Kurzgeschichte
Weil ich weiß, dass es gut ist! - Beitrag zur Challenge Nr. 23

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"Weil ich weiß, dass es gut ist! - Beitrag zur Challenge Nr. 23"
Veröffentlicht am 20. Januar 2018, 10 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
© Umschlag Bildmaterial: MerleSchreiber
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Unter dem Pseudonym MerleSchreiber veröffentliche ich seit dem Jahre 2012 Gedichte und kleine Kurzgeschichten. Neben Alltagsthemen möchte ich auch tabuisierte Lebenswelten so aufbereiten, dass sie das Interesse und den Zugang zu den Herzen der Leser finden.
Weil ich weiß, dass es gut ist! - Beitrag zur Challenge Nr. 23

Weil ich weiß, dass es gut ist! - Beitrag zur Challenge Nr. 23

Weil ich weiß, ....


Mein Beitrag zur Challenge Nr. 23

"Wissen, wann es gut ist"

Unter der Schneelast unseres Alters

grüne das Immergrün eines guten Gewissens,

sprosse das Schneeglöckchen,

die Botin des ewigen Frühlings.

Wolfgang Menzel (1798 - 1873),

deutscher Publizist



MerleSchreiber 1/2018







Durch die Glasscheibe des Kaminofens

kann ich die brennenden Holzscheite betrachten. Das gleichmäßige Prasseln, das im Duett mit Adriano Celentanos samtigrauher Stimme an meine Ohren dringt, löst ein wohliges Gefühl in mir aus. "Soli, la pelle come un vestito. Soli, mangiando un panino in due, io e te..." Ich kenne ihn von früher, den Refrain. Soli - Allein ... Mir macht das Alleinsein heute - im Gegensatz zu

früheren Jahren - nichts mehr aus. Jetzt kann ich diese Stunden genießen und ihnen eine lustvolle Bedeutung geben. Noch vor einigen Jahren habe ich mich dagegen gewehrt, wenn Paul auf seine Eishockeyspiele am Wochenende nicht zugunsten unserer Zweisamkeit verzichten wollte. Der vorwurfsvolle Unterton in meiner Stimme war dann

nicht zu überhören gewesen, wenn ich ihm hinterher rief:

„Ein Eishockeyspiel am Sonntagnachmittag. Muss das sein? Kannst du dir sowas nicht einfach im Fernsehen anschauen?“

„Nein, wo denkst du hin, das ist doch nicht dasselbe“, hatte er dann grinsend

zur Antwort gegeben und hinzugefügt:

„Komm wieder runter, Schatz und mach`s dir gemütlich."

Das war nicht möglich gewesen, denn die Verärgerung hinderte mich daran. Ich weiß gar nicht, wie und wann es mir gelang, diesen Schalter umzulegen. Es geschah auf alle Fälle nicht bewusst, sondern die Jahre haben diese innere Entspannung mit sich gebracht.


Nachdem ich ein Buchenscheit nachgelegt habe, hole mir den - mit kitschigem Siebzigerjahre Blumenmuster bemalten - Pappkarton mit meinen alten Fotos aus der untersten Schublade des Sideboards. Mein Sohn Alex hatte heute

Morgen angerufen. Er will für mich meine Einladungskarte zum sechzigsten Geburtstag gestalten. Ein Bild aus Kindertagen, ein Jugendfoto und eine Aufnahme aus der Jetztzeit sollen auf die Vorderseite der Karte. Ich arbeite mich bis an den Boden des Kartons durch, dort vermute ich die frühen Kinderfotos. Tatsächlich werde ich fündig und halte ein Bild in den Händen, das mich als Dreijährige zusammen mit den Eltern und den beiden älteren Brüdern zeigt. Wie zwei Bodyguards stehen die Brüder links und rechts von mir, der Vater lächelt stolz zu uns Kindern herab und die Mutter hat ihre Hand beschützend auf meine Schulter gelegt. Ein warmes

Gefühl durchflutet mich, während Erinnerungen an harmlose Streiche und gewagte Unternehmungen auftauchen. Immer haben wir Geschwister uns auf die Nachsicht der Eltern verlassen können. Auch später, als aus mir eine rebellische Jugendliche wurde. Ein Bild zeigt mich mit bauchfreiem Oberteil, einer Flasche Whiskey in der Hand und im Mundwinkel aufreizend lässig eine Zigarette. Anscheinend war es mir damals wichtig gewesen, zu dokumentieren, dass ich auch diese Zeit voll und ganz ausgekostet habe. Ich kann das Gefühl von damals nicht mehr abrufen, habe nur schwache Erinnerungen an Auseinandersetzungen und Abgrenzung

von der Familie. Aber die gab es, räumlich und auch emotional. Doch als ich dann Paul kennengelernt habe, kam ich wieder zurück und fand eine offene Tür. Habe ich meinen Eltern jemals gesagt, dass ich ihnen eine wunderbare Kindheit verdanke? Nein, ich glaube, das habe ich nicht. Es war alles so selbstverständlich gewesen. Genau so selbstverständlich wie die Liebe von Paul, der es verstanden hat, mit mir gemeinsam unsere unterschiedlichen Herkunftsfäden zu einem haltbaren gemeinsamen roten Faden zu verknüpfen. Die Wahl des dritten Bildes fällt mir am leichtesten, es zeigt uns beide Hand in Hand im Sommerurlaub am Ostseestrand.


Adriano Celentano wurde zwischenzeitlich längst von Toto Cutugno und anderen abgelöst. Das Holz im Kaminofen ist herunter gebrannt, aber das wärmende Gefühl ist immer noch da.

Ich werde sechzig und ich habe Grund, dies zu feiern. Weil ich weiß, dass es gut ist. Genau so, wie es ist!


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Über den Autor

MerleSchreiber
Unter dem Pseudonym MerleSchreiber veröffentliche ich seit dem Jahre 2012 Gedichte und kleine Kurzgeschichten. Neben Alltagsthemen möchte ich auch tabuisierte Lebenswelten so aufbereiten, dass sie das Interesse und den Zugang zu den Herzen der Leser finden.

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Schehera Eine wundervolle Geschichte...ich hab das Kaminfeuer auch knistern gehört ;)

Dieser Satz mit dem BUchenscheit hab ich jetzt auch paar mal gelesen...und meine auch, dass da ein "ich" fehlt. Du sagst aber nein...hmmm...dann versteh ich da was nicht *lach*

Kritik hab ich keine :)

Liebe Abendgrüße
Schehera
Vor langer Zeit - Antworten
Andyhank Liebes Merlchen.
Ein schönes Geschichtelein hast du da gezaubert. Wahr oder nicht - könnte es doch der Wirklichkeit entsprechenden.
Ehrlich gesagt fällt mir grad nicht mehr ein, was ich dazu jetzt schreiben könnte, also ausführlicher. Drum lasse ich es. :)

In dem Buchenscheitsatz fehlt ein ich vor mir.
Vor langer Zeit - Antworten
MerleSchreiber Danke für Dein Feedback, Andy. Ne, da fehlt nix, das passt so ;-)
Liebe Grüße, Merle
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Eine sehr ruhige Atmosphäre hast Du da mit knisternden Kaminfeuer aufgebaut. Ruhig den Tee aufgebrüht, ziehen lassen und schließlich mit einer zufriedenen Aussage genussvoll geschlürft.
Eine rundum gelungene, sehr gute Geschichte.
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
MerleSchreiber Ja, genau so, Günter. Bis auf die Tatsache, dass der Tee bei mir Kaffee sein muss ;-)
DANKE für dein Feedback und schöne Grüße, Merle
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Liebe Merle,
das hast Du wieder wunderbar ausgedrückt. Und ja, ich vermisse dieses Gefühl, das Du beschreibst, wohl weil ich keinen Kamin habe (schmunzel). Vielleicht bin ich auch gerade dabei es wieder zu erlernen. Muss wohl auch mal wieder in Erinnerungen "kramen".

Ganz liebe Grüße
Bärbel
(Talerchen sind heute leider alle. Wenn ich dran denke, werden sie morgen nachgeliefert.)
Vor langer Zeit - Antworten
MerleSchreiber Wenn man sagen kann, dass man "etwas" vermisst, dann ist man schon auf dem Weg, es sich (wieder) zu holen. Deine Antwort hier spricht mich sehr an, Bärbel. Viel Freude beim "kramen" ;-)
Liebe Grüße, Merle
Vor langer Zeit - Antworten
Kornblume Sie ist gut, weil sie einfach gut ist, diese Deine Kurzgeschichte, liebe Merle. Gut formuliert, thematisch gut umgesetzt und für mich als Leserin sehr gut nachvollziebar ,die Rückbesinnung anhand der Fotos und der Musik. Sehe es regelrecht vor mir das unverschämt charmante Lächeln von Adriano Celentano, dem damals die meisten Frauen zu Füßen lagen und der ruhe und rastlos in seinen Filmen von einem Abenteuer ins andere hüpfte. Man war jung, unbekümmert , hemmungs- und ziemlich sorglos in der Lebensführung. Eine schöne Zeit, wohldem der mit 60 sich gern daran erinnert und nichts bereut, denn das fände ich sehr schade.
Ein Lächeln für Dich, von der Kornblume


Vor langer Zeit - Antworten
MerleSchreiber O ja, bei "Azzurro" bin ich damals regelrecht dahin geschmolzen. Hast du gelesen, der Prachtkerl wurde am 6. Januar achtzig. Ich nahm SEINEN Runden zum Anlass, ihn bei dieser Geschichte zu MEINEM Runden "einzubauen" und ihm so meine Würdigung in Bezug auf die alten Zeiten auszudrücken. Schön, dass du darauf eingestiegen bist, Kornblümchen.
DANKE für dein Feedback und liebe Grüße, Merle
Vor langer Zeit - Antworten
KaraList Wie schon von anderen Kommentatoren erwähnt, spricht auch mich die Wärme, die Deine Geschichte vermittelt, an. Der Rückblick auf Ge- und Erlebtes ist ohne Wehmut, beinhaltet Dankbarkeit, aber auch Zufriedenheit. Angekommen? Vielleicht. Das Leben ist immer für eine Überraschung gut. Eine wunderbare Geschichte, liebe Merle.
LG
Kara
Vor langer Zeit - Antworten
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