Südliche Nacht
Sommerglut liegt atemlos über dem Land,
weit ist des Winters kühle Seele verbannt,
noch immer flimmert Hitze auf dem Asphalt,
es schleicht die Zeit sich ein in dunkler Gestalt.
In den Stunden der Nacht atmet schwer diese Stadt,
noch glühen die Straßen, die Bäume sind matt,
hunderte Fenster stehen seelenweit offen,
weil Kreaturen die Kühle der Nacht sich erhoffen.
Aus einem Fenster eine Frauenstimme klingt,
die „Chanson d’Amour“ immer wieder singt,
das Lied kriecht behäbig durch alle Straßen,
füllt melodiös die kleinen, engen Gassen.
Ein Hund, dem wohl die Melodie nicht gefällt,
jault laut dazu sein eigen Lied in die Welt,
aus einem Käfig hoch oben vom
Balkon,
trällert ein Vogel zu dem Liebeschanson.
Das Wasser im Brunnen, selbst das ist nicht kühl,
schwere Luft dieser Nacht, erdrückend und schwül,
Schweißperlen stehen auf menschlicher Haut,
die Hitze des Sommers darin aufgestaut.
Ein Pärchen scheint sich soeben zu lieben,
sie vergaßen wohl, das Fenster zuzuschieben,
dazu zirpt von irgendwo eine Grille,
aus ihrer dunklen, warmen Bodenrille.
Längst hat der Mond schon besetzt sein Revier,
klar scheint der Himmel, mit seiner Sternenzier,
dieser Nacht bleiben nur noch wenige Stunden,
dann zieht die Sonne erneut ihre heißen Runden.
© Eleonore Görges
2009