Vorbemerkung
Es handelt sich natürlich um die Fußball-WM. Es gibt sowieso keine andere.
Da freue ich mich diebisch drauf!
Gute Unterhaltung!
(Ich hatte schon "Viva Brasil" 2014 eingestellt. Dies ist die aktualisierte Fassung 2018)
Copyright: G.v.Tetzeli
Cover: Monika Heisig
WM in Russia
Die Fußball-WM steht vor der Tür und mein Maskottchen ist auch wieder dabei. Fußmuckel nenne ich ihn, wegen der Haarfarbe angelehnt an Pumuckel. Mein Kobold hat Glück gebracht! Das letzte Mal in Brasilien wurden wir Weltmeister. Klar, dass ich schon fiebere, denn am 14. Juni geht es los!
Das bedeutet für meine bessere Hälfte eine Leidenszeit, jedenfalls behauptet sie das. Dabei kann sie das gar nicht beurteilen. „Ich kann mich noch gut an die Zeit von vor vier Jahren erinnern", sagt sie mit einem Seufzer. „du warst ja gar nicht mehr ansprechbar.“
Ich kann ihre Klagen nicht verstehen. Ich bin doch der, der leiden muss, der sich nahe den Herzattacken befindet und nur bei einem Sieg feiern darf. Das ist schließlich auch anstrengend!
Heute gab es die ersten Sonderangebote für unbedingt benötigte Accessoires. Gerade bin ich völlig fertig zur Türe herein.
Stolz bin ich auf meine Beute. Und die war schwer erkämpft. Die damalige Fifivela* [Vuvuzela] habe ich noch aus meinem Fundus heraus kramen können, aber die ist natürlich nicht mehr ganz so aktuell. Sie reicht zumindest dafür, dem Balkonnachbar auf die Nerven zu gehen. Das hat der auch verdient,
weil er sich so eine schnarrende Rassel angeschafft hatte.
Aber jetzt bedurften die Ausrüstungsgegenstände eben der Aktualisierung.
Diejenigen, die meinen modern zu sein, bestellen aus dem Internet, aber das habe ich schon längst hinter mir. Der aufblasbare WM-Pokal steht schon längst bereit. Bei der Absicht die Fanuschka zu bestellen, hat mich meine bessere Hälfte erwischt und davon abgehalten. Ich gab nach, weil eine russische Pelzmütze, Deutschland farbig, in diesem Sommer wohl zu warm wäre.
Ihr spendierte ich dafür einen entsprechenden Fächer. USB-Stick als kleiner Fußball ist Pflicht gewesen, aber Sie müssen
zugeben, es ist doch etwas ganz Anderes sich die Ausrüstung ehrlich in Geschäften zu erkämpfen.
So bin ich in einen großen Supermarkt gestürmt, dass Müller erblasst gewesen wäre. Einem alten Mütterchen habe ich noch die Sandalen aus der Hand reißen können. Die soll doch ihre altmodischen Filzpantoffeln nehmen. Bei den Trikots war es nicht anders. Ich wollte das besonders künstlerische gestaltete unserer Nationalmannschaft, das original neu gestylte natürlich auch. Schließlich muss man das Trikot wechseln, wenn man es vor lauter Aufregung durchgeschwitzt hat.
Bei den Fähnchen kam ich gerade noch rechtzeitig, um 50 Stück zu sichern.
Besonders erbost war ich, als ich mich mit einem Dreikäsehoch herumstreiten musste. Was will denn der mit einer coolen Deutschland-Sonnenbrille? Da kann er doch gleich ein Schwarz-rot-gold-Feuerzeug nehmen, so wie ich. Die Sonnenbrille stand mir sowieso viel besser.
Richtige Sportschuhe fehlten noch und natürlich Socken. Ich kann mich zusammen nehmen, müssen sie wissen, deshalb habe ich die Sporthosen ausgelassen. Dafür war eine neue Flagge nötig. Die von vor vier Jahren erschien mir schon reichlich abgenutzt, weil die Neue eindeutig besser glänzte.
Ich bin geradezu selbstlos, stelle ich fest. Der Farbenstift zum Anmalen, dreifarbig, ist für
uns Beide. Außerdem habe ich geschickter Weise das neue Fankäppi schon aufgesetzt, weil meine Baggerhände nicht mehr fassen konnten. Aber ich dachte an Torwart Neuer und so baumelte die Fußball-Lichterkette zwischen meinen Zähnen, während ich durch die farbige Sonnenbrille kaum den gelben Gang sehen konnte. Schwer beladen war ich zur Kasse gegangen. Was glauben sie, was los gewesen wäre, wenn ich eines meiner Kleinodien verloren hätte? Ich hätte mich gegen einen Diebstahl nicht einmal wehren können. Die Arme waren ja so voll gepackt. Der kleine Finger schnappte sich aber doch noch einen Schlüsselanhänger.
Bei der Erstürmung des Ladens wäre ein Einkaufswagen nur hinderlich gewesen.
An der Kasse sah ich durch die Brille rot, während die Decke und es auf meinem Konto dunkel schwarz aussah.
Wie dem auch sei. Ich hatte es geschafft! Die Grundausrüstung für die Fußball-WM hatte ich nun zusammen. Wenn es so weit war, dann würden ich noch Getränke, Chips und Bowle kaufen müssen. Ich weiß allerdings nicht, ob es eine schwarz-rot-gold gibt.
Die Sonderangebote für die Bierfässer werden noch kommen, denke ich. Wie gesagt, gerade bin ich völlig geschafft zur Türe herein.
Meine bessere Hälfte schimpft nicht, wie ich befürchtet hatte.
Sie stürzt mir entgegen mit zwei Briefen in der Hand.
"Ich habe auch Urlaub von meinem Chef gekriegt! Guck!"
Sie wedelt mit dem einen Umschlag.
"Prima", bemerke ich gedrückt.
Wenn so eine Anfängerin die Gelegenheit hat mit Fußball zu gucken, dann wird es anstrengend, malte ich mir aus.
Mein Gott, wird das was, wenn sie mitten im Spiel anfängt Fragen zu stellen!
So grundlegende Fragen wie: Was ist nun eigentlich Abseits, oder wieso fällt der hin?
Aber ich werde mir das Ereignis nicht vermiesen lassen, jawohl!
"Und rate mal, was in dem zweiten Brief drin
steht?"
"Weiß nicht", schüttle ich den Kopf, als mir der neue Fußball und das neue Kicker-Spiel für die X-Box herunter fällt.
Was für ein Glück, dass dem Whiskey in der gläsernen Fußballschuh-Flasche nichts passiert ist.
"Das ist die Bestätigung für unseren Urlaub! Vier Wochen lang! Ganz einsam in Kanada!“ Sie strahlte.
„Blockhütte!
Ohne Handy und Strom!
So wie wir es uns zu Weihnachten ausgemalt hatten.
Ich hab’s heimlich in die Wege geleitet, um
uns zu überraschen.
Reine Natur! Nur wir Beide!
Ach, wird das romantisch!
Am 12. Juni fliegen wir!
Freust du dich auch so irrsinnig?"