Biografien & Erinnerungen
Die Mütze - Kindheitserinnerungen

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"Die Mütze - Kindheitserinnerungen"
Veröffentlicht am 22. Februar 2018, 8 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Über den Autor:

Da sich bei Mystorys vieles verändert hat, ist es wohl an der Zeit, auch in meinem Outfit etwas zu verändern. Nun, was gibt es über mich zu sagen. Nein, ich bin kein Katzentier, das schreiben kann, nur mein Kater ist der Schönere von uns beiden und ein wenig eitel darf man doch noch sein, oder? Ich habe nicht den Ehrgeiz von allen verehrt und geliebt werden zu wollen, das klappt sowieso nie. Mir genügt es, wenn man mich nimmt so wie ich bin, ...
Die Mütze - Kindheitserinnerungen

Die Mütze - Kindheitserinnerungen

Die Mütze

Jeden Sonntag nach dem Mittagessen ging es an die frische Luft, die damals wirklich noch so genannt werden konnte, weil auch in unserer Kleinstadt nur wenige Autos fuhren. In den zwei Zimmern, die wir damals bewohnten, gab es nur einen kleinen Kachelofen, auf dem auch gekocht werden musste. Später kaufte meine Mutter dann noch eine elektrische Kochplatte mit zwei Kochfeldern.Das war eine Erleichterung, fast schon Luxus. Ein Bad oder gar fließendes Wasser gab es in diesen Zimmern nicht. Dafür gab es auf dem großen Vorboden einen Wasserhahn mit einer großen Hängegosse darunter, wo wir

das Wasser holen mussten. Die anderen beiden Zimmer bewohnte bis 1956 die Tochter des Hauswirtes mit ihrem Ehemann (beide waren Lehrer an der hiesigen Oberschule) und ihrer Tochter Gudrun, die im gleichen Alter, wie ich, war. Darüber hatte ich aber schon in meiner Geschichte „Weihnachten im Dreimäderlhaus“ geschrieben. Meine Oma war eine fleißige Frau, die im Dreischichtsystem in einer Spinnerei arbeitete und nebenbei noch für verschiedene Leute schneiderte, um den kärglichen Lohn aufzubessern. (heute würde man das "Schwarzarbeit" nennen)

Auch für mich nähte Oma viel. Einmal nähte sie mir aus einem alten wollenen Mantelstoff ein Mäntelchen mit Pelzbesatz und einer zugehörigen Zipfelmütze, die auch mit Pelz besetzt war. Diese Mütze mochte ich aber gar nicht, weil der kratzige Stoff mir auf dem Kopf juckte.

Wir spazierten also an den nahen Fluss, wo wir Enten fütterten und wanderten danach zum Mühlgraben – das war damals eine Art künstliche Wasserstraße und soll auch

ziemlich tief gewesen sein. Dort standen wir dann am Geländer und sahen zu, wie langsam das Wasser sich bewegte. Oma meinte zu mir: „Pass ja auf, dass du nicht reinfällst ins Wasser. Dort ertrinkst du!“ Da es mir jedoch auf dem Kopf juckte, riss ich mir die Mütze vom Kopf und ließ sie ins Wasser fallen. „Oma, guck mal, die Mütze kann schwimmen.“ „Herrjeh, die schöne Mütze!“ Oma und Mutti waren verzweifelt. Damals war es ja gar nicht so leicht,etwas Neues zu bekommen. Das wusste ich mit meinen vier

Jahren doch nicht und das war mir im Grunde auch ziemlich egal. Hauptsache die Mütze war weg. Doch just in dem Augenblick kam ein Mann mit seinem Schäferhund vorbei und fragte die beiden verzweifelten Weiber, was los wäre. Oma erzählte ihm, was ich angestellt hatte seshalb jagte der Mann seinen Hund in das eiskalte Wasser, der auch brav die Mütze wieder an Land holte. Da diese aber zu nass war, brauchte ich sie nicht nochmals aufzusetzen und später habe ich mich standhaft geweigert, dies je wieder zu tun, weil ich vermeinte, immer noch die Spuren zu sehen, wo der Hund in den Zipfel gebissen hatte.

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Hörbuch

Über den Autor

baesta
Da sich bei Mystorys vieles verändert hat, ist es wohl an der Zeit, auch in meinem Outfit etwas zu verändern. Nun, was gibt es über mich zu sagen. Nein, ich bin kein Katzentier, das schreiben kann, nur mein Kater ist der Schönere von uns beiden und ein wenig eitel darf man doch noch sein, oder? Ich habe nicht den Ehrgeiz von allen verehrt und geliebt werden zu wollen, das klappt sowieso nie. Mir genügt es, wenn man mich nimmt so wie ich bin, manchmal etwas bissig, manchmal ernsthaft, machmal übermütig, aber niemals bösartig.
Diesen Aphorismus kann ich nur ans Herz eines jeden Menschen legen: Sich selbst bekriegen - der schwerste Krieg.Sich selbst besiegen - der allerschönste Sieg! - Friedrich Freiherr von Logau
(1604 - 1655), deutscher Jurist, Satiriker, Epigramm- und Barockdichter, Pseudonym: Solomon von Golaw)

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MerleSchreiber Hab gelesen, Bärbel, dass du derzeit in alten Bildern kramst. Ich auch. Meine Mutter hat kürzlich angemerkt, dass sie einen heillosen Durcheinander bei den alten Fotos hätte und dass sich wohl eh niemand mal dafür interessieren würde, "wenn sie nicht mehr ist". Jetzt hab ich die ganzen alten Schätze. Und das sind sie wirklich, da hab ich unter anderem ein Kompanie-Foto aus dem 1. Weltkrieg entdeckt, das ein Verwandter als Feldpostkarte an meinen Großvater geschrieben hatte. Extrem Phantasie anregend.
Mit Mützen und Kleidung hatte ich immer weniger Probleme, bei mir konzentrierte sich die Abwehr ja von klein auf auf das verhasste orthopädische Schuhwerk ;-)
Hast deine Geschichte übrigens toll geschrieben!
Liebe Grüße, Merle
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Liebe Merle,
ich hatte gestern ein heilloses Tohuwobohu in meinem Wohnzimmer. Morgens hatte meine Großcousine angerufen und mir mitgeteilt, dass der Mann meiner Cousine in Sachsen-Anhalt nun auch verstorben ist. Da ich sie zum letzten Mal 1963 gesehen habe (da war sie gerade mal 5 Jahre alt), haben wir nun alte Fotos ausgetauscht, aber die musste ich erst mal suchen. Habe auch noch solche Fotos aus dem 1. Wk. gefunden.
Ich hatte aber nicht nur mit Mützen ein Problem, sondern auch mit Brillen, orthop. Schuheinlagen usw. Zur Brille werde ich demnächst was schreiben.
Danke Dir für das Lob und auch für den Favo.
Liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
Bleistift 
"Die Mütze - Kindheitserinnerungen..."
Ich darf Dir hier gar nicht sagen, was ich in jener Zeit
als Kind so alles anziehen musste und ich hasste es,
wie der Teufel das Weihwasser, sogar diesen
vermaledeiten Matrosenanzug...
Das Beste waren da noch die längst abgetragen
Klamotten meines zwei Jahre älteren Cousins...
LG
Louis :-)
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Da hat wohl jeder seine ganz persönlichen Erlebnisse. Aber da ich ein altes Fotoalbunm in die Hand bekam, fielen mir all diese "Erlebnisse" wieder ein. Meine Oma nähte viel für mich, aber meist war es so altmodisch, dass ich es gar nicht so gerne mochte. Als ich 14 war, ging das mit den Miniröcken los, aber ich musste immer die Knie bedeckt haben, da hat Oma strikt drauf bestanden.
Danke Dir und
LG Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
KaraList Ach, ist das herrlich ... die Mütze hatte eben ihr "Seepferdchen" gemacht. :-)
Mit dieser Geschichte hast Du eine Erinnerung geweckt, die ich demnächst aufschreiben werde.
LG
Kara
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Es ist doch schön, mal wieder in Erinnerungen zu kramen. Freu mich schon auf Deine geschichte.
Danke Dir, auch für den Favo (weiß gar nicht wofür ich so viele Favos verdient habe, so bahnbrechend finde ich mein Geschreibsel doch gar nicht.)
LG Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Lach! ja, heute lachen wir darüber. Aber wie scwer hatten es damals doch unsere Mütter, uns halbwegs zu bekleiden. Auch für mich wurden aus Kleidenr meiner Mutter und Großmutter Neues genäht. Es gab nur ein Paar Schuhe, "hohe Schuhe", also gescnürte. Und im Sommer lief man barfuß. Mein erstes wirklich neues Kleid bekam ich mit 14 von meiner Firmpatin ...statt der üblichen Uhr. Und zu den ersten Rendezvous borgte ich mir von Freundinnen Kleider. :-)))) .... und trotzdem wars schön!!!
Liebste Grüße
deine Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Alle "älteren Semester" haben wohl so ähnliches erlebt und doch wäre mir rückblickend diese Zeit lieber. Der Überfluss heute ist viel zu verführerisch. Mit den Schuhen ging es mir genau so. Meine Mutter war immer entsetzt, wenn meine Schuhe wieder zu klein waren, aber trotzdem musste ich sie wieder und wieder anziehen, denn ein Paar neue waren ja viel zu teuer. Aber die heutigen Fußprobleme rühren wohl davon.
Danke Dir ganz ♥lich, auch für den Favo.
Liebe Grüße
Deine Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
GertraudW 
Herrlich, herrlich liebe Bärbel.
Du bist aber auch eine ... obwohl, ich wollte auch nie Mützen aufsetzen!
Vor allem die, die ich aus Amerika geschickt bekam: giftgrün mit Ohren-
klappen, Bänder zum Binden und einem halben Meter (!) langen Zipfel,
an dem ein dicker Bommel hing ...
Danke Dir ♥lichst, dass ich mich dank Deiner Geschichte daran erinnern
kann.
Liebe Grüße und ein schönes Wochenende
Gertraud
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Mützen mochte ich als Kind und auch später gar nicht. Da bekam ich immer so häßliches Kopfjucken. Meine Mutter war immer entsetzt, wenn wir mal, was zwar ganz selten geschah, in ein Restaurant gingen und ich als erstes mir die Mütze vom Kopf riß und mich erst mal ausgiebig am Kopf kratzte, denn die anderen Gäste konnten ja denken, ich hätte Läuse. Jetzt setze ich natürlich bei Kälte eine Mütze auf, liebe sie allerdings immer noch nicht.
Danke Dir, auch für den Favo.
Liebe Grüße und auch Dir ein schönes Wochenende
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
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