Ja
Der Rednerraum war feierlich geschmückt. Die Rede beeindruckend. Jeder Charakterzug von Kaspar wurde gelobt und die beiden erwachsenen Söhne des Verstorbenen hörten bewegt zu. Ebenso meine Freundin Brunhild.
Einige Tage später besuchte ich sie. Unvermittels fragte sie mich: "Würdest du alles in deinem Leben noch einmal so machen, wie du es gemacht hast?"
Nachdenklich sah ich sie an. So eine Frage bedarf eigentlich reiflicher Überlegung. Im Sauseschritt zogen die
wichtigen Episoden meines Lebens an mir vorbei. Erleichtert lächelnd sah ich Brunhild an. "Ja, ich würde nichts auslassen wollen. Ich würde es nur anders handhaben - mit der heutigen Erfahrung und Einsicht nämlich, sonst aber genau so."
"Kaspar hat ein Testament gemacht. Wir waren ja nicht verheiratet, weil ich seinen Antrag einmal abgelehnt hatte. Er hat nie wieder gefragt. Nun müssten eigentlich die Kinder alles erben. Ich erbe dennoch einen großen Teil seines Vermögens. Bestimmt ein Drittel. Ich wusste nicht, wie reich Kaspar war."
"Du Glückliche." Erfreut sah ich Brunhild an und sah erstaunt die Tränen in ihren Augen.
"Ich hab dem Redner zugehört und gedacht: Was für ein Schmarrn. Ich hab das gedacht, weil ich so oft gehen wollte. Ich wünschte mir mein Leben so oft anders. Ich hatte nur nicht die Kraft zu gehen."
"Ihr Beide habt immer glücklich ausgesehen Brunhild."
"Ja, ich war es wohl auch, wusste es nur nicht so richtig. Sag mal, hast du Lust auf Essen gehen? Ich bin ja nun reich."
"Pommes mit Currywurst?" Pommes empfinde ich manchmal wie frittierte Sonnenstrahlen", gab ich ihr lachend zur Antwort.
"Okay, ich lade dich auf Pommes ein. Wein dazu?"
"Passt bestimmt."
"Auf Kaspar."
"Auf Kaspar meine liebe Freundin."