Humor & Satire
Das Unterrichtsfach

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"Man lernt nie aus!"
Veröffentlicht am 01. Februar 2018, 16 Seiten
Kategorie Humor & Satire
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ich versuche mit guten Geschichten zu unterhalten. Hoffentlich glückt es. Ich bin Jahrgang 1958, in München geboren. Seit meiner Kindheit schreibe ich, habe aber nie eine Profession daraus gemacht. Meine zarten Versuche mal eine meiner Geschichten bei einem Verlag zu veröffentlichen sind gescheitert. Hier gibt es eine Auswahl von Kurzgeschichten aller Art. Sie sind in ihrer Kürze dem Internet und e-pub Medium angepasst.
Man lernt nie aus!

Das Unterrichtsfach

Vorbemerkung

Unser Bildungssystem stagniert. Man muss etwas unternehmen!

Auch Staatsbeamte haben es nicht leicht.


Gute Unterhaltung!

(Zum vergnüglichem Lesen neu eingestellt: 21.09.2022)



Copyright: G.v.Tetzeli

Cover: G.v.Tetzeli

www.welpenweste.de

Das Unterrichtsfach

„Wir brauchen ein neues Unterrichtsfach!“

Ich war erregt aufgesprungen. Das Lehrerkollegium sah zum Teil auf den Boden, andere spielten mit dem Kuli, wieder andere verzogen das Gesicht.

Der Direktor Havelmeier strich seine weißgrauen Haare glatt. Sie waren glatt wie Vogelgefiedern.

„Wir haben doch schon einen Computerraum links im 1.Stock eingerichtet, Kollege. Moderner geht es doch nicht. Homeoffice for Children, wenn ihnen das etwas sagt." Ich ignorierte den Seitenhieb.

"Außerdem, haben sie überhaupt einmal an

das Budget gedacht?“ Ich war zu erregt, um klein bei zu geben.

„Oh ja, Computerraum. Sie meinen nicht zufällig den Raum, der nicht genutzt wurde, weil zu viel Schimmel drin war? Und dass dieser nun offiziell als Computerraum deklariert wird, weil im ganzen Monatsplan nur 45 Minuten dafür anberaumt sind? Und dass sie ausrangierte PCs aufgekauft haben, um Subventionen heraus zu leiern. Ich will doch nur ein neues Unterrichtsfach vorschlagen, mehr nicht.“

Die glatten Haare des Direktors wellten sich aufmüpfig.

Gwendoline Haselbeck, die Zahlenschupse, grummelte.

„Die Ressourcen, die Ressourcen!“

„Sehr geehrte Frau Mathematikerin, ich würde mich freiwillig anerbieten das Fach zu leiten“, konterte ich.

„Neuerungen haben es in sich“, schnalzte Horatius Feinbein, der Lateinlehrer. „Timeo Danaos et dona ferentes. Denken sie nur an die Problematik mit der neuen deutschen Rechtschreibung. Was hatte das alles für Kosten verursacht!“

[Ich fürchte die Dadanäer, auch wenn sie Geschenke bringen, von Vergil – Laokoon]

"Manche brauchen den Vordergrund, murmelte Historius Feinbein weise. "Die Geschichte ist voll von diesen sich selbst überschätzenden Typen!"

Ich wischte die Frechheiten in meinen eigenen

Gulli. Ich fuhr hasserfüllt fort.

„Und es interessiert sie gar nicht, dass wir Lehrer uns der Jugend immer mehr entfremden?“

„Ich hatte engen Kontakt“, maulte John Dow, der Englischkundler. Mit seinem blauen Auge stocherte er über die Runde. Er hatte etwas dagegen gehabt, dass von einem der angetrauten Schülern seine Frau als Bitch bezeichnet worden war. Leider war der Heranwachsende mit seinen "Argumenten" faustsicherer gewesen. „Und was wollen sie zum Besten geben?"

Der Direktor Haelmeier wollte Fakten auf den Tisch knallen.

Von hinten maulte Armin Weber: "Allein im Fach Deutsch reichte es mir schon, wenn die

Glocke von Schiller verunglimpft wird. Da sollten sie dieses Kleinod deutscher Dichtkunst auswendig lernen und was kam? „Loch in Erde, Bronze rin, Glocke fertig, bimm, bimm, bimm.“

Der Deutschlehrer Weber schüttelte sein Literaten-Haupt. „Vollkommen verkommen!“ Die schüchterne, kleine, schlanke Lisa Zizicki, die einen Malklecks auf der Bluse hatte, fragte.

„Wäre es nicht besser stattdessen für uns ein Seminar für Selbstverteidigung ins Leben zu rufen? Ich würde mich so gerne wehren können.“

Jeder guckte mitleidig auf ihr schmales Äußeres, ihr Drahtgestell.

Als Künstlerin konnte sie es sich nicht

vorstellen mit Farbe und Malerpinsel um sich zu werfen, um den noblen Schülern Contra bieten zu können.

„Und Waffenkunde“, lachte der Erdkundespezi Michael Geo, der es gerne auf die Everest Spitze trieb. Mit stahlgestärkter Brust warf ich ein:

„Ich sage es noch einmal! Wir müssen auf dem Laufenden bleiben. Es dauert nicht mehr lange und wir verstehen die Rotzer gar nicht mehr. Und dazu brauchen wir Unterricht. Für uns natürlich, was meinten Sie denn? Oder haben Sie schon mal etwas von einer Apachenbanane gehört [Currywurst mit Pommes], oder von abkaimen?

„Ich kenne nur chillen“, wandte der britisch angehauchte John Dow altklug ein.

„Das heißt: Sich dem Müßiggang hingeben“, verbesserte Armin Weber.

Ich fuhr fort.

„Ist Euch ein Datenzäpfchen bekannt? Ein USB Stick! Und dann noch....“

Weiter kam ich nicht.

Gwendoline Haselbeck hatte sich Notizen gemacht.

"Die Renitenz der Schüler kostet uns circa 10% unseres Haushalts, wenn man den Vandalismus auf dem Abort außer Acht lässt."

"Unseres Haushaltes", verbesserte der Deutschlehrer Weber.

"Kopfarbeit ist schwere Arbeit", bemerkte ich spitzbübisch.

Der weiße Kamm von Direktor Havelmeier hatte sich aufgestellt, wie bei einem Kakadu.

„Ich habe hier ein Schreiben vom Ministerium“, wedelte er. „Dies ist logischerweise der wichtigste Tagesordnungspunkt!“ „Ministerium“, raunte es allgemein und ehrfürchtig.

Abfällig gluckste der Trainingsanzug Alexander Hüpf. "Kann nur Blödsinn sein!"

„Es geht um den Vorschlag künftig die Unterrichtsfächer als Projekte zu bezeichnen“, erklärte der Weißhaarige.

Die Vogelfeder sah in die Runde.

Die kleine Zizicki flüsterte unterwürfig. „Unheimlich wichtig“.

„Wenn es eingedeutscht als 'Entwurf' bezeichnet wird, bin ich einverstanden“, meinte der Deutschkundler Armin Weber zackig.

„Aber, lieber Kollege, das erfasst doch nicht den ganzen Intent. In Alliteration switched und completet das nicht bezüglich der Company Prämissionen. Das könnte posttraumatische Belastungsstörungen implizieren.“ Der Schulpsychologe Heinz Nervenmann fühlte sich in seiner Fach-Orgie sauwohl.

John Dow widersprach frech und präpotent. „Jedenfalls sehe ich kein oversizing Uncertainess.“ Der Deutschlehrer malte gelangweilt Strichmännchen und zog einen Flunsch. „Wenn schon, dann wäre eine mathematische, reale Umsetzung denkbar. Ich halte mich dabei eher an Götz on Berlichingen.“. Zahlenschupse Gwendoline rückte die Alugurke über der Nase zurecht.

"Ich muss doch bitten!" John Dow grinste. „A fine point of view“.

Zum zweiten Mal meldete sich der Trainingsanzug Hüpf, Master der Tartanbahn. „Ich bin zwar Coach“, sprach der Sportlehrer mit Muskel vibrierender Stimme, „aber Stabhochsprung bleibt bei mir Stabhochsprung und nicht 'pole vault'!“ Die Diskussion führte zu verhärteten Fronten.

Es ging darum, inwiefern überhaupt ein neues Fach, äh Projekt, nämlich Wirtschafts-Denglisch aufgenommen werden sollte. Dabei sei Efficiency im Verhältnis zum Budget ein Knackpunkt.

Als alles durcheinander quasselte, haute Havelmeier mit seiner Aktenmappe auf den Tisch. Der Direktor nutzte die Gelegenheit. Es

herrschte Ruhe vor der Obrigkeit.

Pause

„Und wie positionieren sie sich“, sprach Direktor Havelmeier mich mit falschem, süffisantem Lächeln an. Neben mir flunschte der Deutschlehrer leise vor sich hin, während ich demoralisiert antwortete.

„Ich muss erst noch antizipieren wovon sie überhaupt sprechen. Mir fehlen leider die Skills! Wie wäre es denn, wenn wir einfach zu unserem Beamtenalltag zurückkehren würden?"


Alle waren erleichtert und der Direktor strich sich die Haare glatt.

"Das ist die Lösung.

Ich setze es als neues Projekt auf!"

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welpenweste
Ich versuche mit guten Geschichten zu unterhalten.
Hoffentlich glückt es.
Ich bin Jahrgang 1958, in München geboren.
Seit meiner Kindheit schreibe ich, habe aber nie eine Profession daraus gemacht. Meine zarten Versuche mal eine meiner Geschichten bei einem Verlag zu veröffentlichen sind gescheitert.

Hier gibt es eine Auswahl von Kurzgeschichten aller Art. Sie sind in ihrer Kürze dem Internet und e-pub Medium angepasst.

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Friedemann 
Hallo Günter,
es ist zwar schon recht lange her, doch Deine Satire rief mir einige meiner Schullehrer in Erinnerung mitsamt ihren schlecht verborgenen Eifersüchteleien untereinander. Die damaligen Lehrerkonferenzen dürften in ähnlicher Ausstrahlung verlaufen sein, so wie Du sie hier so treffend beschrieben hast. Mit großem Vergnügen gelesen.

Liebe Grüße,
Friedemann
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Mit spitzer Feder und sehr schön bissig dargestett hast Du den zur Zeit recht komischen Schulalltag, weil der von Oben verornete Blödsinn nun auch im Unterricht Einzug hält.
Gelungene Persiflage auf unser auch so gutes Schulwesen, das eher für Verdummung statt für Bildung und Eruziehung sorgt. Immer fein nach dem Motto "Warum einfach, wenn´s auch umständlich geht.
Übrigens hab ich das gleiche Problem wie Bleistift.
LG Bärbel
PS: ich schenk Dir noch ein "N" für den "eine Computerrraum"
Vor langer Zeit - Antworten
Bleistift 
Hallo Günter,
dein Text läuft im 3-D-Modus unten unleserlich aus,
Du solltest ihn vielleicht noch einmal neu formatieren?
Dir ein gesundes neues...
LG
Louis :-)
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Versteh ich nicht! Bei mir (Browser Opera) sieht alles ganz ordentlich aus.
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
Bleistift meint:
Vlt. ist das ja auch nur bei meinem Firefox Browser so...
Ich hab zwar das neuste Update drauf, aber wer weiß...
Louis :-/
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Echt wahr! Ich habe es mit Firefox nachvollzogen. Da stimmt der Seitenumbruch nicht! Hast also recht, Du lieber Wiederholungstäter!
Liegt also am Browser und an myStorys.
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
sugarlady Ja der liebe Unterricht.
Habe mich sehr amüsiert.
Danke für diese unterhaltsame Geschichte und schöne Grüße
Andrea
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Freut mich sehr! Danke! Dahinter steckt natürlich auch kräftige Gesellschaftskritik.
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Vielen Dank, musste selber schmunzeln.
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
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