Kurzgeschichte
Trauer

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"Einer ist ein Megastar, der andere ist für den kleinen Mann da"
Veröffentlicht am 11. September 2018, 6 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Einer ist ein Megastar, der andere ist für den kleinen Mann da

Trauer

Titel

Die Welt trauert um einen Sänger, der vor allem durch seine Exzesse Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hat. Mit seiner Band war er ein Megastar. Seine Stimme stach hervor. Klang nicht, wie tausend andere. Seine Stimme war besonders. Sie war sein Markenzeichen. Ohne diese markante Stimme, wäre der Erfolg wahrscheinlich ausgeblieben. Zumindest wäre er nicht so groß gewesen. Auf der Bühne gab er alles, um sein Publikum zu begeistern und ihnen ein unvergessliches Konzerterlebnis zu bescheren. Doch als Mensch war er ein

riesiges Arschloch gewesen. Jeder wusste es. Niemand änderte etwas daran. Oft saß er im Gefängnis, musste Sozialstunden machen oder eine hohe Summe zahlen. Jedoch lernte er sein Lebtag nicht dazu. Immer wieder löste er Probleme mit Gewalt, betrank sich öffentlich und/oder ließ Phrasen von sich, die eineindeutig unter die Gürtellinie gingen. Um diesen Mann trauert die Welt. Gleichzeitig ging ein Mann, den nur wenige kannten. Niemand trauert um ihn. Doch hätte er es verdient. Denn dieser Mann hatte ein Herz. Ein Herz für die Menschen auf der Straße. Jeden Tag hörte er sich ihre Geschichten an. Gab ihnen Kleidung, Essen und Trinken.

Sorgte dafür, das die Stadt eine größere Unterkunft bereitstellte, um jenen Menschen einen warmen Schlafplatz zu bieten, wo sie sich auch ordentlich waschen können. Mehreren hatte er zu einen Job verholfen. Die meisten waren ihm dauerhaft dankbar und spendeten ihm jeden Monat einen kleinen Betrag und/oder unterstützten ihn ehrenamtlich in ihrer Freizeit. Jetzt war er tot. Heimlich, still uns leise war er eingeschlafen. Er hinterließ ein großes, tiefes Loch bei denen, für die er sich aufgeopfert hatte. Doch für die Nachrichten war er keine Meldung wert. Er hatte seine Taten nie an die große Glocke gehangen. Für ihn war es

selbstverständlich gewesen, anderen zu helfen. Der Sänger bekommt eine Trauerfeier, an die man noch in zig Jahren denken wird. Es wird live im Fernsehen übertragen. Im edlen Sarg liegend, wird er zu seiner Grabstätte getragen, die mit einem speziell angefertigten Grabstein, vielen Kränzen und Blumen bestückt war. Und hinterher gibt es ein riesiges Bankett. Der kleine Mann wird zu Asche verbrannt und wortlos unter die Wiese gebracht. Kein Grabstein und kein Kranz schmücken seinen ewigen Schlafplatz. Es gibt keine Trauerfeier und kein Abschiedsessen. Nur eine Schweigeminute und echte Tränen. Wer

wird sich jetzt um sie kümmern? Um all diejenigen, denen das Schicksal nicht wohl besonnen war?

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Brubeckfan Auch für mich ist Deine Gegenüberstellung völlig klar. Der eine bringt Klicks, Auflage und daher Werbeinnahmen -- recht unabhängig von Kunst und Können, siehe Kübelblöd. Zu diesem Zweck wurde er gepusht. Der andere ... selber schuld, wenn er so ein bescheidener Gutmensch war.
Gute Betrachtung.
Viele Grüße,
Gerd
Vor langer Zeit - Antworten
Bleistift 
"Trauer..."
He, Superlehrling, um wen trauerst Du?
Hab ich da was verpasst? Trauerst Du wirklich um jemanden,
den Du in deiner eigenen Geschichte als Mensch,
selbst als ein »riesiges Arschloch« bezeichnest?
Das wäre in der Tat echt kurios, was mich aber im Übrigen
auch nicht sonderlich verwundert, denn mit deiner Meinung
spiegelst Du lediglich den momentan weltweit vorherrschenden
Zeitgeist wieder, in welchem der grottenschlechte Geschmack,
die Unfähigkeit, wie auch die menschliche Dummheit
leider in allen Lebensbereichen Hochkonjunktur hat und ihn,
überall im allerhöchsten Maße salonfähig gemacht hat...
Und ganz nebenbei, Kunst kommt von Können, schon gewusst?
Aber ich will mich hier auch nicht unnötig weiter echauf­fie­ren,
denn des Menschen Wille ist schließlich sein Himmelreich...

beste Grüße
Louis
Vor langer Zeit - Antworten
KaraList Hallo Superlehrling,
ich interpretiere Deinen Text ganz anders als Louis. Ich denke, dass der Titel Deines Buches sich auf die Trauer bezieht, dass wahre, menschliche Größe leider oftmals nicht die Beachtung findet, die ihr gebührt. Eines "Stars" gedenkt man, ihn erwähnt man, unabhängig davon, ob er ein Arschloch war, wie Du schreibst. Dem der Öffentlichkeit nicht Bekannten, der in aller Bescheidenheit helfend wirksam war, bleibt "nur" das Gedenken eines kleinen Kreises.
... und mit dieser Aussage, ich hoffe, dass es die Intention Deines Textes ist, gehe ich konform.
LG
Kara
Vor langer Zeit - Antworten
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