Light and Shadow - Part III
Eileen warf einen Blick auf ihre Uhr. Das Diner war gut besucht und das Personal hatte alle Hände voll zu tun. Genau der richtige Ort, um sich mit Mr. Waters Anwalt zu treffen. Hier würden die beiden nicht zu sehr auffallen, und die beiden konnten in Ruhe sprechen. In erster Linie war es ihr wichtig, dass sie den Kriminellen endlich dazu zu bekommen ihnen Details zu erzählen, damit sie weiter ermitteln konnten. Wenn das bedeutete, dass sie diesen Anwalt an Land ziehen musste, dann war es ihr die Mühe auf jeden Fall wert. Mittlerweile wartete sie seit 20 Minuten.
Gedankenverloren schob sie den Salzstreuer auf dem Tisch herum als die Türglocke einen neuen Besucher ankündigte. Sie hob den Kopf. Ein Mann in Anzug und Krawatte. Das musste er sein. Sie hob die Hand und winkte ihm zu. Mit wenigen Schritten war er an ihren Tisch angelangt. Was ihr zuerst auffiel war, dass er ziemlich jung war. Höchstens Anfang zwanzig. Kaum vorzustellen, dass so jemand wirklich Anwalt war, aber heutzutage gab es die abstraktesten Dinge. Der junge Mann betrachtete sie einen Moment.
„Agent Foster? Vincent Long!“
Er hatte einen festen Händedruck. Das musste sie ihm lassen. Long ließ sich am
Tisch nieder und bestellte einen Cappuccino.
„Danke, dass sie so schnell kommen konnten.“
Was das anging, hatte sie wirklich Glück gehabt. Meistens war es nicht leicht diese Schlipsträger ans Telefon zu bekommen, geschweige denn so schnell ein Treffen mit ihnen zu arrangieren. Das war ein Grund, warum ihr Vater diese Leute immer gehasst hatte. Bürokraten. Bei dem Gedanken daran musste sie lächeln.
„Am Telefon meinten Sie, es ginge um meinen Mandanten Mr. Waters.“
Sie nickte. Er kam direkt zur Sache. Eine Eigenschaft die sie sehr schätzte. Die
Bedienung brachte ihm sein Getränk. Vorsichtig pustete er die Tasse, ehe er einen kleinen Schluck daraus nahm.
„Er will eine Aussage machen. Allerdings nicht ohne ihr Beisein.“
Sie konnte sich schon gut vorstellen, worauf das Ganze hinauslief. Vermutlich würde dieser Long einen Deal aushandeln, der Raphael von jeglichen Konsequenzen freisprach. Solange sie dafür die Informationen bekam, die sie brauchte, war es ihr eigentlich Recht.
„Ich verstehe.“
Ihr Gegenüber tippte etwas auf seinem Handy ein. Dann stand er auch schon wieder auf.
„Dann sollten wir wohl direkt
aufbrechen.“
Diese Ungewissheit war so, als würde jemand an seinen Nerven nagen. Drew saß zusammen mit seiner Mutter und Janine vor dem Operationssaal des Krankenhauses. Schon seit Stunden wurde Paulina operiert, ohne dass ihnen Dr. Vogel ihnen etwas über ihren Zustand gesagt hatte. Ging es ihr gut? Hatte es vielleicht Komplikationen gegeben? Seine Mutter bemerkte die Unsicherheit ihres Sohnes natürlich sofort. Behutsam legte sie ihm eine Hand auf die Schulter und lehnte sich an ihn.
„Es wird schon alles gut werden. Sie
unbesorgt.“
Worte, die ihm keine Besserung verschafften. Dieser dicke Klos in seiner Magengegend wollte einfach nicht verschwinden.
„Sie sind schon viel zu lange da drin. Wer sagt uns denn, dass es Sweet P. Gut geht?“
Jede Sekunde konnte ein Arzt aus der Tür treten und ihm sagen, dass es seine Schwester nicht überlebt hatte. Alleine der Gedanke daran trieb ihm Tränen in die Augen. Auch Janine bedachte den Jungen mit einem mitfühlenden Ausdruck in den Augen.
„Deine Mutter hat Recht Drew. Die Ärzte hier sind gut. Sie werden Wissen, was zu
tun ist. Ich bin mir sicher, dass es Paulina gut geht. Sie ist in den besten Händen.“
Er wollte es ja glauben, aber die Ereignisse der letzten Zeit zeigten deutlich, dass das Schicksal nicht auf seiner Seite stand.
„Es ist einfach nur diese Ungewissheit. Nur dazusitzen und nichts tun zu können.“
Diese Gelähmtheit war das schlimmste. Er konnte nichts unternehmen, außer zu warten. Seine Mutter umarmte ihn.
„Ich weiß. Wichtig ist, dass wir im Gedanken bei ihr sind und alle Unterstützung geben, die wir aufbieten
können.“
Er nickte. Sie hatte Recht. Solange sie seiner Schwester als Familie Kraft spendeten, gab es Hoffnung.
Das Klingeln seines Handys riss ihn je aus diesen Gedanken. Entschuldigend stand er auf und entfernte sich von den beiden Frauen.
„Hazel?“
Die beiden waren zuletzt hier gewesen und hatten Raphael befragt. Ihr Anruf bedeutete vermutlich nichts gutes.
„Bist du noch im Krankenhaus.“
„Ja. Paulina ist gerade im OP.“
Er legte eine Hand an die Stirn. Er wünschte, seine Freunde wären jetzt hier.
Er konnte ihren Beistand gut brauchen.
„So schnell? Ich drücke ihr die Daumen.“
Hazel schien sehr überrascht. Er selbst war froh darüber. Nachdem er Dr. Vogel das Geld gegeben hatte, hatte sie alle Hebel in Bewegung gesetzt, um schnellst möglichst einen Termin zu finden.
„Was gibt es denn? Ist Joseph zurück?“
Seit gestern hatte er sich nicht mehr gemeldet. Das war schon etwas seltsam. Dass er so unverhofft die Stadt verließ, war merkwürdig. Was gab es so dringendes zu erledigen, das nicht noch hätte warten können?
„Nein. Aber wir müssen dringend mit dir reden. Wir sammeln dich ein.“
Das klang nicht
gut.
„Was ist denn los?“
„Das will ich lieber nicht am Telefon sagen. Ich erzähle dir alles, wenn wir bei dir im Krankenhaus sind.“
Er presste die Lippen aneinander. Das bedeutete nichts gutes. Etwas das sie am Telefon nicht besprechen konnte. Waren sie in Schwierigkeiten?
„Okay. Ich warte.“
Gerade als er auflegte öffnete sich endlich die Tür zum Operationssaal. Dr. Vogel kam aus der Tür und schritt zielstrebig auf die Dreiergruppe zu. Drews Mutter war sofort aufgestanden und auf die Ärztin zugeeilt.
„Wie ist die Operation verlaufen? Geht
es meiner Tochter gut?“
Vogels Nicken und das warme Lächeln das darauf folgte nahmen dem Jungen eine unglaubliche Last von den Schultern.
„Die Operation ist gut verlaufen. Wir konnten erfolgreich Auswüchse an der Lunge entfernen. Ihre Tochter ist wirklich Tapfer.“
Das genügte, damit die Tränenflut aus Jennifer herausbrach.
„Danke. Vielen Dank.“
Auch Drew weinte. Paulina ging es gut. Endlich. Solange hatte er dafür gekämpft und nun schien es endlich soweit, dass es bergauf ging. Diese guten Nachrichten, waren das positive Zeichen, das er
gebraucht hatte.
„Wann dürfen wir zu ihr?“
„Bald. Für den Moment ist es wichtig, dass sie sich Ruhe gönnt. Wir sollten sie Schlafen lassen. Ich wrde sie informieren, sobald sie sie sehen dürfen.“
Damit schritt sie davon. Drews Mutter umarmte ihn.
„Danke. Das haben Wir alles nur dir zu verdanken.“
Er schüttelte den Kopf und blinzelte die Tränen fort.
„Ach Mom.“
Janine schaltete sich ein.
„Deine Mutter hat Recht. Deine Schwester verdankt dir ihr
Leben.“
Sal klopfte an den Türrahmen des Zimmers. Nikolai war gerade in ein Buch vertieft, als der alte Mann eintrat.
„Der Boss höchstpersönlich. Was verschafft mir die Ehre?“
Abgesehen vom Verband wirkte Worth wie immer. Sal war froh, dass es ihn nicht schlimmer erwischt hatte. Jetzt noch einen Kollegen zu verlieren, wäre der letzte Nagel zu seinem Sarg.
„Geht es wieder?“
Der Russe legte das Buch zur Seite.
„Den Umständen entsprechend. Weißt du schon Bescheid? Ellie hat Waters dazu gekriegt auszusagen, wenn sein Anwalt
dabei ist. Sie trifft sich gerade mit ihm. Außerdem hat sie was von irgendeiner Verschwörung in unserer Einheit gesagt.“
Er presste die Lippen aneinander.
„Dieses Kind! Ich hatte ihr extra gesagt, dass sie nichts unternehmen soll!“
Sie kam wirklich nach ihm. Diese Engstirnigkeit würde ihn noch einmal ins Grab befördern. Er seufzte. Letztendlich hätte er sich denken können, dass Ellie nicht einfach klein beigeben würde.
„Du kennst Sie doch.“
Er griff nach seinem Handy. Nur die Mailbox.
„Verdammt.“
Niko erhob sich langsam in eine sitzende Position. Sal ließ sich auf einem Stuhl
nieder und legte ein Bein über das andere. Hoffentlich ging es Eileen gut. Wer wusste schon, ob dieser Maulwurf nicht gerade hinter ihr herwar?
„Mach dich nicht verrückt Sal. Ehe du dich versiehst, kommt sie zur Tür reingeschneit.“
Wahrscheinlich. Und dann konnte sie was erleben. Er erhob sich wieder.
„Vermutlich. Ich sehe mal nach Peterson und Waters. Kommst du zurecht?“
„Aber klar doch.“
Auf dem Flur traf er Peterson. Der schien ein wenig überrascht ihn zu sehen.
„Sir. Was machen Sie denn hier?“
Dirk sah müde aus. Er war schon den
halben Vormittag hier. Sie alle konnten endlich etwas wohlverdiente Ruhe gebrauchen. Wenn Waters wirklich auspackte, konnte sich dieser Fall vielleicht endlich aufklären.
„Auf Waters aufpassen.“
Er fasste seinen Kollegen bei der Schulter und sah ihn eindringlich an.
„Du hast Ellie gehen lassen!“
Es war eigentlich nicht seine Art solche Vorwürfe zu machen, aber gerade jetzt stand so viel auf dem Spiel. Peterson senkte betroffen den Kopf. Eigentlich hätte er sich denken können, dass Dirk sich nicht gegen seine Tochter behaupten konnte.
„Tut mir Leid Sir. Als sie vom Anwalt
erfahren hat, konnte ich sie nicht mehr aufhalten.“
Ja. Das war Eileen wie sie leibt und lebte.
„Wahrscheinlich ist sie schon auf dem Weg hierher. Sehen wir nach Waters.“
Es brachte nichts, sich weiter darüber den Kopf zu zerbrechen. Er konnte nichts mehr an der Situation ändern. Das wichtigste war jetzt, dass sie warteten, bis sie mit dem Anwalt zurückkehrte. Im Korridor vor Waters Zimmer hielten die beiden abrupt inne. Jemand, der einen Kapuzenpulli trug schritt langsam durch den Flur und nährte sich dabei Raphaels
Zimmer.
„Hey!“
Der Fremde warf etwas in Waters Zimmer und rannte los. Sals Alarmglocken klingelten. Die beiden Agents setzten sich in Bewegung, ehe sie plötzlich von einer lauten Explosion zu Boden gerissen wurden. Schreie ertönten und der ganze Flur wurde in Staub gehüllt. Sal rappelte sich sofort wieder auf und sah zu Dirk, der stark hustete. Foster half ihm auf die Beine.
„Alles okay Junge?“
„Ja. Mir fehlt nichts.“
„Sieh du nach Waters.“
Damit rannte er los. Der Fremde rannte durch die Tür ins Treppenhaus. Sal zog
seine Waffe und eilte die Stufen hinab. Er wollte zum Parkhaus.
„Stehen bleiben?“
Er schoss einmal hinab, doch schlug die Kugel meilenweit daneben ein. Der Fremde setzte seinen Weg unbeirrt fort. Sal gab jedoch nicht auf. Er musste ihn erwischen!
Gerade waren Eileen und Vincent durch den Eingang des Krankenhauses geschritten, als eine Erschütterung sie durchrüttelte.
„Was war das?“
Long schien irritiert. Ihr Gefühl sagte ihr, dass das nichts gutes bedeutete. Sie eilte die Treppen zur Station hinauf auf
der Waters lag. Im Korridor vor seinem Zimmer sah sie, was passiert war: Trümmer lagen auf dem Boden. Staub hing in der Luft. Ärzte und Personal rannten ihr entgegen. Flohen vor der Situation. Dirk stand im Türrahmen des Zimmers, das einem Schlachtfeld glich. Sie wollte eintreten, doch ihr Kollege zog sie zurück.
„Geh da lieber nicht rein.“
„Was ist passiert? Wo ist Dad?!“
Ihr Vater sollte doch hier sein. Hier bei ihm und auf Waters aufpassen. Dirk deutete den Korridor hinab auf die Tür zum Treppenhaus. Sie verlor keine Zeit. Innerhalb weniger Sekunden hatte sie mehrere Stufen übersprungen und war
vor dem Eingang zum Parkhaus stehen gekommen. Sie atmetete schwer. Sie griff nach ihrer Waffe und öffnete die tür.
Dann brach ihre Welt zusammen.
Ihr Vater lag mit dem Rücken auf dem Boden. Alle viere von sich gestreckt. Die Augen leer und ausdruckslos. Eine große Blutlache lief aus seinem Hinterkopf hervor.
„Dad?“
Innerhalb weniger Momente war sie bei ihm. Hielt ihn im Arm. Sal reagierte nicht. Eileen rüttelte ihren Vater.
„Dad!“
Nichts. Nur Stille. Dann ein Schluchzen.
Gefolgt von dem lauten Aufschrei einer Tochter, die Gerade ihren Vater verloren hatte.