Biografien & Erinnerungen
Das Fahrrad

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"Das Fahrrad"
Veröffentlicht am 13. März 2018, 6 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Über den Autor:

Da sich bei Mystorys vieles verändert hat, ist es wohl an der Zeit, auch in meinem Outfit etwas zu verändern. Nun, was gibt es über mich zu sagen. Nein, ich bin kein Katzentier, das schreiben kann, nur mein Kater ist der Schönere von uns beiden und ein wenig eitel darf man doch noch sein, oder? Ich habe nicht den Ehrgeiz von allen verehrt und geliebt werden zu wollen, das klappt sowieso nie. Mir genügt es, wenn man mich nimmt so wie ich bin, ...
Das Fahrrad

Das Fahrrad

Als ich klein war, muss ich ein regelrechter Hansdampfinallengassen gewesen sein. Damals waren die Grenzen noch offen und man konnte in den „Westen“ fahren. Der Sohn meiner Oma, also mein Onkel, war damals nach dem Krieg in Niedersachsen ansässig geworden, hatte dort seine Frau kennen gelernt, weil er sie vor einem Vergewaltiger gerettet hatte und sie später geheiratet. Da bei uns immer Schmalhans Küchenmeister war und in den Urlaub zu fahren schier unerschwinglich, besuchten wir ein Mal im Jahr den Onkel. Dieser wohnte in einem Dorf nahe Hannover und dort gab es immer viel zu entdecken. Für mich war das, als Stadtkind von vier, fünf

Jahren, ein riesengroßes Abenteuer. Die Großeltern meiner Cousine hatten ein Malergeschäft und auch dazu noch einen großen Bauernhof. Cousine Moni hatte somit alles, was man sich als Kind nur wünschen konnte. Was mir in die Augen stach, war das schöne Kinderfahrrad, welches sie besaß und ich durfte auch damit fahren lernen. Das hatte ich ziemlich schnell raus. Mit den Rollschuhen klappte das allerdings nie. Die waren immer schneller, als ich. Eines Tages schnappte ich mir das Fahrrad und ging im Dorf „auf Tour“. Zu Hause mit meinem einfachen Holzroller konnte ich wirklich keinen Staat machen und hier durfte ich stolze Fahrradbesitzerin

spielen. Im Dorf und auf den umliegenden Feldern gab es ja so Vieles zu entdecken und das nutzte ich dann auch gewaltig aus (damals konnte man als Kind noch allein auf der Straße fahren – der Autoverkehr hielt sich in Grenzen). Ich radelte also die Felder entlang und bemerkte einen Bauern, der gerade bei der Feldarbeit war. Sein Pferdefuhrwerk stand am Rand und ich näherte mich neugierig. „Na Kleine, willst Du mir bei der Arbeit helfen?“ fragte er mich. Ich nickte voller Inbrunst. „Ich bin aber schon fertig“, meinte er, „aber

wenn Du willst, kannst Du mit auf dem Pferdewagen ins Dorf zurück fahren.“ Das war natürlich ein Angebot, das ich nicht ablehnen konnte. Pferde hatte ich ja noch nie aus dieser Nähe gesehen. Also hob er mich auf den Kutschbock und es ging ins Dorf zurück. Das Fahrrad blieb am Feldrain liegen. Das hatte ich komplett vergessen. Wieder beim Onkel angekommen, schlugen alle die Hände über den Köpfen zusammen. Meine Mutter schimpfte: „Mensch Mädel, wo hast du dich nur rum getrieben!“ Und eine saftige Watschen folgte sogleich. Ich war stocksauer, war es doch so schön gewesen auf dem Feld und mit dem

Bauern. Tante Irmi fragte dann auch gleich: „Und, wo ist denn Monis Fahrrad abgeblieben?“ Pfff, das war die große Frage. „D-d-das muss wohl noch auf dem Feld liegen,“ meinte ich, „ich bin doch mit dem Bauern nach Hause gefahren.“ Oh je das schöne Rad. Nun musste ich mit der ganzen Sippe das Fahrrad suchen gehen, was schwierig war, denn so recht konnte ich mich gar nicht erinnern, wo ich eigentlich gewesen war. Schließlich fanden wir es doch noch. Ich bekam Fahrverbot und dazu noch ein Reformandel, weil ich mit einem wildfremden Menschen mitgefahren war.

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Hörbuch

Über den Autor

baesta
Da sich bei Mystorys vieles verändert hat, ist es wohl an der Zeit, auch in meinem Outfit etwas zu verändern. Nun, was gibt es über mich zu sagen. Nein, ich bin kein Katzentier, das schreiben kann, nur mein Kater ist der Schönere von uns beiden und ein wenig eitel darf man doch noch sein, oder? Ich habe nicht den Ehrgeiz von allen verehrt und geliebt werden zu wollen, das klappt sowieso nie. Mir genügt es, wenn man mich nimmt so wie ich bin, manchmal etwas bissig, manchmal ernsthaft, machmal übermütig, aber niemals bösartig.
Diesen Aphorismus kann ich nur ans Herz eines jeden Menschen legen: Sich selbst bekriegen - der schwerste Krieg.Sich selbst besiegen - der allerschönste Sieg! - Friedrich Freiherr von Logau
(1604 - 1655), deutscher Jurist, Satiriker, Epigramm- und Barockdichter, Pseudonym: Solomon von Golaw)

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FLEURdelaCOEUR 
Liebe Bärbel,
da hast du wenigstens beizeiten schon Radfahren gelernt ... ;-))
Aber einfach am Feldrand liegen lassen, das war schon schlimm ...
Ich habe mein erstes Fahrrad mit 12 Jahren bekommen.
Habe deine Kindheitserinnerung sehr gern gelesen!
Liebe Grüße
fleur
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Liebe Fleur,
ja das Radfahren habe ich schnell gelernt, bin aber dann bis ich 20 war nie wieder gefahren, weil ich "Fahrverbot" hatte und als die Grenzen geschlossen wurden, war das ja sowieso unmöglich. So musste ich von meinem Lohn sparen und konnte mir mit 20 so ein Rad leisten. Habe mich da aber gewundert, ich konnte es sofort wieder.
Danke Dir, für Kommi und favo.
Liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Liebe Bärbel, na das ist dann noch mal gut ausgegangen. Wäre heute nicht mehr so ungefährlich dein Ausflug mit Folgen.
Ich wirde ja in der Steiermark groß, einer bergigen Landschaft. Da hatte ein einziges Mädchen ein Fahrrad. Das war aber schon in der Hauptschule.
Ich kaufte mein erstes Rad als ich schon berufstätig war.. Marschierte mit meiner Freundin in ein einschlägiges Geschäft und kaufte ein Fahrrad. Draußen stieg meine Freundin auf. "Warum steigst du nicht auf?" fragte sie. "Wir müssen in eine Seitengasse, ich muss erst sehen, wie das überhaupt geht." Ich war ja noch nie Rad gefahren. :-))))
Liebe Grüße
deine Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Liebe Ingrid, ja es ist nochmals gut ausgegangen, mein "Ausflug", aber das Schlimme war, dass ich dann Fahrverbot hatte.
Mein erstes eigenes Rad habe ich mir mit 20 Jahren von meinen ersten Lohnersparnissen gekauft.
Danke Dir und liebe Grüße
Deine Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
GertraudW 
Liebe Bärbel,
das war wieder eine ganz zauberhafte Geschichte, die mir
unheimlich gefallen hat, weil sie auch mit vielen Erinnerungen
verbunden war. Danke Dir dafür.
Übrigens, in der heutigen Zeit brauchst kein Fahrrad mehr
irgendwo liegen lassen ... grins*.
Liebe Grüße und einen schönen Tag
Gertraud
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Liebe Gertraud, heute wären solche Art Ausflüge kleiner Kinder ohne Aufsicht gar nicht mehr möglich. Damals war alles noch einfacher. Das fazit aber war, ich durfte das Fahrrad nie wieder besteigen......war eine harte Strafe für mein "Vergehen".
Danke Dir, dass Dir die Geschichte wieder gefallen hat und ganz liebe Grüße
Bärbel
PS: Danke auch für die Geschenke
Vor langer Zeit - Antworten
Bleistift 
"Das Fahrrad..."
Ein gutes Beispiel dafür, was man als Kind tunlichst unterlassen sollte:
1. Sich als Besitzerin fühlen, wenn man es gar nicht ist...
2. Das geborgte Eigentum stets pfleglich behandeln
und nicht einfach irgendwo in der Prärie vergessen...
3. Nicht auf ein plumpes Angebot hereinfallen und
nicht gleich mit jedem scheinbar noch so seriös aussehenden Fahrzeugbesitzer mitfahren...
Allerdings musste ich mir das Geld für mein erstes eigenes Fahrrad
auch erst selbst verdienen, während mein deutlich jüngerer Cousin
schon längst motorisiert war... ...smile*
hübsche Geschichte von Anno knippi... ...grinst*
LG
Louis :-)

Vor langer Zeit - Antworten
baesta Naja, als Kind nimmt man diese Problematik doch gar nicht so ernst.
Ich war damals doch erst 4 oder 5 jahre alt. Heute wäre so was äußerst gefährlich, auch als Kind allein auf der Straße.
Mein erstes eigenes Fahrrad habe ich mir mit 20 Jahren selber gekauft. Musste lange drauf sparen.
Danke Dir und
LG Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
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