Beschreibung
Der zweite Teil über die abenteuerliche Geschichte von Conn.
Die erste Begegnung
Conn fühlte sich hin und her gerissen. Sein Verstand riet ihm, dass Weite zu suchen und sein Instinkt drängte ihn seine Neugierde nachzugeben. Die Entscheidung hätte ihm eigentlich nicht schwer fallen sollen, schließlich wurde er in Par Melon erwartet und das duldete keinen weiteren Aufschub. Sein Informant hatte womöglich einen ausschlaggebenden Hinweis, denn er brauchte um mehr über seine Vergangenheit zu erfahren. Seit einigen Jahren sah er Dinge, die andere Menschen nicht wahrnahmen und die real erscheinenden Begegnungen im Land der Träume veranlassten ihn Antworten zu suchen. Er trachtete nach Lösungen für die angehäuften Rätsel die seine nächtlichen Besuche in der Traumwelt häufig hervorbrachten. Was im dritten Zeitalter mit Vabarth geschehen war und wem diese Stimme gehörte, die ihm geheimnisvolle Worte zu flüsterte. All dies und viel mehr wollte er herausfinden und durch eine verlässliche Quelle, so hoffte Conn wenigstens, erfuhr er von einem Mann, Namens Kron, der ihm eventuell weiter helfen konnte. Er hatte nur sehr wenig über den Fremden in Erfahrung bringen können. Fakt ist, Kron lebt in Par Melon und dort wird er nach ihm suchen.
Gerade als er sich vom schmalen Trampelpfad, der zur Dorfmitte führte, abwandte, hörte er eine Frau weinen. Für einen kurzen Augenblick verharrte er mitten in seiner Bewegung und hätte er nicht die Gewissheit das es nicht möglich ist, würde er glaube, sein Herz hörte für einen winzigen Moment auf zu schlagen. Das Gefühl der Gefahr kehrte mit einem Schlag zurück und drohte ihn zu überwältigen. Sein einfacher Dolch würde ihm bei einem Überfall auch nicht helfen, da war er sich ziemlich sicher. Er besaß nicht genug Geld um sich ein richtiges Schwert leisten zu können. Es könnte so einfach sein sich davon zu stehlen und die Frau ihrem Schicksal zu überlassen, sollte sie sich tatsächlich in Lebensgefahr befinden. Sein schlechtes Gewissen siegte über jegliche Vernunft. Conn schlich zum Zentrum von Krom. Die Gebäude des kleinen Küstendorfes bestanden hauptsächlich aus solidem Stein, schließlich mussten die kleinen Hütten den extremen Wetterbedingungen, die an der Küste oftmals herrschten, standhalten. Nun boten die Hütten ihm Deckung. Ein angenehmer Duft von frisch gebackenem Brot stieg ihm in die Nase und als er durch ein Fenster schaute, entdeckte er eine leblose Gestalt am Boden des Gebäudes. Das köstlich riechende Brot ruhte unberührt im Lehmofen und würde schon bald nicht mehr zu verspeisen sein. Im Bruchteil einer Sekunde hatte er all diese Wahrnehmungen aufgenommen und schritt an der verhängnisvollen Hütte vorbei weiter zu seinem eigentlichen Ziel. Conn hatte nun die Gewissheit, dass den Dorfbewohnern ein Leid zu gefügt wurde.
„Ich frage euch ein letztes Mal, Weib. Ein hoch gewachsener Mann, mit dunklem Haar und einer Narbe die sich von seiner rechten Stirnschläfe hinab zieht bis zum Kinn, muss hier durch das Dorf gekommen sein… befindet er sich noch irgendwo in diesem heruntergekommenem Kaff, Unwürdige?“, für einen Herzschlag lang hatte Conn angenommen, der gewaltbereite Mann beschrieb ihn, bis dieser die auffällige Narbe erwähnte. Wer immer diese seltsamen Männer waren, die das ganze Dorf in das Dorfzentrum getrieben hatten, sie suchten jedenfalls nicht nach ihm. Er konnte dennoch nicht von sich behaupten, beruhigt darüber zu sein. Es waren nur noch eine Handvoll der schlimm zu gerichteten Dörfler am Leben. Die Fremden waren bewaffnet mit Schwertern und Streitkolben. Sie schienen auch mit diesen umgehen zu können. Keine Gegner mit denen sich der Wanderer anlegen konnte. Conn ballte zornig die Hände zu Fäusten und zwang sich ruhe zu bewahren. Ein einziger Fehler und es würde ihm schon bald so ergehen, wie einige der Toten, die überall auf dem Platz lagen. Erneut wimmerte die Frau auf, die kaum noch als solche zu erkennen war. Ihr Gesicht war angeschwollen und eine Platzwunde an ihrer Lippe blutete stark. Der Anführer zog sie grob auf die Beine, indem er sie am Hals packte und hochhob. Instinktiv griff die Gepeinigte nach dem Arm des Mannes. Sie schwebte einen Atemzug lang in der Luft und sie keuchte auf, als ihr die Luft abgeschnürt wurde. Erst dann lies der Angreifer sie wieder auf den Boden hinab. Er würde sie nicht töten, jedenfalls noch nicht. Solange er ihr keine nützliche Information entlockt hatte. Die Frau zögerte. Die Furcht war ihr deutlich anzusehen. Sie befand sich in einem Dilemma. Es spielte wahrscheinlich keine Rolle, ob sie schwieg oder bereit war zu sprechen, das Ende würde sie trotz allem finden. Diese Männer machten keine halben Sachen, sie hinterließen keine Zeugen. Zu dieser Vermutung brauchte Conn nicht viel Erfahrung und Weisheit. Die Fremden gaben sich nicht viel mühe, den Dorfbewohnern etwas vorzugaukeln. Mit ihrem aggressiven Vorgehen offenbarten sie ihre wirklichen Absichten. Diesen Tag würde keiner der Dörfler überleben.
„Ich… ich glaube…also…“, der Mann schnaubte zornig und holte mit seiner Hand aus. Es knallte hörbar als die Hand des Peinigers auf die Wange der Frau traf. Sie wurde zu Boden geschleudert. „Siehst du das? Ich weiß, du siehst uns zu…. Zeig dich… stelle dich oder willst du sie alle im Stich lassen? Wo sie dir doch Unterschlupf gewährten“. Stille. Keine Antwort erhielt der Mann, der seine Stimme erhoben hatte, damit er gut zu hören war. Conn schlich näher heran und hockte sich hinter einem großen Ochsenkarren. Der Ochse, der bereits angebunden war am Fuhrwagen blickte den Stillenzuschauer ausdruckslos an. „Pssst… ganz ruhig“, er konnte nur hoffe das Tier würde ihn nicht verraten. Der Ochse tat ihm den gefallen und verdrehte seine kugelrunden Augen mehrmals, dann senkte er den massigen Kopf und rupfte einige Grashalme aus dem Erdreich heraus. Es dauerte eine Weile, indem nichts geschah. Keiner wagte es auch nur einen Laut von sich zu geben, dann verlor der Anführer seine Geduld. Er packte die verletzte Frau und mit einem einzigen Ruck brach er ihr Genick. Ein Mann brüllte kummervoll auf, unternahm allerdings nichts. „Ich verliere meine Geduld. Ich kann dies den ganzen Tag so weiter machen…“, „Das ist nicht nötig“, erklang die Stimme eines weiteren Fremden. Er trat hinter einer Häuserwand hervor. „Ah… Fumé, endlich begegnen wir uns wieder. Es ist schön dich wohl auf zu sehen“, „Das kann ich leider nicht zurück geben. Ich könnte darauf verzichten. Es läge mir mehr im Sinn, nie wieder mit euch verkehren zu müssen, Morcan“, daraufhin lachte der Anführer. „Du hast etwas… das mir gehört. Wo ist es?“, „Ich weiß nicht, wovon ihr sprecht“. Morcans Lachen erstarb und mit finsterer Miene starrten sich beiden Kontrahenten an. „Spiel nicht mit mir… du würdest nur verlieren, Fumé“. Conn fluchte innerlich. Er hatte keine Ahnung was hier vor sich ging, aber untätig zu schauen, war fernab seiner Absicht. Fieberhaft versuchte er zu überlegen, wie er den Dorfbewohnern helfen konnte. Sein Blick richtete sich nochmals auf Fumé. Morcan hatte recht. Eine gewaltige Narbe zierte die rechte Gesichthälfte des Mannes, dennoch konnte er als ein gutaussehender Mann bezeichnet werden. Fumé war der Auslöser für die Katastrophe, welche dem Dorf widerfahren war.
Plötzlich schoss ihm ein riskanter Einfall durch den Kopf. Der Narbengesichtige schien ein kampferprobter Krieger zu sein. Er würde sich augenscheinlich besser bewähren als Conn es jemals vermochte. Mit einem guten Ablenkungsmanöver, könnte er die Bewohner befreien, während dieser Mann für sie kämpfte. Es blieb ihm nicht anders übrig als zu hoffen, der Mann mit dem Namen Fumé würde sich den Angreifern entgegenstellen. Der Ochsen vor ihm schmatzte hörbar und rollte zufrieden mit den Augen. Auf Conns Gesicht erschien ein freudiges Lächeln als er den aufgedunsenen Körper des Ochsen betrachtete. Ein solches Tier würde nicht so leicht zu bändigen sein, wenn es einmal durchdrehte. Kurzerhand schnitt er mit seinem Dolch die Halterungsseile durch, die den Ochsen vom Karren befreite. Das schwerfällige Geschöpf verharrte zu Conn missfallen an seinem ursprünglichen Platz und schien auch keine Anstalten zu machen sich auch nur einen Zentimeter zu bewegen. So schnell gab der unfreiwillige Retter nicht auf und setzte nun härter Mittel ein um den Ochsen zu verschrecken.
Unterdessen nahm das Gespräch der beiden Männer eine überraschende Wendung. Während Morcan immer zorniger zu werden schien und seine Stimme um einige Oktaven anstieg, blieb Fumé äußerlich gelassen und genau dieses Verhalten schien den Anführer der geheimnisvollen Fremden nur noch mehr in Rage zu versetzen. Es war unverkennbar, dass es bald zu einem offenen Kampf ausarten würde. Conn sorgte für den entscheidenden Vorteil, damit sie als Sieger aus dieser Konfrontation hervortraten. Als Morcan neuerlich ansetzte seine Hasstiraden an den Kopf von Fumé zu werfen, brüllte der Ochsen nicht unweit von ihnen auf und stürmte in einem halsbrecherischen Tempo auf sie zu. Erschrocken wichen die Männer und Dorfbewohner aus. Es brach augenblicklich ein Tumult aus. Conn starrte fassungslos dem Ungetüm nach, welches er erst in diesem Zustand versetzt hatte. Wer hätte gedacht, dass er einen spitzen Stein so tief in die Flanken eines solchen Tiers rammen konnte. Jedenfalls hatte es die gewünschte Wirkung erzielt. Die Krieger schenkten den Dorfbewohnern keine Beachtung. Alle konzentrierten sich auf den Ochsen, der in ihren eigenen Reihen wütete. Einige Dörfler schienen die Chance zur Flucht bemerkt zu haben und zogen sich hastig zurück. Es würde nicht lange dauern und sie flohen in den Wald. Dort würden sie ausharren, bis sich die Angreifer zurückgezogen haben und sie in ihrem Heimatdorf neu beginnen konnten. Für Conn war es unverständlich, dass Menschen immer wieder ein Neuanfang wagten, obwohl ihnen bewusst sein müsste, eine Niederlage würde sie unweigerlich noch einmal zurückwerfen. All ihre Bemühungen ein schönes Leben aufzubauen, würden umsonst gewesen sein. Lächelnd sah er einer jungen Frau nach, die davon humpelte. Er hatte sie davor bewahren können, den Tod zu finden. Es war ein gutes Gefühl, jemanden uneigennützig geholfen zu haben und nicht einmal eine Anerkennung zu erwarten.
Plötzlich packte jemand ihn an der Schulter und schubste ihn bei Seite. Gerade noch rechtzeitig, denn sonst hätte ihn der wild gewordene Ochse niedergetrampelt. Es war Fumé gewesen, dem er sein Leben zu verdanken hatte. Conn nickte ihm dankend zu. Kein Wort kam über seine Lippen. Schweigend zollte er dem Mann ihm gegenüber seine Verbundenheit. „Fumé, du verdammter Hurensohn… wo steckst du…“, war Morcans wütende Stimme über das allgemeine Chaos hinweg zu hören. Fumé lachte und rannte nun ebenfalls hinfort. In die entgegen gesetzte Richtung, damit die Angreifer ihm folgten und nicht den Dorfbewohnern. Zumindest nahm Conn an, dass sein zufälliger Verbündeter aus diesem Grund in den Norden floh. Für eine scheinbare Ewigkeit schien plötzlich alles um ihn herum langsamer abzulaufen. Ein für ihn noch nie gekanntes Gefühl von Stolz brannte in seiner Brust. Ob ich an das Schicksal glaube? Tief in meinem Inneren verborgen, kenne ich meinen vorbestimmten Pfad, der sich mir eröffnen wird. Conn konnte es sich nicht erklären, aber genau in diesem Augenblick erinnerte er sich an die vertrauten Worte. Die Stimme aus seinem Traum hatte sie ihm zu geflüstert. Konnte es sein, dass die geheimnisvolle Frau ihn lenken und ihn auf seinen vorbestimmten Pfad führen wollte? Er schüttelte den Kopf. Sein Ziel befand sich im Norden und wohin auch immer Fumés Schicksal ihn hinführen würde, für eine kurze Weile würde Conn ihn begleiten. Entschlossen folgte er dem ungewöhnlichen Krieger. Er spürte noch immer wie das Adrenalin durch seine Adern schoss. Was auch immer sein Schicksal war, in diesen Moment glaubte er jeder Gefahr trotzen zu können. Er fühlte sich stark und begrüßte das Abenteuer, das sich möglicherweise ihm bot, wenn er sich Fumé anschloss und vielleicht vermochte genau dieser Mann ihm auf der Suche nach seiner Vergangenheit helfen.