Vorwort
Im Folgenden wird ein kommentierender Text veröffentlicht, der im Rahmen einer Hausarbeit verfasst wurde. Position des Autors sowie das Thema waren vorgegeben.
Vorgegebene Wortzahl: 800
Viel Spaß beim Lesen.
Chaos
Der Virus des "Erwachsenen – Besserwissertums“
Erwachsene sind allwissend. Klar, sie sind ja immerhin erwachen und damit viel erfahrener. Deshalb wissen sie auch, was für Jugendliche zumutbar ist und was nicht. So auch in diesem Fall: Eltern und Lehrer sind der Meinung, dass bestimmte Bücher als Beispiele für das Thema Adoleszenz Romane seit 1900, nicht geeignet seien. Warum? Das Urteil basiert auf der für sie offenbar schlechten erzählerischen Darbietung, den inhaltlich nicht zufriedenstellenden Schwerpunkten und, oh ja, ins Besondere auf dem vulgären Sprachstil. So sagen sie es jedenfalls. Aber worum genau geht es eigentlich?
In der Qualifikationsphase 2 für das Abitur (aka 13te Klasse) wird vom Lehrplan das Thema „Adoleszenzgeschichten seit 1900, Romane und Erzählungen“ vorgesehen. Also im Grunde
genommen: Jugendbücher der letzten 200 Jahre und ihre Entwicklung. Eine Kategorie (oder auch Genre) der Adoleszenz Romane sind die popliterarischen Werke, also die Bücher, die du und ich in den vergangenen Jahren gelesen haben. Und wie es nun einmal so ist im Deutschunterricht, liest man gerne Mal ein Buch zum Thema. In diesem Fall wurden unteranderem die Bücher „Relax“ und „Soloalbum“ vorgeschlagen, jedoch wurde heftig darüber diskutiert, ob diese Bücher für den Unterricht angemessen seien. Dass die Jugendlichen gar nicht erst gefragt wurden, ist klar, oder?
Erwachsene scheinen zu glauben, dass Jugendliche, nicht in der Lage sind, zwischen Realität und Fiktion zu unterscheiden. Sie befürchten, die vulgäre Sprache oder schlimmstenfalls der exzessive Lebensstil, wie er in „Relax“ zum Beispiel dargestellt wird, könnte übernommen werden. Doch wie auch
Britta Hartkämpfer in ihrer Rezession zu „Relax“ schreibt „müssen [selbst] besorgte Eltern ihre Kinder nicht vor diesem Buch bewahren“ (Z.31-32). Sie schlussfolgert, der Lebensstil sei es nicht Wert, nachgeahmt zu werden. Ich sage jedoch: Selbst wenn er es wäre; die Schüler, die dieses Buch behandeln sind 17 Jahre und älter und sie haben vor, in einem Jahr oder weniger an die Uni oder in das Berufsleben überzugehen. Und dann sind sie nicht in der Lage zu verstehen, dass das, was vor ihnen Geschriebene liegt, lediglich zur Unterhaltung dient? Das jeder 18 – jährige, der „Relax“ liest aufspringt und schreit: Jo, mach´ jetzt auch so! Ich glaub auch. Aber das ist typisch für Erwachsene, die am Virus des „Erwachsenen – Besserwissertums“ leiden. Sie sehen nicht, dass ihre kleinen Kinder keine Kinder, sondern junge Erwachsene sind. Sie sehen lediglich, wie ein „chaotisches Lebensgefühl“ (Günter Lange: „Adoleszenz
Romane, Z.2“) und das Nichtvorhandensein einer „Zukunftsperspektive“ (ebenfalls Günter Lange „Adoleszenz Romane, Z. 5 ff.) in diesen Büchern dargestellt werden und beschließen sofort, weil sie ihre eigenen Interessen über die der Jugendlichen (die das Buch lesen sollen) stellen, dass diese Bücher für ihre kleinen Kinder nicht zumutbar seien.
Offenbar muss ein Buch, dass in der Schule gelesen wird entweder von Schiller oder Gothe geschrieben sein oder trotzdem auf jenem sprachlichen Niveau liegen, unverständlich sein und dann noch neben bei (wenn man es dann endlich verstanden hat) einem eine Lösung für das eigene Leben vorschreiben.
Dabei ist das, was in popliterarischen Adoleszenz Romanen beschrieben wird, doch tatsächlich das, was Jugendliche beschäftigt: Freundschaften, Beziehungen, Hobbys und der Start ins eigene unabhängige Leben. Wie? Das ist unglaubwürdig? Nun, Überraschung! Das
sind die Themen, die Jugendliche beschäftigen, zeigt übrigens auch die Studie „Generation Netzwerk“ und liest man einmal (auch ein kleiner Ausschnitt reicht) „Relax“ oder „Soloalbum“ so ist schnell festzustellen, dass hier genau diese Themen behandelt werden.
Jugendliche könnten sich tatsächlich mit diesen Büchern identifizieren, da sie nicht gerade selten selbst in solch einer Situation stecken, wie z.B ein Interview mit Nicolas Reichert, 18 Jahre alt, zeigt. Welchen Job soll ich erlernen? Die Zeit nach dem Abitur habe ich mir ganz anders vorgestellt. Dinge die ihn und bestimmt den einen oder andern gleichaltrigen beschäftigen und, was ein Zufall, in popliterarischen Werken behandelt werden.
Ach ja! Bevor ich es vergesse: da wäre ja noch dieser aber witzige Vorwurf, popliterarische Autoren wie der Herr von Stuckrad – Barre verwenden einen vulgären Sprachstil – was ja absolut unzumutbar ist. Was wäre eurer
Meinung nach denn bitte vulgär, liebe Erwachsene? Etwa: „Egal, was du für Scheiße erzählst[…]“ (vgl. Abibox, S.192: Textausschnitt, Z. 8) oder „[…] grabscht den Weibern an die Titten“ (vgl. Abibox, S.192: Textausschnitt, Z. 19 ff.)? Liebe Erwachsene, für den Fall, dass Sie im Thema Jugensprache und Slang nicht ganz up-to-Date sind: so spricht heutzutage beinahe jeder Siebtklässler. Ganz zu schweigen von unserem Abiturjahrgang. Das als vulgär zu bezeichnen ist ein schlechter Witz, da es von uns als normal gesehen wird – leider. Ich sage nämlich nicht, dass das gut ist. Nur dass es so ist.
Abschließend lässt sich also zusammenfassen: Auch wenn popliterarische Adoleszenz Romane nicht dem Geschmack der Erwachsenen nachkommen, heißt es nicht, dass sie für die Schüler unzumutbar sind. Im Gegenteil: Dürften wir solche Bücher lesen, hätten wir vielleicht zur Abwechslung auch mal Spaß dabei unsere
Schularbeiten zu erledigen, da wir uns tatsächlich und ausnahmsweise damit identifizieren können.
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