves zu ihnen stieß. Dann ging das Vorstellen los. Fun war der erste der Hayves begrüßte. ,,Na du", sagte er. ,,Hab schon viel Gutes über dich gehört". Der nächste war Flo, er trat aus der Gruppe heraus und schüttelte Hayves freundlich die Hand. Der Rest der Gruppe nickte Hayves zu und nahm ihr Gespräch wieder auf. Sie schienen sich ganz offensichtlich über ihr nächstes Ziel zu unterhalten und Hayves hörte sie von alten Leuten
reden. „Wir alle zusammen sind das Schicksal der Welt“, erklärte Lana Hayves. „Wir sind der Arm der dich zurückhält wenn du eine Dummheit machst.“ „Wir sind die die für den Spielmann sind.“ „Leider jedoch gibt es noch eine Macht in der Dimension C - Fin.“ „Fin“, erkundigte sich Hayves. „Heißt das auf Französisch nicht Ende?“ „Ja - genau das.“ „Wir kämpfen täglich gegen sie an doch sie jemals besiegen werden wir wohl nie.“ „Das Ende, das es für jeden Menschen
auf Erden gibt ist unausweichlich. Hier in Bolo aber ist es weitaus bedeutender als irgendwo anders.“ „Warum?“ „Weil wir nicht sterben können, wir bleiben stets so jung wie wir durch den Spiegel gefallen sind und das ist letztlich auch nicht zufällig geschehen.“ Ich war es der dich nach Bolo geholt hat im Auftrag des Spielmannes. Ich gab deinem Stuhl einen Schlag so dass du nach hinten fielst. „Du warst das, erkundigte sich Hayves.“ „Ja“, sagte Lana, kurz und schmerzlos. „Was will er den von mir? Warum ich? Und wieso für immer?“ Hayves war ganz
durcheinader. „Ich werde dir alles zu gegebener Zeit erklären Hayves“, sagte Lana. „Doch nicht jetzt.“ Sie machte eine Pirouette auf dem Absatz und zog ihn dann mit sich mit. Hayves ließ sich ziehen. Im gefiel der Gedanke nicht sterben zu müssen irgendwie. So jedenfalls hatte er es verstanden. Was er dafür tun musste, er würde es sehen. Ein wenig Chaos stiften lag in seiner Natur irgendwie und so machte er sich auch nicht weiter Gedanken darüber. Lana lief und lief, als hätte sie keine Zeit zu verlieren und Hayves folgte ihr
mit flottem Schritt wenn auch etwas außer Atem. Wo wollten sie hin? Das war die Frage die sich Hayves immer wieder stellte. Sie schienen einen ewig langen Weg vor sich zu haben. Plötzlich allerdings blieb Lana auf der Stelle stehen. Sie wandte ihr Gesicht gegen Norden und deutete auf eine Ortschaft die nicht weit entfernt war. „Dorthin müssen wir, sagte sie.“ „Was ist dort“, wollte Hayves wissen. Lana antwortete ihm erst nicht; dann jedoch ließ sie die Antwort doch noch fallen. „Dorthin hat uns der Spielmann zuletzt befohlen.“ „Die anderen Millionen von Helfern in Bolo sind über die ganze Welt verteilt,
aber wir müssen nach Mönströ.“
„Mönströ? Mein Heimatort? Das ist kein Zufall oder, schloss Hayves lauthals.
„Was tun wir dort?“
„Wir üben.“
„Werde ich genau deswegen gebraucht, weil ich einer aus Mönströ bin?“
„Nein, aber dort kennst du dich aus, dort wird es dir leichter fallen Fuß zu fassen in deiner Aufgabe.“
„Die Aufgabe wäre übrigends welche“, fragte Hayves etwas spöttisch.
„Deine erste Lektion, und die nächste für uns alle ist es dein Verschwinden zu erklären.“
„Das genau wirst du nun tun müssen.“
In Mönströ angekommen fand sich ein Plan wohl; doch nicht gleich dessen Ausführung. Wie sollte Hayves sein Verschwinden aus einer anderen Lebensebene bestimmen? Die Frage stellte sich ihm. Doch niemand der anderen sonst wie schien. Sie hatten schon was im Sinn, und um es vorweg zu nehmen. Es gefiel Hayves nicht. So entschied sich das eine Alienentführung der Grund sein sollte. Hayves sollte einige Leute in ein Kornfeld geleiten wo Dinge von ihm lagen und zurück geblieben waren. Es war ein altes schrottreifes Fahrrad und einige
Kleinigkeiten die er einmal dort vergessen oder besser entsorgt hatte. Nun lagen sie noch dort und bis jetzt war darum herum gepflügt und geackert worden. Hayves und die anderen knickten also die Sache, um genau zu sein die Weizenhalme darum zu einem schönen Muster und hinterliesen den Namen Hayves darin. Das sollte genügen und alles schien seine Ordnung nun zu haben. Nun sollten sie aber noch einige Entdecker klar machen und das gestaltete sich eher schwierig. Lana hatte letztlich die Idee. Wozu weit suchen, der Bauer war nahe und das nächstliegende. Bisher schien er seinen Acker nicht genau unters Auge
genommen zu haben. Doch er war Hayves bekannt, ein netter alter Mann der gern mal etwas zuviel im Wirtshaus lies. Hayves entschied sich ihn von dort zum Kornkreis zu geleiten beim nächsten Besuch und estraf sich gut das der Sonntag nahe war. An selben das alles stattfand. Hayves schubste den Landwirt auf dem Weg von dort Nachhaus vom Fahrrad und er torkelte angetrunken an seinem bearbeiteten Feld vorbei. Als ihm jedoch das große Loch in seinem Feld auffiel musste Hayves nochmals nachhelfen – er legte Bierflaschen und Zugschnäpse als Köder aus. Letzlich fand er was er finden sollte. Das Fahrrad und den Schriftzug der ins Korn getreten
war. Als wieder nüchtern tat er die Info im Wirthaus kund wodurch sie sich streute und die Mission der Bande ein voller Erfolg wurde. Hayves war entführt worden. Das Chaos kompetent hergestellt oder wieder komplett nun in Mönströ. Sie verließen den Ort und näherten sich anderen Gefilden. Es war eine Bauruine eines alten Wohn- und Industriegeländes. Dort war immer und immer wieder ein gewisser LEVEL 42 ausgeschildert.
Hayves sagte das noch nichts doch es würde sich wohl bald ändern.
Nun wie ging es nun weiter. Seine Einführung und Probe hinter sich gebracht hieß es nun Anarchie aus dem Handtäschchen zu leisten. So war es wohl seine Aufgabe. Er hatte sich einen gewissen Respekt erworben dadurch; und durch den erfolgreichen Abschluss des Ganzen erfolgreich eine Leistung erbracht die sich so nennen durfte. Alles in allem gefiel es ihm in der Zwischenebene Bolo. Auch seine Aufgabe schien ihm zu liegen doch alles hatte etwas sonderbares ansich. Das blieb. Was war nun das mit dem Industriegelände? Hier schienen die
Leute um Lana ihren Stammsitz zu haben. Nicht sehr wohnlich irgendwie, dachte Hayves insgeheim. Es erinnerte ihn irgendwie an Stalkerheimat in Tschernobyl. Dennoch als sie in einem alten Hof einbogen war die Überraschung der Annehmlichkeiten und der Ausstattung für gemütliche Gewohnheiten groß. Eine Eisdrinkmaschine und alles andere waren nur Beiwerk. Darauf einzugehen wie man es sich gut gehen lassen konnte scheint mir den Rahmen der Beschreibung zu sprengen. Ich sag mal erprobt es selbst. Ich fahre hier nun mit dem Bericht weiter fort. Warum sie Reitponys dort zum streicheln hielten, bleibt als Frage
wohl nicht offen. Das sei noch gesagt und der Vollständigkeit halber erwähnt.
Hayves gefiel es doch interessierte ihn viel mehr das Gebäude selbst. Es schien sehr alt zu sein und tief in ein Gewölbe zu führen.
In der Nacht suchte er es ein wenig zu erkunden.
Level 42 so genau der Name des Ganzen Wohnhauses war oberhalb des Gewölbes aus Gängen das den Kellerraum mit unzähligen Gängen bildete. Das es eine Ansammlung von Spielautomaten älterer Bauart gab erwähnte ich noch nicht und hätte man das ganze nicht schon im Film Tron genutzt hätte man es Flyn`s nennen können. Unfassbar. Tatsächlich aber war darauf aufgebaute Haus riesig und Abbruchreif im Grunde doch stand da groß zu lesen LEVEL 42 in Druckbuchstaben. Warum und oder wieso erschloss sich ihm nicht direkt. Doch
schien es in Zusammenhang mit dem Wohnhaus des Spielmanns zu stehen. Nicht die gleiche Bauweise aber ein ähnlicher kurioser Stil. Waren wir in Mitten eines Computerspiels oder wie sollte er sich das alles erklären? Hayves wusste es nicht. Nach allem gesehenen hielt ich selbst das unmöglichste für möglich. Ich sah Fabrikanlagen die genutz wurden um Schokofiguren herzustellen und anderen Weltkram. Doch zuletzt stolperte ich in ein Zimmer in dem wohl der Spielmann selbst die Fäden zog. Es lagen Baupläne von Menschen dort und nun stellt euch das folgende
vor. Die Menschheit ist eigentlich als Vollmilchschokoladenspender ausgelegt; nur die Konstruktion war zur fehlerhaft vom Spielmann oder kurz zu individuell zur Verwirklichung. Das war dann doch etwas viel! Er entschloss mich bald das Weite wieder zu suchen. Sofern das irgendwie Möglich war. Er wollte allerdings nicht gehen ohne eine Verabschiedung und so lies er zum Gefallen aller am Nächsten Tag die ungenützte Backröhre laufen und es gab Pizza, nicht selbst Bestellt – selbst gemacht. Keiner wunderte sich
anscheinend als er des Nachts nach draußen ging und die Gewölbetreppen hinabstieg. Irgendwas hatte er da von einer Tür gelesen. Lana hatte ihm nichts näheres dazu sagen können. Die anderen nannten es nicht beim Namen. Hayves vermutete das man dort nicht hin sollte. Vielleicht kam man dort aus BOLO wieder sicher heraus?
Hayves betrat das Kellergewölbe und fand sich, nach ein paar Treppenstufen, in einem finsteren, nur vom Mondlicht durch ein paar kleine Scheiben erhellten, Hausgang wieder. Es schien keine Eingangstür zu geben. Eine Wendeltreppe führte, von der Mitte des kurzen Ganges, nach oben. Er schaute zwischen den Stufen nach oben und sah dort das Licht einer Laterne die oberste Ebene beleuchten. Es musste der vierte Stock sein dessen Licht ihm entgegen strahlte. Er hatte keine Ahnung was er dort finden würde und doch zog ihn dieser Laternenschein magisch an. Langsam
stieg er die ersten Stufen im Dunkel hinauf. Es war stockfinster und man konnte gerade so die Treppenumrisse erkennen. Er fürchtete sich nicht und doch hatte er keine Ahnung was ihn in der erleuchteten Ebene des letzten Stockwerks erwartete. Seine Schritte sicher prüfend war er nun im vierten Stock auf der Zwischenebene angekommen. Noch ein Stockwerk und er war da. Noch ein paar Stufen. Der schwache Lichtschein des erleuchteten Stocks fiel auf den Boden unter ihm und beleuchtete die ausgetretenen Stufen davor. Nun wollte er es wissen. Er eilte die letzten Stufen des letzten Stockwerks hinauf und fand sich vor einer großen,
schwarz gestrichenen, Tür wieder. Sie war die einzige im ganzen Stockwerk. Den Lichtschein der an der Decke hängenden Laterne im Rücken, sah er auf das Klingelschild. EXIT stand dort und darüber und in Handschrift geschrieben: ,,Zum Verlassen bitte dreimal klingeln".
Er wagte es erst nicht; dann aber betätigte er doch vorsichtig den rostigen Klingelknopf. Einmal, zweimal, dreimal - die Tür
summte. Er drückte vorsichtig gegen den Türknauf und die Tür glitt sachte wenn auch etwas schwerfällig auf.
Wo er sich jetzt wiederfand errät sicherlich niemand; er fand sich im Dach eines Leuchtturms wieder. Sein Licht strahlte vor ihm auf`s dunkle Meer hinaus und für einen Augenblick wurden ihm all die Wunder des Lebens bewusst, die welche vor ihm lagen und diese welche er zuletzt erlebt hatte. All das war kein Traum gewesen sondern einzig und allein unbekannte Realität.
Er schloss die Tür und beschloss das Leben weiter zu führen wie er es bis dahin kannte.
Text, Illustration und Coverbild:
2018 © Simon Käßheimer