Rückkehr der Wölfe
Bereits seit einiger Zeit.
Es begann eigentlich schon, als die Hoffnungsstrahlen langsam ihre Leuchtkraft verloren. Die Farben um mich herum verblassten. Es begann, ganz unmerklich, als jedes Profitstreben meinerseits, jedes Ringen um Anerkennung, im Sande verlief. Die Lorbeeren ernteten andere. Diejenigen, denen ich mein Vertrauen schenkte.
In meiner Erinnerung, ach, ich weiß nicht. Erkannte nicht die Gefahr.
„Nun sieh mich nicht so an!“
Ich drehe den Wasserhahn zu.
Mir wurde angeraten, Verantwortung zu übernehmen. Und weil ich es mit den Wölfen hatte, so sollte es ein Hund sein. Für einen Schäferhund hatte es allerdings nicht gereicht. Stattdessen liegt nun diese Promenadenmischung deprimiert auf der Türschwelle zu meinem Bad und sieht mich nachdenklich an, während ich alle Utensilien bereitlege.
Leidenschaftslos beobachtet sie jeden meiner Schritte.
Kurz überrollt mich mein Interessenkonflikt, gleich einer Kursschwankung.
Ich betrachte dieses Vieh. Irgendwie tut sie mir leid. Sehe mir an, wie sie mit den Augenbrauen zuckt. Das Spiel ihrer Stirnfalten.
Ihr Fell, das auch mit dem feinsten Shampoo nicht weichzukriegen ist.
„Mach dir keine Sorgen, Pussi. Heute Mittag kommt unsere Sozi-Elfi um nach dem Rechten zu sehen. Sie wird mich finden und dich auch. Du wirst es gut haben, glaub mir.“
Leises Quietschten entweicht ihrer geschlossenen Hundeschnauze.
„Fang jetzt bloß nicht an zu heulen!“
Es war gestern gewesen. Nach dem Einkauf. Als ich die Hundeleine vom Fahrradständer entknotete, da stand er plötzlich vor mir. Bevor er etwas sagen konnte, hörte ich ihre Rufe. Ihr unvergleichliches Heulen. Er fragte, was ich so mache und dass er mich lange nicht gesehen hätte.
Ich erklärte ihm, dass ich mit alldem nichts mehr zu schaffen habe und ich nun einer Arbeit nachgehe. Meine Nackenhaare stellten sich auf und das bekannte Zittern eroberte meine Fingerspitzen. Ich erzählte möglichst begeistert, dass ich richtiges Geld verdiene und einen Hund zu versorgen hätte und dass die Therapie gut angeschlagen sei. Dabei zeigte ich auf das struppige Fellknäuel.
Er zuckte nur mit den Schultern und hielt mir ein Päckchen hin.
„Bestes Zeug“, meinte er nur.
Die Wölfe riefen mich. Hungrig wie eh und je. Schrien und kratzten nach mir! Mit letzter Kraft schüttelte ich still den Kopf. Er drehte sich um und wollte gehen.
Weg, mitsamt dem Päckchen!
„Warte kurz“, rief ich ihm nach.
Meine kleine Pussi knurrte ein wenig.
Und dann hatte ich kein Geld mehr in der Tasche, aber dafür ein Päckchen, dass meine Gedanken nicht mehr losließ.
Das Badewasser duftet. Pussi irgendwie auch, aber anders.
Voller Sehnsucht betrachte ich meine Utensilien, die ich zum Glück aufbewahren konnte.
Eine ganz frische Nadel und einen Gurt.
Eine kleine bunte Schale.
Ich reiße vorsichtig das Päckchen auf und fülle es in das Schälchen.
Ich greife nach dem Gurt und binde meinen Arm ab.
Alte Narben zeigen mir wütend ihre Zähne.
Ich blinzele sie weg und verwandele sie in einen fröhlichen Delfinschwarm.
Ich erhitze die Schale über einem kleinen Stövchen.
Ganz sachte verflüssigt sich der Stoff.
Ich schraube die frische Nadel auf meine Spritze.
Dann ziehe ich die warme Flüssigkeit hinein.
Nun steige ich in die Wanne.
Heißes Wasser empfängt mich.
Lullt mich ein.
Mit dem betörendem Duft des Rosenwassers, das ich in seiner Gänze hineingekippt habe. Wofür sparen, dachte ich mir.
Und dann …
Liegt Pussi nicht mehr auf der Schwelle.
Sie kommt angehüpft, mit ihren komisch kurzen Beinen, und schnappt sich die Spritze!
Blitzartig springe ich aus der Wanne.
Doch dieses kleine Biest ist nicht zu fassen!
Als ich in die Küche haste, beißt Pussi gerade auf die Spritze und frisst alles auf einen Happ.
Sie winselt ein bisschen.
Ganz sicher tut die spitze Nadel in ihrem Körper sehr weh!
Auf ganz gruselige Weise verdreht Pussi ihre Augen!
Ihre rechte Vorderpfote zuckt noch kurz.
Und mir bleiben nur die Tränen.
Alles vermasselt!
Ich drücke das Kleinvieh an meine Brust.
„Meine Pussi!“
Ich weine.
Ich schreie!
Ich fasse es nicht!
Zittere am ganzen Körper.
Die Wölfe, sie fletschen noch kurz ihre Zähne, dann drehen sie ab.
Geben auf.
In meinem Kopf.
Ziehen sich zurück. Raus, aus meinem Leben.
Ich hoffe, sie werden sich nicht wieder vorwagen.
In meinem Arm wird Pussi ganz schwer.
Leblos und schwer.
Und kein bisschen weich.
Meine Augen wollen nicht aufgeben überzulaufen.
Mein Plan war ein völlig anderer!